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Eigensicherung eines Fahrgastes im Linienbus

OLG Hamm – Az.: I-11 U 57/17 – Beschluss vom 13.12.2017

Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das am 21.03.2017 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Klägerin erhält Gelegenheit, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Hinweises Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob die Berufung weiter aufrechterhalten oder aus Kostengründen zurückgenommen wird.

Gründe

I.

Die schwerbehinderte Klägerin nimmt die Beklagten nach einem Sturz in einem Linienbus der Beklagten zu 1) auf Ersatz materieller und immaterieller Schäden in Anspruch. Die Klägerin hat das Recht auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr. Ihr Schwerbehindertenausweis (Kopie Bl. 8 d.A.) ist deshalb durch einen halbseitigen orangefarbenen Flächenaufdruck gekennzeichnet (vgl. § 1 Abs. 2 SchwbAwV). Auf der Rückseite des Ausweises ist das Merkzeichen G eingetragen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr.7 SchwbAwV). Jedenfalls die Vorderseite des Ausweises zeigte die Klägerin dem Fahrer des Linienbusses, dem Beklagten zu 2), beim Zusteigen in den Bus vor. Die Klägerin wollte sich einen Sitzplatz in der Nähe des Ausstiegs suchen. Auf ihrem Weg dorthin ging sie an mehreren freien Sitzplätzen vorbei. Bei der Anfahrt des Busses kam die Klägerin zu Fall und verletzte sich. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

Eigensicherung eines Fahrgastes im Linienbus
(Symbolfoto: Zamrznuti tonovi/Shutterstock.com)

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Sturz der Klägerin beruhe nicht auf einem vorwerfbaren Fehlverhalten des Beklagten zu 2), sondern auf der unterlassenen Eigensicherung der Klägerin. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, sich unmittelbar nach dem Einsteigen in den Bus sicheren Halt zu verschaffen. Diese Eigensicherung habe die Klägerin nicht vorgenommen, da sie sich nicht auf einen der zur Verfügung stehenden freien Sitzplätze gesetzt habe, sondern im Bus nach hinten gegangen sei, um einen Sitzplatz in der Nähe des Ausstiegs einzunehmen. Damit beruhe der Sturz ausschließlich auf dem Verschulden der Klägerin selbst, denn weder sei der Beklagte zu 2) verpflichtet gewesen, mit dem Anfahren abzuwarten noch habe die Klägerin darauf vertrauen dürfen, dass der Beklagte zu 2) mit dem Anfahren abwarten werde, bis sich die Klägerin gesetzt hatte. Zwar habe die Klägerin ihren Schwerbehindertenausweis beim Einsteigen in den Bus vorgezeigt. Allein aufgrund des Vorzeigens eines derartigen Ausweises sei der Busfahrer jedoch nicht gehalten, von einem Anfahren abzusehen, bis der Fahrgast sich gesetzt habe. Ein Zurückstellen des Anfahrens könne von dem Linienbusfahrer nur dann erwartet werden, wenn der Fahrgast offenkundig hilfsbedürftig sei. Eine solche Hilfsbedürftigkeit ergebe sich nicht allein aus der Inhaberschaft eines Schwerbehindertenausweises. Es würden auch die Anforderungen an den Fahrer überspannt, wenn man erwarte, dass er beim Vorzeigen eines derartigen Ausweises während des Einsteigens – quasi im Vorbeigehen – den genauen Inhalt eines solchen Ausweises erfasse. Zu einer besonderen Rücksichtnahme sei der Linienbusfahrer vielmehr nur bei offenkundigen körperlichen Einschränkungen des Fahrgastes verpflichtet. Offenkundige körperliche Einschränkungen lägen bei der Klägerin aber nicht vor. Diese benutze weder einen Rollator noch eine andere Gehhilfe. Das Verhalten der Klägerin habe für den Beklagten zu 2) trotz des Vorzeigens des Schwerbehindertenausweises im Gegenteil nahegelegt, dass die Klägerin gerade keine besondere Rücksichtnahme benötige. Denn die Klägerin habe sich nicht – wie es bei der von ihr behaupteten Einschränkung aber erforderlich gewesen wäre – auf den nächsten freien Sitzplatz gesetzt, sondern habe den Bus nach hinten durchschritten, um einen ihr genehmen Sitzplatz anzusteuern. Für den Beklagten zu 2) sei, nachdem die Klägerin mehrere Sitzmöglichkeiten ignoriert habe, nicht einmal absehbar gewesen, ob sie sich überhaupt habe hinsetzen wollen. Angesichts dieses Verhaltens der Klägerin habe der Beklagte zu 2) diese nicht für besonders hilfsbedürftig halten müssen und losfahren dürfen. In Anbetracht des sich ankündigenden Anfahrens des Busses sei die Klägerin zudem verpflichtet gewesen, sich sicheren Halt zu verschaffen.

Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klagebegehren weiter. Sie rügt, entgegen der Ansicht des Landgerichts habe der Beklagte zu 2) mit dem Anfahren abwarten müssen. Das Zurückstellen des Anfahrens könne von einem Linienbusfahrer erwartet werden, wenn der Fahrgast offenkundig hilfsbedürftig sei. Das sei hier der Fall. Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass sich eine Hilfsbedürftigkeit nicht allein aus der Inhaberschaft eines Schwerbehindertenausweises herleiten lasse. Das Landgericht habe übersehen, dass es mehrere Arten von Schwerbehindertenausweisen gebe. Es habe auch die Nachweisfunktion des Ausweises der Klägerin zur Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs verkannt. Nicht jeder Schwerbehindertenausweis berechtige zu Fahrten im öffentlichen Personenverkehr. Nur Ausweise, die mit einer beim Versorgungsamt beantragten Wertmarke versehen seien, gewährten auch Freifahrten. Eine solche Wertmarke erhielten allerdings nur hilfsbedürftige Personen. Gegen eine Gebühr könnten schwerbehinderte Menschen mit Merkzeichen G, mit Merkzeichen aG sowie schwerbehinderte Menschen mit Merkzeichen Gl eine Wertmarke erhalten. Schwerbehinderte Menschen mit den Merkzeichen Bl und H erhielten auf Antrag die Wertmarke kostenfrei. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe sich die offenkundige Hilfsbedürftigkeit der Klägerin demzufolge gerade aus der Vorlage ihres Schwerbehindertenausweises ergeben. Die Klägerin habe ihren Schwerbehindertenausweis beim Einstieg unstreitig vorgezeigt. Der Beklagte zu 2) habe somit gewusst, dass es sich bei der Klägerin um eine hilfsbedürftige Person gehandelt habe. Dabei komme es nicht darauf an, dass der Beklagte zu 2) das Merkzeichen G auf der Rückseite des Ausweises wahrgenommen habe. Für ihn sei allein durch die Vorlage des Ausweises offenkundig gewesen, dass die Klägerin hilflos gewesen sei. Alle dort zu vermerkenden Handicaps seien so schwerwiegend, dass auf jeden Fall von einer hilflosen Person auszugehen sei, unabhängig davon, welches Handicap im Einzelnen vorliege. Selbst wenn der Beklagte zu 2) nicht die Rückseite des Ausweises gesehen hätte, wäre es für ihn ein Leichtes gewesen, sich die Rückseite zeigen zu lassen, wenn er sich hinsichtlich seiner Rücksichtnahme bei der Beförderung über das konkrete Handicap der Klägerin habe Kenntnis verschaffen wollen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts würden die Anforderungen an den Fahrer eines Linienbusses auch nicht überspannt, wenn man erwartete, dass er beim Vorzeigen eines derartigen Ausweises den genauen Inhalt erfasse. Der Fahrer habe ohnehin das Vorliegen eines gültigen Fahrausweises zu prüfen. Bei dieser Prüfung erlange er gleichzeitig ohne weitere Bemühungen Kenntnis von der Behinderung des Fahrgastes. Entgegen der Ansicht des Landgerichts komme es für die Offenkundigkeit einer Schwerbehinderung nicht auf deren Sichtbarkeit an. Es reiche aus, dass der Beklagte zu 2) die Klägerin als hilfsbedürftige Person erkannt habe. Der Klägerin sei auch nicht vorzuwerfen, dass sie sich nicht auf den nächsten freien Sitzplatz gesetzt habe. Aufgrund ihrer erheblich eingeschränkten Bewegungsfreiheit fehle ihr die erforderliche Standfestigkeit. Sie könne deshalb nicht während der Fahrt aufstehen und zur hinteren Tür gehen, um rechtzeitig aussteigen zu können. Sie habe bereits vor dem Sitz gestanden, auf den sie sich habe setzen wollen. Der Forderung des Landgerichts sei damit Genüge getan gewesen. Die Klägerin habe sich nur noch umdrehen und setzen müssen. In diesem Moment sei der Bus jedoch angefahren. Der Beklagte zu 2) habe sich auch deswegen grob rücksichtslos verhalten, weil ihm bekannt gewesen sei, dass die Klägerin sich noch nicht hingesetzt gehabt habe. Der Beklagte zu 2) habe sich quasi sogar vergewissert, dass sich die Klägerin noch nicht hingesetzt gehabt habe, als er angefahren sei.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 21.03.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Bochum, Az. 8 O 23/17, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen:

1. an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 09.12.2016 zu zahlen;

2. an die Klägerin rückständige Rentenbeträge für Haushaltsführungsschaden vom 04.05.2016 bis zum 31.10.2016 i.H.v. 3.912,30 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 09.12.2016 zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle weiteren zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus dem Unfall vom 25.04.2016 im Linienbus der Linie xxx, amtliches Kennzeichen ###, resultieren;

4. an die Klägerin 1.348,27 EUR für die außergerichtliche Tätigkeit der Rechtsanwältinnen A und B zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung der Klägerin offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO, und dass auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 ZPO gegeben sind. Die Berufung ist unbegründet. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Der Sturz und die Verletzungen der Klägerin beruhen, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, auf einem anspruchsausschließenden Mitverschulden der Klägerin.

Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung umfasst die Pflicht eines Fahrgastes zur Eigensicherung die Obliegenheit, sich unmittelbar nach dem Zusteigen in eine Straßenbahn oder einen Linienbus sicheren Stand oder einen Sitzplatz sowie sicheren Halt zu verschaffen (vgl. u.a.: Senat, NZV 2017, 377 m.w.N.). Auch aus § 4 Abs. 3 S. 5 BefBedV und § 14 Abs. 3 Nr. 4 BOKraft ergibt sich, dass ein Fahrgast eines Busses verpflichtet ist, sich „stets“ einen festen Halt zu verschaffen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BefBedV haben sich Fahrgäste bei Benutzung der Betriebsanlagen und Fahrzeuge so zu verhalten, wie es die Sicherheit und Ordnung des Betriebes, ihre eigene Sicherheit und die Rücksicht auf andere Personen gebieten. Kommt ein Fahrgast bei normaler Anfahrt einer Straßenbahn oder eines Linienbusses zu Fall, spricht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Sturz auf mangelnde Vorsicht des Fahrgastes zurückzuführen ist. Hat es ein Fahrgast versäumt, gerade in dem Zeitraum des besonders gefahrenträchtigen Anfahrens sicheren Halt an einer der Haltestangen zu suchen, trifft ihn nicht nur ein leichtes, sondern ein erhebliches Mitverschulden, demgegenüber die Betriebsgefahr der Straßenbahn oder des Linienbusses bei der Abwägung der Schadenursachen völlig zurücktritt (vgl. Senat, a.a.O.).

Gegen ihre Obliegenheit zur Eigensicherung hat die Klägerin verstoßen. Sie hat keinen der unmittelbar im Einstiegsbereich vorhandenen freien Sitzplätze eingenommen und sich im besonders gefahrträchtigen Zeitpunkt des Anfahrens auch zumindest nicht hinreichend festgehalten. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann von einem körperbehinderten oder gebrechlichen Fahrgast in der Regel auch erwartet werden, dass er vorn beim Fahrer einsteigt und ihn bittet, mit dem Anfahren abzuwarten, bis er Platz genommen oder sich einen festen Halt verschafft hat (vgl. Filthaut, NZV 2011, 217, 220). Eine solche Bitte hat die Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 2) nicht geäußert.

Ein Verschulden des Beklagten zu 2) lässt sich hingegen nicht feststellen. Nach der Rechtsprechung des BGH, der der Senat folgt, ist ein Fahrgast im modernen Großraumwagen einer Straßenbahn oder eines Linienbusses in aller Regel sich selbst überlassen und kann nicht damit rechnen, dass der Wagenführer, der mit Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer die äußeren Fahrtsignale beachten muss, sich um ihn kümmert. Vielmehr kann eine solche Verpflichtung nur dann ausnahmsweise bejaht werden, wenn für den Fahrzeugführer eine schwerwiegende Behinderung des Fahrgastes erkennbar ist, welche ihm die Überlegung aufdrängt, dass der Fahrgast ohne besondere Rücksichtnahme gefährdet ist (BGH, NJW 1993, 654, 655).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Nach den konkreten Umständen des vorliegenden Falles musste sich dem Beklagten zu 2) nicht die Überlegung aufdrängen, die Klägerin sei ohne besondere Rücksichtnahme gefährdet. Denn die Klägerin hatte den Bus ohne erkennbare Probleme bestiegen, und zwar ohne Unterstützung Dritter und ohne Gehhilfen wie z.B. einen Rollator oder einen Gehstock. Danach hatte die Klägerin nicht einen der nahgelegenen freien Sitzplätze eingenommen, wie es sich bei einer schwerwiegenden Gehbehinderung aufgedrängt hätte, sondern den Bus – wiederum ohne erkennbare Schwierigkeiten – zunächst weiter durchschritten.

Aus der Vorlage des Schwerbehindertenausweises musste der Beklagte zu 2) ebenfalls nicht schließen, die Klägerin sei ohne besondere Rücksichtnahme gefährdet. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin nur die Vorderseite des Ausweises vorgelegt oder – was nicht unter Beweis gestellt ist und auch eher lebensfern erscheint – auch die Rückseite des Ausweises mit dem Merkzeichen G vorgezeigt hat. Denn in der Rechtsprechung des BGH, der der Senat folgt, ist geklärt, dass das bloße Vorweisen eines Schwerbehindertenausweises den Fahrer einer Straßenbahn oder eines Linienbusses nicht dazu veranlassen muss, sich des Fahrgastes besonders anzunehmen; einen solchen Ausweis kann auch ein Fahrgast mit einem inneren Leiden haben (BGH, BeckRS 2009, 20947). Im vorliegenden Fall gilt nichts anderes. Dabei verkennt der Senat nicht, dass nur Personen mit gravierenden Behinderungen einen Schwerbehindertenausweis erhalten, der zur unentgeltlichen Nutzung des öffentlichen Personenverkehrs berechtigt. Hier ist aber maßgeblich, ob allein die Vorlage eines solchen Ausweises dem Fahrer eines Linienbusses die Überlegung aufdrängt, dass der Fahrgast ohne besondere Rücksichtnahme gefährdet ist. Das ist zu verneinen, weil ein zur unentgeltlichen Nutzung des öffentlichen Personenverkehrs berechtigender Schwerbehindertenausweis auch Personen erteilt wird, von denen nicht ohne Weiteres anzunehmen ist, dass sie in öffentlichen Verkehrsmitteln besonderer Rücksichtnahme bedürfen. So verweist die Klägerin selbst zutreffend darauf, dass auch gehörlose Menschen auf Antrag einen solchen Ausweis erhalten (§ 145 Abs. 1 S. 1 SGB IX). Von gehörlosen Menschen kann aber regelmäßig angenommen werden, dass sie in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht besonderer Hilfe oder Rücksichtnahme bedürfen, um einen Sitz einnehmen und sich festen Halt verschaffen zu können. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt selbst die Eintragung des Merkzeichens G im Schwerbehindertenausweis nicht sicher darauf schließen, dass der Inhaber des Ausweises in öffentlichen Verkehrsmitteln besonderer Rücksichtnahme bedarf. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 7 SchwbAwV ist das Merkzeichen G im Schwerbehindertenausweis einzutragen, wenn der schwerbehinderte Mensch in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt im Sinne des § 146 Abs. 1 S. 1 SGB IX oder entsprechender Vorschriften ist. Nach § 146 Abs. 1 S. 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Die Eintragung des Merkzeichens G kann danach auch allein auf einer Einschränkung des Gehvermögens infolge von Störungen der Orientierungsfähigkeit beruhen. Es ist aber nicht erkennbar, dass Menschen mit einer Störung der Orientierungsfähigkeit in öffentlichen Verkehrsmitteln besonderer Hilfe oder Rücksichtnahme bedürfen, um einen Sitz einnehmen und sich festen Halt verschaffen zu können. Nach alledem kann entgegen der Auffassung der Klägerin allein aufgrund der Vorlage eines Schwerbehindertenausweises, der zur unentgeltlichen Nutzung des öffentlichen Personenverkehrs berechtigt und das Merkzeichen G trägt, von einem Linienbusfahrer keine besondere Rücksichtnahme erwartet werden. Auch kann vom Fahrer eines Linienbusses regelmäßig nicht erwartet werden, dass er Menschen mit Behinderungen bei Vorlage eines Ausweises auch dann danach fragt, ob er mit dem Anfahren zuwarten soll, wenn äußerlich keinerlei Anzeichen einer Beeinträchtigung oder Hilfsbedürftigkeit erkennbar sind. Vielmehr kann in einem solchen Fall von der behinderten Person regelmäßig erwartet werden, dass sie ihrerseits auf ihre Situation aufmerksam macht und den Fahrer bittet, das Anfahren bis zur Einnahme eines Sitzplatzes zurückzustellen. So liegt es auch hier, denn dafür, dass die Klägerin eine entsprechende Bitte nicht hätte vorbringen können, ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.

 

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