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Anspruch auf Verlängerung der Straßenmarkierung gegenüber Grundstückszufahrt

Verlängerung der Straßenmarkierung: Kein Anspruch für Grundstückseigentümer

In einem kürzlich ergangenen Urteil wurde der Anspruch eines Grundstückseigentümers auf Verlängerung einer Straßenmarkierung gegenüber seiner Grundstückszufahrt abgewiesen. Der Kläger argumentierte, dass die bestehende Markierung nicht ausreichend sei, um das Parken von Fahrzeugen gegenüber seiner Zufahrt zu verhindern, was das Ein- und Ausfahren erschwert.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 18 K 5943/18 >>>

Der Fall: Straßenmarkierung und Grundstückszufahrt

Der Kläger forderte die Verpflichtung der Beklagten, eine gegenüber seiner Grundstückszufahrt befindliche Straßenmarkierung zu verlängern. Er argumentierte, dass die aktuelle Markierung nicht ausreichend sei, um das Parken von Fahrzeugen gegenüber seiner Zufahrt zu verhindern. Dies würde das Ein- und Ausfahren aus seinem Grundstück erheblich erschweren.

Die Argumentation der Beklagten

Die Beklagte argumentierte, dass eine Verlängerung der Straßenmarkierung nicht notwendig sei. Sie stellte fest, dass die Anbringung der Grenzmarkierung kein selbständiges Parkverbot begründet habe, welches erweitert werden müsste. Darüber hinaus argumentierte sie, dass Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort angeordnet werden sollten, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten sei.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht entschied, dass die Klage keinen Erfolg hat. Es stellte fest, dass der Straßenanlieger zwar einen Anspruch darauf hat, dass die Straßenverkehrsbehörde bei der Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens seine Belange berücksichtigt. Allerdings sei eine entsprechende Ermessensentscheidung erst dann eröffnet, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, also Gründe der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs im Sinne dieser Bestimmung vorliegen.

Bewertung der örtlichen Verhältnisse

Das Gericht stellte fest, dass die Fahrbahn in diesem Bereich lediglich 4,58 m breit ist und somit den Orientierungswert von 5,50 m unterschreitet. Allerdings zeigte sich bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung, dass der Kläger auch im Fall des Parkens von Fahrzeugen auf der seiner Grundstückszufahrt gegenüberliegenden Straßenseite nicht daran gehindert oder in erheblichem Maße behindert wird, in sein Grundstück ein- oder von dort auszufahren. Es wurde berücksichtigt, dass auf Teilen der der klägerischen Einfahrt gegenüberliegenden Fahrbahn bereits eine Straßenmarkierung nach Nr. 73 der Anlage 2 zur StVO (Zeichen 299) aufgebracht ist.

Insgesamt wurde der Anspruch des Klägers auf Verlängerung der Straßenmarkierung gegenüber seiner Grundstückszufahrt abgewiesen. Das Gericht stellte fest, dass die bestehende Markierung ausreichend ist und eine Verlängerung nicht notwendig ist.


Das vorliegende Urteil

VG Köln – Az.: 18 K 5943/18 – Urteil vom 29.05.2020

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrags abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrags Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, eine gegenüber seiner Grundstückszufahrt befindliche Straßenmarkierung zu verlängern.

Anspruch auf Verlängerung der Straßenmarkierung gegenüber Grundstückszufahrt
Forderungen eines Grundstückseigentümers auf Erweiterung einer Straßenmarkierung gegenüber seiner Zufahrt wurden abgewiesen. Das Gericht stellte fest, dass bestehende Straßenmarkierungen ausreichend sind und keine weiteren Markierungen zur Verkehrssicherheit erforderlich sind. (Symbolfoto: Prapat Aowsakorn /Shutterstock.com)

Der Kläger ist Halter eines Kraftfahrzeugs, Marke C.  , Reihe 0, mit einer Fahrzeugbreite von 1,86 m und einer Fahrzeuglänge von 4,942 m. Er ist Eigentümer des Eckgrundstücks mit der postalischen Adresse „H1….straße 00, 00000 C1.  I1.  „, welches zugleich an der Straße mit dem Straßennamen „H2….weg “ belegen ist. Der H2….weg mündet sodann in die Straße mit dem Straßennamen „S1.  Straße“. Das Grundstück des Klägers wird über die im H2….weg belegene Grundstückszufahrt, dort durch ein 4,15 m breites, auf der Grundstücksgrenze befindliches Tor, dessen Flügel an zwei Torpfosten angebracht sind, befahren.

Beim H2….weg handelt es sich um eine in beide Fahrrichtungen befahrbare Straße. Die Fahrbahnbreite des H3….wegs beträgt auf Höhe der Toreinfahrt des Klägers unter Berücksichtigung der Spurrille, die ihrerseits 40 cm aufweist, 4,58 m. In einem Versatz von zwei Metern, gemessen vom Anfang bzw. Ende der Toreinfahrt beträgt die Fahrbahnbreite jeweils 4,56 m mit Spurrille.

Gegenüber der klägerischen Grundstückszufahrt befindet sich im Versatz zu dem Tor eine Straßenmarkierung (Nr. 73 der Anlage 2 zur StVO, Zeichen 299), welche ein Parkverbot auf einer Länge von 5 Metern markiert. Die Straßenmarkierung beginnt – mit Blickrichtung S1.  Straße – vor dem auf dem Grundstück mit der postalischen Adresse „H2….weg 1“ befindlichen Gebäude und endet vor einer Garage. Auf der gesamten Länge der Straßenmarkierung ist der Bordstein aufgrund der hinter dieser vorhandenen Einfahrt bzw. Garage abgesenkt. Vor Beginn der Straßenmarkierung und damit noch gegenüber von Teilen der Grundstückszufahrt des Klägers dürfen Kraftfahrzeuge am Fahrbahnrand geparkt werden. Die Durchfahrtsbreite zwischen dem Beginn des Zeichens 299, gemessen von der Fahrbahninnenseite, bis zum Gehweg vor der Grundstückseinfahrt des Klägers beträgt an der schmalsten Stelle 2,85 m. Die kürzeste Distanz zwischen dem Beginn der Straßenmarkierung (Fahrbahninnenseite) und dem Pfosten, an welchem der Torflügel eingehängt ist, beträgt 4,09 m.

Auch vor dem Grundstück des Klägers verläuft im H2….weg ein Gehweg. Dieser weist auf Höhe der Toreinfahrt unter Einbeziehung des 13 cm breiten Bordsteins eine Breite von 1,18 Meter auf. Der Bordstein ist nahezu auf der Länge der gesamten Einfahrt abgesenkt. Einzig unmittelbar gegenüber dem Beginn des Zeichens 299 ist der Bordstein des Gehwegs zwar stark abfallend und bereits weitgehend, aber noch nicht vollständig abgesenkt. Der auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindliche Gehweg weist eine Breite von 1,20 m auf.

Wegen weiterer Einzelheiten zur Örtlichkeit wird auf die diese in der Gerichtsakte abbildenden Lichtbilder (dort Bl. 35 bis 38) verwiesen.

Die vorbezeichnete Straßenmarkierung hatte die Beklagte, nachdem der Kläger im September 2017 an diese formlos herangetreten war, im Nachgang zu einem im Dezember 2017 durchgeführten Ortstermin mittels verkehrsrechtlicher Anordnung vom 4. Dezember 2018 auf die Fahrbahn aufgebracht. Im Nachgang hierzu wandte sich der Kläger erneut an die Beklagte und teilte ihr mit, dass die aufgebrachte Markierung unzureichend lang sei. Ausweislich des in der Verwaltungsakte befindlichen Vermerks vom 10. April 2018 über einen weiteren, aus diesem Grund am 09. April 2018 durchgeführten Ortstermin, beantragte der Kläger bei der Beklagten in diesem, dass die vorhandene Straßenmarkierung verlängert werde. Ausweislich der Niederlegungen im Vermerk teilte die Beklagte noch vor Ort mündlich mit, dass die Markierung nicht verlängert werde, da man dem Kläger schon sehr entgegengekommen sei.

Der Kläger hat am 25. August 2018 Klage erhoben. Zu deren Begründung führt er insbesondere aus, dass Parken auf der gegenüberliegenden Straßenseite dazu führe, dass er sein Grundstück mit seinem Fahrzeug nicht in üblicher Weise nutzen könne. Er müsse, um dieses zu befahren, mindestens 5 – 6 Mal rangieren und dabei teils zentimetergenau agieren. Dabei müsse er mit seinem Pkw über den Bürgersteig fahren, der an dieser Stelle nicht abgesenkt sei. All dies sei ihm nicht zuzumuten. Er habe einen Anspruch auf den Erlass einer verkehrsrechtlichen Anordnung nach § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 Satz 1 StVO. Bei der Fahrbahn gegenüber seiner Grundstücksein- und -ausfahrt handele es sich um eine schmale Fahrbahn gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO. Dies sei bereits dann anzunehmen, wenn einem nur wenig geübten Kraftfahrer das Einfahren bzw. Ausfahren nur aufgrund mehrmaligen Rangierens gelänge. Nicht erforderlich für eine solche Annahme sei, dass aufgrund von gegenüber geparkten Fahrzeugen eine Ein- bzw. Ausfahrt auf das Grundstück praktisch unmöglich sei oder dass hierbei auf die Fähigkeiten eines optimalen Kraftfahrers abgestellt werde. Auch gestatte die Verkehrsführung im Gemeindegebiet der Beklagten ein Heranfahren an sein Grundstück „von unten“ kommend nicht ohne weiteres. Das Grundstück könne mit einem PKW nebst Anhänger, mit einem größeren SUV oder mit einem KFZ der Oberklasse nicht erreicht werden. Er habe ein berechtigtes Interesse daran, dass nicht nur er selbst, sondern auch andere Personen – etwa sein Sohn mit dessen Kraftfahrzeug (Marke C.  , Reihe 0) – sein Grundstück erreichen können.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihres am 09. April 2018 mündlich ausgesprochenen ablehnenden Verwaltungsakts zu verpflichten, die gegenüber seiner Grundstücksausfahrt als Parkverbot vorhandene Straßenmarkierung (Nr. 73 der Anlage 2 zur StVO [Zeichen 299]) gegenüber seiner Toreinfahrt zu verlängern.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,  die Klage abzuweisen.

Zu der Begründung ihres Antrags trägt die Beklagte vor, der Kläger habe den geltend gemachten Anspruch auf Erlass einer verkehrsrechtlichen Anordnung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO nicht inne. Offen bleiben könne dabei, ob gegenüber dessen Grundstücksausfahrt ein Parkverbot gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO bestehe. Denn nach § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO seien Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten sei, also wenn das Verkehrszeichen die zur Gefahrenabwehr unbedingt erforderliche und allein in Betracht kommende Maßnahme sei. Dies sei nicht der Fall, wenn die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Straßenverkehrs-Ordnung, z.B. § 12 StVO, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen sicheren und geordneten Verkehrsverlauf gewährleisteten. Zwar bestünden für den Kläger beim Ein- und Ausfahren auf sein Grundstück Erschwernisse. Jedoch sei der Gehweg als für das Ein- und Ausfahren nutzbare Fläche hinzuzurechnen. Dessen Befahren sei unter Anwendung besonderer Vorsicht zulässig. Die Beklagte sei dem Wunsch des Klägers, das Zeichen VZ 299 gegenüber seiner Grundstückszufahrt anzubringen, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht nachgekommen. Mit Anbringung der Grenzmarkierung habe sie kein selbständiges Parkverbot begründet, welches notwendig zu erweitern wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage ist zulässig. Sie ist als Verpflichtungsklage statthaft. Mit ihr begehrt der Kläger unter Aufhebung des im Ortstermin am 09. April 2018 mündlich ausgesprochenen, seinen unmittelbar zuvor gestellten Antrag ablehnenden Verwaltungsakts die Verpflichtung der Beklagten, die gegenüber seiner Grundstücksausfahrt als Parkverbot vorhandene Straßenmarkierung (Nr. 73 der Anlage 2 zur StVO [(Zeichen 299]) gegenüber seiner Toreinfahrt zu verlängern. Aufgrund der jedenfalls im Ortstermin am 09. April 2018 mündlich erfolgten Antragstellung weist die Klage das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis auf. In Ermangelung einer Rechtsbehelfsbelehrung ist sie auch nicht verfristet erhoben worden.

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Die Klage ist unbegründet. Die am 09. April 2018  mündlich ausgesprochene Ablehnung des Antrags ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten, die vorhandene Straßenmarkierung (Nr. 73 der Anlage 2 zur StVO [Zeichen 299]) gegenüber seiner Grundstückseinfahrt zu verlängern.

Ein Anspruch aus § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 Satz 1 StVO besteht nicht. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Bei der begehrten Ausweitung des bereits vorhandenen Parkverbots handelt es sich um eine den Verkehr beschränkende Maßnahme im Sinne dieser Regelung. Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen oder Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist.

Diese Ermächtigung dient auch den privaten Interessen des Straßenanliegers an einer ungehinderten Nutzung seiner Grundstücksein- und -ausfahrt. Die Zugänglichkeit und damit die Möglichkeit der bestimmungsgemäßen Benutzung einer Grundstücksein- und -ausfahrt gehört zu dem durch die Straßenverkehrs-Ordnung geregelten und in Bezug auf Sicherheit und Ordnung geschützten öffentlichen Straßenverkehr.

Nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO ist das Parken unzulässig vor Grundstücksein- und -ausfahrten, auf schmalen Fahrbahnen auch ihnen gegenüber. Mit dieser Regelung erkennt das Straßenverkehrsrecht ausdrücklich das individuelle Interesse des Straßenanliegers an der Zugänglichkeit seiner Grundstücksein- und -ausfahrt als verkehrsrechtlich schutzwürdig an. Der Straßenanlieger hat einen Anspruch darauf, dass die Straßenverkehrsbehörde bei der Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens seine Belange berücksichtigt. Eine entsprechende Ermessensentscheidung ist der Straßenverkehrsbehörde erst dann eröffnet, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, also Gründe der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs im Sinne dieser Bestimmung vorliegen.

Vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Beschluss vom 16. Juli 2019 – 8 A 4285/18 -, n.v. (= Antrag auf Anbringung einer Straßenmarkierung) unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2019 – 3 C 7.17 -, juris (Rn. 11 ff.).

Gründe der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs für die Anordnung eines Parkverbots liegen vor, wenn es sich im Bereich der Grundstückszufahrt des Klägers um eine „schmale Fahrbahn“ im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 3 Halbs. 2 StVO handelt und somit bereits kraft dieser Regelung ein Parkverbot für die der Zufahrt gegenüber liegende Straßenseite besteht, dieses normativ angeordnete Parkverbot aber nicht hinreichend erkennbar wäre oder aber von den Parkraum suchenden Verkehrsteilnehmern nicht hinreichend beachtet würde. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO wären außerdem erfüllt, wenn unabhängig davon sonstige Gründe der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs für ein durch straßenverkehrsbehördliche Ermessensentscheidung anzuordnendes Parkverbot streiten würden.

Dies ist hier nicht der Fall. Insoweit hatte das Gericht in seinem Hinweis vom 17. März 2020 bereits das Folgende ausgeführt:

„1.) Der Bereich der Grundstückszufahrt des Klägers ist bei der gebotenen Gesamtschau keine „schmale Fahrbahn“ im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 3 Halbs. 2 StVO.

a.) Eine Fahrbahn ist „schmal“ im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 3 Halbs. 2 StVO, wenn der Berechtigte bei einem Parken von Fahrzeugen auf der seiner Grundstückszufahrt gegenüber liegenden Straßenseite daran gehindert oder in erheblichem Maße behindert wird, in das Grundstück ein- oder von dort auszufahren.

Vgl. zu den nachstehend genannten Maßstäben eingehend: OVG NRW, Beschluss vom 16. Juli 2019 – 8 A 4285/18 -, n.V. unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2019 – 3 C 7.17 -, juris Rn. 26, 28, 30 ff., 34 ff.

Dabei kann als Orientierungswert davon ausgegangen werden, dass eine Fahrbahnbreite von mindestens 5,50 m nicht „schmal“ ist.

Allerdings kann dieser Orientierungswert nicht absolut gesetzt werden. Soweit als dessen Ausgangspunkt die höchstzulässige Fahrzeugbreite herangezogen wird, bleibt ansonsten außer Acht, dass für den Platzbedarf beim Ein- und Ausfahren ebenso auch der Wendekreis und die Länge des betreffenden Fahrzeugs von Bedeutung sind. Und auch ein schematisches Abstellen auf den halben Wendekreis greift zu kurz, weil zusätzlich unter anderem zu berücksichtigen ist, inwieweit bereits auf dem Grundstück selbst zum Einbiegen auf die Fahrbahn angesetzt werden kann.

Daher sind für die Auslegung von § 12 Abs. 3 Nr. 3 Halbs. 2 StVO nach dem Sinn und Zweck der Regelung für die Einstufung einer Fahrbahn als „schmal“ neben diesem Orientierungswert die weiteren örtlichen Verhältnisse von Bedeutung, die sich auf die Leichtigkeit und Sicherheit der Nutzung einer Grundstückszufahrt auswirken. Da es sich bei § 12 Abs. 3 Nr. 3 Halbs. 2 StVO um ein normativ angeordnetes Parkverbot handelt, das auch ohne zusätzliche Anbringung von Verkehrszeichen zu beachten ist, sind allerdings nur solche Umstände berücksichtigungsfähig, die für den Betroffenen, der sein Fahrzeug gegenüber einer Grundstückszufahrt parken will, auch erkennbar sind.

Einzubeziehen in die Bewertung ist deshalb neben der Breite der Fahrbahn auch die für ein Ein- und Ausfahren nutzbare Fläche eines vor der Grundstückszufahrt verlaufenden Gehwegs. Zwar sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 StVO von Fahrzeugen die Fahrbahnen zu nutzen und der Gehweg ist keine Fahrbahn. Allerdings lässt das Straßenverkehrsrecht die Benutzung des Gehwegs aus verkehrsbedingten Gründen zu, wie etwa zum Ein- und Ausfahren an Grundstücken. Ein Gehweg darf unter Durchbrechung des sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 StVO ergebenden Grundsatzes überfahren werden, wenn ein Grundstück nur auf diese Weise mit Fahrzeugen zu erreichen ist.

Neben einem für das Ein- und Ausfahren nutzbaren Gehweg sind nach dem Sinn und Zweck von § 12 Abs. 3 Nr. 3 Halbs. 2 StVO auch die weiteren Verkehrsflächen in die Betrachtung einzubeziehen, die dem Benutzer hierfür zur Verfügung stehen, also etwa die Breite und Tiefe der Grundstückszufahrt selbst sowie weiterer Flächen, soweit sie ein Rangieren des Ein- oder Ausfahrenden bereits auf dem eigenen Grundstück ermöglichen. Soweit für notwendig werdende Rangiervorgänge auch die Fahrbahn selbst und damit der öffentliche Straßenraum in Anspruch genommen wird, ist außerdem die Übersichtlichkeit der Straße von Bedeutung. Ist die Fahrbahn im Bereich der Grundstückszufahrt gerade und übersichtlich, ist wegen der dadurch verringerten Unfallgefahr ein (weiteres) Rangieren eher zumutbar, als das bei einer unübersichtlichen Streckenführung der Fall ist.

Zu berücksichtigen sind darüber hinaus die Verkehrsfunktion und -bedeutung der Straße, auf die die Grundstückszufahrt führt. Findet dort dichter Durchgangsverkehr statt, führen Rangiervorgänge, für die auch die Fahrbahn selbst in Anspruch genommen werden muss, zu größeren Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs als dann, wenn es sich um eine Straße untergeordneter Verkehrsbedeutung, etwa um die Erschließungsstraße in einem Wohngebiet handelt. Die Zahl der zumutbaren Rangiervorgänge ist daher mit Blick auf die Pflicht der Verkehrsteilnehmer zur gegenseitigen Rücksichtnahme (§ 1 Abs. 2 StVO) im ersten Fall niedriger anzusehen als im zweiten Fall. Eine feste Höchstgrenze zumutbarer Rangiervorgänge kann insoweit nicht festgelegt werden.

Maßstab für die Zahl der für das Ein- oder Ausfahren in das oder aus dem Grundstück erforderlich werdenden Rangiervorgänge ist – wie auch sonst im Straßenverkehrsrecht – ein durchschnittlicher Kraftfahrer.

b.) Bei Anwendung der vorgenannten Maßstäbe liegt hier keine „schmale Fahrbahn“ im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 3 Halbs. 2 StVO im Bereich der Grundstückszufahrt des Klägers vor. Zwar ist die Fahrbahn in diesem Bereich lediglich 4,58 m breit und unterschreitet den vorgenannten Orientierungswert von 5,50 m damit. Allerdings zeigt sich bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung, dass der Kläger auch im Fall des Parkens von Fahrzeugen auf der seiner Grundstückszufahrt gegenüber liegenden Straßenseite nicht daran gehindert oder in erheblichem Maße behindert wird, in sein Grundstück ein- oder von dort auszufahren. Hierbei berücksichtigt das Gericht zunächst, dass auf Teilen der der klägerischen Einfahrt gegenüberliegenden Fahrbahn bereits eine Straßenmarkierung nach Nr. 73 der Anlage 2 zur StVO (Zeichen 299) aufgebracht ist. Das dort angeordnete Parkverbot bedingt, dass dem Kläger beim Befahren bzw. Verlassen seines Grundstücks stets eine Durchfahrtbreite von mindestens 2,85 m verbleibt, ohne den vor seiner Grundstückseinfahrt nur weitgehend, aber nicht auf voller Länge der Toreinfahrt  vollständig abgesenkten Bordstein überfahren zu müssen. Überfährt der Kläger diesen – was ihm zuzumuten ist – steht ihm unter Nutzung des Gehwegs sogar eine Durchfahrtsbreite von 4.09 m zur Verfügung, um diese mit seinem 1,865 m breiten und 4,942 m langen PKW zu durchfahren.

Im Rahmen der Gesamtwürdigung berücksichtigt das Gericht weiter, dass der Kläger sein Grundstück aus beiden Fahrtrichtungen kommend befahren kann. Befährt er dieses von der S1.  Straße her kommend, ist es ihm möglich, den in Fahrtrichtung links gelegenen und abgesenkten Bordstein zu überfahren und dadurch den dort (bis zu) 1,2 m breiten Gehweg zu nutzen, um seinen Einfahrtswinkel auf sein Grundstück zu verbessern. Dabei ist es dem Kläger zuzumuten, vorsichtig und langsam zu fahren und – sollten diese überhaupt erforderlich sein – mehrere Rangiervorgänge zu unternehmen. Dies gilt gerade mit Blick auf den im H2….weg faktisch nicht vorhandenen Durchgangsverkehr und die Übersichtlichkeit dieser Straße, welche von untergeordneter Verkehrsbedeutung ist. Dieser Umstand ist dem Einzelrichter aufgrund des im Februar 2020 in dem Verfahren 18 K 7935/18 durchgeführten Ortstermins bekannt.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Kläger über eine besonders geräumige Grundstückseinfahrt mit einer Tordurchfahrtsbreite von 4,15 m verfügt, die es ihm bei Verlassen des Grundstücks ermöglicht, bereits auf seinem Grundstück selbst zum Einbiegen auf die Fahrbahn anzusetzen.

Rechtlich nicht von Bedeutung ist, ob (und wie) Dritte, etwa der Sohn des Klägers, das Grundstück des Klägers mit deren PKW befahren können.

2.) Auch sonstige Gründe der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs streiten nicht für ein durch straßenverkehrsbehördliche Ermessensentscheidung anzuordnendes Parkverbot.“

An diesen Ausführungen hält das Gericht weiterhin fest und nimmt auf sie zur weiteren Begründung Bezug.

Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung im Rahmen der Antragsbegründung ausführt, es sei zu berücksichtigten, dass es sich bei dem Kläger um einen Mann hohen Alters handele und dieser müsse mit seinem Fahrzeug stets den Gehweg befahren, bleibt dieser Vortrag ohne Erfolg. Maßgeblich für die Zahl der für das Ein- oder Ausfahren in das oder aus dem Grundstück erforderlich werdenden Rangiervorgänge ist gemäß der vorstehend ausgeführten Maßstäbe ein durchschnittlicher Kraftfahrer. Das Befahren des Gehwegs vor seiner Toreinfahrt ist dem Kläger zuzumuten und kann im Übrigen dadurch (weitestgehend) vermieden werden, dass der Kläger sein Grundstück von der S1.  Straße aus kommend befährt und unter Überfahren des dann linksseitig liegenden Gehwegs seinen Einfahrtwinkel erheblich verbessert. Alternativ kann er – von der H1….straße aus kommend – rückwärts in seine Einfahrt, ggfs. erneut unter Überfahren des auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen und mit einem abgesenkten Bordstein versehenen Gehwegs, einparken. Entgegen der anderslautenden Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 2. April 2020 erlaubt die Verkehrsführung im Gemeindegebiet der Beklagten das Einfahren in den H2….weg von der S1.  Straße aus. Auch fahren weder der Kläger noch dessen Sohn einen größeren SUV, ein KFZ mit Anhänger oder einen Wagen der „Oberklasse“, mit welchen man gemäß des klägerischen Vortrags das Grundstück nicht befahren können soll.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 709 ZPO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für der Kläger und unter Berücksichtigung von Ziffer 46.15 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG).


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Verwaltungsrecht: Das Verwaltungsrecht ist das zentrale Rechtsgebiet in diesem Fall, da es sich um eine Auseinandersetzung zwischen einem Bürger (dem Kläger) und einer Behörde (der Beklagten) handelt. Das Verwaltungsrecht regelt die Beziehungen zwischen der öffentlichen Verwaltung und den Bürgern sowie den Aufbau und die Organisation der Verwaltung selbst. In diesem Fall geht es um die Verpflichtung der Beklagten, eine Straßenmarkierung zu verlängern, was in den Zuständigkeitsbereich der Verkehrsbehörden fällt.
  2. Straßenverkehrs-Ordnung (StVO): Die StVO ist das zentrale Gesetz in diesem Fall. Sie regelt das Verhalten von Personen im Straßenverkehr und enthält Vorschriften für Verkehrszeichen und -einrichtungen. In diesem Fall sind insbesondere § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO und § 12 Abs. 3 Nr. 3 Halbs. 2 StVO relevant. Ersterer regelt die Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, während letzterer ein Parkverbot gegenüber Grundstückszufahrten auf schmalen Fahrbahnen vorsieht.
  3. Zivilprozessrecht: Das Zivilprozessrecht ist relevant, da es die Verfahrensregeln für die Durchführung des Rechtsstreits bestimmt. In diesem Fall ist insbesondere die Regelung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils und zur Sicherheitsleistung (110% des beizutreibenden Betrags) von Bedeutung. Diese Regelungen finden sich in der Zivilprozessordnung (ZPO), obwohl das Verfahren selbst vor dem Verwaltungsgericht stattfindet.
  4. Gerichtskostengesetz (GKG): Das GKG regelt die Kosten in gerichtlichen Verfahren. Im vorliegenden Fall wird auf § 52 Abs. 1 GKG Bezug genommen, um den Streitwert des Verfahrens auf 5.000 Euro festzusetzen. Der Streitwert hat Auswirkungen auf die Höhe der Gerichts- und Anwaltskosten und ist daher von erheblicher Bedeutung für die Parteien.

 

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