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Fluggastrechte – internationale und örtliche Zuständigkeit bei segmentierten Flug

AG Frankfurt, Az.: 31 C 3804/13 (23), Urteil vom 27.11.2014

Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313aAbs. 1 S. 1 i.V.m. § 511 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main ist für den vorliegenden Rechtstreit international unzuständig.

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bestimmt sich, da die Parteien ihren (Wohn-)Sitz jeweils im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates haben und die in Spanien ansässige Beklagte abweichend von Art. 2 EuGVVO vor einem Gericht eines anderen Mitgliedsstaates, nämlich Deutschland, verklagt wird, gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 EuG-VVO nach Maßgabe der Art. 5 bis 24 EuGVVO.

Eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt am Main gemäß Art. 5 Abs. 1 a) EuGVVO ist nicht gegeben. Zwar ist das Erfordernis, dass es sich um Ansprüche „aus einem Vertragsverhältnis“ handeln muss, weit auszulegen und schon dann erfüllt, wenn die Streitigkeit im Zusammenhang mit einem Vertrag steht und aus dem Vertragsverhältnis herrührt. Der für die Bestimmung des Gerichtsstands maßgebliche Erfüllungsort bei der Geltendmachung der Mindestrechte nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 vom 11.02.2004 – nachfolgend Verordnung oder VO (EG) Nr. 261/2004 genannt – gegenüber einem ausführenden Luftfahrtunternehmen im Falle der Annullierung eines Flugs bestimmt sich deshalb grundsätzlich nach dem Erfüllungsort der vertragscharakteristischen Leistung des dem Flug zugrunde liegenden Vertrages, also auf die Orte, an denen nach dem Vertrag die Hauptleistung zu erbringen ist, BGH, Beschluss vom 09.04.2013 – XZR 105/12, beck-online.

Bei den vertragscharakteristischen Leistungen handelt es sich um die Abfertigung und das Anbordgehen der Fluggäste sowie ihren Empfang an Bord des Flugzeugs an dem im Beförderungsvertrag vereinbarten Abflugort, den Start der Maschine zur vorgesehenen Zeit, die Beförderung der Fluggäste und ihres Gepäcks vom Abflugort zum Zielort, die Betreuung der Fluggäste während des Fluges und schließlich das sichere Verlassen des Flugzeugs durch die Fluggäste am Ort der Landung zur im Vertrag vereinbarten Zeit, EuGH, Urteil vom 09. Juli 2009 – C-204/08, juris.

Fluggastrechte - internationale und örtliche Zuständigkeit bei segmentierten Flug
Symbolfoto: Von ssuaphotos /Shutterstock.com

Aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des EuGH, Urteil vom 09. Juli 2009 – C-204/08, juris, ist zu schließen, dass dann, wenn der segmentierte Flug von einem einzigen Luftfahrtunternehmen ausgeführt wird, bei der Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit insgesamt auf die zurückgelegte Strecke abgestellt wird, Blankenburg, RRa 2013, 61-70. Anders ist der Fall hingegen zu beurteilen, wenn die Beförderung durch zwei verschiedene Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird und bei dem in Anspruch genommenen ausführenden Luftfahrtunternehmen keine einheitliche Buchung erfolgte. Dann sind die jeweiligen Flugabschnitte auch im Rahmen der örtlichen Zuständigkeit getrennt zu betrachten, siehe auch Blankenburg, RRa 2013, 61-70. Andernfalls bestünde das Risiko, dass eine Fluggesellschaft an dem Ort des Abfluges des Fluggastes verklagt werden könnte, obwohl sie überhaupt keinen Einfluss hatte, welchen Flugabschnitt der Fluggast vor oder nach dem Teilabschnitt benutzt, Blankenburg, RRa 2013, 61-70. Die verschiedenen Fluggesellschaften, die mehrgliedrige Flüge ausführen, stehen oft in keiner rechtlichen Beziehung zueinander und haben in der Regel keine Kenntnis davon, ob, wann und welche weiteren Flüge der Fluggast buchte. Der Fluggast hingegen hat es selbst in der Hand, welche Buchung er vornimmt.

Aus dem oben genannten Urteil des EuGH in der Sache „R./A. Corporation“ ergibt sich nichts anderes. Der EuGH betont in seiner Entscheidung, dass der Abflug- und Ankunftsort die einzigen Erfüllungsorte seien, wenn die Leistung aufgrund eines Vertrags erfolge, der mit einer einzigen Luftfahrtgesellschaft abgeschlossen wurde. Im Umkehrschluss kann aus dieser Formulierung gefolgert werden, dass dies nicht gilt, wenn mehrere Luftfahrtunternehmen an der Beförderung beteiligt sind, Blankenburg, RRa 2013, 61-70.

Hierfür spricht auch die Formulierung des EuGH in dem Urteil vom 09. Juli 2009, juris, Rn. 43, bei der im Rahmen der Bestimmung des Erfüllungsortes der Ort des Abflugs als auch der Ort der Ankunft des Flugzeugs und nicht mehrerer Flugzeuge genannt werden. Wenn aber, wie vorliegend gegeben, die einzelnen Flugabschnitte durch zwei unterschiedliche Luftfahrtunternehmen mit jeweils eigenen Flugzeugen und eigenständiger Flugnummer durchgeführt werden, beschränkt sich die jeweils geschuldete Leistung lediglich auf den einzelnen Flugabschnitt und umfasst nicht die gesamte von dem Fluggast zurückgelegte Flugreise. Auch insoweit umfasst die Verordnung, auf welche die Klägerin ihre Forderung stützt, unter dem Begriff „Flug“ nicht die gesamte Flugreise, sondern nur die einzelne Einheit der Flugbeförderung, was nach den Ausführungen des BGH ausdrücklich auch dann gilt, wenn die Flüge von derselben Fluggesellschaft durchgeführt werden und als Anschlussverbindung gemeinsam gebucht werden können, BGH, Urteil vom 13. November 2012 – X ZR 12/12, juris.

Im zu entscheidenden Fall behauptet die Klägerin zwar, dass sowohl der Flug mit der Nr. … 2… von A. nach M. mit geplantem Abflug am 16.09.2012 um 6.30 Uhr und geplanter Ankunft am selben Tag um 7.45 Uhr sowie der Flug mit der Nr. … 3… mit geplantem Abflug am 16.09.2012 um 8.55 Uhr und geplanter Ankunft am selben Tag um 11.35 Uhr bei der Beklagten gebucht worden sei. Aus den von der Klägerin selbst vorgelegten Unterlagen ergibt sich dies nicht. Vielmehr ergibt sich aus der Kopie des e-Tickets, Bl. 31 der Akte, dass die Buchung bei der I.L.A. S.A. erfolgte. Denn die Fluggesellschaft ist mit I. und nicht mit I. Express benannt. Dass die Beklagte eine Tochtergesellschaft der I.A. S.A. ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Maßgeblich ist, dass es sich um zwei juristische Personen handelt.

Auch behauptet die Klägerin pauschal zwar, dass die Beklagte ausführendes Luftfahrtunternehmen beider Flüge gewesen sei. Jedoch ergibt sich aus den von den Parteien eingereichten Unterlagen, dass jedenfalls der Flug von M. nach F. nicht von der Beklagten ausgeführt worden ist. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Liste aller Flüge der Beklagten von M. weg am 16.09.2012, Bl. 15f. der Akte, führte die Beklagte den Flug von M. nach F. nicht aus. Hinzu kommt, dass beide streitgegenständlichen Flüge den IATA-Code IB der I.L.A. S.A. und nicht den IATA-Code der I. Express, der I2 lautet, haben, wie sich aus dem e-Ticket ergibt.

Im zu entscheidenden Fall, in dem nur der Flug von A. nach M. annulliert wurde, sind nach den obigen Ausführungen lediglich A. und M. als zuständigkeitsbegründende Erfüllungsorte anzusehen, weshalb eine Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht gegeben ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708Nr. 11, 711,713 ZPO.

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