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Fahrzeugkaufvertrag – Beweisanforderung für fehlgeschlagene Nacherfüllung

 

 

Oberlandesgericht Saarbrücken

Az: 4 U 540/10

Urteil vom 25.10.2011


1.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 26. Oktober 2010 – 9 O 283/07 – abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.914,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.9.2007 zu zahlen, sowie den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 961,28 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.9.2007 freizustellen.

2.

Der Kläger trägt 19%, die Beklagte 81% von den Kosten des ersten Rechtszugs. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.218,68 EUR festgesetzt.

5.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Kläger das beklagte Autohaus unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der kaufrechtlichen Gewährleistung aus einem Gebrauchtwagenkauf auf Schadensersatz und Nutzungsausfall in Anspruch.

Mit Kaufvertrag vom 16.9.2006 erwarb der Kläger von der Beklagten einen Pkw der Marke Volvo, V 70, 2,4 T AWD Cross-Country mit Automatikgetriebe zu einem Kaufpreis von 17.900 EUR. Das erstmals am 26.11.2001 zugelassene Fahrzeug hatte zum Zeitpunkt des Kaufs eine Gesamtfahrleistung von 114.285 km. Die Übergabe des Fahrzeugs fand am Tag des Kaufvertragsabschlusses statt. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage K 1 (GA I Bl. 15 f.) verwiesen.

Am 26.9.2006 blieb der Kläger mit einem Getriebeschaden liegen. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger etwa 1.280 km mit dem Fahrzeug gefahren. Das Fahrzeug wurde zu dem Autohaus A. nach F. abgeschleppt. Mit Schreiben vom 28.9.2006 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass ein Austausch des Automatikgetriebes erforderlich sei. Der Kostenvoranschlag lag bei 4.801,63 EUR. Am 4.10.2006 meldete sich die Beklagte beim Kläger und teilte mit, dass dieser den Schaden reparieren lassen solle. Sie werde 40% der garantiefähigen Kosten in Höhe von 1.847,81 EUR übernehmen, da der Mangel bei Auslieferung nicht bestanden habe. Mit Anwaltsschreiben vom 12.10.2006 forderte der Kläger die Beklagte zur Mängelbeseitigung bis zum 16.10.2006 auf. Am 18.10.2006 ließ die Beklagte das Fahrzeug in F. abholen, um das Fahrzeug zu überprüfen und gegebenenfalls zu reparieren.

Mit Schreiben vom 6.12.2006 forderte der Kläger die Beklagte auf, das Fahrzeug spätestens bis zum 8.12.2006 herauszugeben. Am 13.12.2006 überführte die Beklagte das Fahrzeug zum Autohaus A. nach F. wobei jedoch das Getriebesteuergerät des Automatikgetriebes fehlte. Nach Einbau des Steuergerätes erhielt der Kläger das reparierte Fahrzeug am 10.2.2007 zurück. Im Laufe des Rechtsstreits ist unstreitig geworden, dass die Beklagte das Steuergerät bezahlte, woraufhin der Kläger erklärt hat, dass er die Erstattung dieser Kosten von 819,53 EUR nicht mehr geltend mache.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger zunächst für die Zeit vom 17.10.2006 bis zum 26.11.2006 (41 Tage) einen Nutzungsausfall von 65 EUR pro Tag, für die weitere Zeit bis zum 10.2.2007 (76 Tage) einen Nutzungsausfall von 59 EUR pro Tag geltend gemacht. Die Gesamtsumme beläuft sich auf 7.149 EUR.

Der Kläger hat behauptet, der Bordcomputer habe am 25.3.2007 während einer Fahrt die Warnmeldung „Getriebewartung dringend erforderlich“ angezeigt. Am Automatikgetriebe sei ein Totalschaden entstanden und Öl ausgetreten. Die Reparatur habe nur durch einen Austausch des Getriebes erfolgen können. Mit Fax vom 29.3.2007 habe er dies der Beklagten angezeigt und sie zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Unstreitig meldete sich die Beklagte erst am 25.4.2007 mit einem Vergleichsvorschlag. Eine Einigung kam nicht zu Stande. Der Kläger hat behauptet, er habe das Fahrzeug am 20.7.2007 für 5.166,68 EUR reparieren lassen, deren Erstattung Gegenstand der Klage ist. Für die Zeit von 26.3.2007 bis zum 20.7.2007 (117 Tage) hat der Kläger weiteren Nutzungsausfall in Höhe von 6.903 EUR geltend gemacht.

Die Summe der im Fettdruck abgedruckten Beträge beläuft sich auf 19.218,68 EUR. Darüber hinaus hat der Kläger im ersten Rechtszug wegen weiterer Mängel, insbesondere an Bremsklötzen, Auspuff und Antriebswelle Schadensersatz begehrt.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.083,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen, sowie den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.561,28 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung freizustellen.

Dem ist die Beklagte entgegengetreten.

Die Beklagte hat behauptet, der erste Getriebeschaden könne bei Übergabe des Fahrzeugs noch nicht vorgelegen haben, da die orangefarbene Warnleuchte im Armaturenbrett nicht aufgeleuchtet habe. Zumindest wäre ein solcher Schaden den TÜV-Sachverständigen beim Probelauf am 13.9.2006 aufgefallen. Der Kläger sei mehr als 1.200 km beanstandungsfrei gefahren, weshalb er sich auf die Vermutung des § 476 BGB nicht berufen könne. Schließlich komme als Ursache des Getriebeschadens auch ein Fahrfehler in Betracht. Hinsichtlich des behaupteten zweiten Getriebeschadens sei die Sechs-Monatsfrist des § 476 BGB abgelaufen, da die Beklagte von diesem Schadensereignis erstmals per E-Mail am 23.4.2007 erfahren habe.

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des geltend gemachten Nutzungsausfallschadens und der Reparaturkosten für die Beseitigung des zweiten Getriebeschadens stattgegeben (die tenorierte Hauptforderung beträgt 19.218,68 EUR) und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Die Berufung rügt hinsichtlich des ersten Getriebeschadens, dass nicht feststehe, welcher konkrete Mangel bei Gefahrübergang vorhanden gewesen sei. Das Symptom, wonach das Automatikgetriebe bei einem Beschleunigungsvorgang mit circa 80 km/h plötzlich ausgesetzt und die Motorleistung nicht mehr in Vortrieb umgesetzt habe, sei erst nach einer Fahrleistung von 1.280 km aufgetreten. Soweit der Mangel auf ein fehlerhaftes Magnetventil zurückzuführen sei, habe dieser Fehler bei Gefahrübergang nicht vorliegen können. Der Sachverständige habe hinsichtlich dieses möglichen Fehlers erklärt, dass ein solcher Fehler erstmals auftrete, wenn er registriert werde. Die Registrierung sei jedoch erst circa 1.280 km nach Übergabe erfolgt. Bei dieser Sachlage könne nicht offen bleiben, welcher der möglichen Mängel – ein mechanischer Mangel oder ein fehlerhaftes Magnetventil – ursächlich für den Ausfall des Getriebes gewesen sei.

Könne der Kläger jedoch den Beweis für die Mangelhaftigkeit der Kaufsache bei Gefahrübergang nicht führen, so stehe ihm auch kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zu. Im Übrigen sei dieser Anspruch äußerstenfalls auf den 25.1.2007 zu begrenzen, da an diesem Tag das fehlende Steuergerät eingebaut worden sei. Die nachfolgend durchgeführten Reparaturen für die Beseitigung von Mängeln, für die die Beklagte nicht einstandsfähig sei, könnten der Beklagten nicht angelastet werden.

Hinsichtlich des zweiten Getriebeschadens stehe nicht fest, ob tatsächlich ein Totalschaden entstanden sei. Dies habe keiner der Zeugen bestätigt. Die Einschätzung des Sachverständigen, der zweite Schaden sei auf eine vorausgegangene Kosten sparende und nicht sach- und fachgerechte Reparatur zurückzuführen, stelle eine Vermutung dar, die für einen Beweis nicht ausreiche. Die vom Kläger vorgetragene Warnanzeige „Getriebewartung dringend erforderlich“ spreche nicht für einen Totalschaden, sondern nur dafür, dass eine Getriebewartung notwendig gewesen sei. Es sei bei unklarer Ursache des ersten und des zweiten Fehlers in Betracht zu ziehen, dass der zweite Fehler – die Richtigkeit des Klägervortrags zu seinem Vorliegen unterstellt – nicht im Zusammenhang mit dem ersten Fehler gestanden habe. Ein Erfahrungssatz, wonach Automatikgetriebe heutzutage überhaupt nicht mehr reparaturfähig seien, existiere nicht.

Hinsichtlich der Schadenshöhe habe sich das Landgericht nicht mit dem Sachvortrag der Beklagten befasst, wonach die Rechnung der Firma H. Leistungen enthalte, die beim bloßen Austausch eines Automatikgetriebes nicht erforderlich gewesen wären. Hinsichtlich der geltend gemachten Nutzungsausfallschäden habe das Landgericht übersehen, dass der behauptete Ölaustritt und die daraus resultierende fehlende Verkehrssicherheit nicht feststehe.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 26.10.2010 – 9 O 283/07 – die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung: Zwar habe die Beweisaufnahme keine zeitliche Präzisierung ergeben, wann der Mangel erstmals aufgetreten sei. Weder der Sachverständige noch der Zeuge W. seien dazu in der Lage gewesen, diesen Zeitpunkt zu bestimmen. In einem solchen Fall greife jedoch die zeitliche Vermutung des § 476 BGB zu Gunsten des Klägers ein, da der Mangel innerhalb der Frist aufgetreten sei. Der Kläger habe den Sachmangel in seiner äußeren Erscheinungsform hinreichend beschrieben. Es habe ihm nicht oblegen, auch die genaue Ursache zu bezeichnen. Im Übrigen stehe die angefochtene Entscheidung mit den Rechtsgrundsätzen des Bundesgerichtshofs in Einklang, die dieser im Urteil vom 11.1.2008 – VIII ZR 265/07 in einem vergleichbaren Fall aufgestellt habe.

Auch könne sich die Beklagte nicht erfolgreich auf eine fahrlässige Beweisvereitelung durch den Kläger berufen, da die Beklagte selbst die Reparaturarbeiten vorgenommen habe. Sie schweige sich bis heute darüber aus, wer die Reparaturen vorgenommen habe und welche Teile fehlerhaft gewesen seien. Der Kläger habe hierzu keine Kenntnisse.

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Entgegen der Auffassung der Berufung könne der Getriebeschaden nicht durch einen Schaltfehler des Klägers aufgetreten sein. Die Beweisaufnahme habe bestätigt, dass ein Fahrfehler ausgeschlossen sei, weil die sich auf dem Markt befindlichen Automatikgetriebe einen solchen Fahrfehler nicht mehr zuließen.

Hinsichtlich des zweiten Getriebeschadens sei dessen Vorliegen durch die Aussagen der Zeugin … und des Zeugen … bewiesen. Auch habe die Beweisaufnahme ergeben, dass die Nachbesserung nur durch den Austausch des Getriebes habe erfolgen können.

Soweit die Beklagte erstmals in Frage stelle, dass das Fahrzeug nach dem zweiten Getriebeschaden nicht mehr verkehrssicher gewesen sei, könne die Tatfrage dahinstehen: Der Kläger habe sich richtig verhalten, indem er das Fahrzeug bis zur Reparatur nicht mehr benutzt habe. Andernfalls wäre ihm ein Mitverschulden bei einer möglichen Verschlechterung des Getriebeschadens anzulasten gewesen. Auch sei es ihm nicht zuzumuten gewesen, mit einem defekten Fahrzeug zu fahren.

Hinsichtlich des zweiten Getriebeschadens berufe sich die Beklagte ohne Erfolg auf die Rechtsgrundsätze der fahrlässigen Beweisvereitelung. Soweit die Beklagte nunmehr beanstande, das Landgericht habe ihr Bestreiten übergangen, wonach neben dem Austausch des Automatikgetriebes weitere Teile ausgetauscht worden seien, die mit der Reparatur des Getriebeschadens nicht in Verbindung stünden, habe die Beklagte übersehen, dass sie die Notwendigkeit des Teilewechsels im Rahmen des Getriebeaustauschs nicht eindeutig bestritten habe. Sie habe lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass die Leistungen über den Austausch des Getriebes hinausgehen würden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 3.2.2011 (GA II Bl. 261 ff.) und der Berufungserwiderung vom 28.4.2011 (GA II Bl. 289 ff.) verwiesen. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll (GA II Bl. 300 ff.) Bezug genommen.

II.

A.

Die zulässige Berufung bleibt überwiegend ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung bedarf lediglich hinsichtlich der Bemessung des Zeitraums für die Zuerkennung des Nutzungsausfallschadens sowie hinsichtlich der Berechnung der Reparaturkosten einer Korrektur.

1.

Zum Getriebeschaden vom 29.6.2009:

a)

Der Kläger hat von der Beklagten im Wege des Verbrauchsgüterkaufs (§ 474 Abs. 1 BGB) ein gebrauchtes Kraftfahrzeug erworben. Gemäß § 434 Abs. 1, § 437 Nr. 1, § 439 BGB kann der Käufer im Fall der Lieferung einer mangelhaften Sache Mangelbeseitigung verlangen. Gerät der Verkäufer mit der Mangelbeseitigung in Verzug, so steht dem Käufer unter den Voraussetzungen des § 286 BGB gemäß § 437 Nr. 3, § 440, § 280 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens zu, der auch den Nutzungsausfall umfasst. Dessen ungeachtet findet der Anspruch auf Erstattung von Nutzungsausfall bei Lieferung einer mangelhaften Sache seine Rechtsgrundlage auch unmittelbar in § 281, § 280 Abs. 1 BGB: Der auf das positive Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch des Käufers umfasst typischerweise auch den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens, der dadurch entsteht, dass dem Käufer infolge eines Mangels die Nutzung der Kaufsache entgeht (BGHZ 174, 290, 293; BGHZ 88, 11, 13; 77, 215, 218; Urt. v. 14.4.2010 – VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426, 2427; Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 437 Rdnr. 36). Diese rechtlichen Vorgaben stehen zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug nicht im Streit, nachdem der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 12.10.2006 (GA I Bl. 33) erfolglos die gem. § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 BGB erforderliche Frist zur Mängelbeseitigung setzte.

b)

Auch soweit das Landgericht im Ausfall des Getriebes nach einer Fahrleistung von nur 115.500 km einen Sachmangel des Pkws im Sinne des § 434 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB erblickt hat, greift die Berufung dieses Beweisergebnis nicht an: Zwar stellt beim Gebrauchtwagenkauf die normale verschleißbedingte Funktionsbeeinträchtigung regelmäßig keinen Mangel dar (BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434, 435; KG ZGS 2005, 76; OLG Celle NJW 2004, 3566 [OLG Celle 04.08.2004 – 7 U 30/04]; Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 434 Rdnr. 74; Martis, MDR 2010, 840, 842 m. umf. Nachw.). Jedoch steht nicht im Streit, dass bei einer Fahrleistung von nur 115.500 km nicht mit einem „normalen“ verschleißbedingten Austausch des Getriebes zu rechnen war. Nach der Einschätzung des Sachverständigen R. haben Getriebe der vorliegenden Art eine Laufleistung von regelmäßig 250.000 km (GA II Bl. 220).

c)

Vielmehr wendet sich die Berufung dagegen, dass das Landgericht unter Anwendung der gesetzlichen Vermutung des § 476 BGB zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Sachmangel bereits bei Gefahrübergang in der Sachsubstanz angelegt war. Den Bedenken der Berufung vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

aa)

Gemäß § 476 BGB wird beim Verbrauchsgüterkauf vermutet, dass die Kaufsache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Die Vorschrift setzt den Nachweis eines Sachmangels voraus (so eine Kernaussage des von der Berufung zit. „Turboladerfalles“: BGH, NJW 2006, 424, in dem sich der Bundesgerichtshof von der Rechtsauffassung distanziert, dass sich die Beweislastumkehr des § 476 BGB aus Gründen des Verbraucherschutzes auf die Ursache eines sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigenden Sachmangels erstrecken würde; vgl. auch BGHZ 159, 215, 217; Urt. v. 18.7.2007 – VIII ZR 259/06, NJW 2007, 2621, 2622) und führt hinsichtlich der Tatsache, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war, zur vollen Beweislastumkehr zum Nachteil des Verkäufers: Diesem obliegt nunmehr gemäß § 292 ZPO der Beweis des Gegenteils, der nicht bereits dann erbracht ist, wenn es dem Verkäufer gelingt, die gesetzliche Vermutung zu erschüttern. Erforderlich ist es vielmehr, den vollen Beweis des Gegenteils der vermuteten Tatsache zu erbringen (BGH, Urt. v. 19.3.2006 – VIII ZR 173/05, NJW 2006, 2250, 2253; Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 476 Rdnr. 8a; Martis, MDR 2010, 844).

bb)

Angewandt auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt ergibt sich hieraus folgendes:

aaa)

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann der Ausfall des Getriebes entweder auf einem fehlerhaften Magnetventil oder auf einem mechanischen Mangel beruhen. Beide Fehler stellen Sachmängel der Kaufsache im vorgenannten Sinne dar.

bbb)

Demgegenüber ist es der Beklagten nicht gelungen, den Gegenbeweis für ein erst nach Gefahrübergang erfolgtes Auftreten des Sachmangels zu führen:

Hinsichtlich des fehlerhaften Magnetventils hat der Sachverständige R. zwar ausgeführt, dass ein solcher Fehler erst dann auftrete, wenn er registriert werde. Da der Fehler im Protokoll erst nach einer in die Besitzzeit des Klägers fallenden Fahrstrecke von rund 1.200 km aufgezeichnet wurde, könnte dies dafür zu streiten, dass auch der Mangel selber erst nach Gefahrübergang entstanden ist. Allerdings hat der Sachverständige die Schlussfolgerung zugleich relativiert, indem er darauf hingewiesen hat, dass die Angaben im Fehlerprotokoll nicht plausibel seien. Er hat die Vermutung geäußert, dass das Fehlerprotokoll und die gesamte Elektronik nicht ordnungsgemäß funktionierten. Mit diesem Hinweis wird die Schlussfolgerung der Berufung zum zeitlichen Auftreten des Mangels entscheidend geschwächt.

Letztlich kann die Frage offen bleiben: Der Sachverständige hat als plausible Fehlerursache auch einen mechanischen Mangel im Getriebe in Betracht gezogen. Dieser Fehler könne – so der Sachverständige – jedenfalls im Anfangsstadium während einer oft kurzen Probefahrt regelmäßig nicht festgestellt werden. Demnach konnte ein mechanischer Mangel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen haben. Diese nicht fernliegende Hypothese hat die Beklagte nicht mit einer zum Beweis erforderlichen Gewissheit widerlegt.

ccc)

Schließlich verhelfen die Rechtsgrundsätze über Beweiserleichterungen bei Beweisvereitelung (vgl. hierzu: P/W/W/Laumen, ZPO, 3. Aufl., § 286 Rdnr. 86 ff.; BGHZ 132, 47, 50; NJW 2006, 436; Urt. v. 25.6.1997 – VIII ZR 300/96 – NJW 1997, 3311, 3312; Urt. v. 23.10.2008 – VII ZR 64/07, MDR 2009, 80 f.) der Berufung nicht zum Erfolg: Es war nicht der Kläger, sondern die Beklagte, die das Getriebe reparierte. Mithin geht es mit der Beklagten heim, wenn sie den am Getriebe entstandenen Schaden vor der Reparatur nicht beweisverwertbar dokumentierte.

d)

Allerdings bedarf die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Berechnung des Nutzungsausfallschadens einer Korrektur:

aa)

Nach gefestigter Rechtsprechung stellt auch der vorübergehende Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs einen Vermögensschaden dar, wenn der Geschädigte für die Zeit des Nutzungsausfalls auf die Anmietung eines Ersatzwagens verzichtet (BGHZ 56, 214, 215; 40, 345, 347 ff.; BGH, NJW 2010, 2427; Urt. v. 10.3.2009 – VI ZR 211/08, NJW 2009, 1663, 1664; Urt. v. 10.6.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198). Bei Fahrzeugen, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung häufig angewiesen ist, stellt bereits die Gebrauchsmöglichkeit einen geldwerten Vorteil dar, dessen Entziehung als Vermögensschaden anzusehen ist (BGHZ 56, 215; BGH, NJW 2010, 2427; NJW-RR 2008, 1198 [BGH 10.06.2008 – VI ZR 248/07]).

bb)

Diese Voraussetzungen sind für den reparaturbedingten Ausfall in der Zeit vom 17.10.2006 bis zum 25.1.2007 erfüllt. Für die Zeit danach hat der Kläger die Mangelbedingtheit des Nutzungsausfalls nicht dargelegt:

Der Kläger hat in der ersten Instanz vorgetragen, dass das Steuergerät am 25.1.2007 eingebaut worden sei, danach habe er weitere Reparaturen veranlasst. Erst am 10.2.2007 habe er das reparierte Fahrzeug zurückerhalten (GA I Bl. 8 und 11). Obwohl die Beklagte die Länge des geltend gemachten Nutzungsausfalls im ersten Rechtszug nicht bestritten hat, ist die Beklagte mit ihrem zweitinstanzlichen Sachvortrag, wonach die Schadensursächlichkeit des Nutzungsausfalls in der Zeit vom 25.1. bis zum 10.2.2007 zu bestreiten sei, nicht präkludiert: Es ist Sache des Klägers, die Schadensursächlichkeit des Nutzungsausfallschadens in vollem Umfang darzulegen. Dieser Darlegungslast ist der Kläger weder im ersten noch im zweiten Rechtszug nachgekommen, weshalb der geltend gemachte Nutzungsausfall für den entstandenen ersten Getriebeschaden zeitlich auf den 25.1.2007 zu begrenzen ist. Der zuerkannte Betrag vermindert sich – gegen die zutreffende Berechnung des Tagessatzes formuliert die Beklagte keine Bedenken – um 16 x 59 EUR (944 EUR).

2.

Hinsichtlich des zweiten Getriebeschadens hat das Landgericht die Beklagte deshalb für einstandspflichtig gehalten, weil es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung gelangt ist, dass die Nachbesserung der Beklagten fehlgeschlagen war. An diese Tatsachenfeststellung ist der Senat im eingeschränkten Prüfungsrahmen des § 529 ZPO gebunden, da die Tatsachenfeststellung keine Rechtsfehler erkennen lässt und keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen wecken:

a)

Bereits mit Schreiben vom 12.10.2006 hat der Kläger hinsichtlich des Getriebeschadens die rechtlichen Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 BGB für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs geschaffen, der Mängelbeseitigungskosten und Nutzungsausfallschaden umfasst. Diesen Schadensersatzanspruch kann der Kläger geltend machen, nachdem die der Beklagten eingeräumte Nachbesserungsmöglichkeit fehlgeschlagen war.

aa)

Die Berufung wendet sich zum einen gegen die Feststellung des Landgerichts, dass es überhaupt zu einem weiteren Getriebeschaden kam. Dem ist nicht zu folgen:

Das Landgericht hat seine Überzeugung vom Vorliegen eines weiteren Getriebeschadens auf die Aussagen der Zeugin S. und des Zeugen M. gestützt:

aaa)

Die Zeugin S. (GA I Bl. 204 f.) hat ausgesagt, dass auf der Fahrt im Frühjahr 2007 eine Kontrollleuchte aufgeleuchtet habe. Nach Einsicht in ein Buch – offensichtlich die Betriebsanleitung – hätten die Zeugin und der Kläger festgestellt, dass das Aufleuchten mit dem Getriebe im Zusammenhang gestanden habe. Wenngleich die Zeugin keine Details dazu vorgetragen hat, ob und gegebenenfalls in welcher Gestalt sich der Getriebeschaden etwa im Fahrbetrieb geäußert habe, ist es jedenfalls glaubhaft, dass auf der Fahrt ein erneuter Getriebefehler auftrat.

bbb)

Von größerer Aussagekraft ist die Aussage des Zeugen …. (GA I Bl. 171). Dieser Zeuge hat ausgesagt, sich an die Reparatur des Getriebes erinnern zu können. Er habe den Fehlerspeicher ausgelesen. Dabei sei ein Fehlercode bei der Schalteinheit ausgelesen worden. Nach dem Einbau einer neuen Schalteinheit sei der Fehler jedoch wieder aufgetreten, weshalb er davon ausgegangen sei, dass ein Fehler im Getriebe vorliege. Nachdem das Getriebe ausgetauscht worden sei, sei das Fahrzeug in Ordnung gewesen.

Die Aussage erlaubt zumindest den sicheren Schluss, dass das Getriebe schadhaft war. Dafür spricht schlagend der Umstand, dass die Fehlermeldung nach dem Austausch des Getriebes nicht mehr auftrat.

ccc)

Anhaltspunkte dafür, dass der Austausch des Getriebes „über das Ziel hinaus schoss“, weshalb der Kläger bei der Art der Schadensbeseitigung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verstoßen hätte (hierauf zielt die Berufung ab, wenn sie das Vorliegen eines Totalschadens bestreitet), sind nicht ersichtlich: Der Kläger beauftragte eine Volvo-Vertragswerkstatt, keine freie Kfz-Mechanikerwerkstatt, mit der Reparatur. Mangels konkreter Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass eine Fachwerkstatt üblicherweise den zur nachhaltigen Reparatur sinnvollen Weg einschlägt. Hinzu kommt die Einschätzung des Sachverständigen …, der darauf hingewiesen hat, dass die Reparatur eines Automatikgetriebes wegen der Komplexität der Maschine mit Risiken verbunden sei, weshalb Herstellerfirmen, so auch die Firma Volvo, regelmäßig einen Austausch des Getriebes vorschlügen (GA II Bl. 220). Unter Berücksichtigung dieser Bewertung kann es dem Kläger nicht vorgeworfen werden, einen übertriebenen Reparaturaufwand zu liquidieren.

bb)

Auch die weitere positive Feststellung des Landgerichts, dass der zweite Getriebeschaden auf einer fehlerhaften ersten Reparatur beruhte, begegnet keinen Bedenken:

aaa)

Der Käufer trägt die Beweislast dafür, dass ein Mangel bei Übergabe der Kaufsache vorlag (§ 434 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 446 S. 1 BGB) und dieser trotz Nachbesserungsversuchen des Verkäufers weiter vorhanden ist. Diese aus § 363 BGB folgende Beweislastverteilung gilt auch dann, wenn der Käufer die Kaufsache nach einer erfolglosen Nachbesserung wieder entgegengenommen hat (BGH, Urt. v. 9.3.2011 – VIII ZR 266/09, NJW 2011, 1664; Urt. v. 11.2.2009 – VIII ZR 274/07, NJW 2009, 1341). Diesen Beweis hat der Kläger geführt:

bbb)

Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr zu erachten ist. Dieses Beweismaß ist nicht bereits dann erreicht, wenn die zu beweisende Tatsache hinreichend plausibel oder gar in einem naturwissenschaftlich-mathematischen Sinn „mit an Sicherheit grenzend“ überwiegend wahrscheinlich ist. Vielmehr muss der Richter die volle Überzeugung von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache gewinnen. Andererseits darf der Richter nicht die absolute Wahrheit zur Voraussetzung seiner Entscheidungsfindung machen (vgl. Katzenmeier ZZP 117, 195 f., 201 f.). Entscheidend ist vielmehr die subjektive Überzeugung des Richters, die keine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit verlangt. Der Richter darf und muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGHZ 53, 254, 256; 61, 165, 169 f.; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 286 Rdnr. 19).

ccc)

Dieses Beweismaß hat das Landgericht beachtet: Bereits der enge zeitliche Abstand zwischen der Übergabe des reparierten Fahrzeugs (am 10.2.2007) und dem Auftreten des zweiten, gleichartigen Schadensfalls legt einen Zusammenhang zwischen Reparatur und Schaden nahe (vgl. hierzu BGH, NJW 2011, 1664 [BGH 09.03.2011 – VIII ZR 266/09] Rdnr. 16). Hinzu kommt, dass sich offensichtlich auch aus Sicht des Sachverständigen gerade das Risiko verwirklicht hat, welches Hersteller mit Blick auf die Komplexität von Automatikgetrieben durch den Einbau von Austauschgetrieben üblicherweise zu vermeiden suchen.

cc)

Hat das Landgericht frei von Rechtsfehlern die volle richterliche Überzeugung vom Fehlschlagen der Nachbesserung gewonnen, so besitzt auf der Grundlage dieser positiven Feststellung die Frage einer abweichenden Beweislastverteilung nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung bzw. Beweiserschwerung für den Ausgang des Rechtsstreits keine Relevanz.

Dessen ungeachtet rechtfertigt der Umstand, dass der Kläger das Getriebe nach dem zweiten Schadensfall austauschen ließ, den Vorwurf der fahrlässigen Beweisvereitelung nicht:

Der Kläger wählte mit dem Austausch des Getriebes die vom beauftragten Fachbetrieb vorgeschlagene Reparatur. Es ist nicht erkennbar, dass das Verhalten des Klägers von der Motivation getragen wurde, Beweise zu vereiteln oder zu erschweren. Hinzu kommt, dass die Beklagte vor der Durchführung der Reparatur vom Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 29.3.2009 zur Mangelbeseitigung aufgefordert wurde. Mit weiterem Schreiben vom 6.6.2007 teilte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit, dass der Kläger den von der Beklagten vorgeschlagenen Vergleich nicht annehmen werde. Spätestens mit Zugang dieses Schreibens war der Beklagten klar, dass sich der Kläger unter Austausch des Getriebes zu einer Reparatur nach Maßgabe des der Beklagten bereits vorliegenden Kostenvoranschlags der Firma H. entschließen würde. Bei dieser Sachlage hatte die fachkundige Beklagte hinreichend Gelegenheit, ihr Interesse an einer Sicherung des auszutauschenden Getriebes zu formulieren. Dass die Beklagte von einer solchen naheliegenden Anregung absah, kann dem Kläger nicht zum beweisrechtlichen Nachteil gereichen.

Auch sofern man diesen Argumenten nicht folgt, wäre dem Kläger allenfalls eine (leicht) fahrlässige Verkennung der Beweisrelevanz vorzuwerfen. Ein solcher Vorwurf führt nicht zur Umkehr der Beweislast. Allenfalls ist in Betracht zu ziehen, der Beklagten eine Beweiserleichterung des Inhalts zuzubilligen, dass der nach Durchführung der Beweisaufnahme wahrscheinlichste Geschehensablauf als bewiesen angesehen werden könne (vgl. BGH, NJW 2006, 436). Diese Schlussfolgerung ist nicht geeignet, die Beweissituation der Beklagten entscheidend zu verbessern, nachdem bereits der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Nachbesserung und der Manifestation des Schadens sowie die sachverständige Einschätzung eine Verantwortung der Beklagten für den erneuten Getriebeschaden nahelegt.

dd)

Ebenso kann offenbleiben, ob der Kläger den Beweis schon deshalb geführt hat, weil das eigentliche Mangelsymptom – die fehlerhafte Funktionsweise des Getriebes – vor und nach der Nachbesserung identisch war.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Käufer seiner Beweislast für das Fehlschlagen der Nachbesserung bereits dann, wenn nachgewiesen ist, dass das eigentliche Mangelsymptom weiterhin auftritt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das erneute Auftreten des Mangelsymptoms nicht auf einer unsachgemäßen Behandlung der Kaufsache nach deren erneuter Übernahme durch den Käufer oder einen Dritten beruhen kann (BGH, NJW 2011, 1664 [BGH 09.03.2011 – VIII ZR 266/09]). Die Beweiserleichterung will den Käufer einer komplexen Kaufsache entlasten, da der Nachweis, ob die vor und nach der Nachbesserung aufgetretene Mangelerscheinung in der Gestalt, wie sie sich dem Käufer darbietet, tatsächlich auf der im Detail identischen Ursache beruht, kaum je zu führen ist. Diese zur Rechtsdurchsetzung in der forensischen Praxis gewissermaßen unerlässliche „Unschärfe“ korreliert mit der gerade im Kfz-Reparaturbetrieb häufig anzutreffenden Übung, bei Fehlfunktionen komplexer Aggregate – wozu ein Automatikgetriebe gehört – die Funktionstauglichkeit durch den Austausch der Aggregate wiederherzustellen, ohne die eigentliche Ursache zu ergründen.

ee)

Ist der Beweis für die fehlgeschlagene Nachbesserung geführt, kann schließlich dahinstehen, ob sich der Kläger auch hinsichtlich des zweiten Getriebeschadens auf die Beweislastumkehr des § 476 BGB berufen kann:

Nach einer beachtlichen in der Literatur vertretenen Auffassung beginnt die Frist des § 476 BGB bei Nacherfüllung für den konkreten Mangel neu (so MünchKomm(BGB)/Lorenz, 5. Aufl., § 476 Rdnr. 12; Matusche-Beckmann, in: Staudinger, BGB, 13. Bearbeitung, § 476 Rdnr. 24; P/W/W/D. Schmidt, BGB, 4. Aufl., § 476 Rdnr. 5; Bamberger/Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 476 Rdnr. 21; Soergel/Wertenbruch, BGB, 13. Aufl., § 476 Rdnr. 40). Dieses Rechtsverständnis steht zwar mit dem Wortlaut der Vorschrift nur schwer in Einklang, der die Frist mit dem „Gefahrübergang“ der Kaufsache beginnen lässt, worunter nicht ohne weiteres auch ein erneuter Gefahrübergang nach Durchführung einer Nachbesserung zu verstehen ist. Bei teleologischer Auslegung ist jedoch in den Blick zu nehmen, dass die Vorschrift in Umsetzung von Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.5.1999 (ABl. Nr. 1 171 S. 12; VerbrGKRL) normiert wurde. Die VerbrGKRL verfolgt den Zweck, die Interessen der Verbraucher in Streitigkeiten mit den Verkäufern über die Vertragswidrigkeit von Waren zu stärken und zu vereinheitlichen (Erwägung Ziff. 6 der Richtlinie). Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn der Verkäufer – wie im vorliegenden Fall geschehen – die Frist des § 476 BGB dadurch verkürzt, dass er die Nachbesserung unangemessen lang hinauszögert. Es erscheint daher nicht interessenwidrig, dem Käufer die volle 6-Monatsfrist jedenfalls hinsichtlich solcher Mängel zu erhalten, die Gegenstand der Nachbesserung waren. Überdies kann der Verkehr durchaus erwarten, dass eine erfolgreiche und nachhaltige Nachbesserung den einwandfreien Gebrauch der Kaufsache zumindest für die Zeit von sechs Monaten gewährleistet.

b)

Hinsichtlich der Schadenshöhe hat die Berufung der Beklagten in geringem Maße Erfolg:

aa)

Die Berufung rügt zum einen, dass die Rechnung des Autohauses H. vom 20.7.2007 (GA I Bl. 38) auch Leistungen beinhalte, die über den Austausch des Automatikgetriebes hinausgingen. Sie verweist insoweit auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag in der Klageerwiderung (GA I Bl. 90). Dieser Einwand ist begründet: Der Kläger hat zur Behauptung, dass alle Kosten erforderlich gewesen seien, um den Mangel am Getriebe, für den die Beklagte einstandspflichtig ist, zu beseitigen, keinen geeigneten Beweis angetreten. Da sich das Bestreiten der Beklagten explizit lediglich auf die Erneuerung der Dichtung am Turbolager, die Erneuerung der Kurbelwellendichtung und des Getriebekabels bezieht, ist der Rechnungsbetrag im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO um 360 EUR (Preis der Einzelteile 202,50 EUR; pauschale Lohnkosten 100 EUR, gesetzliche Umsatzsteuer) zu kürzen.

bb)

Zum anderen wendet sich die Berufung gegen die Zuerkennung des Nutzungsausfallschadens und trägt vor, es sei nicht nachvollziehbar, dass das Fahrzeug nach dem zweiten Getriebeschaden nicht mehr verkehrssicher gewesen sei. Diese Einwendung scheitert als neues Verteidigungsvorbringen bereits an der Schranke des § 531 ZPO. Im Übrigen hat der Kläger mit Recht darauf verwiesen, dass es ihm nach dem Aufleuchten der Fehlermeldung nicht mehr zuzumuten war, die Nutzung des Fahrzeugs mit dem Risiko des jederzeitigen Ausfalls und einer möglichen Verschlechterung des Mangels fortzusetzen.

3.

Der Zinsausspruch beruht auf Verzugsgesichtspunkten (§§ 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB). Die Beklagte ist gem. § 249 BGB weiterhin zur Freistellung hinsichtlich der vorgerichtlichen, nicht anrechenbaren Anwaltskosten verpflichtet, die im vorliegenden Rechtsstreit eine zweckentsprechende Maßnahme der Rechtsverfolgung darstellen. Die Höhe der berechtigten Kostenforderung war auf der Grundlage der vom Landgericht zugrunde gelegten 1,3-fachen Geschäftsgebühr, wogegen die Beklagte nichts erinnert, an die reduzierte Hauptforderung anzupassen.

Die Kostenfolge beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

 

 

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