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Bankenhaftung bei unwirksamer Kündigung eines Darlehensvertrages

Haftung der Bank bei ungültiger Kündigung eines Darlehensvertrags: Eine detaillierte Betrachtung

Der vorgegebene Rechtsfall handelt von der Haftung einer Bank bei einer ungültigen Kündigung eines Darlehensvertrags. Im Zentrum des Streits stand die Forderung einer Bank gegenüber den Kreditnehmern (den Klägern), die sie zur Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung in Höhe von 75.885,05 EUR aufforderte. Die Bank begründete diese Forderung mit einer vermeintlichen Verschlechterung der Einkommensverhältnisse der Kreditnehmer, die sie ihrer Ansicht nach zur außerordentlichen Kündigung des Darlehensvertrags berechtigte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 19 O 251/19 >>>

Ein komplexer Sachverhalt: Die außerordentliche Kündigung

Um die behauptete Verschlechterung der Einkommensverhältnisse der Kreditnehmer und die daraus resultierende außerordentliche Kündigung des Darlehensvertrags zu widerlegen, wandten sich die Kläger an ihre Rechtsvertreter. Deren Ziel war es, mit der ursprünglichen Darlehensgeberin, der K AG, Verhandlungen aufzunehmen. Dabei stellten sie fest, dass eine einfache Plausibilitätsprüfung der Kündigungsvoraussetzungen bei Bankkrediten nicht ausreicht, um ein Verschulden auszuschließen.

Die Rolle des Bundesgerichtshofs: Gestaltungsrechte und Vertragserfüllung

Laut der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) muss zwischen Fällen unterschieden werden, in denen Gestaltungsrechte ohne Einfluss auf die Vertragserfüllung geltend gemacht werden, und solchen, in denen ein Gestaltungsrecht die Vertragserfüllung beeinflusst. Dies betraf auch die Frage der Wirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die eine bisher nicht höchstrichterlich geklärte Rechtsfrage darstellt. Es wurde argumentiert, dass es nicht ausreicht, dass die rechtliche Zulässigkeit des beabsichtigten Vorgehens plausibel erscheint; ein Verschulden kann nur dann ausgeschlossen werden, wenn ein Irrtum trotz sorgfältiger Prüfung unvermeidbar ist.

Der Vorteilsausgleich: Zinskonditionen und adäquat-kausaler Zusammenhang

Eine zentrale Rolle im Rechtsstreit spielte der sogenannte Vorteilsausgleich. Dieser kann in Betracht kommen, wenn zwischen dem schädigenden Ereignis und dem entstandenen Vorteil ein adäquat-kausaler Zusammenhang besteht. Im vorliegenden Fall beruhten die Vorteile auf der unrechtmäßigen Kündigung des Darlehensvertrags seitens der Bank. Es wurde jedoch entschieden, dass ein Vorteilsausgleich hinsichtlich der günstigeren Zinskonditionen des Ersatzdarlehens nicht geboten ist.

Vergebliche Aufwendungen und Schadensersatz neben der Leistung

Zu guter Letzt wurde das Konzept der vergeblichen Aufwendungen gemäß § 284 BGB eingeführt. Es wurde argumentiert, dass diese nicht ausgeschlossen sind, wenn ein Schadensersatz neben der Leistung geltend gemacht wird. Im Falle der geltend gemachten Anwaltskosten handelte es sich um einen solchen Schadensersatz neben der Leistung. Damit waren die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung nach § 281 BGB gegeben.


Das vorliegende Urteil

LG Bonn – Az.: 19 O 251/19  – Urteil vom 17.09.2020

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 7.273,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 21.08.2018 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Kläger begehren Schadensersatz im Zusammenhang mit der unwirksamen Kündigung eines Darlehensvertrages.

Bank Haftung
Haftungsfall einer Bank bei ungültiger Kreditkündigung: Falsche Einkommensbewertung, komplexe Rechtssituationen und der Bundesgerichtshof. Alles zum Vorteilsausgleich und Schadensersatz neben der Leistung. (Symbolfoto: Anton_AV /Shutterstock.com)

Die Parteien vereinbarten Anfang Dezember 2013 ein Y-Immobiliendarlehen über einen Betrag von 295.000,00 EUR (Anl. K1 Bl. ## ff. d.A.). Das Darlehen sollte als Anschlussfinanzierung für ein Darlehen dienen, das die Kläger bei der K abgeschlossen hatten und das zum 31.12.2015 abgelöst werden sollte. Zu diesem Zweck sollte die Anschlussfinanzierung zum 31.10.2015 ausgezahlt werden. Als Tilgungsersatzprodukt war die Hinterlegung eines Bausparvertrags vorgesehen.

Im Hinblick darauf hatten die Kläger bereits am 18.10.2013 einen Bausparvertrag über 295.000,00 EUR abgeschlossen (Anl. K2 Bl. ## ff. d.A.). Hierfür waren Abschlusskosten in Höhe von insgesamt 2.950,00 EUR angefallen, die die Kläger im Februar 2014 zahlten.

Nachdem die Kläger der Beklagten im Oktober 2015 mitgeteilt hatten, dass der Kläger zu 2 arbeitslos geworden war, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 06.01.2016 (Anl. K4 Bl. ## d.A.) die Kündigung des Darlehensvertrags. Sie begründete dies mit einer Verschlechterung der Einkommensverhältnisse der Kläger, die sie nach § 490 BGB und Ziffer 11 ihrer Finanzierungsbedingungen zur außerordentlichen Kündigung berechtige, und machte eine Nichtabnahmeentschädigung in Höhe von 75.885,05 EUR unter Fristsetzung bis zum 31.01.2016 geltend.

Die Kläger beauftragten die Prozessbevollmächtigten, mit der ursprünglichen Darlehensgeberin (K AG) in Verhandlungen zu treten, um eine mit Schreiben vom 05.02.2016 (Anl. K13 Bl. ### d.A.) angedrohte Zwangsvollstreckung zu verhindern und eine Zwischenfinanzierung zu vereinbaren. Es wurde zunächst eine zeitlich begrenzte Einigung erreicht (vgl. Vorschlag der K vom 21.03.2016, Anl. K18 Bl. ### f.  d.A., und Annahme der Kläger vom 04.04.2016, Anl. K19 Bl. ### d.A.). Im weiteren Verlauf erhoben die Kläger am 24.06.2016 eine Vorstandsbeschwerde gegenüber der K (Anl. K21 Bl. ### ff. d.A.). Schließlich wurde ein neuer Darlehensvertrag – zu einem im Vergleich mit dem gekündigten Darlehen günstigeren Zinssatz – mit der X AG geschlossen und die Zwischenfinanzierung abgelöst.

Für ihre Leistungen stellten die Klägervertreter den Klägern am 16.06.2016 einen Betrag von 4.313,51 EUR in Rechnung (Anl. K10 Bl. ### d.A.).

Parallel dazu erhoben die Klägervertreter gegenüber der Beklagten wegen der Kündigung des Anschlussdarlehens Klage. Das Landgericht Aachen entschied mit rechtskräftigem Urteil vom 19.10.2017 (Az: 1 O 480/16, s. Anl. K5 Bl. ## ff. d.A.), dass die außerordentliche Kündigung unwirksam war und der Beklagten keine Nichtabnahmeentschädigung zustand.

Mit Schreiben vom 06.07.2018 machten die Kläger gegenüber der Beklagten Schadensersatz wegen der unwirksamen Kündigung in Höhe von 8.933,51 EUR geltend und setzten eine Zahlungsfrist bis zum 21.07.2018. Die Beklagte wies die Forderung zurück.

Am 04.03.2019 wurde der Bausparvertrag der Kläger auf Anweisung der Beklagten freigegeben und steht seither den Klägern zur freien Verfügung.

Die Kläger sind der Auffassung, dass die Beklagte ihnen wegen der unberechtigten Kündigung Schadensersatz schulde. Dieser umfasse zum einen den Ersatz ihrer Anwaltskosten, da nur mit deren Hilfe weitere Nachteile wie eine Zwangsvollstreckung hätten vermieden werden können. Eine Anrechnung der ihnen entstandenen Vorteile wegen des günstigeren Zinssatzes sei nicht vorzunehmen. Zum anderen seien auch die Abschlusskosten für den Bausparvertrag zu ersetzen. Diesen hatten sie nur abschlossen, weil dies im gekündigten Darlehensvertrag so vorgesehen war; sie hätten dafür weder bisher noch in Zukunft Verwendung. Der Anspruch auf Schadensersatz sei darüber hinaus wegen Verletzung der Pflichten aus einem konkludent geschlossenen Beratungsvertrag begründet.

Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.273,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 22.07.2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie nicht zum Schadensersatz verpflichtet sei, weil sie eine etwaige Pflichtverletzung nicht zu vertreten habe. Sie habe sich in einem das Verschulden ausschließenden Rechtsirrtum befunden. Zumindest müssten sich die Kläger anspruchsmindernd den Zinsvorteil aus dem Darlehen mit der X anrechnen lassen. Die Abschlussgebühr für den Bausparvertrag sei nicht zu ersetzen, weil sie nicht durch die Kündigung verursacht worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Landgerichts vom 07.05.2020 (Bl. ### ff. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat auch in der Sache – abgesehen von einem geringfügigen Teil der Zinsforderung – Erfolg. Die Beklagte schuldet den Klägern wegen der unberechtigten Kündigung Schadensersatz, der sowohl die Anwaltskosten als auch die Abschlusskosten für den Bausparvertrag umfasst.

I.

Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 4.313,51 EUR aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Darlehensvertrag.

1.

Indem die Beklagte eine unwirksame Kündigung des Darlehensvertrags erklärte und die Vertragserfüllung verweigerte, verletzte sie ihre vertraglichen Pflichten. Die unberechtigte Ausübung eines Gestaltungsrechts ist als Verletzung der Treue- und Rücksichtnahmepflichten nach § 241 Abs. 2 BGB  zu bewerten (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.04.2018 – 7 U 49/17, BeckRS 2018, 41266 Rn. 69; s.a. BGH, Urteil vom 29.03.2017 – VIII ZR 44/16; Urteil vom 16.01.2009 – V ZR 133/08).

2.

Die Beklagte hat die Pflichtverletzung zu vertreten.

Das Verschulden wird vermutet, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Diese Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt. Sie handelte fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1, 2 BGB, als sie die Kündigung des Darlehensvertrags erklärte. Der Fahrlässigkeitsvorwurf ist bereits begründet, wenn eine der Handlung entgegenstehende rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit in Betracht gezogen werden muss.

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Die Beklagte kann sich insbesondere nicht auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum berufen. Zwar gibt es keine im Rahmen des § 280 Abs. 1 BGB sanktionierte Pflicht, die richtige Rechtsauffassung zu vertreten. Gleichwohl sind an die Annahme eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen. Der Schuldner muss die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.2015 – XII ZR 65/14, NJW 2015, 2419 Rn. 63; ; Urteil vom 25.10.2006 – VIII ZR 102/06, NZM 2007, 35, Rn. 13 jeweils m.w.N.). Entschuldigt ist der Rechtsirrtum nur dann, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte (vgl. Weber in: BeckGK, Stand 15.05.2020, § 490 Rn. 186; s.a. BGH, Urteil vom 13.05.2015 – XII ZR 65/14, NJW 2015, 2419 Rn. 64; Urteil vom 13.05.2012, XII ZR 65/14, juris Rn. 63). Hier hätten sich die vom Landgericht Aachen in seiner Urteilsbegründung (Az: 1 O 480/16) genannten Gesichtspunkte auch der Beklagten bei einer sorgfältigen Prüfung der Rechtslage aufdrängen müssen. Weitere, im Urteil des Landgerichts Aachen genannte Stimmen im Schrifttum sprachen sich ebenfalls gegen die Abdingbarkeit der Voraussetzungen des § 490 Abs. 1 BGB innerhalb von AGB-Klauseln aus.

Dieser Bewertung steht die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung nicht entgegen. Eine bloße Plausibilitätsprüfung hinsichtlich der Frage der Kündigungsvoraussetzungen genügt jedenfalls im Zusammenhang mit Bankkrediten nicht, um ein Verschulden auszuschließen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zu unterscheiden zwischen Sachverhaltskonstellationen, in denen Gestaltungsrechte ohne Einfluss auf die Vertragserfüllung geltend gemacht werden, und solchen, in denen sich ein Gestaltungsrecht auch auf die Vertragserfüllung auswirkt (vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2009 – V ZR 133/08). Die von der Beklagten genannte Rechtsprechung betrifft die erste Sachverhaltskonstellation, während es hier um die Konstellation geht, dass der Kündigende in der Annahme, er habe den Vertrag wirksam beendet, nicht mehr leistet. In solchen Fällen trägt der Kündigende das volle Risiko der Leistungsverweigerung (vgl. BGH, Urteil vom 28.11.2001 – XII ZR 197/99).

Auch betrifft die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung nur solche Fälle, in denen die Rechtslage in besonderem Maße unklar ist (s. BGH, Urteil vom 18.01.2011 – XI ZR 356/09, NJW 2011, 1065, Rn. 31 f.). Solche Unklarheiten lagen hier indes nicht vor. Es handelte sich bei der vom Landgericht Aachen zu entscheidenden Frage nach dem Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen bzw. der Frage der Wirksamkeit der AGB um eine bisher nicht höchstrichterlich geklärte Rechtsfrage und damit um eine allgemeine Frage, die mit der Auslegung von Gesetzen und Verträgen einhergeht. Davon abgesehen ist auch nach den von der Beklagten genannten Entscheidungen nicht ausreichend, dass die rechtliche Zulässigkeit des beabsichtigten Vorgehens plausibel erscheint; vielmehr kann ein Verschulden nur dann verneint werden, wenn sich ein Irrtum trotz sorgfältiger Prüfung nicht vermeiden lässt. Dies kann angenommen werden, wenn günstige Umstände für die Zulässigkeit der Rechtsausübung sprechen, weil beispielsweise eine günstige Instanzenrechtsprechung besteht (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2011 – XI ZR 356/09). Solche Umstände lagen hier gerade nicht vor. Zwar gab es zu der vom Landgericht Aachen (1 O 480/16) zu entscheidenden Frage keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Allerdings sprachen sowohl die vom Landgericht Aachen in Bezug genommenen Kommentierungen als auch zwei Entscheidungen des Brandenburgischen Oberlandgerichts (Urteil vom 13.11.2013 – 4 U 93/11, juris Rn. 80; Urteil vom 18.11.2009 – 3 U 104/08, juris Rn. 26; in Bezug genommen in dem vom Klägervertreter vorgelegten Hinweisbeschluss des Oberlandgerichts Düsseldorf vom 21.04.2020, I-6 U 136/19) dafür, die Kündigung seinerzeit als unzulässig zu bewerten.

3.

Den Klägern ist durch die Pflichtverletzung ein ersatzfähiger Schaden in Höhe von 4.313,51 EUR entstanden.

Die Rechtsanwaltskosten in dieser Höhe sind ursächlich auf die unberechtigte Kündigung zurückzuführen. Die Einschaltung eines Rechtsbeistands zur Abwehr der Kündigungsfolgen war erforderlich und zweckmäßig. Die intensiven Verhandlungen der Klägervertreter waren notwendig, da die drohende Zwangsvollstreckung ansonsten nicht hätte verhindert und die Abwendung weiterer Nachteile nicht hätte ermöglicht werden können. Es handelt sich um eine Schadensposition, die als Schadensersatz neben der Leistung nach den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 ersatzfähig ist. Der entstandene Schaden wäre auch bei Nachholung der Leistung nicht entfallen. Zwar war die Tätigkeit der Klägervertreter auch auf Abschluss eines Ersatzdarlehensvertrags gerichtet. In erster Linie bezweckten sie aber die Verhinderung der Zwangsvollstreckung und eine Umschuldung aufgrund des endfällig gewordenen früheren Darlehens.

Ein Vorteilsausgleich im Hinblick auf die günstigeren Zinskonditionen des Ersatzdarlehens ist nicht geboten.

Ein Vorteilsausgleich kommt in Betracht, wenn zwischen dem schädigenden Ereignis und dem entstandenen Vorteil ein adäquat-kausaler Zusammenhang besteht, eine Anrechnung dem Zweck des Ersatzanspruchs entspricht, die Anrechnung des Vorteils für den Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unbillig entlastet (BGH, Teilurteil vom 15.07.2010 – III ZR 336/08).

Hier beruhen zwar die Vorteile adäquat-kausal auf der unrechtmäßigen Kündigung des Darlehensvertrags seitens der Beklagten. Eine Vorteilsanrechnung würde jedoch zu einer unbilligen Entlastung führen.

Erbringt der Geschädigte Leistungen, ohne hierzu im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB gehalten zu sein, so ist es unbillig, die Vorteile der gleichwohl vorgenommenen Handlungen dem Schädiger zugutekommen zu lassen (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.1973 – VI ZR 97/71). Leistet der Geschädigte mehr, als er nach § 254 Abs. 2 BGB zu tun verpflichtet ist, bleiben die hieraus resultierenden Vorteile anrechnungsfrei.

Hier haben die Kläger den Zinsvorteil durch überobligatorischen Aufwand erreicht. Das vorteilhafte Verhandlungsergebnis beim Abschluss des Ersatzdarlehensvertrages beruhte auf den Bemühungen und dem Verhandlungsgeschick der beauftragten Prozessbevollmächtigten der Kläger. Es kann offen bleiben, inwiefern die Kläger zum Abschluss eines Ersatzdarlehensvertrages zur Verhinderung der Zwangsvollstreckung nach § 254 Abs. 2 BGB gehalten waren. Die Vereinbarung günstigerer Zinsen war jedenfalls überobligatorisch. Dies gilt ungeachtet der Rechtsprechung zur Vorteilsanrechnung beim Deckungskauf. Der finanzielle Vorteil, den ein Käufer bei einem günstigeren Deckungskauf erlangen kann, ist zwar in der Regel anzurechnen; von diesem Grundsatz sind aber Ausnahmen zu machen, wenn der Vorteil auf besonderen eigenen Anstrengungen beruht (vgl. Ebert in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, Vorbemerkung vor § 249 Rn. 102). Hier konnten die Kläger erst nach Verhandlung seitens ihrer Prozessbevollmächtigten einen entsprechenden Vertrag abschließen. Eine Anrechnung der Zinsvorteile würde die Beklagte unbillig entlasten und ihr Vorteile zusprechen, die gerade auf einer überobligatorischen Leistung im Lager der Kläger beruht.

II.

Weiter können die Kläger von der Beklagten Ersatz der Abschlusskosten für den Bausparvertrag in Höhe von 2.950,00 EUR nach §§ 280 Abs. 1, 3, 281, 284 BGB verlangen.

Zwar sind die Kosten nicht nach § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen, denn es handelt sich nicht um einen kausalen Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB. Der Bausparvertrag wurde bereits vor der unberechtigten Kündigung abgeschlossen, so dass die damit verbundenen Kosten nicht durch die Kündigung verursacht worden sind.

Es handelt sich jedoch um vergebliche Aufwendungen i.S.d. § 284 BGB.

Die Anwendbarkeit des § 284 BGB wird durch die Geltendmachung eines Schadensersatzes neben der Leistung nicht ausgeschlossen. Hinsichtlich der geltend gemachten Anwaltskosten (unter I.) handelt es sich um einen Schadensersatz neben der Leistung.

Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung nach § 281 BGB liegen vor. Die Beklagte hat ihre Vertragspflichten verletzt, indem sie unberechtigterweise die Kündigung des Darlehens erklärte und die Erfüllung ihrer Hauptleistungspflicht, d.h. die Auszahlung des Darlehens, verweigerte. Die Beklagte hat die Pflichtverletzung zu vertreten (wie bereits ausgeführt). Eine Fristsetzung war nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich. Indem die Beklagte die außerordentliche Kündigung des Darlehensvertrags erklärte und Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung geltend machte, verweigerte sie die geschuldete Leistung ernsthaft und endgültig.

Bei den Abschlusskosten für den Bausparvertrag handelt es sich um vergebliche Aufwendungen im Sinne des § 284 BGB: Der Abschluss des Bausparvertrags stellte eine Aufwendung zum Erhalt der Leistung aus dem Darlehensvertrag dar und wurde im Vertrauen auf die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung getätigt. Die Kläger durften die Aufwendung auch billigerweise tätigen, da der Abschluss des Bausparvertrages sogar vertraglich seitens der Beklagten vorgesehen war. Die Aufwendungen in Form der Abschlusskosten waren vergeblich, nachdem die Beklagte den Darlehensvertrag gekündigt und die Auszahlung der Darlehenssumme verweigert hatte. Die Kläger können den Bausparvertrag für ihren Ersatzdarlehensvertrag nicht als Tilgungsersatzprodukt nutzen. Dass sie den Bausparvertrag grundsätzlich anderweitig nutzen könnten, schließt den Anspruch nach § 284 BGB nicht aus. Eine etwaige alternative Nutzungsmöglichkeit hindert den Anspruch nicht, wenn eine Nutzung tatsächlich nicht stattfindet (BGH, Urteil vom 20.07.2005 – VIII ZR 275/04).

Der Zweck des Bausparvertrages, der darin bestand, als Tilgungsersatzprodukt verwendet zu werden, wäre bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung erreicht worden.

IV.

Der zugesprochene Zinsanspruch ist nach §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 21.08.2018 begründet.

Soweit die Kläger Zinsen ab dem 22.07.2018 geltend machen, war die Klage abzuweisen, denn die Beklagte befand sich nicht bereits nach Ablauf der im Schreiben der Kläger vom 06.07.2018 einseitig gesetzten Frist in Verzug. In dem Schreiben der Kläger vom 06.07.2018 ist keine Mahnung zu sehen, sondern die einseitige Bestimmung eines Zahlungsziels (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2007 – III ZR 91/07). Eine Mahnung war auch nicht entbehrlich. Damit wurde der geltend gemachte Anspruch mit Ablauf der gesetzten Frist fällig, so dass 30 Tage später gemäß § 286 Abs. 3 BGB Verzug eintrat.

VI.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert:   7.273,51 EUR


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Zivilrecht: Der Text behandelt einen zivilrechtlichen Fall, in dem Schadensersatz im Zusammenhang mit der unwirksamen Kündigung eines Darlehensvertrags gefordert wird.
  2. Bankrecht: Das Urteil bezieht sich auf das Bankrecht, da es um die Haftung einer Bank bei einer unwirksamen Kündigung eines Darlehensvertrags geht.
  3. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Verschiedene Paragraphen des BGB werden im Urteil zitiert, wie z.B. § 490 BGB (außerordentliche Kündigung), § 280 Abs. 1 BGB (Schadensersatz statt der Leistung) und § 284 BGB (vergebliche Aufwendungen).
  4. Urteil des Landgerichts Bonn: Das Urteil des Landgerichts Bonn (Az.: 19 O 251/19) ist die konkrete Entscheidung, auf die sich der Text bezieht. Es wurde am 17.09.2020 gefällt und verurteilt die Beklagte zur Zahlung eines bestimmten Betrags.
  5. Verzug und Zinsen: Es wird auf den Verzug der Beklagten verwiesen und Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab einem bestimmten Datum gefordert.
  6. Anwaltliche Kosten: Die Kläger fordern Schadensersatz für die anwaltlichen Kosten, die im Zusammenhang mit der unwirksamen Kündigung entstanden sind.
  7. Vorteilsausgleich: Es wird erwähnt, dass ein Vorteilsausgleich nicht geboten ist, da die günstigeren Zinskonditionen des Ersatzdarlehens als überobligatorisch angesehen werden.
  8. Vollstreckbarkeit: Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags.
  9. Rechtsirrtum und Fahrlässigkeit: Es wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte fahrlässig gehandelt hat, da sie die Kündigung des Darlehensvertrags erklärt hat, obwohl eine rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit hätte erfolgen müssen.
  10. Anrechnung der Vorteile:  Es wird erläutert, dass die Vorteile, die aus der unrechtmäßigen Kündigung resultieren, nicht auf den Schadensersatz angerechnet werden sollten.
  11. Vergebliche Aufwendungen: Die Kosten für den abgeschlossenen Bausparvertrag werden als vergebliche Aufwendungen betrachtet und sollen erstattet werden.
  12. Schadensersatz statt der Leistung: Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung nach § 281 BGB liegen vor, da die Beklagte ihre Vertragspflichten verletzt hat.
  13. AGB-Klauseln: Es wird erwähnt, dass die Wirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eine bisher nicht höchstrichterlich geklärte Rechtsfrage ist.
  14. Verhandlungen und Zwangsvollstreckung: Es wird darauf hingewiesen, dass Verhandlungen mit der ursprünglichen Darlehensgeberin geführt wurden, um die Zwangsvollstreckung zu verhindern.
  15. Rechtsanwaltskosten und rechtliche Beratung: Die Kläger haben Anwaltskosten geltend gemacht und bieten rechtliche Beratung an, um den Schaden abzuwenden.

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