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Flugreisekostenerstattung – Rechtsanwalt

OLG Köln

Az: 17 W 60/10

Beschluss vom 28.04.2010


Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 530,52 €

Gründe

I.

Die in C. ansässige Antragstellerin beantragte, vertreten durch C. Rechtsanwälte, beim Landgericht Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung in einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit gegen die in ….. ansässige Antragsgegnerin, die ihrerseits ebenfalls ….. Rechtsanwälte einschaltete. Die Antragstellerin war in zwei Instanzen erfolgreich. Zu den beiden Terminen zur mündlichen Verhandlung vor dem Land- bzw. Oberlandesgericht Köln reiste der Prozessbevollmächtigte jeweils mit dem Flugzeug an. Die entsprechenden Kosten hat sie jeweils auf der Basis des Tarifs für die Business-Class der M….. zur Festsetzung angemeldet. Da der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin vor der Rückreise nach Berlin jeweils weitere Termine wahrgenommen hat, hat die Antragstellerin die jeweiligen Kosten nur quotal im vorliegenden Rechtsstreit zur Festsetzung angemeldet.

Der Rechtspfleger hat die Kostenfestsetzung antragsgemäß vorgenommen.

Hiergegen richtet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Rechtsmittel.

Sie ist der Ansicht, die Kosten für einen Flug in der Buisness-Class seien nicht erstattungsfähig. Zugrunde zu legen sei der Tarif der Economy-Class. Die Anreise mit der Bahn sei möglich und billiger gewesen. Auch sei nicht ersichtlich, warum die Antragstellerin die einstweilige Verfügung nicht beim Landgericht C. oder dem Landgericht X. beantragt habe.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, sie habe die freie Wahl des Gerichtsstandes gehabt, §§ 32, 35 ZPO. Deshalb könne sie wegen der Anrufung des Landgerichts Köln keine kostenrechtliche Nachteile haben. Die Kosten für die Business-Class seien auch deshalb erstattungsfähig, weil ein Ticket der flexiblen Economy-Class, mit dem eine Umbuchung infolge Terminsverlegung leichter und ohne Mehrkosten möglich sei, nur 86,00 € weniger gekostet hätte. Dies sei bei Buchung eines „Billigfluges“ nicht oder nur verbunden mit erheblichen Mehrkosten möglich. Deshalb sei ein „flexibles“ Ticket zwingend notwendig. Da die Kosten dafür im Vergleich zum Business-Class-Ticket nicht auffällig höher seien, könne sie die Erstattung dieser Kosten verlangen.

Die Antragsgegnerin erwidert, die Buchung auf der Grundlage des flexiblen Economy-Class-Tarifs wegen der Möglichkeit der Umbuchung sei nicht zwingend erforderlich, da die dafür anfallenden Kosten innerhalb der gleichen Tarifklasse in der Regel 50,00 € betrügen. Nur bei voraussichtlich deutlich mehr als einer einmaligen Umbuchung sei das flexible Economy-Class-Ticket sinnvoll.

Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst allerdings keinerlei Erfolg. Zu Recht hat der Rechtspfleger die Reisekosten in der beantragten Höhe festgesetzt.

1. Nach der Grundregel des § 91 Abs. 1 ZPO sind nur die Kosten vom Gegner zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder –verteidigung notwendig waren. Das sind solche Kosten, die eine verständige Prozesspartei als sachdienlich ansehen durfte. Dabei hat sie die Kosten so niedrig als möglich zu halten, solange sich dies mit der vollen Wahrung ihrer Rechte vereinbaren lässt. Dieses Gebot ergibt sich aus § 242 BGB (Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage, § 91 Rn. 12 m. w. N.). Unter mehreren gleichartigen Maßnahmen ist die kostengünstigste auszuwählen (BGH BGHReport 2008, 410, 411; OLG Düsseldorf OLGR 2009, 305 = JB 2009, 199; OLG Frankfurt MDR 2008, 1005 = AGS 2008, 409).

Geht es um die Erstattung von Flugreisekosten, so rechtfertigt die Zeitersparnis die Mehrkosten für eine Flugreise nicht schlechthin, wie sich aus der Verweisung in § 91 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. ZPO auf § 5 Abs. 1 und 3 JVEG ergibt. Ausgehend von der letztgenannten Vorschrift sind Fahrtkosten, die über den Betrag der Bahnkosten hinausgehen, nur ausnahmsweise erstattungsfähig. Im Falle von Flugkosten hat die Rechtsprechung Erstattungsfähigkeit nur bei Auslandsreisen sowie nur dann bejaht, wenn die Mehrkosten einer Flugreise nicht außer Verhältnis zu den Kosten einer Bahnfahrt erster Klasse stehen (BGH, a.a.O., m.w.N.; Madert/Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt u. a., RVG, 18. Auflage, Nr. 7003, 7004 VV RVG Rn. 30). Auch wenn das JVEG nur die Reisekosten der Partei betrifft, ist der Rechtsanwalt nicht schlechter zu stellen als die Partei selbst (Madert/Müller-Rabe, a. a. O., Rn. 29), aber auch nicht besser. Letzteres übersieht das OLG Hamburg (AGS 2009, 102 = MDR 2008, 1428 = Rpfleger 2008, 445), das dem Rechtsanwalt einen Anspruch auf die Benutzung der Business-Class bei entsprechender Kostenerstattung uneingeschränkt zubilligt, da dieser nur dort während des Fluges uneinsehbar arbeiten könne (zutreffenderweise a. A.: LG Freiburg NJW 2003, 3359; Madert/Müller-Rabe, a. a. O., Rn. 31; Schnapp, in: N. Schneider/Wolf, RVG, 5. Auflage, Nr. 7003 – 7006 VV RVG Rn. 27).

Werden für die Economy-Classe unterschiedliche Tarife angeboten, etwa mit oder ohne Umbuchungszuschlag, so hat der Rechtsanwalt grundsätzlich die billigere Variante zu wählen. Dies gilt um so mehr, als die Umbuchungsgebühr in jedem Fall nur 50,00 € beträgt (Madert/Müller-Rabe, a. a. O., Rn. 32). Eine Pflicht zur Buchung von „Billigflügen“ ohne Umbuchungsmöglichkeit besteht nicht (Madert/Müller-Rabe, a. a. O., Rn. 32 a; Schnapp, a. a. O.; Hartmann, Kostengesetze, 40. Auflage, Nr. 7003 – 7006 VV RVG Rn. 23).

2. a) Gemessen an diesen Grundsätzen kommt es bei der Beantwortung der Frage, in welcher Höhe vorliegend Kosten, die durch die Anreise des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin von C. zum Termin vor dem Landgericht bzw. Oberlandesgericht Köln entstanden sind, grundsätzlich gerade nicht darauf an, welcher Tarif der konkreten Buchung zugrunde liegt. Ausgehend von den (fiktiven) Kosten, die für eine Bahnanreise in der ersten Wagenklasse von C nach Köln und zurück angefallen wären, ist allein zu prüfen, ob die konkret entstandenen und zur Erstattung angemeldeten Kosten im Einzelfall dem Gebot einer möglichst sparsamen Prozessführung gerecht werden.

Unbestritten hat die Antragstellerin vorgetragen, dass für eine Bahnfahrt von C. nach Köln und zurück 361,00 € in der ersten Wagenklasse angefallen wären. Dabei ist aber zu beachten, dass der Prozessbevollmächtigte vorliegend berechtigt gewesen wäre, per Bahn schon am Vortag anzureisen. Dieser wäre bei einer reinen Bahnfahrtzeit von mehr neun Stunden nicht gehalten gewesen, noch am selben Tage nach C. zurückzukehren. In diesem Fall wären sowohl Übernachtungskosten, die der Senat auf 150,00 € schätzt, sowie weitere 35,00 € an Tages- und Abwesenheitsgeld gemäß Nr. 7005 Nr. 2 VV RVG für den Anreisetag angefallen, so dass insgesamt von fiktiven Kosten in Höhe von 606,00 € (361,00 € + 150,00 € + 60,00 € + 35,00 €) auszugehen ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass auch bei einer Bahnanreise Parkgebühren und/oder Taxikosten angefallen wären.

b) Hiernach wären zur Beantwortung der Frage, in welcher Höhe die Antragstellerin Reisekosten für ihren Prozessbevollmächtigten erstattet verlangen kann, grundsätzlich die tatsächlich angefallenen Kosten in Höhe von 807,65 € (587,65 € Flugkosten, 42,00 € Parkgebühren, 118,00 € Taxikosten, 60,00 € Abwesenheitsgeld) mit den fiktiv bei einer Bahnanreise entstandenen auf ihre Angemessenheit hin zu vergleichen.

Es kann jedoch wegen der Besonderheiten des vorliegend zu entscheidenden Falles dahinstehen, ob dann, wenn die tatsächlichen die fiktiven Kosten um rund 25 % übersteigen, noch von Angemessenheit auszugehen ist oder nicht. Denn die Klägerin hat für die erste Instanz lediglich die Festsetzung von 216,74 € beantragt, weil ihr Prozessbevollmächtigter am Anreisetag zwei weitere Gerichtstermine in Köln und am Folgetag einen Termin in E. wahrgenommen hat und sodann erst von dort aus die Rückreise nach C. angetreten hat. Wollte man nun von dem nur anteilsmäßig erstattet verlangten Betrag weitere Abzüge vornehmen, so würde dies dem Bemühen des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, durch eine geschickte Planung Zeit und vor allem Kosten zu sparen, wovon nicht zuletzt die Antragsgegnerin in erheblichem Umfang profitiert, zuwider laufen. Deshalb kann die Antragstellerin den zur Festsetzung angemeldeten Betrag in voller Höhe erstattet verlangen.

c) Aus den vorstehend dargelegten Gründen sind auch die Kosten, die dadurch entstanden sind, dass der Prozessbevollmächtigte den Termin vor dem Berufungssenat in Köln wahrgenommen und auch insoweit per Flugzeug angereist ist, antragsgemäß festzusetzen. Die tatsächlich angefallenen in Höhe von 627,57 € wären zwar grundsätzlich wieder mit den fiktiven Kosten bei Anreise mit der Bahn zu vergleichen. Da aber lediglich die Hälfte, nämlich 313,78 € zur Festsetzung angemeldet wurden, weil der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin vor seiner Rückreise nach C. noch einen Termin in G. wahrgenommen hat, ist aus den oben genannten Gründen ein weiterer Abzug auch hier nicht vorzunehmen.

d) Schließlich gereicht es der Antragstellerin kostenrechtlich auch nicht zum Nachteil, dass sie zulässigerweise von ihrem Wahlrecht nach § 35 ZPO Gebrauch gemacht hat (Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Auflage, § 35 Rn. 4 m. w. N.; a. A. Zöller/Herget, § 91 Rn. 13 „Wahl des Gerichtsstandes“). Da der Gesetzgeber diese Möglichkeit eingeräumt hat, braucht die klagende Partei nach herrschender Ansicht, die auch der Senat in ständiger Rechtsprechung vertritt, weder den Gerichtsstand zu wählen, in dem geringere Kosten entstehen (OLG Köln Rpfleger 1992, 222; OLG München JB 1994, 477; Stein/Jonas / Roth, ZPO, 22. Auflage, § 35 Rn. 5), noch auf die Belange des Beklagten Rücksicht zu nehmen (OLG Hamm OLGZ 87, 336 = NJW 1987, 138). Insbesondere ist es ihm nicht verwehrt, Rechtsprechungs- bzw. Qualitätsunterschiede zwischen jeweils zuständigen Gerichten auszunutzen (OLG Hamburg NJW-RR 2007, 763, 764). Dafür, dass das Vorgehen der Antragstellerin im Lichte des § 35 ZPO missbräuchlich wäre, ist weder etwas ersichtlich noch ausreichend dargetan.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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