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eBay-Kaufvertrag – Haftung für Angebotsbeschreibung

LANDGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Az.: 2 – 16 S 3/06

Urteil vom 31.01.2007


In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Frankfurt am Main – 16. Zivilkammer im schriftlichen Verfahren mit einer Schriftsatzfrist bis zum 22. Januar 2007 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v. d. H. vom 14. Dezember 2005, Az.: 2 C 3382/04 (22), abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 720,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5,0 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 681,- Euro seit dem 8. März 2005 Zug um Zug gegen Rückgabe des Teeservices, bestehend aus einer Teekanne, einem Tablett und sechs silberfarbenen Teegläsern zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Kaufvertrag, der über die Plattform Ebay geschlossen wurde.

Die Beklagte bot im April 2003 ein Teeservice, bestehend aus je einer Teekanne, einem Tablett sowie 6 Tassen bei dem Onlineauktionshaus ebay zum Verkauf an. Das Service wurde in der Rubrik „Kunst und Antiquitäten: Silber: 800 bis 925″ eingestellt und mit den Worten „Echt Silbernes Teeservice!! Neu!! TOP QUALITÄT“ beworben. Am 13.04.2003 ersteigerte der Kläger das Service zu einem Preis von 30,50 EUR. Die Beklagte übersandte dem Kläger nach Überweisung des Kaufpreises und der Versandkosten (8,50 EUR) die Ware.

Mit Schreiben vom 29.11.2004 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass die gelieferte Ware nicht aus Silber sei und damit nicht dem Angebot entspreche. Er verlangte Nacherfüllung, hilfsweise Schadensersatz, seinerzeit in Höhe von 450 EUR. Die Beklagte bot dem Kläger an, das Service gegen Übernahme der Versandkosten zurückzunehmen und die 30,50 EURO zurückzuzahlen. Nach ergebnislosem Ablauf der vom Kläger gesetzten Frist, erhob er vor dem Amtsgericht Bad Homburg v.d.H. Klage auf Schadensersatz in Höhe von 720,– EUR Zug um Zug gegen Rückgabe des Services.

Der Kläger behauptet, er habe das Service von einem Juwelier überprüfen lassen. Dieser habe festgestellt, dass das Service mit einem Gesamtgewicht von 920 Gramm nicht aus Silber, sondern aus einem nicht näher bestimmbaren Metall bestehe. Deshalb sei ihm, dem Kläger, ein Schaden in Höhe des Marktpreises eines vergleichbaren silbernen Services entstanden.

Der Kläger ist der Ansicht, er habe wegen § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Feingehalt der Gold- und Silberwaren davon ausgehen dürfen, dass die angebotene Kaufsache über einen Mindestfeingehalt von 800/1000 Anteilen Silber verfüge. Um den Schadensersatz zu ermitteln, sei zunächst der Neuwert der angebotenen Ware festzustellen, der sich aus dem Wert des verarbeiteten Silber, den Lohnkosten für den Silberschmied sowie dem üblichen Fachhandelaufschlag von 100% zzgl. Mehrwertsteuer zusammensetze. Sodann sei ein Abschlag in Höhe von 40% vorzunehmen, weil die Ware nicht als Neuware angeboten worden sei. Zum Neuwert behauptet er, der Börsenpreis pro Gramm Feinsilber habe am 08.03.2005 0,183 EUR betragen. Mit den Fertigungskosten für den Silberschmied ergäben sich Herstellungskosten in Höhe von 524,32, zu denen ein 100% Handelsaufschlag und 16% Mehrwertsteuer zu addieren seien. Abzüglich von 40% für Gebrauchtwaren ergebe sich ein berechneter Schaden in Höhe von 729,58 EUR Die Beklagte behauptet, sie habe das Angebot nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Sie habe das Service von ihrer Mutter geschenkt bekommen. Dies habe erzählt, es bestehe aus Silber und sie habe dafür viel Geld bezahlt. Die Beklagte habe keinen Grund gehabt, an diesen Angaben zu zweifeln. Aus ihrer Laiensphäre habe sie das Teeservice auch als echt silbern angesehen. Eine Eigenschaft habe sie mit ihren Angaben bei ebay nicht zusichern wollen.

Sie ist der Ansicht, der Kläger sei vom Vertrag zurückgetreten und könne deshalb keinen Schadensersatz verlangen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht der Klage hinsichtlich eines Betrags von 39 EUR „nebst Rückgabe des silberfarbenen Teeservice mit Teekanne, Tablett und sechs silberfarbenen Teegläsern“ stattgegeben und dies im wesentlichen damit begründet, der Kläger habe den Schaden in der begehrten Höhe nicht dargelegt. Er könne den Schaden nicht durch Vergleich mit dem Markt- oder Verkehrswert berechnen, weil diese Möglichkeit nur 4 Gewerbetreibenden offen stehe. Stattdessen müsse er seinen Schaden konkret darlegen, d.h. eine entgangene Geschäftsgelegenheit aufzeigen. Die Stattgabe im tenorierten Umfang folge schon daraus, dass die Beklagte sich bereiterklärt habe, das Teeservice gegen Kostenerstattung zurückzunehmen. Hieran sei sie nach Treu und Glauben gebunden.

Mit der Berufung verlangt der Kläger zusätzlich zum vom Amtsgericht tenorierten Anspruch Zahlung von 681 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung. Er rügt die Rechtsanwendung durch das Amtsgericht und weist darauf hin, er sei so zu stellen wie er stehen würde, wenn die Beklagte ordnungsgemäß geliefert hätte. Hätte die Beklagte dem Kläger ein Teeservice aus Silbermaterial geliefert, hätte dies einen Verkehrswert von etwa 720 EUR gehabt. Im Übrigen behauptet er, er handele mit Silberwaren. Er kaufe diese bei Auktionen und verkaufe sie – teils freihändig, teils wiederum in Auktionen – weiter. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen J. M. (Bl. 147ff. d.A.).

II.

Die zulässige Berufung ist begründet, dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 434, 437 Nr. 3, 281 BGB zu, da die Kaufsache einen Mangel i.S.v. § 434 Abs. 1 BGB hatte und die Beklagte eine Nachlieferung verweigert hat.

Zwischen den Parteien ist zunächst ein Kaufvertrag (§ 433 BGB) über ein Teeservice aus echtem Silber zustande gekommen. Die Beklagte hat durch Einstellen des Services bei ebay ein Angebot auf Abschluß des Vertrags abgegeben, die Annahmeerklärung liegt in dem online abgegebenen Höchstgebot durch den Kläger.

Das von der Beklagten gelieferte Service bestand nicht aus echtem Silber, weshalb es mit einem Sachmangel behaftet ist, weil es nicht die vereinbarte Beschaffenheit hatte (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dass hier kein Service aus Silber vorliegt, ergibt sich aus dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Mies, der dies aufgrund einer chemisch-physikalischen Prüfung des Materials festgestellt hat. Zur vereinbarten Beschaffenheit gehörte aber, dass das Service aus echtem Silber ist. Die Beklagte hat das Teeservice sowohl in der Überschrift des Angebots mit „Echt Silbernes Teeservice“ angepriesen, als auch in der Artikelbeschreibung als „echt silbernes Teeservice“ bezeichnet. In der Folge durfte der Kläger berechtigterweise annehmen, dass das Teeservice diese Eigenschaft aufweist und im Hinblick darauf sein Gebot abgeben (vgl. zur Angabe „Goldbarren“ als zugesicherte Eigenschaft OLG Frankfurt, Urteil vom 25.06.1997, Az. 21 U 159/96, zitiert nach Juris).

Die Einwände, die die Beklagte gegen eine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung anführt, greifen nicht durch. Soweit sie meint, sie habe das Teeservice aus ihrer Laiensphäre als echt silbern angesehen und das Angebot deshalb fahrlässig so formuliert, ändert dies nichts an der Beschaffenheitsvereinbarung, wobei es auf ein Verschulden insofern nicht ankommt. Die Beklagte hat den in ebay eingestellten Artikel in einer bestimmten Weise beschrieben und muss sich daran festhalten lassen (vgl. zur Pflicht zur vollständigen und richtigen Angebotsbeschreibung auch AG Kehl, Az. 4 C 290/03, zitiert nach Juris). Dass die Artikelbeschreibungen wahrheitsgemäß zu sein haben und die Angebote richtig und vollständig beschrieben werden müssen, ergibt sich auch aus § 8 Nr. 4 der allgemeinen Grundsätze von ebay (vg. Bl. 7 d.A.), die die Beklagte vor Beginn der Auktion kannte bzw. kennen musste. Die Beklagte konnte in der Folge auch nicht davon ausgehen, ihre Angaben seien letztlich unverbindlich. Hinzu kommt, dass die Beklagte das Teeservice nicht nur als echt silbern beschrieben hat, sondern es auch in der Kategorie „Kunst & Antiquitäten: Silber: Silber, 800er-925er:Kaffee-& Teegeschirr“ eingestellt hat und damit letztlich beabsichtigte, dass das Teeservice von potentiellen Bietern, die in dieser Kategorie gezielt suchen, für echt silbern gehalten wird. Der niedrige Startpreis von 5 EUR ändert nichts an dieser Einordnung. Vielmehr ist es bei ebay durchaus üblich, dass hochwertige Gegenstände mit niedrigem Startpreis eingestellt werden. Aus einem niedrigen Startpreis lässt sich jedenfalls kein Rückschluß auf den Wert der Sache ziehen.

Ist das Teeservice damit nicht aus Silber, hat die Beklagte durch die Lieferung eines nichtsilbernen Services ihre Leistungspflicht aus dem Kaufvertrag verletzt. Die Voraussetzungen für einen Schadensersatz dem Grunde nach liegen vor (§§ 433 Abs. 1, 434, 437 Nr. 3, 281 BGB). Insbesondere wird – entgegen der Auffassung der Beklagten – der Schadensersatz durch den erklärten Rücktritt nicht ausgeschlossen (vgl. § 325 BGB; Putzo, in: Palandt, BGB, 66. Aufl. (2007), § 437 BGB, Rn. 27) und der Kläger hat – jedenfalls mit Schreiben vom 29. November 2004 (Bl. 18 d.A.) – Nacherfüllung im Sinne der §§ 439 und 281 BGB verlangt. Dies hat die Beklagte verweigert.

Der zu ersetzende Schaden ist auf das positive Interesse gerichtet. Der Anspruch soll den durch die Nichterfüllung entstandenen Schaden ausgleichen, d.h. der Kläger ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Schuldner den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte. In der Folge ist der Schaden nach den §§ 249 ff. BGB grundsätzlich konkret zu berechnen. Konkreter Schaden ist dabei auch die ausbleibende Vermögensmehrung (vgl. Heinrichs, in: Palandt, Vorb v § 249 BGB, Rn. 50; OLG Hamm, Urteil vom 10.03.1995, Az. 19 U 206/94, zitiert nach Juris). Es kommt deshalb auf den Wert der Sache zum Zeitpunkt der Internetauktion an (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 28.07.2005, Az. 8 U 93/05, NJW 2005, 2556 f.). Auf dieser Grundlage kann der nicht belieferte Käufer als Schaden die Differenz zwischen Vertragspreis und Marktwert verlangen, er kann auch konkret darlegen, dass ein geplanter Weiterverkauf nicht durchgeführt werden konnte (vgl. Heinrichs, in: Palandt, § 281 BGB, Rn. 26). Hier hat der Sachverständige dargelegt, dass der Marktwert eines entsprechenden echten Services jedenfalls dem mit der Klage geltend gemachten Betrag entspricht. Dem schließt sich die Kammer an, zumal die Angaben des Sachverständigen logisch begründet und gut nachvollziehbar sind. Da es damit auf den reinen Metallwert nicht ankommt, war auch keine Ergänzung des Gutachtens geboten, da dieser Wert unerheblich ist.

Da der Kläger den großen Schadensersatz geltend macht, war, wie bereits vom Amtsgericht tenoriert, die Zahlungsverpflichtung nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Services auszusprechen.

Die Zinsentscheidung ergibt sich aus § 291 BGB, wobei der Kläger hinsichtlich des vom Amtsgericht ausgeurteilten Betrags von 39,- Euro die Abweisung des Zinsanspruchs hat rechtskräftig werden lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, wobei das teilweise Unterliegen hinsichtlich der Zinsen kostenneutral ist (§ 4 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO i.V.m. § 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da weder eine grundsätzliche Bedeutung der Sache gegeben ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

 

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