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Darlehensrückzahlungsanspruch gegenüber geschiedenem Ehegatten

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

Az.: 3 W 59/02

Beschluss vom 08.04.2002

Vorinstanz: LG Koblenz, Az.: 1 O 216/01


In Sachen wegen Erstattung von Darlehensrückzahlungen, hier: Prozesskostenhilfe hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 22.11.2001 gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 31.10.2001 am 08.04.2002 beschlossen:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst wie folgt:

Der Klägerin wird für den ersten Rechtszug in vollem Umfang Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt.

Ihr wird Rechtsanwalt G…, …, … N…, zur Vertretung in diesem Verfahren beigeordnet.

Gründe:

Die Antragstellerin (im Folgenden: die Klägerin) beabsichtigt, gegen ihren geschiedenen Ehemann (im Folgenden: der Beklagte) Klage zu erheben:

auf Erstattung eines Betrages von 12.200,00 DM (6.237,76 Euro), den sie zur Rückführung eines Darlehens aufgewandt hat, welches die Eheleute während der Ehezeit aufgenommen haben,

auf Freistellung von dem noch bestehenden Anspruch auf Rückzahlung dieses Darlehens in Höhe von 15.880,00 DM (8.119,32 Euro).

Hierzu hat sie Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt.

Das Landgericht hat der Klägerin durch den angefochtenen Beschluss Prozesskostenhilfe nur insoweit bewilligt, als die Klage auf Zahlung von 6.100,00 DM und Freistellung in Höhe von 7.940,00 DM zuzüglich Zinsen und Kosten gerichtet ist.

Die Klägerin hat hiergegen Beschwerde eingelegt, soweit ihr die begehrte Prozesskostenhilfe versagt worden ist. Das Landgericht hat dieser Beschwerde mit Beschluss vom 23.01.2002 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO a. F.) und begründet.

Der Klägerin ist die beantragte Prozesskostenhilfe zu gewähren, da die beabsichtigte
Rechtsverfolgung in vollem Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet
(§ 114 ZPO). Die Klägerin hat schlüssig dargetan, dass für die Darlehensverpflichtung gegenüber der L… (L.) der Beklagte als Gesamtschuldner im Innenverhältnis allein haftet.

Die Parteien sind beide Darlehensnehmer und daher Gesamtschuldner der L…. Als solche sind sie im Verhältnis zueinander nur dann zu gleichen Anteilen verpflichtet, wenn nicht etwas anderes bestimmt ist (§ 426 Abs. 1 BGB). Eine ausdrückliche Bestimmung hierüber haben die Parteien nicht getroffen. Ziff. 3 des Ehescheidungsvergleichs vom 01.10.1982 lässt, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht die Deutung zu, dass der Ehemann sich darin verpflichten wollte, auch die Ratenzahlungsverpflichtung gegenüber der L… zu übernehmen. Eine abweichende Bestimmung i. S. des § 426 Abs. 1 BGB kann sich jedoch auch aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens ergeben, insbesondere aus dem Zweck und der Verwendung des Darlehens (vgl. z. B. BGH NJW 1983, S. 1845, 1846).

Das von der L… gewährte Darlehen wurde unstreitig nur dazu aufgenommen und verwendet, Kredite zurückzuführen, mit denen der Bau des gemeinsamen Hauses der Parteien finanziert worden war. Es diente also ausschließlich der Finanzierung des Hauses. Da die Klägerin bis zur Zwangsversteigerung zu 1/2 Miteigentümerin dieses Hauses war, sprechen zwar die Regeln der Miteigentumsgemeinschaft dafür, dass die Klägerin im Innenverhältnis die Darlehensschulden tragen muss (vgl. dazu BGH aaO.). Das Haus war jedoch dazu bestimmt, der gemeinsamen Wohnung der Eheleute zu dienen, so dass die Eigentümergemeinschaft durch die eheliche Lebensgemeinschaft überlagert war: Der Beklagte übernahm als verdienender Ehemann die Zins- und Tilgungsleistungen allein. Mit ihrem Scheitern ist die Ehe als Grund für eine alleinige Verpflichtung des Beklagten im Innenverhältnis entfallen.

Stattdessen haben sich aber andere Umstände ergeben, aus denen sich eine Alleinhaftung des Beklagten im Innenverhältnis ergibt.

Dass der Beklagte das Haus seit der Trennung der Eheleute allein bewohnte, ist für sich allein zwar kein ausreichender Grund, eine anteilige Haftung der Klägerin auszuschließen. Vielmehr ist in einem solchen Fall die aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogene Ehefrau i. d. R. darauf beschränkt, von ihrem Ehemann ex nunc eine Nutzungsentschädigung oder die Übernahme der Lasten einschließlich der Darlehensverpflichtungen zu verlangen (vgl. dazu BGH aaO. S. 1847). Zur alleinigen Nutzung durch den Beklagten trat jedoch hinzu, dass nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin auch die Miteigentümergemeinschaft an dem Haus nach der Ehescheidung beendet werden sollte. So war den Eheleuten das Baugrundstück von der Großmutter des Beklagten unter dem Vorbehalt geschenkt worden, dass die Ehe Bestand haben werde. Wenngleich dieser Vorbehalt offenbar nicht urkundlich festgehalten worden war, so beabsichtigten die Parteien doch, wie ebenfalls nicht bestritten wird, den Miteigentumsanteil der Klägerin an dem Hausgrundstück auf den Beklagten zu übertragen. Hierzu kam es, wie die Klägerin vorträgt, nur deshalb nicht, weil das Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet wurde.

Der mithilfe des Darlehens der L… geschaffene Vermögenswert wäre also voll dem Beklagten zugefallen, wenn es nicht zur Zwangsversteigerung gekommen wäre. Das hätte zur Folge gehabt, dass er im Verhältnis zur Klägerin auch die gegenüber der L… bestehenden Darlehensverbindlichkeiten zu tragen gehabt hätte. Diese Verpflichtung des Beklagten hätte sich auf sämtliche – also auch auf die möglicherweise vor Erlangung des Alleineigentums angefallenen – Zahlungsverpflichtungen aus dem Darlehen bezogen. Denn die Klägerin hatte nach der Trennung der Eheleute keinerlei Vorteile mehr von ihrem Miteigentum. Davor hatte sie unstreitig nur während eines zu vernachlässigenden Zeitraums in dem Haus gewohnt.

Dass die Übertragung des Miteigentumsanteils der Klägerin auf den Beklagten durch die Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens verhindert wurde, hat nicht zur Folge, dass die Klägerin nunmehr einen Anteil an den Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der L… zu tragen hätte. Vielmehr haftet der Beklagte im Innenverhältnis bereits deshalb allein, weil nach dem unbestrittenen Tatsachenvortrag der Klägerin zwischen den Parteien Einigkeit darüber bestand, dass die Eigentumsgemeinschaft nicht fortbestehen sollte. Der Umstand, dass der Beklagte das Haus mit Zustimmung der Klägerin allein bewohnte, ist deshalb nicht als zeitweise Gestattung, sondern als erster Schritt der beabsichtigten Übertragung aller Rechte und Pflichten auf den Beklagten zu werten. In einem solchen Fall ist es nicht mehr erforderlich, dass die Miteigentümerin ihren Anspruchs auf Übernahme der Lasten gegenüber dem anderen besonders geltend macht, sondern hierüber war zwischen den Parteien eine Einigung bereits dadurch zustande gekommen, dass die Klägerin dem Beklagten das mit dem Darlehen finanzierte Haus im Vorgriff auf das ihm einzuräumende Alleineigentum überließ.

Der Klägerin kann nicht entgegengehalten werden, der Vermögenswert des Hausgrundstücks sei ihr dadurch zugute gekommen, dass sie im Rahmen der Zwangsversteigerung von Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der D… Bank und der D… B… Versicherung befreit worden sei. Denn aus den vorausgegangenen Ausführungen folgt, dass auch bezüglich dieser gesamtschuldnerischen Verpflichtungen der Klägerin der Beklagte ihr im Innenverhältnis Freistellung schuldete. Es bedarf daher keiner Erörterung der Frage, ob eine solche Verpflichtung des Beklagten auch dem Vergleich vom 01.10.1982 zu entnehmen ist. Von seiner Freistellungspflicht gegenüber der Klägerin wurde der Beklagte dadurch befreit, dass das Haus zwangsversteigert wurde und so die Darlehensnehmer befriedigt wurden. Im Verhältnis der Prozessparteien untereinander war somit der Beklagte alleiniger Nutznießer der
Zwangsversteigerung.

Der Klägerin war daher Prozesskostenhilfe sowohl für ihre Zahlungsklage als auch für ihren Freistellungsantrag zu gewähren.

Eine Ratenzahlungsverpflichtung nach § 115 Abs. 1 ZPO besteht nicht.

Nach den glaubhaften Angaben der Klägerin zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ergibt sich folgende Berechnung:

monatl. Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit 3.640,61 DM = 1.861,41 €

(§ 115 Abs. 1 ZPO)

abzgl. Steuern 567,81 DM = – 290,32 €

Sozialversicherungsbeiträge 787,96 DM = – 402,88 €

bereinigtes Erwerbeinkommen: 1.168,21 €

falls erwerbstätig – ja -, notwendige Auslagen zur Erzielung des – 140,90 €

Einkommens (§ 76 Abs. 2a Nr. 1 BSHG)

Abzug für die Partei gem. § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO – 353,00 €

Unterkunft und Heizung (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 ZPO) 900,00 DM = – 460,16 €

besondere Belastung: monatl. Ratenzahlungen an Naspa 400,00 DM = – 204,52 €

(§ 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO)

einzusetzendes Einkommen: 9,63 €

Damit liegt das einzusetzende Einkommen der Klägerin unterhalb des Mindestbetrages, ab dem nach der Tabelle zu § 114 ZPO Raten zu zahlen sind.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

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