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Beamter – Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand -Dienstliches Interesse

VG München – Az.: M 5 E 20.6087 – Beschluss vom 30.11.2020

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 37.784,50 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag vom 24. November 2020, den zum … Dezember 2020 vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand hinauszuschieben bis über den Antrag im Hauptsacheverfahren rechtskräftig entschieden ist,

hat keinen Erfolg. Der am … März 1955 geborene Antragsteller, der als Oberregierungsrat am Finanzamt F…… in Diensten des Antragsgegners steht und mit Ablauf des Monats November 2020 die gesetzliche Altersgrenze für den Ruhestandseintritt gem. Art. 62 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) i.V.m. Art. 143 Abs. 1 Satz 2 BayBG (65 Jahre und 9 Monate) erreicht, konnte keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen.

Zur Begründung wird auf den Bescheid des Antragsgegners vom … September 2020 sowie den Widerspruchsbescheid vom … November 2020 verwiesen.

Lediglich ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

1. Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich.

Es kann offen bleiben, ob der Antragsteller vor Erlass der ablehnenden Entscheidung nach Art. 28 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) hätte angehört werden müssen. Denn selbst wenn man insoweit einen Anhörungsmangel annehmen wollte, ist dieser gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG wirksam geheilt worden. Denn der Antragsteller hatte jedenfalls im Rahmen des Widerspruchsverfahrens Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (OVG NRW, B.v. 21.7.2010 – 13 B 665/10 – DVBl 2010, 1243). Der Antragsgegner hat sich auch mit den vorgetragenen Gründen im Widerspruchsbescheid vom 19. November 2020 auseinandergesetzt. Damit war die vollwertige Gewährung des Rechts aus Art. 28 BayVwVfG im Widerspruchsverfahren sichergestellt (Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 45 Rn. 79 f.).

Auch die Frage der Beteiligung der Personalvertretung kann vorliegend dahingestellt bleiben, da sich selbst bei einer zu Unrecht unterbliebenen Beteiligung der Personalvertretung noch kein Anspruch des Antragstellers auf Hinausschieben seines Eintritts in den Ruhestand ergeben würde. Unabhängig davon spricht einiges dafür, dass die Personalvertretung vorliegend nicht beteiligt werden musste. Bereits der Wortlaut der Norm spricht dafür, dass nur das im Einzelfall beabsichtigte Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand mitbestimmungspflichtig sein soll. Bei der Ablehnung eines von einem Beamten gestellten Verlängerungsantrags handelt es sich jedoch schon begrifflich nicht um eine „Hinausschiebung“ (BVerwG, B.v. 15.12.1972 – VII P 7.72 – juris; OVG NRW, B.v.27.9.2019 – 1 B 1314/19 – juris Rn. 11; HessVGH, B.v. 29.11.2016 – 1 B 2643/16 – juris Rn. 21; Schleicher in: Ballerstedt/Schleicher/Faber, Bayerisches Personalvertretungsgesetz, Stand: 1.6.2020, Art. 75 Rn. 138).

2. Darüber hinaus ist nach Auffassung des Gerichts das dienstliche Interesse an der Fortführung der Dienstgeschäfte zu Recht verneint worden. Der Antragsgegner hat durch den Widerspruchsbescheid vom … November 2020, ergänzt durch die Erwägungen in der Antragserwiderung, plausibel dargelegt, dass ein dienstliches Interesse nicht gegeben ist.

So hat das Bayerische Landesamt für Steuern (Landesamt) nachvollziehbar ausgeführt, dass ein Personalbedarf nicht bestehe. Hinzu kommt, dass auch aus Sicht der Amtsleitung des Finanzamts F…… eine Verlängerung der Dienstzeit des Antragstellers nicht erforderlich sei, da durch den Antragsteller weder Projekte noch andere Arbeitseinsätze abzuschließen wären und die Vertretungssituation im Dienstbetrieb nicht auf die Person des Antragstellers zugeschnitten sei. Diese Aussage ist nach Angabe des Landesamtes zu keiner Zeit gegenüber dem Landesamt revidiert worden. Auf die persönlichen Eindrücke des Antragstellers und Maßgaben, die der Amtsleiter gegenüber dem Antragsteller geäußert hat, kommt es nicht an. Maßgeblich ist allein die offizielle Stellungnahme des Amtsleiters gegenüber dem Landesamt. Darüber hinaus hat das Landesamt in rechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt, dass die persönliche Eignung des Antragstellers zur Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht vorliege.Das Landesamt begründet dies damit, dass der Antragsteller bis in die jüngste Vergangenheit mehrfach Dienstpflichten schuldhaft verletzt habe. Es liege insbesondere eine bestandskräftige Disziplinarverfügung gegen den Antragsteller vor. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Darüber hinaus hat das Landesamt plausibel dargelegt, dass sich ein dienstliches Interesse auch nicht aufgrund der Betreuung laufender finanzgerichtlicher Verfahren durch den Antragsteller ergebe, da dies zu den Standardaufgaben eines Sachgebietsleiters gehöre und der Antragsteller nicht über derart singuläre Spezialkenntnisse verfüge, die kein anderer Sachgebietsleiter besitze oder sich aneignen könnte. Rechtsfehlerfrei hat das Landesamt auch den Abbau von Überstunden oder noch nicht genommenen Urlaubs als rein persönliche Interessen eingeordnet, das in die Bewertung des Dienstherrn nicht einfließen könne.

Damit hat eine konkrete und detaillierte Prüfung des Vorliegens eines dienstlichen Interesses im Sinne des Art. 63 Abs. 2 S. 1 BayBG für den Fall des Antragstellers stattgefunden; die maßgeblichen Gründe wurden plausibel dargelegt. Da schon das dienstliche Interesse an der Fortführung der Dienstgeschäfte nicht gegeben ist, war der Ermessensrahmen für die „Kann“-Regelung des Art. 63 Abs. 2 S. 1 BayBG nicht eröffnet.

Auch unter Berücksichtigung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG i.V.m. § 10 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und Art. 3 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) besteht kein Anspruch auf Beendigung des Beamtenverhältnisses nach der in Art. 62 BayBG festgelegten Altersgrenze von 67 Jahren. Denn für den Antragsteller gilt für die Altersgrenze abweichend von Art. 62 Sätze 1 und 2 BayBG die gesetzliche Übergangsregelung des Art. 143 Abs. 1 Satz 2 BayBG, da er nach dem 31. Dezember 1946 und vor dem 1. Januar 1964 geboren ist. Ein Absehen von dieser Regelung ist nur nach Maßgabe des Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG möglich. Die Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Die Festlegung einer Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht, da sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (vgl. EuGH, u.v. 21.7.2011 – C -159/10 und C – 160/10 – juris; BayVGH, B.v. 9.8.2010 – 3 CE 10.928 – juris Rn. 28).

Die mit der am 30. November 2020 bei Gericht eingegangenen Klage (M 5 K 20.6183) beantragte aufschiebenden Wirkung geht ins Leere. Denn der Antragsteller hat in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage erhoben. Der Antragsteller tritt aufgrund Erreichens der Altersgrenze kraft Gesetzes in den Ruhestand und nicht aufgrund einer Regelung durch einen Verwaltungsakt.

3. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) – die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (die Jahresbezüge des Antragstellers belaufen sich im Amt A 14 (Endstufe) zzgl. Jahressonderzahlung auf 75.569,00 EUR, hiervon die Hälfte). Ein Abschlag für die Vorläufigkeit der getroffenen Regelung kommt nicht in Betracht, da der Antragsteller mit seinem Antrag eine Vorwegnahme der Hauptsache erstrebt.

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