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Fahrzeug auf Radweg abgestellt – Abschleppen zulässig?

Abschleppkosten wegen Parken auf dem Radweg: Leipzig sagt „Zahlen, bitte!“

Ein in Leipzig abgestelltes Fahrzeug wird zum Stein des Anstoßes, wenn das örtliche Verwaltungsgericht in einer jüngsten Entscheidung feststellt, dass der Fahrzeughalter für die Kosten des Abschleppens aufkommen muss. Die Autoabstellpraxis des Klägers, der es für richtig hielt, sein Fahrzeug auf einem gekennzeichneten Radweg zu parken, zog die Aufmerksamkeit der örtlichen Vollzugsbeamten auf sich. Die Beamten, bemerkt durch die strittige Parksituation und durch die daraus resultierende Behinderung der Radfahrer, veranlassten das Abschleppen des Fahrzeugs. Die Abschleppkosten von insgesamt 305,60 Euro wurden dem Fahrzeughalter in Rechnung gestellt, was ihn zur Erhebung der Klage bewegte.

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Der Abschleppvorgang: „Parken auf dem Radweg“

An einem späten Montagabend im Jahr 2019 stellten die städtischen Vollzugsbeamten fest, dass der Pkw des Klägers auf einem Radweg abgestellt war, der durch Verkehrszeichen 237 und ein Fahrrad-Piktogramm gekennzeichnet war. Sie fotografierten den Tatbestand und veranlassten eine Abschleppmaßnahme, nachdem der Fahrzeughalter nicht erreichbar war.

Der Beginn eines bürokratischen Schlagabtausches

Nach dem Abschleppvorgang forderte die Stadt den Fahrzeughalter auf, die Abschleppkosten zu übernehmen. In einem Brief vom 8. Januar 2020 bat sie um eine Stellungnahme bis zum 22. Januar. Der Rechtsanwalt des Klägers verlangte daraufhin Einsicht in die Verwaltungsakten, was die Stadt ablehnte und stattdessen die Einsichtnahme in ihren Räumen anbot. Dieser Standpunkt führte zu weiteren Diskussionen, aber die Akten wurden im Verwaltungsverfahren nicht eingesehen.

Die Kostenpflicht: Wer muss die Rechnung bezahlen?

Mit Bescheid vom 25. Februar 2020 forderte die Stadt den Kläger auf, die Abschleppkosten von 305,60 Euro zu zahlen, die sich aus den Abschleppkosten, einer Verwaltungsgebühr und den Portokosten zusammensetzten. Die Stadt begründete dies mit der Verkehrsordnung, die das Parken auf einem Radweg verbietet. Darüber hinaus argumentierte sie, dass das Fahrzeug eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellte und dass es notwendig und unaufschiebbar war, das Fahrzeug zu entfernen. Sie hob auch hervor, dass der Fahrzeughalter gemäß dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz von Sachsen zur Erstattung der Kosten verpflichtet war.

Die endgültige Entscheidung: Klage abgewiesen

Schließlich entschied das Verwaltungsgericht Leipzig gegen den Kläger. Die Klage wurde abgewiesen und der Kläger wurde aufgefordert, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Dieser Fall unterstreicht die Wichtigkeit der Verkehrsregeln und das Engagement der Stadt, die Sicherheit und Ordnung auf ihren Straßen aufrechtzuerhalten.


Das vorliegende Urteil

VG Leipzig – Az.: 1 K 860/20 – Urteil vom 05.05.2021

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu den Kosten einer Abschleppmaßnahme i. H. v. 305,60 Euro.

Am Montag, den ….19, stellten Vollzugsbedienstete der Beklagten um 20:15 Uhr fest, dass der auf den Kläger zugelassene Pkw der Marke …, amtliches Kennzeichen …, in Leipzig im … gegenüber … in stadtauswärtiger Richtung am rechten Straßenrand abgestellt war. Im Bereich hinter dem Fahrzeug des Klägers war das Zeichen 237 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung – StVO – (Radweg) aufgestellt. Auf dem Asphalt war das Zeichen 295 der Anlage 1 zu § 41 Abs. 1 StVO (Fahrstreifenbegrenzung, Begrenzung von Fahrbahnen und Sonderwegen) sowie – im Bereich hinter dem Fahrzeug des Klägers – das Piktogramm „Fahrrad“ angebracht. Die Vollzugsbediensteten fertigten hierzu Fotos an (Bl. 1 – 5 d. VA) und führten laut Abschleppauftrag eine Halterermittlung durch, wobei der Halter nicht zu erreichen gewesen sei (Bl. 6 d. VA). Um 20:30 Uhr wurde ein Unternehmen mit dem Abschleppen des Fahrzeugs beauftragt. Eine Umsetzung sei laut Abschleppauftrag mangels Parkmöglichkeiten in der Nähe nicht möglich gewesen. Zudem ist vermerkt: „Parken auf einem Radweg Z.237 mit Behinderung“. Der Abschleppvorgang begann um 20:54 Uhr und endete um 21:00 Uhr. Das Abschleppunternehmen stellte der Beklagten hierfür 237,99 Euro brutto in Rechnung.

Fahrzeug auf Radweg abgestellt – Abschleppen zulässig?
(Symbolfoto: Ajdin Kamber/Shutterstock.com)

Mit Schreiben vom 8.1.2020 hörte die Beklagte den Kläger als Fahrzeughalter zur beabsichtigten Heranziehung wegen der Kosten des Abschleppvorgangs an und gab Gelegenheit zur Äußerung bis 22.1.2020. Mit Schreiben vom 14.1.2020 begehrte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Akteneinsicht durch Übersendung der Verwaltungsakte in seine Kanzlei. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 16.1.2020 ab und bot stattdessen die Einsichtnahme in ihren Räumlichkeiten während der Öffnungszeiten oder nach Terminabsprache an. Es folgte weitere Korrespondenz zur Akteneinsicht, wobei die Beteiligten jeweils auf ihren Standpunkt beharrten und eine Einsichtnahme der Akten im Verwaltungsverfahren nicht erfolgte.

Mit Bescheid vom 25.2.2020 zog die Beklagte den Kläger wegen des Abschleppvorgangs zur Zahlung von 305,60 Euro heran. Der Betrag setzte sich zusammen aus den vom Abschleppunternehmen in Rechnung gestellten Kosten i. H. v. 237,99 Euro, einer Verwaltungsgebühr i. H. v. 65,00 Euro sowie Auslagen für die Postzustellung i. H. v. 2,61 Euro. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, das Fahrzeug des Klägers habe verbotswidrig auf einem Radweg (Zeichen 237) gestanden und hierdurch andere behindert. Diese Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung habe ohne vorherige Androhung im Wege der Ersatzvornahme nach § 24 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Freistaates Sachsen – SächsVwVG – durch Veranlassung einer Abschleppmaßnahme beseitigt werden dürfen. Es sei unaufschiebbar gewesen, das Fahrzeug aus der Verbotszone zu entfernen. Auch sei es nicht möglich gewesen, den Aufenthalt des Klägers rechtzeitig zu ermitteln, um ihm das Wegfahren zu ermöglichen. Die Kosten der Ersatzvornahme würden gemäß § 24 Abs. 3 SächsVwVG durch Leistungsbescheid festgesetzt. Der Kläger sei als Fahrzeughalter zur Kostenerstattung verpflichtet. Die Erhebung der Verwaltungsgebühr basiere auf § 1 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 SächsVwKG i. V. m. Lfd. Nr. 1 Tarifstelle 8.6 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen über die Festsetzung der Verwaltungsgebühr und Auslagen – 9. SächsKVZ -. Die festgesetzte Gebühr bewege sich im unteren Bereich des Gebührenrahmens von 25,00 Euro bis 1.000,00 Euro und trage dem Verwaltungsaufwand sowie der Bedeutung der Angelegenheit Rechnung. Die Erhebung der Auslagen folge aus § 1 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Verwaltungskostengesetz des Freistaates Sachsen – SächsVwKG -.

Mit Schreiben vom 28.2.2020 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Hinsichtlich der Begründung verwies sein Prozessbevollmächtigter auf die noch ausstehende Akteneinsicht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.5.2020 wies die Landesdirektion … den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurden die Ausführungen im Ausgangsbescheid wiederholt und vertieft. Ergänzend wurde erläutert, dass das Fahrzeug des Klägers auf einem amtlich gekennzeichneten Radweg gestanden habe und hierdurch Radfahrer behindert worden seien, die den Radweg gemäß § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO zu benutzen hätten. Zudem wurde dargelegt, dass es für die Verhältnismäßigkeit der Abschleppmaßnahme neben der Funktionsbeeinträchtigung keiner konkreten Behinderung bedürfe. Außerdem wurde vertiefend ausgeführt, dass die Ablehnung der Übersendung der Verwaltungsakte zur Einsicht ermessensfehlerfrei gewesen sei. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hätte die Verwaltungsakte – unter Wahrung des Infektionsschutzes im Hinblick auf die Corona-Pandemie – bei der Behörde einsehen können.

Der Kläger hat am 25.6.2020 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er nach Einsichtnahme der Verwaltungsakte im Gerichtsverfahren im Wesentlichen vor, dass auf den Fotos der Vollzugsbediensteten nicht zu erkennen sei, dass das Fahrzeug auf einem Radweg geparkt hätte. Der genaue Standort des Fahrzeugs und des Verkehrszeichens sei nicht dokumentiert. Das Fahrzeug habe ausweislich der Fotos nicht gegenüber dem Rabensteinplatz gestanden, sondern hinter der Einmündung der Straße …. Ebenso sei den Fotos zu entnehmen, dass ein Verkehrszeichen deutlich vor der Einmündung der Straße … gestanden haben müsse. Hinter der Einmündung habe es kein Verkehrszeichen gegeben. Ein vor der Einmündung der Straße … stehendes Verkehrszeichen habe für den Bereich hinter der Einmündung nicht gegolten. Eine Anordnung des Radwegs im Bereich des Standorts des Fahrzeugs habe es nicht gegeben. Im Bereich vor dem Fahrzeug des Klägers hätten deshalb auch zahlreiche Fahrzeuge geparkt. Es sei nicht festzustellen, ob das Verkehrszeichen beim Abstellen des Fahrzeugs zu sehen gewesen wäre. Im Bereich des Abstellortes habe es auch keine sonstige Fahrbahnmarkierung gegeben. Es habe allenfalls eine weiße Linie ohne Kennzeichnung als Radweg gegeben, die ausweislich der Fotos beschädigt und kaum bzw. gar nicht zu erkennen gewesen sei. Mittlerweile sei die Fahrbahnmarkierung erneuert bzw. verändert worden. Damals hätten aber weitere in Richtung … abgestellte Fahrzeuge den Bereich verdeckt. Jedenfalls sei das Fahrzeug des Klägers unmittelbar am Ende der Fahrbahnmarkierung abgestellt worden, wobei die damaligen tatsächlichen Verhältnisse das Ende nicht genau erkennen gelassen hätten. Damit habe zumindest kein Fall vorgelegen, in dem man offensichtlich hätte erkennen müssen, dass das Fahrzeug auf einem Radweg gestanden habe. Der Radweg habe damals wohl etwa in Höhe der Einmündung …-… geendet. Dann habe das Fahrzeug aber nicht auf dem markierten Bereich gestanden. Die Abschleppmaßnahme sei angesichts des Standortes des Fahrzeugs am Ende eines vermeintlichen Radwegs jedenfalls unverhältnismäßig. Zudem hätten etwaige Radfahrer aufgrund des hinter dem Fahrzeug des Klägers abgestellten anderen Fahrzeugs ohnehin ausweichen müssen und seien vom Fahrzeug des Klägers daher nicht behindert worden.

Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 25.2.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Landesdirektion … vom 25.5.2020 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie im Wesentlichen vor, dass angesichts der Fotos der Vollzugsbediensteten die Erkennbarkeit der Verkehrszeichen nicht bezweifelt werden könne. Das Zeichen 237 (Radweg) hätte bei gebotener Sorgfalt beim Abstellen des Fahrzeugs wahrgenommen werden können. Auch sei auf den Fotos zu erkennen, dass das Fahrzeug des Klägers im Bereich der zum Radweg gehörenden Straßenmarkierung gestanden habe. Eine zusätzliche Bodenmarkierung des durch Zeichen 237 angeordneten Radwegs habe es ohnehin nicht bedurft. Die Abschleppmaßnahme stelle sich auch nicht als unverhältnismäßig dar. Radfahrer hätten den Radweg wegen des Fahrzeugs des Klägers nicht benutzen können.

Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers wurde mit Verfügung des Gerichts vom 16.7.2020 Einsicht in die Verwaltungsakte durch Übersendung in dessen Kanzleiräume gewährt.

Mit Beschluss der Kammer vom 9.2.2021 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Die mündliche Verhandlung, zu der kein Vertreter der Beklagten erschienen ist, fand am 5.5.2021 statt. Wegen der Einzelheiten wird auf das hierzu angefertigte Protokoll verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung waren.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – ergeht die Entscheidung durch den Einzelrichter.

Das Gericht konnte in Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten verhandeln und entscheiden, da die Beklagte zum Termin der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf diese Möglichkeit ordnungsgemäß geladen wurde (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 25.2.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Landesdirektion … vom 25.5.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger ist als Halter des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … verpflichtet, der Beklagten die mit der Abschleppmaßnahme vom 2.12.2019 verbundenen Kosten i. H. v. 305,60 Euro zu erstatten.

Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 24 Abs. 1 SächsVwVG. Danach kann die Vollstreckungsbehörde auf Kosten des Vollstreckungsschuldners eine vertretbare Handlung durch einen Dritten vornehmen lassen oder diese selbst vornehmen, wenn die Pflicht zur Vornahme durch den Vollstreckungsschuldner nicht erfüllt wird. Die Kosten einer solchen Ersatzvornahme werden nach § 24 Abs. 3 Satz 1 SächsVwVG durch Leistungsbescheid gegenüber demjenigen festgesetzt, der die Ersatzvornahme veranlasst hat. Zu diesen Kosten gehören im Falle einer Abschleppmaßnahme insbesondere die vom Abschleppunternehmen in Rechnung gestellten Beträge, welche Auslagen der Behörde darstellen.

Voraussetzung für die Kostenauferlegung ist allerdings die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme selbst (vgl. OVG NW, Urt. v. 28.11.2000, NJW 2001, 2035). Vorliegend stellt die von der Beklagten am 2.12.2019 durchgeführte Abschleppmaßnahme wegen des verbotswidrig parkenden Fahrzeugs des Klägers eine rechtmäßige Ersatzvornahme i. S. d. § 24 Abs. 1 SächsVwVG dar (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 20.11.2000, SächsVBl. 2001, 94).

Der Ersatzvornahme lag ein vollstreckbarer Grundverwaltungsakt i. S. d. § 2 SächsVwVG in Form von Verkehrszeichen zugrunde. Es handelt sich hierbei um das im Bereich des …-… auf Höhe des … in stadtauswärtiger Richtung rechts aufgestellte Zeichen 237 (Radweg) sowie um die Markierung mit Zeichen 295 (Begrenzung von Fahrbahnen und Sonderwegen) der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO nebst Piktogramm „Fahrrad“, wie es auf den Fotos zum Abschleppvorgang abgelichtet ist (vgl. Bl. 1 – 5 d. VA). Dabei ist gemäß § 39 Abs. 5 Satz 1 StVO klargestellt, dass nicht nur die Beschilderung, sondern auch die Radverkehrsführungsmarkierung ein Verkehrszeichen darstellt, das den Radweg als Sonderweg ausweist (vgl. Ziff. 1 Nr. 3 Verwaltungsvorschrift zu § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO). Solche Verkehrszeichen beinhalten nicht nur das Gebot zur entsprechenden Benutzung des Sonderwegs durch den Fahrradverkehr (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO und Nr. 16 Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO, Ge- und Verbote Nr. 1 zu Zeichen 237). Sie enthalten zugleich das Verbot der Benutzung durch anderen Verkehr (vgl. Nr. 16 Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO, Ge- und Verbote Nr. 2 zu Zeichen 237). Damit ist nicht nur das Überfahren des Radwegs mit einem Pkw grundsätzlich untersagt (vgl. Nr. 68 Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO, 1. Ge- und Verbote Nr. 3 b) und c) sowie Erläuterung Nr. 3 zu Zeichen 237), sondern auch das Parken, wofür nach § 12 Abs. 4 Satz 1 StVO ansonsten der rechte Seitenstreifen oder Fahrbahnrand zu nutzen ist (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 28.3.2000 – 3 Bf 215/98 -, juris Rn. 24). Aus diesem Verbot folgt gleichsam für die Verkehrsteilnehmer, die den Sonderweg nicht benutzen dürfen, das Gebot des Wegfahrens, was eine Verpflichtung zu einer vertretbaren Handlung darstellt (zum Haltverbot vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.1996, BVerwGE 102, 316 [319]). Dieses Gebot ist sofort vollziehbar, weil es analog § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO auf unbedingte Befolgung angelegt ist und deshalb funktionell einer unaufschiebbaren, von einem Polizeivollzugsbeamten getroffenen Anordnung entspricht (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.5.2018 – 3 C 25/16 -, juris Rn. 14; Beschl. v. 26.1.1988 – 7 B 189/87 -, juris Rn. 8; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 80 Rn. 64 m. w. N.).

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Angesichts der Zeichen 237 und 295 war der Kläger als Fahrzeughalter verpflichtet, am 2.12.2019 seinen Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen … umgehend vom Abstellort im … zu entfernen. Dieser Pflicht ist er nicht nachgekommen. Das Fahrzeug parkte am 2.12.2019 ausweislich der Fotos der Vollzugsbediensteten (Bl. 1 – 5 d. VA) und der weiteren Feststellungen der Vollzugsbediensteten laut Datenbestandsblatt der Verkehrsüberwachung (Bl. 11 d. VA) und Abschleppauftrag (Bl. 6 d. VA) jedenfalls von 20:15 bis 20:54 Uhr auf dem stadtauswärtigen Radweg. Dieser war im Bereich hinter dem Fahrzeug des Klägers mit Zeichen 237 und dem Piktogramm „Fahrrad“ sowie durchgehend ab der Beschilderung mit Zeichen 295 gekennzeichnet. Die Radverkehrsführungsmarkierung (Zeichen 295) befand sich auch noch am Abstellort und endete erst vor dem Fahrzeug des Klägers. Die Markierung wurde nicht von der Einmündung der Straße … unterbrochen, weil sich die Einmündung auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Abstellortes befand. Insoweit war nach dem Bereich der Einmündung bzw. am Abstellort keine erneute Beschilderung mit Zeichen 237 geboten; es genüge die durchgehende Markierung mit Zeichen 295.

Der mit den Zeichen 237 und 295 der Anlage 2 StVO nebst Piktogramm „Fahrrad“ verkörperte Radweg und das hiermit verbundene Parkverbot ist gegenüber dem Kläger als Fahrzeughalter auch wirksam geworden, selbst wenn er es nicht persönlich zur Kenntnis genommen haben sollte (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.5.2018 – 3 C 25/16 -, juris Rn. 15).

Für die Durchführung der Ersatzvornahme ist es ausreichend, dass ein wirksamer, sofort vollziehbarer Verwaltungsakt vorliegt, während es auf dessen Rechtmäßigkeit nicht ankommt (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 11.2.2002, – 3 Bf 237/00 -, Urt. v. 29.1.2008 – 3 Bf 253/04 -, juris). Die für die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts in Form eines Verkehrszeichens bedeutsame Bekanntgabe erfolgt nach den Vorschriften der StVO durch das Aufstellen des Verkehrsschildes bzw. das Anbringen der Markierung (vgl. § 39 Abs. 2 und 5, § 45 Abs. 4 StVO). Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt und bei ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen ohne Weiteres erkennen kann, äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.4.2016 – 3 C 10/15 -, LS juris; Urt. v. 11.12.1996, BVerwGE 102, 316 [318]). Die Wirksamkeit entfällt gemäß § 43 Abs. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – nur dann, wenn der Verwaltungsakt nichtig ist. Nach § 44 Abs. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Mangel leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.6.1970, BVerwGE 35, 334).

Hieran gemessen bestehen an der Wirksamkeit der durch die Zeichen 237 und 295 der Anlage 2 StVO nebst Piktogramm „Fahrrad“ verkörperten Anordnung eines Radwegs keine Bedenken. Die primäre Anforderung, die Verkehrszeichen erfüllen müssen, ist, dass sie eine bestimmte und klare Regelung enthalten, die jeder durchschnittliche Verkehrsteilnehmer auf Anhieb versteht (vgl. VG Neustadt (Weinstraße), Urt. v. 26.2.2019 – 5 K 814/18.NW -, juris Rn. 56, juris). Die Verkehrszeichen müssen deshalb dem Sichtbarkeitsgrundsatz genügen, wobei die Einhaltung der Vorgaben der VwV-StVO hierfür ein Indiz ist. Die Nichteinhaltung rechtfertigt aber nicht stets die Annahme, dass die Verkehrszeichen weder hinreichend sichtbar noch zumindest insoweit wahrnehmbar sind, dass Anlass zur Nachschau besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.4.2016 – 3 C 10/15 -, juris Rn. 23). Die Frage der hinreichenden Sichtbarkeit muss dann gegebenenfalls anhand der konkreten Umstände beurteilt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.1.2018 – 3 B 4/17 -, juris Rn. 29). Vorliegend war die Erkennbarkeit des Radwegs angesichts der zum Abschleppvorgang angefertigten Fotos (Bl. 1 – 5 d. VA) gegeben. Das Zeichen 237 der Anlage 2 StVO war ordnungsgemäß und für den fließenden Verkehr ohne Weiteres erkennbar am rechten Straßenrad aufgestellt. Das Zeichen 295 und das Piktogramm „Fahrrad“ waren sichtbar auf der Straße angebracht. Am Abstellort des Fahrzeugs war die Radverkehrsführungsmarkierung (Zeichen 295) auch nicht derart verwittert, dass sie selbst unter Beachtung der nach § 1 StVO gebotenen Sorgfalt nicht mehr wahrzunehmen gewesen wäre. Die Markierung war, auch wenn sie unmittelbar vor dem Fahrzeug des Klägers endete, am Abstellort trotz Dunkelheit im Licht der Straßenlaternen sichtbar, was die Fotos der Vollzugsbediensteten, die teilweise ohne Blitzlicht aufgenommen wurden, belegen. Zumindest nach dem Abstellen des Fahrzeugs hätte der Radweg im Wege einer einfachen Umschau daher wahrgenommen werden können. Gleichermaßen war das Piktogramm „Fahrrad“ zu erkennen, das sich im Bereich hinter dem Fahrzeug des Klägers in Sichtweite befand und im Zeitpunkt der Abschleppmaßnahme auch nicht zugeparkt gewesen ist. Insofern kann dahinstehen, dass das Zeichen 237 in erster Linie den fließenden Verkehr regelt und ob der Fahrzeugführer den Abstellort über die Straße … angesteuert haben könnte – was vom Kläger nur als Möglichkeit erwogen wurde -, sodass nur die Rückseite des Zeichens 237 beim Einparken zu sehen gewesen wäre. Denn die Erkennbarkeit des Zeichens 295 und des Piktogramms „Fahrrad“ war ausreichend, um am Abstellort den Radweg als solchen zu erkennen und gab – ohne dass es hierauf noch ankommt – Anlass dazu, die Vorderseite des in der Entfernung stehenden Zeichens 237 in den Blick zu nehmen.

Gemäß § 21 SächsVwVG bedurfte es vor der Durchführung der Ersatzvornahme in Form der Abschleppmaßnahme wegen Gefahr im Verzug keiner Androhung und Fristsetzung. Vom Fahrzeug des Klägers ging – wie dargelegt – wegen des Verstoßes gegen Zeichen 237 und 295 der Anlage 2 StVO bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit aus, deren umgehende Beseitigung geboten war, um die Nutzbarkeit des Radwegs sicherzustellen.

Die Anordnung der Abschleppmaßnahme genügt als Form der Ersatzvornahme auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sie war geeignet, erforderlich und angemessen.

Geeignet war die Abschleppmaßnahme, weil hierdurch die Sicherheit und Leichtigkeit des fließenden Verkehrs an der betreffenden Straßenstelle wiederhergestellt werden konnte und zugleich der vom Fahrzeug des Klägers ausgehende ordnungswidrige Zustand beendet wurde. Die Abschleppmaßnahme war auch erforderlich, denn ein milderes Mittel stand nicht zur Verfügung. Ein solches ist insbesondere nicht in einem bloßen Verwarnungsgeld zu erblicken, mit dem die Störung der öffentlichen Sicherheit nicht behoben worden wäre. In der Rechtsprechung ist auch geklärt, dass eine vorherige Halterermittlung, um das Wegfahren zu ermöglichen, wegen ungewisser Erfolgsaussichten und nicht abzusehender Verzögerungen regelmäßig nicht geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.7.1983, Buchholz 442.151 § 13 StVO Nr. 3; Beschl. v. 27.5.2002, VRS 103, 309; SächsOVG, Beschl. v. 5.2.2010 – 3 A 141/08 -, juris Rn. 7). Dennoch wurde hier laut Abschleppauftrag vom 2.12.2019 eine Haltermittlung durchgeführt, wobei der Kläger nicht erreichbar war. Außerdem war laut Abschleppauftrag kein Parkplatz in der Nähe für eine bloße Umsetzung des Fahrzeugs gegeben.

Die Anordnung der Abschleppmaßnahme war auch angemessen und damit insgesamt verhältnismäßig. Der Kläger dringt insbesondere nicht mit dem Einwand durch, sein Fahrzeug habe jedenfalls am Ende des Radwegs gestanden und die Fahrradfahrer seien nicht behindert worden, weil sie wegen eines hinter dem Fahrzeug des Klägers stehenden Fahrzeugs ohnehin vom Radweg hätten ausweichen müssen.

Die Verhältnismäßigkeit einer Abschleppmaßnahme setzt grundsätzlich keine konkrete Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer voraus (BVerwG, Beschl. v. 1.12.2000 – 3 B 51/00 -, juris Rn. 4). Nicht jeder Parkverstoß rechtfertigt zwar allein unter Berufung auf eine negative Vorbildwirkung und auf den Gesichtspunkt der Generalprävention ohne Weiteres das Abschleppen eines Fahrzeugs. Die Nachteile, die mit einer Abschleppmaßnahme für den Betroffenen verbunden sind, dürfen nicht außer Verhältnis zum bezweckten Erfolg stehen, was aufgrund einer Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalles zu beurteilten ist (BVerwG, Beschl. v. 18.2.2002 – 3 B 149/01 -, juris Rn. 4). Unzweifelhaft ist aber, dass verbotswidrig abgestellte Fahrzeuge regelmäßig dann abgeschleppt werden dürfen, wenn sie andere Verkehrsteilnehmer behindern. Dies gilt etwa beim Verstellen des gesamten Bürgersteigs oder beim Hineinragen des Fahrzeugs in die Fahrbahn, bei Funktionsbeeinträchtigungen einer Fußgängerzone oder beim verbotswidrigen Parken auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz, in Feuerwehranfahrzonen oder auch bei einem Abschleppen zur Verhinderung von Straftaten (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.4.2014 – 3 C 5/13 -, BVerwGE 149, 254-265, juris Rn. 12). Ebenso ist das Abschleppen eines Fahrzeugs, das in einen Radweg hineinragt, wegen der Verkehrsbedeutung des Sonderweges regelmäßig nicht zu beanstanden (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 15.4.2011 – 5 A 954/10 -, juris Rn. 10; OVG Hamburg, Urt. v. 28.3.2000 – 3 Bf 215/98 -, juris Rn. 28).

Gemessen daran führt die Abwägung vorliegend nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Abschleppmaßnahme. Durch das Fahrzeug des Klägers war am Abstellort zu Lasten der Sicherheit und Leichtigkeit des fließenden Verkehrs die gemäß § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO vorgeschriebene Radwegbenutzungspflicht nicht mehr sichergestellt. Diese Funktionsbeeinträchtigung war erheblich, denn das Fahrzeug ragte nicht nur minimal in den Radweg hinein, vielmehr stand es insgesamt auf dem Radweg, so dass – was die Fotos zum Abschleppvorgang erkennen lassen (Bl. 1 und 4 d. VA) – Fahrradfahrer den Radweg am Abstellort nicht mehr nutzen konnten, sondern auf die Fahrbahn ausweichen mussten. Es mag sein, dass das Fahrzeug des Klägers unmittelbar am Ende des Radwegs stand und Fahrradfahrer gegebenenfalls bereits wegen des – zumindest im Zeitpunkt der Abschleppmaßnahme – noch hinter dem Fahrzeug des Klägers stehenden Fahrzeugs ausweichen mussten. Dies ändert jedoch nichts an der vom Fahrzeug des Klägers ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung des Sonderwegs und der hiermit verbundenen – zumindest erhöhten – Gefährdung des fließenden Verkehrs infolge ausweichender Fahrradfahrer. Darüber hinaus ist in den Blick zu nehmen, dass das Fahrzeug des Klägers nicht nur kurzzeitig verbotswidrig parkte, sondern zumindest für mehr als eine halbe Stunde, nämlich von 20:15 bis 20:54 Uhr. Hinzukommt das generalpräventiv begründete öffentliche Interesse an der Entfernung des Fahrzeugs (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.2.2002 – 3 B 149/01 -, juris Rn. 4). Dieses Interesse hat im vorliegenden Fall nicht nur deshalb Gewicht, weil durch den Radweg der Sicherheit und Leichtigkeit des fließenden Verkehrs im Wege einer räumlichen Trennung von Fahrrad- und Pkw-Verkehr im besonderen Maße Rechnung getragen werden sollte. Vielmehr kommt dem generalpräventiven Interesse auch deshalb Gewicht zu, weil erfahrungsgemäß Fahrzeuge, die – wie hier – längere Zeit ordnungswidrig abgestellt sind, andere Kraftfahrer zum gleichen verbotswidrigen Verhalten im betreffenden Bereich veranlassen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.11.1977, NJW 1978, 656, juris Rn. 5). Soweit der Kläger einwendet, dass hinter seinem Fahrzeug ein weiteres Fahrzeug auf dem Radweg gestanden habe, verdeutlicht dies den bereits eingetretenen Nachahmungseffekt. Demgegenüber stehen die durch das Abschleppen entstandenen Nachteile des Klägers, sein Fahrzeug an einer anderen Stelle abholen zu müssen und die Kosten für die Abschleppmaßnahme zu bezahlen, nicht außer Verhältnis. In der Abwägung aller Umstände überwiegt daher der mit der Abschleppmaßnahme bezweckte Erfolg, die durch den Verkehrsverstoß andauernde Störung der öffentlichen Sicherheit zu beheben und die der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs dienende Nutzbarkeit des Radwegs wiederherzustellen.

Die Abschleppkosten durften gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 SächsVwVG auch durch Leistungsbescheid gegenüber dem Kläger als Fahrzeughalter festgesetzt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.5.2018 – 3 C 25/16 -, juris; SächsOVG, Beschl. v. 23.3.2009 – 3 B 891/06, juris; OVG Hamburg, Urt. v. 29.1.2008 – 3 Bf 253/04 -, juris Rn. 31). Die Regelung des § 24 Abs. 3 Satz 1 SächsVwVG gewährt ihrem Wortlaut nach der Behörde keinen Spielraum, im Einzelfall von der Erhebung der Kosten der Ersatzvornahme abzusehen. Nach allgemeiner Auffassung scheidet eine Kostenauferlegung allerdings ausnahmsweise in Fällen einer Unbilligkeit aus (vgl. § 1 Abs. 2 i. V. m. § 11 Nr. 5 SächsVwKG; SächsOVG, Urt. v. 23.3.2009 – 3 B 891/06 -, juris Rn. 30, OVG Hamburg, Beschl. v. 27.11.2009, NVwZ-RR 2010, 263). Ein atypischer Fall ist in diesem Sinne anzunehmen, wenn von einem Fahrzeug, das ohne Verstoß gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften geparkt war, später eine Störung ausgeht, die nicht vorhersehbar war und nicht in der Risikosphäre des Halters oder Fahrers lag (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.5.2018 – 3 C 25/16 -, juris Rn. 21; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.6.1991, DVBl. 1991, 1330).

Gemessen daran erweist sich die Kostenerhebung vorliegend nicht ausnahmsweise als unbillig. Es liegt kein atypischer Fall im vorgenannten Sinne vor. Ein solcher kann insbesondere nicht dem Vorbringen des Klägers entnommen werden, dass der Radweg nicht offensichtlich zu erkennen gewesen sei. An der Erkennbarkeit des Radwegs bestehen – wie bereits ausgeführt – auch angesichts der Witterungsverhältnisse, des Zustands der Radverkehrsführungsmarkierung und der übrigen in Sichtweite vorhandenen Kennzeichnung keine Bedenken. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass – zumindest im Zeitpunkt der Abschleppmaßnahme – hinter dem Fahrzeug des Klägers ein weiteres Fahrzeug auf dem Radweg stand und vor dem Fahrzeug des Klägers – nach dem Ende des Radwegs – Fahrzeuge parkten. Denn unabhängig davon, dass der Kläger nichts Substantielles zum Einparkvorgang und der tatsächlichen Situation in diesem Zeitpunkt vortragen konnte, folgt hieraus nicht, dass der Radweg verdeckt gewesen wäre. Vielmehr war am Abstellort die Radverkehrsführungsmarkierung (Zeichen 295) und die weitere Kennzeichnung trotz der auf den Fotos zum Abschleppvorgang (Bl. 1 – 5 d. VA) erkennbaren Parkstation zu sehen, so dass der Radweg und das hiermit einhergehende Parkverbot unter Beachtung der nach § 1 StVO gebotenen Sorgfalt hätte erfasst werden können. Eine Unbilligkeit der Kostenauferlegung ist hiernach unter Würdigung der Gesamtumstände nicht gegeben.

Die Höhe der mit dem streitgegenständlichen Leistungsbescheid festgesetzten Kosten der Abschleppmaßnahme und der Verwaltungskosten begegnet keinen Bedenken. Der Kläger hat hierzu auch keine konkreten Einwände erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Das Gericht hat im Rahmen seines Ermessens davon abgesehen, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, da die Kosten der Beklagten nicht ins Gewicht fallen (§ 167 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung war nicht gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.

BESCHLUSS vom 5. Mai 2021

Der Streitwert wird auf 302,99 € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz – GKG -. Von dem im angefochtenen Leistungsbescheid festgesetzten Betrag i. H. v. 305,60 Euro sind die Kosten der Zustellung i. H. v. 2,61 Euro als Nebenforderungen im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG nicht zu berücksichtigen (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 23.3.2009 – 3 B 891/06 -, juris Rn. 39 ff.).


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant:

  1. Straßenverkehrs-Ordnung (StVO): Dies ist die wichtigste Rechtsnorm in diesem Fall, da sie das Verhalten im Straßenverkehr reguliert. In diesem speziellen Fall wurde Verkehrszeichen 237 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO (Radweg) und Zeichen 295 der Anlage 1 zu § 41 Abs. 1 StVO (Fahrstreifenbegrenzung, Begrenzung von Fahrbahnen und Sonderwegen) verletzt, weil das Fahrzeug auf einem gekennzeichneten Radweg abgestellt war. Das stellt eine Verkehrsordnungswidrigkeit dar und ist der primäre Anlass für das Abschleppen und die damit verbundenen Kosten.
  2. Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Freistaates Sachsen (SächsVwVG): Dieses Gesetz kommt zum Tragen, da es die rechtliche Grundlage für die Durchführung von Verwaltungshandlungen im Fall von Ordnungswidrigkeiten bildet. Gemäß § 24 Abs.1 und 3 SächsVwVG durfte die Stadt Leipzig das Fahrzeug ohne vorherige Androhung abschleppen (Ersatzvornahme) und die Kosten für das Abschleppen dem Fahrzeughalter in Rechnung stellen.
  3. Verwaltungskostengesetz des Freistaates Sachsen (SächsVwKG): Dieses Gesetz ist relevant, weil es die rechtliche Grundlage für die Erhebung von Verwaltungsgebühren und Auslagen durch die Stadtverwaltung bildet. Gemäß § 1 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 SächsVwKG i.V.m. Lfd. Nr. 1 Tarifstelle 8.6 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen über die Festsetzung der Verwaltungsgebühr und Auslagen (9. SächsKVZ) wurde die Verwaltungsgebühr berechnet und dem Kläger in Rechnung gestellt.
  4. Verwaltungsverfahrensrecht: Während der gesamten Situation war das Verwaltungsverfahrensrecht von Bedeutung. Es regelt das Verfahren der öffentlichen Verwaltung und sorgt für ein geordnetes und rechtsstaatliches Verfahren. Ein Beispiel dafür ist die Korrespondenz zur Akteneinsicht zwischen dem Kläger und der Beklagten und das Angebot der Beklagten, die Akten in ihren Räumlichkeiten einzusehen.

Häufig gestellte Fragen

1. Darf mein Fahrzeug abgeschleppt werden, wenn ich es auf einem Radweg parke?

Ja, das Parken auf einem Radweg ist in Deutschland gemäß der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) nicht gestattet. Wenn Ihr Fahrzeug auf einem Radweg abgestellt wird und dadurch Radfahrer behindert werden, kann die Stadtverwaltung es abschleppen lassen, um den reibungslosen Verkehrsfluss wiederherzustellen.

2. Wer trägt die Kosten für das Abschleppen?

Die Kosten für das Abschleppen trägt grundsätzlich der Fahrzeughalter, wenn sein Fahrzeug verkehrsordnungswidrig abgestellt wurde. Dies beinhaltet sowohl die unmittelbaren Abschleppkosten, die das Abschleppunternehmen in Rechnung stellt, als auch eventuelle Verwaltungsgebühren und andere Kosten, die im Zuge der Abschleppaktion entstehen.

3. Wie hoch sind die Kosten, die mir in Rechnung gestellt werden können?

Die tatsächlichen Kosten können variieren, aber sie beinhalten in der Regel die Kosten für das Abschleppen selbst, die von der Entfernung und dem benötigten Aufwand abhängen, sowie eine Verwaltungsgebühr. In Sachsen z.B. bewegen sich die Verwaltungsgebühren laut Sächsischer Verwaltungskostengesetz (SächsVwKG) in einem Rahmen zwischen 25,00 Euro und 1.000,00 Euro, je nach Verwaltungsaufwand und Bedeutung der Angelegenheit.

4. Muss ich die Kosten zahlen, wenn ich nicht der Fahrer war?

Ja, in Deutschland ist der Fahrzeughalter verpflichtet, die Kosten für das Abschleppen zu tragen, auch wenn er nicht der Fahrer war. Die Behörden gehen davon aus, dass der Halter Einfluss darauf hat, wer sein Fahrzeug nutzt und wie es genutzt wird.

5. Was kann ich tun, wenn ich mit der Abschleppaktion nicht einverstanden bin?

Wenn Sie mit der Entscheidung der Behörden nicht einverstanden sind, können Sie Widerspruch einlegen und ggf. vor Gericht ziehen. Es ist jedoch wichtig, sich bewusst zu sein, dass der Erfolg eines solchen Verfahrens stark von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt. Es empfiehlt sich daher, einen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen.

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