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Beweisantrag – Aufklärungspflicht des Gerichts

OLG Hamm

Az.: 3 RBs 28/09

Beschluss vom 28.03.2010


Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts vom Gütersloh vom 06.11.2008 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 28. März 2010 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin (§ 80 a Abs. 1 OWiG) nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Das angefochten Urteil wird nebst den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Gütersloh zurückverwiesen

Gründe:

Gegen den Betroffenen ist durch das angefochtene Urteil wegen fahrlässiger Begehung einer Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 4 Abs. 1, 49 StVO, 24 StVG eine Geldbuße in Höhe von 150,00 € sowie ein einmonatiges Fahrverbot unter Gewährung von Vollstreckungsschutz gemäß § 25 Abs. 2a StVG verhängt worden.

Nach den Urteilsfeststellungen hielt der Betroffene als Fahrer des von ihm geführten PKW am 31.01.2007 bei einer von ihm gefahrenen Geschwindigkeit von 134 km/h zu dem vorausfahrenden Fahrzeug einen Abstand von höchstens 15,00 Metern ein. Die Geschwindigkeitsfeststellung wurde mit einer Verkehrsüberwachungsanlage des Typs ProVida 2000 Modular, die bis, zum 31.12.2007 geeicht war, durchgeführt. Bei dem Messfahrzeug handelte es sich Fahrzeug der Marke Daimler-Benz Typ E-Klasse.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der sowohl eine Verletzung formellen als auch materiellen Rechts gerügt wird.

I.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie hat mit der erhobenen Verfahrensrüge der rechtsfehlerhaften Zurückweisung zweier Beweisanträge Er-folg. Der Verfahrensverstoß führt zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und zu einer Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die außerdem geltend gemachten Verfahrensrügen sowie die erhobene Sachrüge hier durchgreifen, da sie der Rechtsbeschwerde zu keinem weitergehenden Erfolg verhelfen könnten.

Der Verteidiger des Betroffenen hatte mit dem in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrag Nr. 2 die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür beantragt, dass er nur mit einer Geschwindigkeit von 79 km/h und einem Abstand von 32,6 Metern zu dem vorausfahrenden Fahrzeug gefahren sei und die festgestellten fehlerhaften Abstands- und Geschwindigkeitswerte auf den Einsatz eines sog. CAN-Busses zurückzuführen seien.

In der Antragsbegründung wird u. a. ausgeführt, das Messfahrzeug, DC, E – Klasse, BI – 7062, habe zur Messzeit mit nachgebildeten Wegimpulsen gearbeitet, da aufgrund der Ausstattung des Fahrzeugs mit einem CAN-Bus der Abgriff der Wegimpulse nicht direkt am Antrieb, sondern über den Wegimpulsgeber am CAN-Bus erfolgt sei. Dieser Wegimpulsgeber sei nicht eichfähig, so dass die Eichung formell richtig, aber materiell falsch gewesen sei.

Nachdem das Amtsgericht diesen Beweisantrag gestützt auf § 77 Abs. 2 Nr. 2 OWiG zurückgewiesen hatte, wobei sich der ablehnende Beschluss auf die Wiederholung des Gesetzestextes der Nr. 2 beschränkt hatte, stellte der Verteidiger des Betroffenen – wenn auch etwas anders formuliert – u. a. einen inhaltlich dem vorherigen Antrag Nr. 2 entsprechenden Beweisantrag Nr. 4, Teil 1, wobei in der Begründung unter näheren Ausführungen darauf hingewiesen worden ist, dass sich erst aus der Aussage des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen der Fahrzeugtyp Daimler-Benz, E -Klasse des Messfahrzeugs ergeben habe, sich aber gerade bei dieser Reihe von Messfahrzeugen die Problematik fehlerhaft geeichter CAN-BusKomponenten, die erst Mitte 2007 behoben worden sei, gezeigt habe.

Die Zurückweisung der Beweisanträge hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Hinsichtlich der Zurückweisung des Beweisantrages Nr. 2 fehlt es bereits an einer ausreichenden Begründung des Ablehnungsbeschlusses in der Hauptverhandlung.

Die Ablehnung eines Beweisantrages nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 OWiG setzt voraus, dass das Gericht den Sachverhalt nach dem Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme als geklärt ansieht und dass nach seiner freien Würdigung das Beweismittel oder die zu beweisenden Tatsachen ohne verständigen Grund so spät vorgebracht worden sind, dass die Beweiserhebung zur Aussetzung der Hauptverhandlung führen würde.

Vorliegend spricht allerdings der Umstand, dass der Verteidiger des Betroffenen den Beweisantrag Nr. 2 als gedruckten Text vorgelegt hatte, diesen also offensichtlich vor der Hauptverhandlung abgefasst hatte, dafür, dass die Beweisanträge bereits früher, d. h. vor der Hauptverhandlung hätten gestellt werden können. Auch weist der Verteidiger in der Rechtsbeschwerdebegründung darauf hin, dass das Gericht aus der in der Anlage zum Eichschein mitgeteilten Fahrzeugidentitätsnummer hätte ersehen können, dass es sich bei dem Messfahrzeug um ein solches des Typs Daimler-Benz, E-Klasse, Baureihe VV211 handele sowie, dass der Wegimpulsgeber mit CAN-Bus von Daimler-Benz in der E-Klasse ab der Baureihe VV210 eingebaut worden sei. Der Fahrzeugtyp war dann aber auch für den Verteidiger erkennbar, und zwar vor der Hauptverhandlung, da er zuvor Einsicht in die Akten einschließlich des darin befindlichen Eichscheins nebst Anlage erhalten hatte. Die Begründung des Verteidigers, Teil 1 des Beweisantrages Nr . 4 sei erst in der Hauptverhandlung gestellt worden, da sich erst aus der Aussage des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen der Fahrzeugtyp des Messfahrzeugs ergeben habe, vermag daher nicht zu überzeugen.

Auch hat das Amtsgericht in seinem den Beweisantrag ablehnenden Beschluss nachvollziehbar dargelegt, dass die Durchführung der beantragten Beweiserhebung zu einer Aussetzung der Hauptverhandlung führen würde.

Die Ablehnung eines Beweisantrages als verspätet erfordert aber außerdem, dass nicht die dem Gericht obliegende Aufklärungspflicht die Erhebung des beantragten Beweises gebietet (vgl. Senatsbeschluss vom 17.06.2004 – 3 Ss OWi 315/04 – wvvw.iustiz.nrw.de; OLG Karlsruhe VRS Bd. 98, 447; Senge in KK, OWG, 6. Aufl., § 77 Rdnr. 23; Bohnert, OWiG, 2. Aufl., § 77 Rdnr.43).

Verletzt ist die Aufklärungspflicht, wenn das Gericht davon absieht, Beweise zu erheben, deren Benutzung sich nach der Sachlage aufdrängt oder zumindest naheliegt (vgl. Seitz in Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 77, Rdz. 7).

Das Amtsgericht konnte bei Anwendung pflichtgemäßen Ermessens hier nicht annehmen, dass die beantragte Beweiserhebung nicht erforderlich sei. Bei einer Geschwindigkeitsmessung mit dem hier verwendeten Messgerät des Typs Provida 2000 Modular handelt es sich zwar um ein standardisiertes Messverfahren (vgl. Senatsbeschluss vom 04.12.2008 — 3 Ss OWi 871/08 m.w.N.) Bei einem solchen Verfahren kann sich die Beweisführung des Tatrichters grundsätzlich auf die Mitteilung der Höhe der gemessenen Geschwindigkeit, des Messverfahrens und des Toleranzabzuges beschränken. Darüber hinaus muss sich der Tatrichter von der Zuverlässigkeit der Messung nur dann überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Messung gegeben sind oder geltend gemacht werden (BGH NJVV 1993, 3081; Seitz in Göhler, OWiG, a.a.O., § 71 Rdnr. 43f m.w.N.).

Hier hatte der Betroffene über seinen Verteidiger aber greifbare Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermittlung der Geschwindigkeit seines Fahrzeugs zur Tatzeit und eine infolge dessen auch fehlerhaft Berechnung des von ihm eingehaltenen Sicherheitsabstandes behauptet, indem er dargelegt hat, dass die Wegstreckenmessung nicht durch unmittelbare Weiterleitung der Wegimpulse an das Messgerät erfolgt sei, sondern die VVegstreckeninformation unter Verwendung einer zwischen- geschalteten Einrichtung, nämlich eines CAN-Busses. für den die erforderliche Bauartzulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) nicht vorgelegen habe, übertragen worden sei. Hierbei handelt es sich um eine bekannte Problematik, die sich im Frühjahr 2007 herausgestellt hatte, nachdem durch die Entscheidung des AG Lüdinghausen vom 23.03.2007 — 10 OWi 89 Js 18/07, VRR 2007, 196, bekannt geworden war, dass bei verschiedenen Fahrzeugtypen, in denen eine ProViDa-Anlege eingebaut war, eine erneute Eichung verweigert worden war. Es zeigte sich, dass die Wegstreckenerfassung bei modernen Fahrzeugen nicht in der Form erfolgte, wie dies von der PTB gefordert wird. Die Wegimpulse des Wegimpulsgebers müssen direkt zu dem ProViDa-Messgerät geführt werden. Bei verschiedenen Einsatzfahrzeugen, z.B. Mercedes-Benz E-Klasse-Modellen ab der Baureihe W210, der aktuellen BMW-5-er-Modellreihe und verschiedenen BMW-Motorrädern, war dies aber nicht der Fall. Diese Fahrzeuge sind mit einem CAN-Bus ausgerüstet, der die Wegimpulse des Wegimpulsgebers digital weiterverarbeitet. Das ProViDa-Messgerät wird dabei mit nachgebildeten Wegimpulsen angesteuert. Diese zwischengeschalteten Einrichtungen bedürfen der Bauartzulassung durch die PTB (vgl. Golder in Ludovisy/ Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 4. Aufl., Teil 8, B, 1, 3 Rdnr. 73.

Es wurde durch den Verteidiger des Betroffenen auch nicht lediglich theoretisch die oben dargelegte Problematik als mögliche Ursache für eine Fehlerhaftigkeit der hier erfolgten Geschwindigkeits— und Abstandsberechnung behauptet, sondern konkret dargelegt, dass das Messfahrzeug zu einer Fahrzeugreihe gehöre, die mit einem CAN-Bussystem ausgerüstet sei, für dass jedenfalls bis Mitte 2007die erforderliche Bauartzulassung der PTB nicht vorgelegen habe (vgl. dazu Golder a.a.O.). Das Vorbringen des Verteidigers des Betroffenen war für auch für die Frage der Ordnungsmäßigkeit und Zuverlässigkeit der Ermittlung der Geschwindigkeit des von dem Betroffenen geführten Fahrzeugs und, da der Sicherheitsabstand auf der Grundlage dieser Geschwindigkeit berechnet worden ist, auch für dessen Feststellung von Bedeutung. Die bis zum 31.12.2007 gültige Eichung des Messgeräts wäre bei Zugrundelegung der Ausführungen des Verteidigers des Betroffenen lediglich formell korrekt erfolgt, sie wäre aber wegen der nicht vorhandenen, jedoch von der PTB geforderten Bauartzulassung in Bezug auf das CAN-Bus-System als materiell fehlerhaft anzusehen, da das Messgerät dann nicht eichfähig gewesen wäre. Ein Messgerät ist nämlich nur dann gemäß § 14 a Abs. 1 Eichordnung eichfähig, wenn seine Bauart durch die PTB zur Eichung zugelassen ist. Bei einer materiell fehlerhaften Eichung wären die Grundsätze, die bei Messungen mit ungeeichten Geräten gelten, entsprechend anzuwenden (vgl. Senatsentscheidungen vom 24.01.2006 – 3 Ss OWi 582/05 – und 16.01.2009 – 3 Ss OWi 767/07 – ). Sinn und Zweck des Eichgesetzes in Bezug auf Geschwindigkeitsmessungen ist es, deren Sicherheit zu gewährleisten, die durch die Eichpflicht nach § 2 Abs. 1 EichG garantiert wird. Diesem Zweck kann auch dadurch entsprochen werden, dass qualitätsmäßige Bedenken gegen eine Geschwindigkeitsmessung durch einen entsprechenden (höheren) Sicherheitsabschlag ausgeglichen werden (Senatsbeschluss vom 24.01.2006 mit weiteren Nachweisen).

Der Tatrichter durfte den Sachverhalt hier auch nicht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme als hinreichend geklärt ansehen. Der als Zeuge vernommene Polizeibeamte hat sich ausweislich der Urteilsgründe zu den oben dargelegten Einwendungen des Verteidigers des Betroffenen gegen die festgestellte Höhe der Geschwindigkeit des von dem Betroffenen geführten Fahrzeuges und gegen die Richtigkeit des auf der Grundlage dieser Geschwindigkeit berechneten Abstandes zu seinem Vordermann, insbesondere zu einer Ausrüstung des Messfahrzeugs mit einem CAN-Bus und zu einer Weitergabe der Wegstreckeninformation über den CAN-Bus an das Messgerät, nicht geäußert. Der Eichschein belegt zwar die erfolgte Eichung des Messgeräts. Er ist aber nicht geeignet, die behauptete materiell fehlerhafte Eichung aufgrund der fehlenden Bauartzulassung eines zwischengeschalteten CAN-Busses auszuräumen.

Es lagen daher für den Amtsrichter hinreichende Anhaltspunkte vor, die es durchaus als naheliegend erscheinen ließen, dass die Geschwindigkeitsmessung durch ein materiell fehlerhaft geeichtes Messgerät erfolgt war mit der Folge, dass auch Bedenken gegen die Richtigkeit des unter Berücksichtigung dieser Geschwindigkeit berechneten Sicherheitsabstandes bestanden. Angesichts dessen hätte der Tatrichter sich von der Zuverlässigkeit der erfolgten Messung durch die Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens überzeugen müssen.

Das Urteil beruht auch auf dem Verfahrensfehler. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass der vorgenommene Toleranzabzug von 5 % möglicherweise hier nicht ausreichend war, wenn die Geschwindigkeit nicht mittels eines standardsieden Niessverfahrens, das ein ordnungsgemäß geeichtes Messgerät voraussetzt, sondern mit Hilfe eines materiell fehlerhaft geeichten Messgeräts festgestellt worden ist.

Der im letzteren Fall gebotene Sicherheitsabschlag wird in der Regel unter Inanspruchnahme eines Sachverständigen zu ermitteln sein. Der Senat merkt allerdings an, dass er bei einer solchen Fallgestaltung aus Gründen der Gleichbehandlung einen Sicherheitsabschlag in Höhe von (zumindest) 20 % für angemessen hält.

Das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat durch nicht veröffentlichen Erlass vom 03.04.2007 (AZ: 41147 -63.14.02), der an die Bezirksregierungen, Kreispolizeibehörden und die Zentralen Polizeitechnischen Dienste (ZPD) NRW gerichtet war, u.a. ausgeführt:

„Aufgrund des nunmehr vorliegenden Beschlusses (Bezug zu 1) (Anmerkung des Senats: Unter Nr. 1 ist eingangs des Erlasses der Beschluss des AG Lüdinghausen vom 27.03.2007 -10 OWi 89 Js 18/07 – 5/07 – genannt) ordne ich folgendes an:

Polizeiliche Fahrzeuge mit CAN-Bus und dem Geschwindigkeitsmesssystem „ProVida 2000″ sind bei der Messung von Geschwindigkeitsverstößen mit sofortiger Wirkung (bis zu ihrer jeweiligen Umrüstung) Fahrzeugen mit nicht justiertem Tacho gleichzusetzen.“

Eingangs dieses Erlasses ist u. a. ausgeführt, dass nach Mitteilung des Landesbetriebes für Mess- und Eichwesen Nordrhein-Westfalen seit November 2006 keine polizeilichen Videofahrzeuge mit CAN-Bus und dem Geschwindigkeitsmesssystem „ProVida 2000″ mehr geeicht würden, wobei als Begründung ein „nicht definierter Zustand des Wegimpulsverfahrens“ genannt worden sei.

In einem weiteren, ebenfalls nicht veröffentlichen Erlass des Innenministeriums vom 20.04.2007 – 41/47 – 63.14.02 – heißt es:

„Beschaffung von Fahrzeugen

Sachstand zu den Fahrzeugen mit Geschwindigkeitsmesssystem „ProVida 2000″

1. Erlass IM vom 03.04.2007, 41/47 – 63.14.02

2. Erlass IM vom 19.03.2007, 47- 63.14.02

Die im Bezugserlass zu 1. dargestellte Problematik kann nunmehr näher spezifiziert werden. Hiernach ergibt sich bei den vorhandenen zivilen Funkstreifenwagen mit mobiler Verkehrsüberwachungseinrichtung und den entsprechend ausgestatteten Krädern nachfolgendes Bild:

Vierradfahrzeuge…“

Es folgt sodann eine nummerierte Aufstellung von insgesamt 29 Vierradfahrzeugen. Folgende Fahrzeuge sind unter den lfd. Nr. 1-11 aufgeführt:

BR Detmold LIP-3062 Mercedes

BR Düsseldorf 0-7512 Mercedes

BR Köln K -37500 Mercedes

BR Münster MS -3603 WES-3710 Mercedes Mercedes

LR VVesel

BR Anisbera HSK-7296 BMW

BR Detmold LIP-3057 BMW

BR Düsseldorf D -7511 BMW

BR Köln K-37440 BMW

BR Münster MS -3633 BMW

BR Münster MS -3700 BMW

Im Anschluss daran wird unter a) Folgendes ausgeführt:

„Bei den unter den lfd. Nr. 1 bis 5 dargestellten Fahrzeugen lässt sich eine Eichfähigkeit absehbar nicht herstellen. Beim Einsatz dieser Fahrzeuge ist die im Bezugserlass zu 1. beschriebene Verfahrensweise (Gleichsetzung mit Fahrzeugen mit nicht justiertem Tacho) anzuwenden.“

Das hier eingesetzte Fahrzeug der Marke Daimler- Benz, mit dem in dem Beweisantrag Nr. 2 genannten amtlichen Kennzeichen BI -7062, ist in der Liste der 29 Fahr- zeuge nicht aufgeführt. Eine Rückfrage beim Innenministerium — Polizeihauptkommissar K. – am 28.04.2009 hat jedoch ergeben, dass dieses Fahrzeug bis einschließlich Februar 2007 unter dem Kennzeichen LIP – 3062 (lfd. Nr. 1 der obigen Auflistung) auf die Bezirksregierung Detmold zugelassen war. Die im Erlass dar- gestellte Fahrzeugauflistung basiert auf Informationen vom Stand November 2006.

Daher ist das Fahrzeug im Erlass noch unter dem SR“ Kennzeichen genannt. Eine zweifelsfreie Identifizierung war aber über die Fahrgestellnummer möglich.

Gemäß der zur Tatzeit geltenden Nr. 3.4 der Anlage 1 des Runderlasses des Innenministeriums vom 22.05.1996 (MBl. NRW 1996, S. 954) in der durch Runderlass des Innenministeriums vom 17.05.2005 (MBI. NRW 2005, 646) geänderten Fassung sind bei einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit einem Polizeifahrzeug, dessen Tachometer nicht justiert ist, von der abgelesenen Geschwindigkeit 20 % als Sicherheitsabschlag abzuziehen.

Gemäß Ziffer 3.4.5 des Runderlasses des Innenministeriums vom 19.10.2009 (MBI. NRW 2009, 501, durch den der Runderlass vom 22.05.1996 aufgehoben worden ist, sind bei einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren von dem abgelesenen Tachometerwert nunmehr grundsätzlich 20 % als Sicherheitsabschlag abzuziehen.

Die beiden oben mitgeteilten, nicht veröffentlichen Erlasse galten zwar noch nicht zur hier in Rede stehenden Tatzeit. Sie sind darüber hinaus auch für die Gerichte nicht bindend. Die darin enthaltenen Anweisungen dienen aber der Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer bei gleichgelagerten Verkehrsverstößen, so dass sie nach Auffassung des Senats auch für den hier vorliegenden Fall zu Gunsten des Betroffenen heranzuziehen sind, mit der Folge, dass ein davon abweichender geringerer Toleranzabzug jedenfalls einer auf Tatsachen gestützten Begründung bedürfte.

Die Höhe des vorzunehmenden Sicherheitsabschlages ist Tatfrage; seine Ermittlung ist daher Sache des Tatrichters (vgl. König in Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 3 Rdnr. 62 m.w.N), so dass eine eigene Entscheidung des Senats nicht in Betracht kam. Die Sache war deshalb an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

II.
Festzustellen ist, dass das auch im Ordnungswidrigkeitsverfahren geltende Beschleunigungsgebot in der Rechtsbeschwerdeinstanz dadurch verletzt worden ist, dass eine Entscheidung in der die Sache erst ca. 12 Monate nach Ablauf der Stellungnahmefrist gemäß § 349 Abs. 3 S. 2 StPO i. V. m. § 79 Abs. 3 OWiG für den Verwerfungsantrag der Generalstaatsanwaltschaft vom 27.01.2009 ergangen ist, wodurch sich das Verfahren unter Berücksichtigung der im vorliegenden Verfahren zu prüfenden Rechtsfragen um ca. 6 Monate verzögert hat.

Bei der Beurteilung von Verfahrensverzögerungen im Ordnungswidrigkeitenverfahren ist wegen der im Vergleich zur staatlichen Strafe geringeren Eingriffsintensität aber ein milderer Maßstab anzulegen ist. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz legt hier Auswirkungen auf den Rechtsfolgenausspruch erst dann nahe, wenn die durch die Justizbehörden verschuldete Verfahrensverzögerung ein Vielfaches der normalen Verjährungsfrist erreicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 2003, 2 BvR 273103 für den Fall einer viereinhalbjährigen Verfahrensdauer in der Rechtsbeschwerde; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.02.2008 – IV- 5 Ss (OWi) 33/07 – (OWi) 9/08 1, veröffentlicht unter juris.de). Die hier im Rechtsbeschwerdeverfahren eingetretene Verfahrensverzögerung und die damit verbundene Belastung für den Betroffenen wiegen auch noch nicht derart schwer, dass eine über die Feststellung des Verstoßes gegen den Beschleunigungsgrundsatz hinausgehende Kompensation geboten wäre.

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