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Deaktivierung Facebook-Konto rechtswidrig – Unterlassungsanspruch

In der digitalen Ära, in der soziale Medien eine zentrale Rolle spielen, hat die Deaktivierung eines Facebook-Kontos weitreichende Konsequenzen. Dieser Fall beleuchtet die rechtlichen Aspekte und die Bedeutung solcher Aktionen. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat in einem bahnbrechenden Urteil entschieden, dass die Deaktivierung eines Facebook-Kontos rechtswidrig sein kann, was weitreichende Auswirkungen auf Nutzerrechte und Plattformverantwortlichkeiten hat.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 10 W 15/23   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat entschieden, dass die Deaktivierung eines Facebook-Kontos unter bestimmten Umständen rechtswidrig sein kann und hat die Kostenentscheidung des Landgerichts Lübeck bestätigt.

  • Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat über die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts Lübeck entschieden.
  • Die Antragsgegnerin muss die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Bezug auf die Kostenentscheidung tragen.
  • Die Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwertes wurde ebenfalls zurückgewiesen.
  • Das Gericht hat festgestellt, dass die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zulässig ist, aber in der Sache keinen Erfolg hat.
  • Das Landgericht hat der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt, nachdem beide Parteien die Erledigung in der Hauptsache erklärthaben.
  • Die Antragsgegnerin hatte das Facebook-Konto der Antragstellerin deaktiviert, was zu rechtlichen Auseinandersetzungen führte.
  • Das Gericht hat festgestellt, dass die Antragstellerin einen vorbeugenden vertraglichen Unterlassungsanspruch hatte, da die Gefahr bestand, dass die Antragsgegnerin die Daten des deaktivierten Kontos unwiderruflich löschen würde.
  • Die Antragsgegnerin hat nicht klar kommuniziert, dass sie nicht beabsichtigt, das Konto endgültig zu löschen, was zu rechtlichen Unklarheiten führte.
  • Die Antragstellerin hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung rechtzeitig gestellt und die Dringlichkeit der Angelegenheit wurde nicht durch das Abwarten von einigen Wochen widerlegt.
  • Das OLG Nürnberg hat in einem ähnlichen Fall ebenfalls die Selbstwiderlegung der Dringlichkeit verneint.

Was ist vorgefallen?

Facebook Deaktivierung Konto
(Symbolfoto: Thaspol Sangsee /Shutterstock.com)

Die Deaktivierung des Kontos erfolgte plötzlich, ohne Vorwarnung oder klare Begründung. Dies führte zu einer Kette von rechtlichen Auseinandersetzungen und schließlich zu diesem Urteil. Auf der einen Seite stand der Nutzer, dessen Konto deaktiviert wurde, und auf der anderen Seite Facebook, die Plattform, die die Deaktivierung durchführte.

Der Kern des Problems

Während Plattformen wie Facebook Nutzungsbedingungen haben, die sie berechtigen, Konten zu deaktivieren, gibt es rechtliche Grenzen für solche Aktionen. Die Deaktivierung kann als Vertragsbruch angesehen werden, insbesondere wenn sie ohne triftigen Grund oder ohne vorherige Benachrichtigung erfolgt. Ein Facebook-Konto ist nicht nur ein soziales Netzwerk, sondern auch ein Speicherort für Erinnerungen, Kontakte und geschäftliche Interaktionen.

Rechtliche Herausforderungen und Zusammenhänge

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf eine gründliche Analyse der Fakten, der rechtlichen Rahmenbedingungen und der bisherigen Präzedenzfälle. Die Dringlichkeit war ein Schlüsselfaktor, da der Nutzer durch die Deaktivierung sofortigen Schaden erlitt.

Schlussfolgerung

Dieser Fall hat das Gleichgewicht zwischen Nutzerrechten und Plattformverantwortlichkeiten neu definiert. Die Entscheidung könnte als Grundlage für zukünftige Gesetzgebung und Gerichtsentscheidungen dienen. Es ist wichtig, dass sowohl Nutzer als auch Plattformen ihre Rechte und Pflichten kennen und respektieren.

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Was ist ein Unterlassungsanspruch – kurz erklärt


Der Unterlassungsanspruch ist im Recht der Anspruch eines Berechtigten, der sich aus dem Gesetz ergibt, auf Unterlassung bestimmter rechtswidriger Handlungen eines Störers. Dieser Anspruch entsteht, wenn unerlaubtes Verhalten bereits realisiert wurde und die Gefahr besteht, dass dieses Verhalten fortgesetzt oder vervollständigt wird. Der Unterlassungsanspruch setzt eine rechtswidrige Handlung voraus und ist in vielen Rechtsgebieten verankert. Beispiele für solche Handlungen sind Beleidigungen, Verleumdungen oder Verstöße gegen das Urheberrecht. Wenn ein Gericht mit einer Unterlassungsklage befasst wird, kann es entweder die Klage abweisen, was bedeutet, dass das bisherige Verhalten des Störers fortgesetzt werden darf, oder es kann den Störer zur Unterlassung verurteilen, was einem Verbot gleichkommt.


§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil sind u.a.:

  • Zivilprozessordnung (ZPO): Die ZPO regelt das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. In diesem Fall bezieht sich die ZPO insbesondere auf die Regelungen zur einstweiligen Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) und zur Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung (§ 91a ZPO).
  • Vertragsrecht: Hier geht es um die vertraglichen Beziehungen zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin, insbesondere um den vertraglichen Unterlassungsanspruch, der durch die vertragswidrige Deaktivierung des Nutzerkontos entstanden sein könnte.
  • Datenschutzrecht: Dieser Bereich betrifft die potenzielle Löschung von Daten des deaktivierten Kontos. Es geht um die Frage, ob und unter welchen Umständen Daten gelöscht werden dürfen und welche Informationspflichten dabei bestehen.


Das vorliegende Urteil

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht – Az.: 10 W 15/23 – Beschluss vom 26.08.2023

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 16. Juni 2023 gegen die Kostenentscheidung im Beschluss des Einzelrichters der 15. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 2. Juni 2023 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Bezug auf die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO hat die Antragsgegnerin nach einem Wert von 2.745,32 € zu tragen.

2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 19. Juni 2023 gegen die Festsetzung des Streitwertes im angefochtenen Beschluss vom 2. Juni 2023 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

3. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 20. Juni 2023 gegen die Festsetzung des Streitwertes im angefochtenen Beschluss vom 2. Juni 2023 wird als unzulässig verworfen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Gründe

1.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss, durch den das Landgericht ihr die Kosten des Verfahrens gemäß § 91a Abs. 1 ZPO auferlegt hat, ist nach den §§ 567 ff. ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Antragsgegnerin zu Recht und mit zutreffender Begründung die Kosten des Verfahrens in erster Instanz auferlegt, nachdem die Parteien übereinstimmend die Erledigung in der Hauptsache erklärt haben. Nach § 91a Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Maßgeblich ist hierbei insbesondere der ohne die Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang (vgl. nur Zöller-Althammer, ZPO, 34. Auflage, § 91a Rn. 24, m. w. N.).

Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist hier dementsprechend nicht nur zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin das Nutzerkonto der Antragstellerin am 16. Januar 2023 reaktiviert, damit den Antrag vom 2. Januar 2023 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegenstandslos gemacht und sich formal in die Rolle der Unterlegenen begeben hat. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hatte vielmehr ursprünglich Aussicht auf Erfolg, und die Antragsgegnerin wäre voraussichtlich unterlegen, wenn sie die Antragstellerin nicht durch ihr Verhalten während des laufenden Verfahrens klaglos gestellt hätte, so dass es zur übereinstimmenden Erledigungserklärung gekommen ist. Die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 ff. ZPO waren bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses gegeben.

a.

Der Antragstellerin stand der erforderliche Verfügungsanspruch zu. Das Landgericht hat zu Recht einen vorbeugenden vertraglichen Unterlassungsanspruch angenommen, weil nach der vertragswidrigen Deaktivierung des Nutzerkontos der Antragstellerin am 11. November 2022 die Gefahr bestand, dass die Antragsgegnerin die Daten des deaktivierten Kontos unwiderruflich löschen würde. Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses und der Nichtabhilfeentscheidung vom 26. Juli 2023 wird Bezug genommen. Diejenigen Routinevorgänge, die bei der Antragsgegnerin im Anschluss an die Deaktivierung eines Nutzerkontos durchgeführt werden, sind im vorliegenden Verfahren unstreitig und im Übrigen auch anhand des Vortrages der Antragstellerin zum Vorbringen der Antragsgegnerin in anderen Verfahren glaubhaft gemacht worden, in denen diese sich gerade auf die bereits erfolgte endgültige Datenlöschung berufen hat.

Vor diesem Hintergrund bedurfte es nicht zusätzlich einer Erklärung der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Deaktivierung des Kontos der Antragstellerin, sie werde die darin enthaltenen Daten unwiderruflich löschen, um einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch der Antragstellerin zu begründen. Die nachträgliche Erklärung der Antragstellerin, eine Löschung sei nicht beabsichtigt gewesen, ändert nichts daran, dass ein Unterlassungsanspruch ursprünglich entstanden ist. Es wäre der Antragsgegnerin ohne Weiteres möglich gewesen, dies zu verhindern, indem sie entweder allgemein gegenüber ihren Nutzern transparent kommuniziert, dass sie ein deaktiviertes Nutzerkonto nicht ohne zusätzliche vorherige Ankündigung in einem näher bezeichneten Verfahren endgültig löscht, oder aber jedenfalls im Einzelfall gegenüber dem jeweils betroffenen Nutzer – hier der Antragstellerin – eine solche Erklärung abgibt. Hier hat die Antragsgegnerin indes auf die vorgerichtliche Kontaktaufnahme durch die Antragstellerin überhaupt nicht reagiert, sondern erst nach dem am 2. Januar 2023 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, nämlich am 16. Januar 2023, das Nutzerkonto wieder aktiviert und mit Schriftsatz vom 26. Januar 2023 erklärt, dass die Gefahr einer unwiderruflichen Löschung nicht bestehe.

Der Fall entscheidet sich auch grundlegend von anderen Fällen (so etwa dem Fall, der der Entscheidung des OLG Nürnberg vom 7. Oktober 2022, MMR 2023, S. 375 f. zugrunde lag; ebenso die Fälle des OLG Hamm in dem als Anlage AG 8 vorgelegten Beschluss vom 21. Oktober 2022 und des OLG Köln in dem als Anlage AG 4 vorgelegten Beschluss vom 3. Januar 2022), in denen der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in der Hauptsache weiter verfolgt wurde, obwohl die Antragsgegnerin zwischenzeitlich erklärt hatte, sie beabsichtige keine unwiderrufliche Löschung des Kontos. Die Gefahr der Löschung kann damit je nach Lage des Einzelfalls beseitigt werden, aber nur für die Zukunft. Eine solche Erklärung hat auch das OLG Naumburg in dem von der Antragstellerin vorgelegten Beschluss vom 8. April 2023 (Bl. 43 des Anlagenbandes ASt) zu Recht als erledigendes Ereignis angesehen und der Antragsgegnerin nach § 91a ZPO die Kosten des Verfahrens auferlegt. Da die Antragstellerin hier richtiger Weise davon Abstand genommen hat, ihren Antrag in der Hauptsache weiter zu verfolgen, hat sie in Bezug auf ihren ursprünglich begründeten Antrag keine Kosten zu tragen.

b.

Die Antragstellerin hat des Weiteren einen Verfügungsgrund im Sinne der §§ 935, 940 ZPO, also eine besondere Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit, glaubhaft gemacht. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses und der Nichtabhilfeentscheidung vom 26. Juli 2023 Bezug genommen. Es war der Antragstellerin nicht zuzumuten, ihren Unterlassungsanspruch lediglich im Hauptsacheverfahren zu verfolgen und damit zu riskieren, dass es über die zu erwartende Dauer des Hauptsacheverfahrens zu einer endgültigen Löschung ihrer Daten kommt. Da die Antragsgegnerin nicht gegenüber ihren Nutzern im Allgemeinen oder der Antragstellerin im Besonderen kommuniziert hat, dass und wie lange sie das Konto nicht endgültig löschen werde, und auch auf das anwaltliche Schreiben vom 9. Dezember 2023 nicht reagiert hat, hatte die Antragstellerin am 2. Januar 2023 allen Anlass, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen.

Die Antragsgegnerin beruft sich ferner ohne Erfolg auf eine so genannte Selbstwiderlegung der Dringlichkeit durch zu langes Zuwarten vor der Antragstellung.

Die erforderliche besondere Dringlichkeit für den Erlass einer einteiligen Verfügung fehlt allerdings, wenn der Antragsteller trotz ursprünglich bestehender Gefährdung seines Anspruchs bzw. trotz eines Regelungsbedürfnisses lange zugewartet hat, bevor er den Antrag stellt (vgl. nur Drescher in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage, § 935 Rn. 18 ff.; Huber in: Musielak/Voit, ZPO, 20. Auflage, § 940 Rn. 4 – jeweils m. w. N.). Durch das lange Abwarten in Kenntnis der maßgeblichen Umstände wird eine gesetzliche Dringlichkeitsvermutung widerlegt bzw. ein an sich glaubhaft gemachter Verfügungsgrund entkräftet (Drescher in: MüKo, a. a. O., § 935 Rn. 18).

Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Der Unterlassungsanspruch der Antragstellerin ist entstanden mit der Deaktivierung ihres Nutzerkontos am 11. November 2022. Durch das bloße Versetzen des Kontos in den so genannten „Checkpoint“ am 10. Oktober 2022 ist, wie das Landgericht zu-treffend ausgeführt hat, noch nicht die konkrete Gefahr einer unwiderruflichen Löschung begründet worden. Der Zeitablauf zwischen dem 11. November 2022 und der Antragstellung am 2. Januar 2023 führt nicht dazu, dass der von der Antragstellerin glaubhaft gemachte Verfügungsgrund entkräftet worden ist.

Insbesondere beruft die Antragsgegnerin sich ohne Erfolg darauf, dass hier mit dem (als Anlage AG 6 und AG 9 doppelt eingereichten) Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts zum Az. 1 W 14/22 von einer Frist von einem Monat für die Selbstwiderlegung auszugehen sei. Welcher Zeitraum für das Zuwarten noch hingenommen werden kann in der Regel vier Wochen im Wettbewerbsrecht, sonst bis zu drei Monaten – hängt von den Besonderheiten des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Schwierigkeit tatsächlicher und rechtlicher Art ab (Huber in: Musielak/Voit, a. a. O., § 940 Rn. 4). Im Ausgangspunkt liegt hier kein Fall vor, in dem schon ein Zeitablauf von vier Wochen oder einem Monat in der Regel eine Selbstwiderlegung begründet. Von einer solchen Frist wird zwar als Richtwert auch für die Dringlichkeit von Pressesachen und anderen Ansprüchen betreffend die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausgegangen (vgl. dazu die Ausführungen in der Anlage AG 6). Um eine solche Angelegenheit handelt es sich hier jedoch nicht. Die Antragstellerin macht nicht geltend, dass die Antragsgegnerin sie in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt habe, sondern befürchtet die endgültige Löschung der zu Ihrem Nutzerkonto gehörenden Daten nach Ablauf einer von der Antragsgegnerin nicht kommunizierten „Schonfrist“. Der Fall ist also grundlegend anders gelagert, als wenn eine Persönlichkeitsrechtsverletzung droht und der Betroffene durch sein Zuwarten Anlass zu der Annahme gibt, die Angelegenheit sei für ihn nicht besonders dringend.

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Vielmehr durfte die Antragstellerin unmittelbar nach der Deaktivierung ihres Kontos sogar gerade davon ausgehen, dass es jedenfalls nicht sofort zur unwiederbringlichen Löschung ihrer Daten kommen würde und sie noch einige Wochen Zeit habe, die Antragsgegnerin außergerichtlich zum Einlenken zu bringen. Diese Zeit hat die Antragstellerin nach dem Parteivorbringen im konkreten Fall auch genutzt, und zwar nicht nur mit dem Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 9. Dezember 2022, sondern zuvor auch auf dem plattformeigenen Weg des Widerspruchs. Auf die entsprechenden Ausführungen auf Seite 3 des Nichtabhilfebeschlusses wird Bezug genommen. Indem die Antragstellerin die sinnvollen Möglichkeiten genutzt hat, ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden, hat sie nicht die Dringlichkeit der Angelegenheit widerlegt, obwohl dabei gut sieben Wochen vergangen sind. Dass sie nicht unmittelbar nach Ablauf der mit Schreiben vom 9. Dezember 2022 gesetzten Frist einen Antrag bei Gericht gestellt hat, ist schließlich damit zu erklären, dass dies unmittelbar vor Weihnachten und dem Jahreswechsel gewesen wäre. Der Antrag ist am 2. Januar 2023 jedenfalls in angemessener Zeit gestellt worden. Die Angelegenheit war zwar so eilbedürftig, dass die Antragstellerin nicht auf das Hauptsacheverfahren verwiesen werden konnte, aber nicht so gelagert, dass das Abwarten für einige Wochen auf eine geringere Dringlichkeit für die Antragstellerin schließen lässt.

Des Weiteren wird auf die Ausführungen des OLG Nürnberg verwiesen, das in seinem Beschluss vom 7. Oktober 2022 (MMR 2023, S. 375 f.) in einer vergleichbaren Konstellation ebenfalls die Selbstwiderlegung verneint hat. Auch das Brandenburgische Oberlandesgericht hat in einem Fall betreffend die Löschung eines Nutzerkontos auf einer Verkaufsplattform für die Selbstwiderlegung keine Frist von einem Monat angenommen, sondern anhand der Umstände des Einzelfalls begründet, warum der Ablauf von elf Wochen bis zur Antragstellung im konkreten Fall die Annahme der Selbstwiderlegung begründe (Urteil vom 21. Juli 2022, MMR 2022, S. 970 ff.). Jener Fall war jedoch gänzlich anders gelagert als hier und zeichnete sich dadurch aus, dass die dortige Antragsgegnerin frühzeitig auf Kontaktaufnahmen des Antragstellers einging und dieser keinen Anlass hatte, ein weiteres außergerichtliches Vorgehen für erfolgversprechend zu halten.

c.

Der Ausspruch zu den Kosten der Beschwerde gegen die Kostenentscheidung in der Hauptsache folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Wert dafür bemisst sich nach der Höhe der in erster Instanz entstandenen Kosten, die der Antragsgegnerin auferlegt worden sind. Diese liegen angesichts eines Gegenstandswertes von 10.000,00 € für das Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung bei insgesamt 2.745,32 € (drei Gerichtsgebühren zu je 266,00 €; für die Verfahrensbevollmächtigten beider Parteien jeweils 1,3 Gebühren zu je 614,00 € zuzüglich Postpauschale und Umsatzsteuer).

2.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Wertfestsetzung im angefochtenen Beschluss ist nach § 68 Abs. 1 GKG zulässig, hat jedoch in der Sache ebenfalls keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Streitwert für das dort geführte Verfahren zu Recht auf 10.000,00 € festgesetzt. Es besteht kein Anlass, den Wert „nicht wesentlich höher als EUR 5.000“ festzusetzen. Das Landgericht hat zu Recht berücksichtigt, dass Gegenstand des Verfahrens nicht etwa nur eine befristete Sperre (Versetzung in den „Read-only-Modus“) oder die Entfernung einzelner Beiträge ist. Vielmehr hat die Antragstellerin das Ziel verfolgt, dass nicht ihr seit vielen Jahren unterhaltenes Nutzerkonto mit sämtlichen Daten gelöscht wird. Dies rechtfertigt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des für derartige Angelegenheiten zuständigen III. Zivilsenats des BGH ein Abweichen von dem Regelstreitwert in Höhe von 5.000,00 € nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG. Die Wertfestsetzung durch das Landgericht entspricht im Übrigen derjenigen in den bereits zitierten Beschlüssen des OLG Nürnberg vom 7. Oktober 2022 (MMR 2023, S. 375 f.) und des OLG Naumburg vom 18. April 2023 (Bl. 43 ff. Anlagenband ASt).

Der Ausspruch zu den Kosten der Streitwertbeschwerde der Antragsgegnerin folgt aus § 68 Abs. 3 S. 1 und 2 GKG.

3.

Soweit die Antragstellervertreter mit Schriftsatz vom 20. Juni 2023 im eigenen Namen beantragt haben, den Streitwert auf 12.000,00 € festzusetzen, nachdem das Landgericht den Wert im angefochtenen Beschluss vom 2. Juni 2023 bereits auf 10.000,00 € festgesetzt hat, ist dies ebenfalls als Streitwertbeschwerde auszulegen. Die Antragstellervertreter haben nicht lediglich eine Änderung von Amts wegen nach § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GKG angeregt (zu der im Übrigen kein Anlass besteht), sondern die abweichende Festsetzung ausdrücklich beantragt. Für eine Beschwerde, mit der die Erhöhung des Streitwertes angestrebt wird, haben die Antragstellervertreter nach § 32 Abs. 2 S. 1 RVG auch ein eigenes Beschwerderecht. Der Rechtsbehelf ist jedoch im konkreten Fall unzulässig, weil der erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht ist. Nach § 68 Abs. 1 S. 1 GKG findet gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Abs. 2 GKG), nur dann die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt. Eine Erhöhung des Streitwertes von 10.000,00 € auf 12.000,00 € hätte hier lediglich zur Folge, dass die Antragstellervertreter ihre 1,3 Gebühren für die erste Instanz nach einer einfachen Gebühr von 666,00 € statt 614,00 € erhalten. Die Differenz liegt also jedenfalls unter 200,00 €.

Der Kostenausspruch beruht auch insoweit auf § 68 Abs. 3 S. 1 und 2 GKG.

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