Landgericht Saarbrücken
Az: 2 Qs 53/08
Beschluss vom 13.11.2008
Vorinstanz: AG Saarbrücken, Az.: 7 Gs 3534/08
In dem Ermittlungsverfahren wegen: Gefährdung des Straßenverkehrs hat die 2. große Strafkammer des Landgerichts beschlossen:
Die Beschwerde der Beschuldigten vom 16.10.2008 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 22.9.2008 (7 Gs 3534/08) wird als unbegründet verworfen.
Die Beschuldigte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe:
Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens sind die Voraussetzungen einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gegeben. Es sind weiterhin dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass der Beschuldigten im Hauptverfahren die Fahrerlaubnis entzogen werden wird (§ 111a StPO).
Es besteht insbesondere weiterhin der dringende Tatverdacht, dass die Beschuldigte am 28.7.2008 gegen 20.15 Uhr mit dem LKW Nissan Navara, amtliches Kennzeichen: … im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit (BAK 1,57 Promille) die B 51 in Richtung … befuhr und bei Durchfahren der Querspange in … in einer lang gezogenen Linkskurve aufgrund alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit von der Fahrbahn abkam (§ 316 StGB).
Das Amtsgericht Saarbrücken war für die Anordnung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 111a StPO zuständig. Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung stellt die Staatsanwaltschaft, sofern sie die Vornahme einer richterlichen Untersuchungshandlung für erforderlich erachtet, ihre Anträge bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hat daher den Antrag auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis zu Recht nicht bei dem Amtsgericht Merzig, sondern bei dem Amtsgericht Saarbrücken gestellt.
Auch die durchgeführte Blutalkoholbestimmung ist rechtmäßig angeordnet worden.
Entgegen der Ansicht der Beschuldigten ist die Anordnung der Blutentnahme durch den Polzeibeamten …, die zu einem BAK-Mittelwert von 1,57 ‰ geführt hat (Bl. 22 der Akte), nicht zu beanstanden. Zwar sieht § 81a Abs. 2 StPO vor, dass die Anordnung einer Blutentnahme grundsätzlich durch den Richter zu erfolgen hat. Nur bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung sind auch die Staatsanwaltschaft und deren Ermittlungspersonen (§ 152 GVG) zur Anordnung befugt.
Eine richterliche Anordnung war vorliegend jedoch entbehrlich. Denn die Beschuldigte war mit der Blutentnahme ausdrücklich einverstanden. In diesem Fall ist nach allgemeiner Ansicht eine richterliche Anordnung entbehrlich (Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl. 2008, § 81a, Rn 3; Murmann, in: Handbuch zum Strafverfahren, 2008, Kapitel III, Rn. 310; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 6. Aufl. 2008, Rn. 1626; LR-Krause, 25. Aufl. 2004, § 81a, Rn 12; KMR-Bosch, 48. Erg. lfg. [Stand: Nov. 2007], § 81a, Rn 14). Dass die Beschuldigte mit der Blutentnahme einverstanden war, ergibt sich sowohl aus dem polizeilichen Unfallbericht vom 30.7.2008 als auch aus dem ergänzenden Beschwerdevortrag der Beschuldigten im Schriftsatz vom 22.10.2008, in dem die Beschuldigte nicht ihr Einverständnis als solches in Abrede gestellt, sondern lediglich die Rechtsansicht vertreten hat, das von ihr erteilte Einverständnis sei wegen Missachtung des Richtervorbehaltes unwirksam.
Dies ist jedoch nicht der Fall. Hinsichtlich der Wirksamkeit der erteilten Einwilligung in die polizeilich angeordnete Blutentnahme bestehen keine Bedenken.
Für eine wirksame Einwilligung ist erforderlich, dass sich der Beschuldigte der Sachlage und seines Weigerungsrechts bewusst war (LR-Krause, § 81a, Rn. 13; Meyer-Goßner, StPO, § 81a, Rn 4 m.w.N.). Darüber hinaus wird zumeist verlangt, dass der Beschuldigte vor Erteilung des Einverständnisses regelmäßig über sein Weigerungsrecht belehrt werden müsse (OLG Karlsruhe, NStZ 2005, 393; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 1628; KMR-Bosch, § 81a, Rn. 17).
Nach den Ausführungen im Polizeibericht steht fest, dass sich die Beschuldigte ihres Weigerungsrechts hinreichend bewusst war. Denn die Beschuldigte wurde sowohl vor der Durchführung des Atemalkoholtests als auch vor der Anordnung der Blutentnahme durch die Polizeibeamten belehrt. Die Beschuldigte hat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens diesbezüglich auch nicht behauptet, fehlerhaft belehrt oder in Unkenntnis über ihr Weigerungsrecht gelassen worden zu sein.
Eine wirksame Einwilligung läge auch dann vor, wenn durch die Polizei lediglich eine Belehrung nach den §§ 163a Abs. 4, 136 Abs. 1 S. 2 StPO erfolgt sein sollte, ohne darüber hinaus auch über das bestehende Weigerungsrecht im Rahmen des § 81a StPO belehrt zu haben. Denn eines ausdrücklichen Hinweises auf das bestehende Weigerungsrecht, an einer Blutentnahme aktiv mitzuwirken, bedarf es dann nicht, wenn sich ein Beschuldigter mit Blick auf die Möglichkeit der Herbeiführung einer richterlichen Anordnung nach § 81a II StPO auf ausdrückliche Frage aus freien Stücken mit einer Blutentnahme einverstanden erklärt. Einer gesonderten förmlichen Belehrung über das bestehende Weigerungsrecht bedarf es insoweit nicht, da § 81a StPO eine solche Belehrung nicht vorsieht. Insoweit ist es ausreichend, wenn die Einwilligung auf einem freien Entschluss beruht und der Beschuldigte nicht davon ausgeht, auf seine Einwilligung komme es im Ergebnis nicht an, weil notfalls Zwang ausgeübt werden könne (vgl. LR-Krause, § 81a, Rn. 14). Solange daher die Herbeiführung einer richterlichen Anordnung gegenüber dem Beschuldigten nicht als bloße „Formalie“ dargestellt wird, bleibt die Freiwilligkeit der Willensentscheidung unberührt. Das Fehlen einer expliziten Belehrung über das bestehende Weigerungsrecht vermag insofern an der Wirksamkeit der erteilten Einwilligung nichts zu ändern. Der Umstand, dass sich die Beschuldigte zum Zeitpunkt der Blutentnahme der Beweisrelevanz der mit ihrem Einverständnis veranlassten BAK-Bestimmung möglicherweise nicht hinreichend bewusst war, ist für die Wirksamkeit der erteilten Einwilligung jedenfalls nicht erforderlich.
Gegen die Wirksamkeit der Einwilligung spricht schließlich auch nicht der bei der Beschuldigten festgestellte BAK-Mittelwert von 1,57 ‰, welcher auf der um 21:35 Uhr – also etwa eine Stunde und zwanzig Minuten nach dem Unfall – durchgeführten Blutentnahme basiert. Zwar kann die Einwilligungsfähigkeit eines Beschuldigten aufgrund der Stärke des Alkoholeinflusses im Einzelfall zweifelhaft sein. Hierfür genügt aber nicht bereits jede alkoholische Beeinflussung (Eisenberg, Beweisrecht der StPO, Rn. 1628; LR-Krause, § 81a, Rn. 14; KMR-Bosch, § 81a, Rn. 16). Dafür, dass sich die Beschuldigte vorliegend in einem Zustand befand, der im Nachhinein durchgreifende Zweifel an der Freiheit ihrer Willensentscheidung aufkommen lassen könnte, fehlt es jedoch an hinreichenden Anhaltspunkten. Bei der Beschuldigten bestanden nach dem polizeilichen Unfallbericht vom 30.7.2008 zwar Anzeichen einer Alkoholisierung, da ihre Augen leicht glasig und gerötet erschienen. Die Beschuldigte war gleichwohl in der Lage, die Polzeit telefonisch zu verständigen und das Unfallgeschehen eigenständig zu schildern. Ausfallerscheinungen sind ebenfalls nicht dokumentiert.
Der Beschwerde der Beschuldigten war daher der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO.