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Fahrzeugkaufvertrag – Kein Gewährleistungsausschluss für Bastlerfahrzeug

Gewährleistungsausschluss für Bastlerfahrzeug nicht wirksam

Im Zentrum der juristischen Auseinandersetzung steht der Fahrzeugkaufvertrag, ein häufiges und zugleich komplexes Rechtsthema, das sowohl Verbraucher als auch Gewerbetreibende betrifft. Besonders relevant wird dieser Bereich, wenn es um die Frage des Gewährleistungsausschlusses geht, insbesondere bei als „Bastlerfahrzeug“ verkauften Gebrauchtwagen. Die juristische Kernfrage dreht sich um die Wirksamkeit solcher Gewährleistungsausschlüsse und die Rechte des Käufers bei Vorliegen von Sachmängeln nach dem Kauf.

Ein weiterer entscheidender Aspekt in solchen Fällen ist die Beweislast und die damit verbundene Beweislastumkehr im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs. Hierbei ist von Bedeutung, inwiefern der Käufer innerhalb einer bestimmten Frist nach dem Kauf Mängel geltend machen kann und welche Pflichten auf den Verkäufer zukommen, insbesondere hinsichtlich der Nachbesserung. Zudem spielen die Sachverständigenkosten eine wichtige Rolle, da sie oft einen wesentlichen Bestandteil der aus dem Kauf resultierenden Streitigkeiten bilden.

Diese Thematik ist nicht nur für Juristen und Rechtsanwälte von Interesse, sondern auch für Käufer und Verkäufer von Gebrauchtfahrzeugen, da sie die grundlegenden rechtlichen Rahmenbedingungen und Verpflichtungen, die bei einem Fahrzeugkauf entstehen, beleuchtet.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 U 41/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das OLG Stuttgart urteilte, dass ein Gewährleistungsausschluss bei einem als „Bastlerfahrzeug“ verkauften Auto im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs unwirksam ist. Mängel, die innerhalb von sechs Monaten auftreten, führen zur Vermutung, dass diese bereits bei Gefahrübergang vorhanden waren. Der Verkäufer trägt die Kosten für Nachbesserungen, und bei einem Scheitern dieser Maßnahmen sind auch Gutachterkosten und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten des Käufers zu erstatten.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses: Ein Verbrauchsgüterkauf schließt gewährleistungsbeschränkende Vereinbarungen vor Mängelmeldung aus, somit ist die Klausel im Kaufvertrag bezüglich des Bastlerfahrzeugs unwirksam.
  2. Bestätigung der Mängel durch Sachverständigen: Der gerichtliche Sachverständige bestätigte, dass die behaupteten Mängel am Fahrzeug existierten und nicht auf Verschleiß, sondern auf Montagefehler zurückzuführen waren.
  3. Beweislastumkehr innerhalb von sechs Monaten: Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten ein Mangel, wird vermutet, dass dieser schon bei Gefahrübergang vorhanden war.
  4. Scheitern der Nachbesserung: Nach drei erfolglosen Nachbesserungsversuchen wurde festgestellt, dass die Nachbesserung fehlgeschlagen ist.
  5. Rücktritt vom Kaufvertrag: Die Klägerin trat wirksam vom Kaufvertrag zurück und hatte Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs.
  6. Ersatz der Gutachterkosten: Die Klägerin hatte Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten, da diese für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig waren.
  7. Verzugszinsen ab Rechtshängigkeit: Die Zinsen auf die Gutachterkosten waren ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
  8. Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten: Der Beklagte muss die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten freistellen, da die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung der Gewährleistungsansprüche notwendig war.

Der problematische Fahrzeugkauf: Ein „Bastlerfahrzeug“ mit Mängeln

In dem vorliegenden Fall geht es um einen Fahrzeugkaufvertrag, bei dem die Klägerin, eine Verbraucherin, von einem gewerblichen Fahrzeughändler, dem Beklagten, einen gebrauchten Pkw erworben hat. Der Verkauf erfolgte unter der Bezeichnung als „Bastlerfahrzeug“ und mit der Klausel, dass der Käufer den Zustand des Fahrzeugs nach Besichtigung und Probefahrt akzeptiert. Nach dem Kauf traten bei dem Fahrzeug Mängel auf, insbesondere Probleme mit dem Motor beim Kaltstart und beim Beschleunigen. Trotz mehrfacher Nachbesserungsversuche durch den Beklagten blieben die Mängel bestehen, woraufhin die Klägerin vom Kaufvertrag zurücktrat und Schadensersatz forderte, einschließlich der Kosten für ein Sachverständigengutachten und Rechtsanwaltskosten.

Gewährleistungsausschluss auf dem Prüfstand

Das rechtliche Problem in diesem Fall liegt in der Frage, ob der vertragliche Gewährleistungsausschluss wirksam ist, und ob die Mängel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlagen. Die Herausforderung bestand darin, zu beweisen, dass die Mängel nicht auf normalem Verschleiß beruhen, sondern auf mangelhafter Montage, und dass diese Mängel bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorhanden waren.

OLG Stuttgart stärkt Verbraucherrechte

Das OLG Stuttgart entschied, dass der Gewährleistungsausschluss unwirksam ist, da es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelte und solche Ausschlüsse vor Mitteilung eines Mangels unzulässig sind. Zudem wurde festgestellt, dass die Mängel an den Zündkerzen des Fahrzeugs keine normalen Verschleißerscheinungen, sondern Folgen mangelhafter Montage sind. Aufgrund der Vermutungswirkung des § 477 Hs. 1 BGB wurde angenommen, dass diese Mängel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen haben. Der Beklagte konnte diese Vermutung nicht widerlegen.

Bedeutung des Urteils für Verbraucher und Händler

Das Gericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz, einschließlich der Kosten für das Sachverständigengutachten und einen Teil der Rechtsanwaltskosten der Klägerin. Die Entscheidung betont die Schutzrechte der Verbraucher im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs und die Bedeutung der Beweislastumkehr innerhalb der ersten sechs Monate nach Übergabe des Produkts. Das Urteil unterstreicht auch, dass die Bezeichnung eines Fahrzeugs als „Bastlerfahrzeug“ nicht automatisch zu einem Ausschluss der Mängelhaftung führt, wenn der Käufer von einem funktionsfähigen Fahrzeug ausgehen darf.

Die Auswirkungen dieses Urteils sind signifikant, da sie die Rechte von Verbrauchern im Falle von Mängeln bei gebrauchten Fahrzeugen stärken, insbesondere wenn diese als „Bastlerfahrzeug“ verkauft werden. Die Entscheidung klärt auch die Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines Gewährleistungsausschlusses und die Bedeutung der Beweislast im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs. Dieses Urteil dient somit als wichtige Richtschnur sowohl für Verbraucher als auch für gewerbliche Fahrzeughändler im Kontext des Fahrzeugkaufvertrags.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bestimmt § 476 Abs. 1 BGB bezüglich Gewährleistungsausschlüssen bei Verbrauchsgüterkäufen?

Gemäß § 476 Abs. 1 BGB wird bei einem Verbrauchsgüterkauf vermutet, dass ein Mangel, der sich innerhalb eines Jahres seit Gefahrübergang zeigt, bereits bei Gefahrübergang vorhanden war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Dies bedeutet, dass der Verkäufer in diesem Fall die Beweislast trägt, dass der Mangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch nicht vorhanden war.

Darüber hinaus sind im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs Haftungsausschlüsse bei Abschluss des Kaufvertrages nur in Bezug auf Schadensersatzansprüche möglich. Das bedeutet, dass der Verkäufer bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht die Rechte des Käufers auf Nacherfüllung, Rücktritt und Minderung ausschließen kann.

Es ist auch zu beachten, dass der Verkäufer sich nicht auf einen vertraglichen Gewährleistungsausschluss berufen kann, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat.

Die Regelungen des § 476 BGB dienen dem Schutz des Verbrauchers und sind zwingend. Das bedeutet, dass von ihnen nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden darf.


Das vorliegende Urteil

OLG Stuttgart – Az.: 2 U 41/22 – Urteil vom 17.08.2023

1. Auf die Berufung der Klägerin wird der Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Heilbronn vom 16.02.2022, Az. 5 O 108/19, wie folgt weiter verurteilt:

1.1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.873,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.05.2019 zu zahlen.

1.2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 EUR freizustellen.

2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

bis zur Berufungsrücknahme des Beklagten: 9.123,06 EUR

ab der Berufungsrücknahme des Beklagten: 1.873,02 EUR

Gründe

I.

1.

Nach vorangegangener Probefahrt am 07.02.2018 kaufte die Klägerin vom Beklagten, einem gewerblichen Fahrzeughändler, am 17.02.2018 für 4.900 EUR einen gebrauchten M…, Erstzulassung 8/1999, mit einer Laufleistung von 157.690 km (Anlage K1). Der Kaufvertrag enthält folgenden Passus:

„Das Fahrzeug wird als Bastelfahrzeug gebraucht und [in] altersgemäßem Zustand verkauft. Der Käufer hat das Fahrzeug besichtigt und Probe gefahren. Er hat den vorgefundenen Zustand akzeptiert.“

Aufgrund von Mängelrügen der Klägerin befand sich das Fahrzeug am 03.03.2018, vom 21.05. bis 01.06.2018 und vom 09. bis 16.06.2018 in der Werkstatt der Beklagten. U.a. tauschte der Beklagte Zündspulen aus und reinigte den Luftmassenmesser.

Mit Anwaltsschreiben vom 24.08.2018 trat die Klägerin vom Kaufvertrag zurück (Anlage K4). Mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2018 wies der Beklagte die Rücktrittserklärung als unbegründet zurück.

Am 15.10.2018 beauftragte die Klägerin einen Privatgutachter mit der Erstattung eines Gutachtens zu den streitigen Mängeln des Fahrzeugs. Im Rahmen der Begutachtung wurde eine Zündkerze des dritten Zylinders ersetzt. Für das Gutachten (Anlage K3) entstanden insgesamt Kosten i.H.v. 1.873,02 EUR (Anlage K5).

Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Kaufvertrag vorsorglich wegen arglistiger Täuschung angefochten.

Die Klägerin behauptet:

Das Fahrzeug sei bei Übergabe mangelhaft gewesen. Bei kalten Temperaturen stottere der Motor und nehme das Gas nicht an. Erst nach einigen Kilometern laufe er normal. Nach der zweiten und dritten Reparatur habe sich der Zustand verschlimmert. Nun ruckele das Fahrzeug auch im warmen Zustand, vor allem beim Beschleunigen.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin 4.655,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.09.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs S… Kompressor (170), Fahrzeugident.-Nr. W…2,

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2. den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin Zinsen in Höhe von 2 % p.a. aus einem Betrag von 4.757,28 EUR für die Zeit vom 17.02.2018 bis zur Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin 1.873,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.09.2018 zu zahlen,

4. festzustellen, dass der Beklagte sich mit der Entgegennahme des im Klagantrag zu Ziff. 1 genannten Pkw im Annahmeverzug befindet,

5. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Prozessbevollmächtigten in Höhe von 650,34 EUR freizustellen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet: Die Überprüfungen in der Werkstatt des Beklagten hätten keine Fehlfunktionen ergeben. Der Luftmassenmesser sei nur vorsorglich gereinigt worden.

Die Gutachterkosten seien weder üblich noch angemessen. Die in den Gutachterkosten enthaltenen Abschleppkosten seien nicht notwendig gewesen, da das Fahrzeug fahrbereit gewesen sei. Die Gutachterkosten seien außerdem deshalb nicht erstattungsfähig, weil das Gutachten erst nach der Rücktrittserklärung in Auftrag gegeben worden sei.

Die Klägerin habe das Fahrzeug erheblich beschädigt. Sie habe einen Lackkratzer auf der rechten Seite verursacht, den rechten Frontscheinwerfer beschädigt und dadurch, dass sie das Fenster offengelassen habe, einen Schimmelschaden im Innenraum verursacht. Die Beseitigung koste insgesamt 3.000 EUR (Lackkratzer 1.000 EUR; Frontscheinwerfer 600 EUR; Schimmelbefall 1.400 EUR). Mit den diesbezüglichen Gegenansprüchen rechne der Beklagte auf.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die Schriftsätze und auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Zeugen Z… und L… vernommen.

2.

Das Landgericht hat dem Klagantrag Ziff. 1 i.H.v. 4.450,04 EUR stattgegeben und auf den Klagantrag Ziff. 4 hin festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Entgegennahme des Pkw in Annahmeverzug befinde. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung führt das Landgericht – soweit für die Berufung relevant – im Wesentlichen Folgendes aus:

a)

Die Klägerin sei wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten:

Der vertragliche Gewährleistungsausschluss sei gem. § 476 Abs. 1 BGB unwirksam, weil es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handele.

Der Pkw sei mangelhaft. Der gerichtliche Sachverständige habe die behaupteten Mängel bestätigt. Das Fahrzeug zeige bei kaltem Motor Zündaussetzer und in betriebswarmem Zustand träten beim Beschleunigen Leistungseinbrüche auf. Ursache seien ein poröser Unterdruckschlauch und Beschädigungen an Zündkerzen. Ersteres sei eine altersbedingte Verschleißerscheinung und daher kein Mangel. Die Mängel an den Zündkerzen (Quetschungen am Dichtring, gerissener Porzellanisolator) seien aber keine Verschleißerscheinungen, sondern Folgen mangelhafter Montage. Dass diese Mängel bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorhanden gewesen sei, werde nach § 476 BGB vermutet, da die Mängel – wie die wiederholten Reparaturarbeiten zeigten – innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe des Pkw aufgetreten seien.

Widerlegt habe der Beklagte die Vermutung nicht. Es lasse sich im Nachhinein nicht mehr feststellen, wer wann welche Zündkerzen ausgetauscht und diese hierbei beschädigt habe. Soweit diese im Zuge der Reparaturarbeiten ausgetauscht worden seien – wofür vieles spreche – stehe fest, dass schon vorher ein Mangel in diesem Bereich vorgelegen habe, da die Zündkerzen andernfalls nicht ausgetauscht worden wären.

Eine weitere Nachfristsetzung sei entbehrlich gewesen. Die Nachbesserung sei nach drei vergeblichen Nachbesserungsversuchen der Beklagten fehlgeschlagen.

b)

Aufgrund des wirksamen Rücktritts habe die Klägerin einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

Für die gezogenen Nutzungen in Form der mit dem Fahrzeug zurückgelegten 4.709 km müsse sich die Klägerin hierauf einen Wertersatz i.H.v. 249,96 EUR anrechnen lassen.

Außerdem habe die Klägerin gem. § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB Wertersatz i.H.v. 200 EUR für die Schimmelbildung im Innenraum des Fahrzeugs zu leisten. Der Schimmel könne nach den Angaben des Sachverständigen durch eine professionelle Fahrzeugreinigung mit Kosten von 100 EUR bis 200 EUR beseitigt werden. Weiterer Schadensersatz stehe dem Beklagten nicht zu. Dass die Lackkratzer nicht schon bei Übergabe vorhanden gewesen seien, habe der Beklagte nicht bewiesen, und hinsichtlich der Beschädigung der Frontscheinwerfer handele es sich um typische Gebrauchsspuren.

c)

Ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten bestehe nicht. Der Beklagte habe sich zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung und der Aufforderung zur Rückzahlung des Kaufpreises nicht in Verzug befunden.

d)

Begründet sei der Feststellungsantrag, da sich der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Verzug befinde.

3.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Berufung den Ersatz ihrer Gutachter- und Rechtsanwaltskosten (Klaganträge Ziff. 3 und 5). Zur Begründung führt sie im Wesentlichen Folgendes aus:

Die Sachverständigenkosten seien nach § 439 Abs. 2 BGB ersatzfähig. Daran ändere der Umstand nichts, dass sie nach der Rücktrittserklärung entstanden seien, weil sie zum Zwecke der Geltendmachung von Gewährleistungsrechten angefallen seien. Die Klägerin habe Veranlassung gehabt, die Mangelursache zu klären, bevor sie den risikoreicheren Weg einer Klage eingeschlagen habe.

Die Sachverständigenkosten seien außerdem nach §§ 437 Nr. 2, 280 Abs. 1, 286 BGB ersatzfähig, weil sich der Beklagte mit der Durchführung des Rücktritts in Verzug befunden habe, wodurch der Klägerin als adäquat-kausaler Schaden die Sachverständigenkosten entstanden seien.

Ferner seien die Sachverständigenkosten auch als Mangelfolgeschaden ersatzfähig, da sie die adäquat-kausale Folge des ursprünglichen Mangels seien.

Außerdem seien die Sachverständigenkosten nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag ersatzfähig, da die Ursachenforschung im Interesse des Beklagten gewesen sei.

Die Rechtsanwaltskosten seien gleichfalls gem. § 439 Abs. 2 BGB ersatzfähig. Die Kosten hätten der Durchsetzung von Mängelgewährleistungsansprüchen gedient und die Beauftragung eines Rechtsanwalts sei nach den drei fehlgeschlagenen Nacherfüllungsversuchen aus der Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person geboten gewesen (BGH, Urteil vom 24.10.2018, VIII ZR 66/17).

4.

Der Beklagte hat seine Berufung, mit der er ursprünglich die vollumfängliche Abweisung der Klage begehrt hat, in der Berufungsverhandlung zurückgenommen.

5.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Heilbronn vom 16.02.2022 zum Aktenzeichen (I) 5 O 108/19 teilweise abzuändern und den Beklagten weiter zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 1.873,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.09.2018 zu zahlen, sowie

2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Prozessbevollmächtigten in Höhe von 650,34 EUR freizustellen.

Der Beklagte beantragt:

Der Berufungsantrag vom 20.05.2022 wird zurückgewiesen.

Wegen der Einzelheiten und wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz ihrer Gutachterkosten, der allerdings erst ab Rechtshängigkeit zu verzinsen ist (nachfolgend 1.). Außerdem kann die Klägerin Freistellung von ihren Rechtsanwaltskosten verlangen, wenn auch nicht in der geltend gemachten Höhe (nachfolgend 2.).

1.

Der Klägerin steht gem. § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Gutachterkosten zu. Der Beklagte hat seine Pflicht zur Nacherfüllung schuldhaft verletzt. Die Gutachterkosten sind die adäquat-kausale Folge dieser Pflichtverletzung. Die Beauftragung des Gutachters war aus Sicht der Klägerin auch erforderlich. Im Einzelnen:

a)

Der Kläger war zur Nacherfüllung gem. §§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 437 Nr. 1, 439 BGB verpflichtet.

aa)

Die Gewährleistung ist nicht ausgeschlossen.

Erstmals in der Berufung macht der Beklagte geltend, dass sich aus dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien ein Gewährleistungsausschluss ergebe, weil es sich bei dem Fahrzeug um ein Bastlerfahrzeug gehandelt habe. Dieser Einwand ist nicht begründet.

(i)

Wie schon das Landgericht festgestellt hat, sind bei einem Verbrauchsgüterkauf, wie er hier unstreitig vorliegt, gewährleistungsbeschränkende Vereinbarungen vor Mitteilung eines Mangels unzulässig (§ 476 Abs. 1 BGB). Als Gewährleistungsausschluss unwirksam ist damit der Passus im Kaufvertrag, wonach die Klägerin das Fahrzeug besichtigt und Probe gefahren und den vorgefundenen Zustand akzeptiert habe, denn derartige Klauseln sind keine Beschaffenheits- oder Zustandsbeschreibungen, sondern beschränken die Gewährleistung (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl. 2020, Rn. 2482 f.).

(ii)

Gleiches gilt im Ergebnis für die Bezeichnung des Fahrzeugs als „Bastelfahrzeug“.

Zwar verbleibt auch im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs die Möglichkeit einer Beschaffenheitsvereinbarung im Rahmen des subjektiven Fehlerbegriffs gem. § 434 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 BGB erhalten. Es ist somit ohne weiteres möglich, einen Gegenstand „zum Basteln“ zu verkaufen und auf diese Weise eine Haftung für die Funktionsfähigkeit auszuschließen. Entscheidend ist aber nicht der Wortlaut der jeweiligen Vereinbarung, sondern der übereinstimmende tatsächliche Wille der Parteien. Die bloße Bezeichnung eines als funktionsfähig und zum Betrieb durch den Käufer verkauften Gebrauchtwagens als „Bastlerfahrzeug“ führt deshalb nicht zu einem Ausschluss der Mängelhaftung des Verkäufers, wenn der Käufer aufgrund der sonstigen Angaben des Verkäufers und des übereinstimmend zugrunde gelegten Vertragszwecks von einem funktionsfähigen Fahrzeug ausgehen darf (Lorenz in MüKoBGB, 8. Aufl. 2019, § 476, Rn. 9; Reinking/Eggert, aaO., Rn. 2491 ff.).

Beide Parteien sind übereinstimmend davon ausgegangen, dass das Fahrzeug funktionsfähig ist. Angesichts dessen hilft es dem Beklagten nichts, dass das Fahrzeug in dem Kaufvertrag als „Bastelfahrzeug“ bezeichnet wird.

bb)

Das vom Beklagten an die Klägerin verkaufte Fahrzeug war zum Zeitpunkt der Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen mangelhaft.

Einen Mangel stellt der Umstand dar, dass die Zündkerze des zweiten Zylinders teilweise ausgebrochen war und der Dichtring mehrfach gequetscht war und dass die Zündkerze des vierten Zylinders einen Riss hatte. Dieser Zustand ist nicht auf einen Verschleiß zurückzuführen. Vielmehr führt der gerichtliche Sachverständige diese Beschädigungen überzeugend auf einen Montagefehler zurück. Insbesondere die Quetschung am Dichtring lasse sich nur durch ein unsachgemäßes Arbeiten an der Zündkerze erklären.

cc)

Davon auszugehen ist, dass der vom Sachverständigen festgestellte Mangel gem. § 434 Abs. 1 BGB bereits bei Gefahrübergang vorhanden gewesen ist.

(i)

Der Mangel muss gem. § 434 Abs. 1 BGB bereits bei Gefahrübergang vorhanden gewesen sein. Hat der Käufer – wie hier die Klägerin – das Fahrzeug entgegengenommen, trifft grundsätzlich ihn gem. § 363 BGB die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Umstände, wenn er Rechte nach § 437 BGB geltend macht (BGH, NJW 2006, 434, Rn. 20).

§ 477 BGB in der bei Abschluss des Kaufvertrags gültigen Fassung vom 28.04.2017 sieht allerdings eine Erleichterung der Beweislast zugunsten des Verbrauchers vor: Zeigt sich ein Sachmangel innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang, so wird vermutet, dass dieser bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat. Die Vermutung des § 477 Hs. 1 BGB greift nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugunsten des Käufers bereits dann ein, wenn diesem im Bestreitensfall der Nachweis gelingt, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine Mangelerscheinung) gezeigt hat, der – unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand – dessen Haftung wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde. Der Käufer ist durch die genannte Vorschrift zum einen des Vortrags und des Nachweises dazu enthoben, auf welche Ursache der zutage getretene mangelhafte Zustand zurückzuführen ist und ob diese Ursache in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt. Die Vermutungswirkung des § 477 Hs. 1 BGB kommt dem Käufer zum anderen grundsätzlich auch dahin zu Gute, dass der binnen sechs Monaten nach Übergabe zutage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz (latent) schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat (BGH, NJW 2022, 686 Rn. 72).

(ii)

Das Landgericht hat festgestellt, dass die Mangelerscheinungen des stotternden Motors und der Leistungseinbrüche innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe der Kaufsache aufgetreten seien. Es hat dies daraus geschlossen, dass die Klägerin und der Zeuge Z… diese Mängel glaubhaft beschrieben hätten und der Beklagte unstreitig drei Nachbesserungsversuche unternommen und verschiedene Reparaturarbeiten durchgeführt habe. Hätten die Mängel nicht vorgelegen, hätte sich der Beklagte nicht zu den wiederholten Reparaturarbeiten veranlasst gesehen.

An diese Feststellung des Landgerichts ist der Senat gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, denn konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten würden, sind nicht ersichtlich. Die von dem Beklagten mit der Berufung gegen diese Feststellung des Landgerichts erhobenen Einwände greifen nicht durch:

(1)

Der Umstand, dass die Fa. A…, eine M…-Fachwerkstatt, im Rahmen der von der Klägerin veranlassten Privatbegutachtung die vom gerichtlichen Sachverständigen beschriebenen Beschädigungen an den Zündkerzen nicht festgestellt hatte, beweist nicht, dass diese Mängel zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vorhanden waren.

Der Beklagte legt hier seiner Argumentation den Erfahrungssatz zugrunde, dass eine Fachwerkstatt derartige Mängel selbstverständlich erkennen und beheben würde. Dass dies nicht einfach unterstellt werden kann, zeigt schon der Umstand, dass der Beklagte an anderer Stelle damit argumentiert, dass die Fachwerkstatt A… die Zündkerzen fehlerhaft wiedereingebaut haben müsse und dadurch die vom Gerichtssachverständigen festgestellten Beschädigungen verursacht habe. Es lässt sich schlecht argumentieren, dass eine Fachwerkstatt einerseits so fachkundig sein müsse, dass sie entsprechende Schäden an den Zündkerzen erkennen würde, und andererseits über so wenig Sachkunde verfüge, dass sie durch eine völlig unsachgemäße Vorgehensweise (vgl. S. 8 des schriftlichen Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen) den Schaden erst verursacht habe.

Im Übrigen ist die Argumentation des Beklagten nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seiner ergänzenden schriftlichen Stellungnahme auch nicht richtig. Ausweislich der Rechnung des Autohauses A… wurde die Zündkerze des dritten Zylinders ersetzt und die Zündkerze am ersten Zylinder probeweise geprüft. Die Beschädigungen, die der gerichtliche Sachverständige festgestellt hatte, fanden sich jedoch an den Zündkerzen des zweiten und vierten Zylinders. Dass die Fa. A… sich auch mit diesen Zündkerzen beschäftigt hätte, ergibt sich aus deren Rechnung nicht. Vielmehr ist der Umstand, dass eine Prüfung der Zündkerze am ersten Zylinder in der Rechnung ausdrücklich aufgeführt wird, hingegen aber keine Prüfung der Zündkerzen am zweiten und vierten Zylinder, ein deutliches Indiz dafür, dass diese Zündkerzen auch nicht geprüft worden sind.

Damit ist auch das weitere Argument des Beklagten hinfällig, dass die Fa. A… sämtliche Zündkerzen auf ordnungsgemäßen Sitz überprüft habe und hierzu mit einem Zündkerzenschlüssel bearbeitet habe, und dass deshalb feststehe, dass der Wiedereinbau der alten Zündkerzen durch die Fa. A… mangelhaft erfolgt sei.

(2)

Nachdem die Klägerin unstreitig mehrfach gerügt hatte, dass das Fahrzeug nicht richtig fährt, und der gerichtliche Sachverständige Beschädigungen festgestellt hat, die geeignet sind, das von der Klägerin beschriebene Fahrverhalten zu erklären, ist der vom Landgericht gezogene Schluss, dass die Mangelerscheinungen des stotternden Motors und der Leistungseinbrüche innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe der Kaufsache aufgetreten sind, nicht zu beanstanden. Insbesondere ist angesichts der Feststellungen des Sachverständigen für die in erster Instanz geäußerte These des Beklagten, es handele sich um einen Fall der Kaufreue und die Klägerin habe eigens deshalb ungeeigneten Kraftstoff getankt, keinen Raum. In zweiter Instanz kommt der Beklagte auf diese These auch nicht mehr zurück. Ohnehin hätte er ansonsten in erster Instanz auf eine Untersuchung des vom Sachverständigen sichergestellten, aber wegen der anderweitigen Mängelursachen nicht mehr untersuchten Kraftstoffes dringen müssen.

Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob – wie das Landgericht meint – auch der weitere Umstand, dass der Beklagte bei seinen Nachbesserungsversuchen zwei Zündspulen ausgetauscht hat, belegt, dass diese mangelhaft gewesen sind. Insoweit mag dem Beklagten durchaus zuzugeben sein, dass ein Austausch der Zündspulen (kulanzhalber) auch deshalb erfolgt sein kann, weil diese einen altersentsprechenden Verschleiß aufgewiesen hatten. Die sonstigen Umstände tragen jedoch bereits den Schluss, dass die von der Klägerin gerügten Mängel zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich vorgelegen haben.

(3)

Auf das weitere Argument in erster Instanz, dass im Zeitraum vom 21.05. bis 01.06.2018 die als Zeugen benannten Dipl-Ing. W… und Dipl.-Ing. A… das Fahrzeug im Kaltlauf angefahren hätten, ohne dass die von der Klägerin beschriebenen Mängel aufgetreten seien, kommt der Beklagte in zweiter Instanz nicht mehr zurück.

Insoweit ist von einem konkludenten Verzicht auf die Zeugen W… und A… auszugehen, weil der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht auf der Vernehmung der benannten Zeugen bestanden hatte, nachdem das Landgericht nach der Beweisaufnahme mitgeteilt hatte, dass nach seiner vorläufigen Auffassung der Rücktritt berechtigt sein dürfte, und weil zudem der Beklagte die Zeugen in der Berufungsinstanz weder benannt noch ihre unterbliebene Vernehmung gerügt hat (vgl. BGH, NJW-RR 1997, 342).

Im Übrigen wäre von der Beweisbehauptung, dass bei den von den Zeugen durchgeführten Probefahrten die von der Klägerin geschilderten Probleme beim Kaltstart nicht aufgetreten seien, die weitere Mangelerscheinung, nämlich die Zündaussetzer beim Beschleunigen, ohnehin nicht umfasst. Da diese Mangelerscheinung auch für sich genommen den Rücktritt rechtfertigen würde, kommt es auf die Vernehmung der Zeugen nicht an.

(iii)

Die weitere Voraussetzung für die Beweislastumkehr, dass der vom Landgericht festgestellte Zustand, nämlich der stotternde Motor und die Leistungseinbrüche – unterstellt, diese hätten ihre Ursache in einem dem Beklagten zuzurechnenden Umstand – eine Haftung des Beklagten begründen würde, ist im vorliegenden Fall gegeben. Eine Haftung des Beklagten würde nämlich nur dann ausscheiden, wenn feststünde, dass die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen ausschließlich auf einem üblichen Verschleiß beruhen würden (vgl. BGH, NJW 2022, 686, Rn. 75). Dies ist jedoch nicht der Fall. Wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, beruht der Zustand der Zündkerzen nicht auf Verschleiß, sondern auf einem unsachgemäßen Umgang mit den Zündkerzen, und die Zündaussetzer sowie die Leistungseinbrüche beim Beschleunigen führt der Sachverständige auf die mangelhaften Zündkerzen zurück.

(iv)

Dass die Vermutung mit der Art der Ware oder der Art des mangelhaften Zustands unvereinbar wäre, hat der Beklagte, der hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt, weder behauptet noch bewiesen.

(v)

Der Beklagte hat auch nicht bewiesen, dass die Vermutung des § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB im vorliegenden Fall nicht zutrifft. Hierfür genügt nicht, dass es möglich oder sogar wahrscheinlich ist, dass die Beschädigungen an den Zündkerzen der Zylinder zwei und vier erst nach der Übergabe des Fahrzeugs erfolgt sind. Eine bloße Erschütterung der Vermutung ist nicht ausreichend, erforderlich ist vielmehr der volle Beweis des Gegenteils der vermuteten Tatsache (Lorenz in MüKoBGB, aaO., § 477 Rn. 27).

Dass die Zündkerzen der Zylinder zwei und vier im Rahmen der Nachbesserungsmaßnahmen des Beklagten ausgetauscht worden wären, ist nicht behauptet. Auch ein Austausch der Zündkerzen durch die Fa. A… ist – wie oben bereits dargelegt – nicht bewiesen. Gleiches gilt für etwaige Beschädigungen dieser Zündkerzen durch den Beklagten oder die Fa. A… im Zuge der jeweiligen Reparaturmaßnahmen.

Auch die von der Klägerin mit dem Fahrzeug zurückgelegte Fahrstrecke von insgesamt 4.677 km belegt nicht, dass die Beschädigungen an den Zündkerzen nicht schon bei der Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerin vorhanden waren. Der gerichtliche Sachverständige hat ausgeführt, dass auch unter Berücksichtigung dieser Laufleistung die beschriebenen Zündaussetzer und Leistungseinbrüche beim Beschleunigen schon im Zeitpunkt der Fahrzeugübergabe vorgelegen haben können (S. 9 f. des schriftlichen Gutachtens).

b)

Der Beklagte ist seiner Pflicht zur Nacherfüllung nicht nachgekommen. Wie oben dargelegt, war der Mangel, der in den defekten Zündkerzen liegt, auch nach den Reparaturmaßnahmen durch den Beklagten nicht beseitigt.

c)

Den Nachweis, dass er den Misserfolg der Nacherfüllungsmaßnahmen nicht zu vertreten hat, hat der Beklagte nicht geführt. Von seinem Verschulden ist daher gem. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB auszugehen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte nur Verkäufer ist. Zwar kann ein Verkäufer im Allgemeinen den Nachweis, dass ihn kein Verschulden an der Pflichtverletzung, die in der Lieferung einer mangelhaften Sache liegt, relativ leicht führen, da ihn zumeist keine besonderen Untersuchungspflichten treffen (vgl. BGH, NJW 2008, 2837, Rn. 29). Im Unterlassen der Nacherfüllung liegt aber – wie oben dargelegt – eine weitere Pflichtverletzung. Nimmt ein Verkäufer die Nacherfüllung nicht rechtzeitig vor, haftet er wegen der Verletzung der Pflicht aus § 439 Abs. 1 BGB nach §§ 280 Abs. 1, 2, 286 (Verzögerungsschaden wegen Verspätung der Nacherfüllung) oder §§ 280 Abs. 1, 3, 281 (Schadensersatz statt der Nacherfüllung) auch dann, wenn er die Verletzung der Pflicht aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB nicht zu vertreten hatte. Die Vermutung des Vertretenmüssens aus § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB kann er nur dann widerlegen, wenn er die Nichtvornahme der Nacherfüllung nicht zu vertreten hat. Dafür reicht der Nachweis, dass er den Mangel nicht zu vertreten hat, nicht aus (vgl. Lorenz/Arnold, JuS 2014, 7, 10).

d)

Die Gutachterkosten sind als adäquat-kausale Folge dieser Pflichtverletzung zu ersetzen.

aa)

Der Schädiger hat die Kosten von Sachverständigengutachten zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (Grüneberg/Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 249, Rn. 58). Dies ist hier der Fall. Aus der damaligen Sicht des Klägers war es sinnvoll, vor der Erhebung einer Klage und der damit verbundenen Verursachung weiterer Kosten abzuklären, ob die gerügten Mängel von einem Sachverständigen auch bestätigt werden können.

bb)

Die Einwendungen des Beklagten gegen die Höhe der Gutachterkosten greifen nicht durch.

(i)

Der Schädiger hat nicht die von dem Sachverständigen berechneten und von dem Geschädigten bezahlten, sondern die gemäß § 249 BGB erforderlichen – u.U. geringeren – Sachverständigenkosten zu erstatten (BGH, NJW 2014, 1947, Rn. 8). Ein wesentliches Indiz für die Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten bildet jedoch die Übereinstimmung des vom Geschädigten tatsächlich erbrachten Kostenaufwands mit der tatsächlichen Rechnungshöhe und der ihr zugrundeliegenden Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen (BGH, ebenda). Vor diesem Hintergrund genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer – von ihm beglichenen – Rechnung des von ihm beauftragten Sachverständigen (BGH NJW 2018, 693 Rn. 18; 2019, 430 Rn. 16). Erfüllt der Geschädigte nach diesen Grundsätzen die ihm obliegende Darlegungslast durch Vorlage der – von ihm beglichenen – Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen, der die beschriebene Indizwirkung zukommt, so reicht einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrags zur Schadensbehebung grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen (BGH NJW 2014, 3151 Rn. 16; 2018, 693 Rn. 18; 2019, 430 Rn. 16; Katzenstein in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 28. Aufl. 2020, Kap. 3 Rn. 257).

Die Klägerin hat die Rechnung des Sachverständigen vom 18.12.2018 über 1.873,02 EUR vorgelegt. Unstreitig ist, dass sie den Rechnungsbetrag in Höhe von 1.873,02 EUR für das Gutachten auch aufgewandt hat. Sie hat damit der ihr obliegenden Darlegungslast genügt. Angesichts dessen genügt es nicht, dass der Beklagte lediglich pauschal die Üblichkeit und Angemessenheit der Kosten des Privatgutachters der Klägerin bestreitet.

(ii)

Ersatzfähig sind auch die in den Sachverständigenkosten enthaltenen Abschleppkosten der Fa. H… über 230,56 EUR und 244,84 EUR. Entgegen der Ansicht des Beklagten waren diese Kosten für die Begutachtung erforderlich, da das Fahrzeug nicht fahrbereit war. Der gerichtliche Sachverständige hat Leistungseinbrüche beim Beschleunigen festgestellt und ein Fahrzeug, das nicht zuverlässig beschleunigt, ist im Hinblick auf die damit verbundenen Gefahren insbesondere beim Überholen anderer Fahrzeuge nicht verkehrstauglich.

e)

Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sind begründet ab Rechtshängigkeit, d.h. ab dem 24.05.2019 (§ 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB). Soweit die Klägerin bereits Verzugszinsen ab dem 08.09.2018 begehrt, ist die Klage abzuweisen. Am 08.09.2018 war das Gutachten noch gar nicht in Auftrag gegeben. Das Anwaltsschreiben vom 24.08.2018, mit dem die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung auf den 07.09.2018 zur Rückzahlung des Kaufpreises aufgefordert hatte, enthält demgemäß auch keine Aufforderung zur Zahlung der Gutachterkosten.

2.

Der Klägerin steht ferner ein Anspruch aus § 280 Abs. 1, 3 BGB gegenüber dem Beklagten auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu.

a)

Der Beklagte hat seine Verpflichtung zur Nacherfüllung schuldhaft verletzt, denn auch nach den von ihm vorgenommenen Maßnahmen war das Fahrzeug weiterhin mangelhaft. Auf die obigen Ausführungen hierzu wird verwiesen.

b)

Die Erklärung des Rücktritts ist die adäquat-kausale Folge der nicht erfolgreichen Nacherfüllungsmaßnahmen des Beklagten. Die dabei angefallenen Rechtsanwaltskosten sind mithin erstattungsfähig.

Ein einfach gelagerter Fall, bei dem die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts aus der ex-ante-Sicht weder erforderlich noch zweckmäßig wäre (vgl. hierzu Grüneberg/Grüneberg, aaO., § 249, Rn. 57), liegt nicht vor. Hiergegen spricht bereits der Umstand, dass zwischen den Parteien streitig war, ob überhaupt ein Mangel vorliegt.

c)

Bei Rechtsanwaltskosten, die im Verhältnis zum Schädiger entstanden sind, ist der Ersatzpflicht des Schädigers der Geschäftswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung im Zeitpunkt der Rechtsanwaltsbeauftragung entspricht (Grüneberg/Grüneberg, aaO., § 249, Rn. 57). Dies sind mindestens die vom Landgericht unter Berücksichtigung der Laufleistung und des Schimmelschadens zugesprochenen 4.450,04 EUR, maximal aber der Kaufpreis i.H.v. 4.900 EUR. Der Gegenstandswert liegt damit in jedem Fall in der Wertstufe bis 5.000 EUR.

Aus einem Gegenstandswert bis 5.000 EUR beträgt eine angemessene 1,3-Geschäftsgebühr nach der Anlage 2 zum RVG in der bis 31.12.2021 gültigen Fassung 393,90 EUR (303 EUR x 1,3). Zzgl. 20 EUR Post- und Telekommunikationspauschale nach VV RVG Nr. 7002 und 19 % Umsatzsteuer nach VV RVG Nr. 7008 ergibt dies insgesamt einen ersatzfähigen Betrag von 492,54 EUR.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 516 Abs. 3 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht.

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