AMTSGERICHT KLEVE
Az.: 3 C 346/00
Urteil vom 20.10.2000
In dem Rechtsstreithat das Amtsgericht Kleveaufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2000für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.068,75 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § l
Diskontsatzüberleitungsgesetz seit dem 17.08.2000 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 35 % und die Beklagte 65 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. l S. l ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist teilweise begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch wegen der vom 27.06. bis 11.07.2000 in die Türkei in das Zielgebiet Belek in die Anlage der gehobenen Mittelklasse Cesar Belek durchgeführten Urlaubsreise in Höhe von 1.068,75 DM zu, §§ 812 Abs. l S. l, 651 d, 651 c, 472 BGB.
1.
Die Beklagte ist mit einem Betrag in Höhe von 136,00 DMungerechtfertigt bereichert (§ 812 Abs. l S. l BGB).
Der von ihr nach Vertragsschluss erhobene Kerosinzuschlag war zurückzuerstatten, da eine rechtliche Grundlage für diese Forderung fehlt. Soweit Ziffer 4. a) der von der Beklagten verwendeten Reisebedingungen Pauschal-Reisen die Erhebung eines derartigen Betrages vorsieht, verstößt diese Klausel gegen §§ 651 a Abs. 3 BGB, 11 Nr. l, 9 AGBG. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Amtsgerichts (vgl. zur näheren Begründung: Reiserecht aktuell 2000, S. 166), die auch von der Beklagten hier nicht angegriffen wird. Ihr Einwand, die Klägerin habe den Kerosinzuschlag in ihrem Anmeldeschreiben nicht erwähnt, so dass ein entsprechender Anspruch gemäß § 651 g Abs. l BGB scheitert, geht fehl. Diese Vorschrift ist nicht anwendbar.
Die Anmeldefrist von einem Monat gilt nach dem Wortlaut des § 651 g Abs. l BGB für vertragliche Gewährleistungsansprüche des Reisenden nach §§ 651 c bis f BGB. Darüber hinaus ist der Anwendungsbereich auf Ansprüche, die sich im Rahmen des Reisevertragsverhältnisses aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht ergeben, aufgrund der weiten Auslegung des Fehlerbegriffs im Reiserecht ausgedehnt (MünchKomm-Tonner, BGB, 3. Aufl., § 651 g, RdNr. 2; Führich, Reiserecht, RdNr. 359; BGH NJW 1986, S. 1748). Nicht erfasst sind dagegen Bereicherungsansprüche. Letztere setzen tatbestandlich eine fehlende (wirksame) Leistungsvereinbarung voraus. Für diese Fallkonstellationen ist die Ausschlussfrist des § 651 g Abs. l BGB weder nach dem Wortlaut noch nach dem Regelungszweck der Vorschrift vorgesehen.
2.
Der weitergehende Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 932,75 DM ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der berechtigten Minderung des Reisepreises (§§ 651 d, 651 c BGB).
Gemäß § 651 d Abs. l BGB ist der Reisende berechtigt, eine Minderung des Reisepreises zu verlangen, wenn die Reise mit Fehlern (§ 651 c Abs. l BGB) behaftet war. Vorliegend wich die Reiseleistung der Beklagten insoweit von den vertraglichen Vereinbarungen ab, als der Aufenthalt der Klägerin am Urlaubsort durch ein fehlendes Zustellbett, durch Taschenkontrollen am Hoteleingang und durch wiederholtes Auftreten von Ameisen gestört wurde.
Die Klägerin hat sich wegen des fehlenden Zustellbettes unstreitig an die örtliche Reiseleitung der Beklagten gewandt, ohne dass diesem Missstand in der Folgezeit abgeholfen wurde. Der bloße Hinweis des Reiseleiters gegenüber der Hotelrezeption genügte als Abhilfemaßnahme nicht, da dies den Mangel nicht endgültig beseitigte. Der Klägerin war auch nicht vorzuwerfen, pflichtwidrig eine weitere (rechtzeitige) Mängelanzeige hierüber unterlassen zu haben (§ 651 d Abs. 2 BGB). Durch ihre erstmalige Rüge hat sie der Beklagten bereits eine ausreichende Möglichkeit zur Behebung des Mangels gegeben. Es war nunmehr Sache der Beklagten, für eine erfolgreiche Abhilfe zu sorgen und sich über Erfolg bzw. Misserfolg der unternommenen Maßnahmen zu erkundigen.
Ferner stellte die Durchführung von täglichen Taschenkontrollen bzw. die hierzu unternommenen Versuche des Hotelpersonals kein ordnungsgemäßes Verhalten der Angestellten dar. Soweit mit diesem Vorgehen die Mitnahme von Speisen und Getränken auf die Hotelzimmer unterbunden werden sollte, kann dies das Auftreten des Hotelpersonals gegenüber der Klägerin nicht rechtfertigen. Bei einem Hotel der gehobenen Mittelklasse waren derartige Maßnahmen zur Maßregelung der Reisegäste nicht angemessen und auch nicht zu erwarten. Ohne Erfolg weist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sie bereits im Preisteil ihres Katalogs über die Möglichkeit von Taschenkontrollen in Hotels in der Türkei informiert hat. Denn die bloße allgemeine Mitteilung über mögliche Beeinträchtigungen am Urlaubsort ändert grundsätzlich nichts an der Einstufung als Reisemangel. Es bedurfte wegen der Taschenkontrollen auch keiner Mängelrüge der Klägerin, da die Beklagte bereits hinreichende Kenntnis hierüber besaß.
Ein weiterer Reisemangel bestand in dem Auftreten von Ameisen, das auch nach dreimaligem Einsatz von Insektengift nur zeitweise verhindert werden konnte. Da die Beklagte eine wirkungsvollere Abhilfemaßnahme nicht darlegte, kam es auf die Frage einer rechtzeitigen Mängelrüge durch die Klägerin nicht an.
Wegen der o.g. Beeinträchtigungen war der Reisepreis (3731,00 DM) um 25 %, mithin 932,75 DM zu mindern, §§ 472 BGB, 287 Abs. 2 ZPO.
Eine weitergehende Minderung kommt dagegen nicht in Betracht, §§ 651 d, 651 c BGB.
Einen Fehler der Reiseleistung der Beklagten wegen Geräuschen eines elektrischen Generators hat die Klägerin nicht hinreichend konkret begründet. Gemäß § 651 c Abs. l letzter Halbsatz BGB müssen Reisefehler wert- oder tauglichkeitsmindernd sein. Daher ist nicht jede negative Abweichung als Reisemangel aufzufassen. Geringe Unzulänglichkeiten und Unannehmlichkeiten hat der Reisende entschädigungslos hinzunehmen. Zur Annahme eines Reisefehlers bedarf es daher konkreter Beschreibungen des Reisenden, die es dem Gericht ermöglichen festzustellen, ob die dargelegte Störung bereits einen Fehler der Reiseleistung darstellt oder nur als hinzunehmende Unannehmlichkeit anzusehen ist. Bei subjektiv empfundenen Störungen, wie Geräuschen, ist eine objektive Beurteilung, ob das zumutbare Maß überschritten wurde, sehr schwierig. Dem Reisenden obliegt deshalb die Darlegung möglichst vieler objektiver Umstände, die die Art und die Intensität der Beeinträchtigung nachvollziehen lassen. Hieran fehlt es am Vorbringen der Klägerin. Ihre Darstellung des Geräuschs mit „erheblich“ stellt eine eigene unzureichende Wertung dar. Die geschätzte Entfernung von ca. 12 m Luftlinie zwischen Generator und Zimmer besagt ebenfalls wenig über die vorhandene Geräuschkulisse. Die insoweit verbleibenden Zweifel, ob nicht lediglich geringfügige Auswirkungen von dem Betrieb des Generators ausgingen, gehen jedoch zu Lasten der darlegungspflichtigen Klägerin.
Die Zinsentscheidung ergibt sich aus §§ 284 Abs. l, 286 Abs. l, 288 Abs. l S. l BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. l, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.