AG Köln – Az.: 122 C 154/17 – Urteil vom 27.06.2018
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger einen Betrag i.H.v. 1020,98 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.08.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 85 %, die Kläger zu 15 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Kläger buchten am 25.04.2017 unter Vermittlung des Internet-Flugportals C-tickets.de zwei Flüge bei der Beklagten von Köln/Bonn nach Manila sodann weiter nach Istanbul. Der Hinflug war am Dienstag den 07.11.2017, Rückflug am Donnerstag in den 30.11.2017. Für die Flüge entrichteten die Kläger einen Betrag in Höhe insgesamt 1074,72 €. Mit E-Mail vom 28.06.2017 erklärten die Kläger die Kündigung und begehrten die Rückzahlung des Werklohns abzüglich eines pauschalen Betrages i.H.v. 5 % mithin insgesamt 1020,98 € bis zum 07.07.2017, wobei zwischen den Parteien der Zugang der Mail an die Beklagte streitig ist. Unter dem 17.07.2017 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Kläger bei der Beklagten und begehrte unter Bezugnahme auf die Kündigung per E-Mail vom 28.06.2017 ebenfalls die Rückzahlung des Betrages zuzüglich der Kosten seiner Inanspruchnahme bis zum 31.7.2017. Die Kläger traten den Flug nicht an.
Die Kläger behaupten, die E-Mail vom 28.06.2017 sei der Beklagten zugegangen. Sie sind der Ansicht, dass sie den Flugbeförderungsvertrag wirksam gekündigt hätten und sie daher Anspruch auf Rückzahlung des Beförderungsentgeltes abzüglich eines Pauschalbetrages von 5 % (gemäß § 649 S. 3 BGB) haben. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen und habe nicht dargelegt, dass sie die Tickets nach Kündigung nicht anderweitig veräußert hätte. Weiter tragen die Kläger vor, es handele sich auch nicht um nicht-stornierbare Tickets. Die Kündigung sei nicht durch AGB ausgeschlossen worden. Insbesondere seien die AGB der Beklagten bei Buchung über C-tickets.de den Klägern nicht zur Verfügung gestellt worden. Zudem könne bei Verbrauchern auch die Kündigung nicht wirksam ausgeschlossen werden, da dies sonst eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 BGB darstelle.
Die Kläger beantragen,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1020,98 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 08.07.2017 zu zahlen;
2. die Beklagten zu verurteilen, an sie einen weiteren Betrag i.H.v. 169,50 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 18.01.2017 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie bestreiten, dass die E-Mail vom 28.06.2017 zugegangen ist. Weiter tragen sie vor, es handele sich bei den von den Klägern gebuchten Tickets um nicht erstattungsfähige Tickets. Nach den geltenden Tarifbestimmungen für die gebuchten Tickets sei die volle Rückerstattung ausgeschlossen. Die AGB der Beklagten seien über die AGB von C-tickets.de einbezogen. Während des Buchungsvorgangs würden die AGB von C-tickets.de angezeigt. Bei der Ticketbuchung würden die AGB von C-tickets.de akzeptiert, anderenfalls gelange man bei der Buchung nicht weiter. Zudem seien die streitgegenständlichen Flüge nicht ausgebucht gewesen, so dass bis auf Steuern und Gebühren in Höhe von 79,08 € pro Fluggast keine Aufwendungen erspart worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf die wechselseitig eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Der Anspruch der Kläger ergibt sich aus §§ 812 Abs. 1, 649 BGB.
I.
Die Kläger haben den Flugbeförderungsvertrag wirksam gekündigt.
Jedenfalls mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 17.07.2017 ist die Kündigung erfolgt. Der Prozessbevollmächtigte hat unter Bezugnahme auf die E-Mail vom 28.06.2017 ausdrücklich ausgeführt, dass die Kläger die Flugbeförderungsverträge gekündigt hätten und hat zur Rückzahlung des Flugpreises aufgefordert. Selbst wenn die Beklagte die Mail vom 28.06.2017 nicht erhalten hat, so war das Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 17.07.2017 als Kündigung des Flugbeförderungsvertrages auszulegen.
II.
Die Beklagte hatte die Kündigungsmöglichkeit auch nicht ausgeschlossen.
Zwar benachteiligt nach jüngster Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 20.03.2018, X ZR 25 / 17, veröffentlicht bisher nur im Wege der Presseerklärung) der Ausschluss des Stornierungsrechts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Fluggäste nicht im Sinne von 307 Abs. 1 BGB unangemessen mit der Folge, dass der Ausschluss der Stornierung unwirksam wäre. Jedoch fehlt es hier an einem wirksamen Ausschluss der Stornierung durch die Beklagte.
1.
Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die Buchung der Tickets bei der Beklagten durch Vermittlung des Portals C-tickets.de erfolgt ist. Die Beklagte hat nunmehr im Einzelnen vorgetragen, wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen – im Rahmen einer Probebuchung – bei C-ickets.de angezeigt werden.
Die AGB, die während des Buchungsvorgangs angezeigt werden, sind bereits nicht verständlich, so dass sie gemäß § 305 Abs. 2 Z. 2 BGB nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind.
Zum einen sind die vorgetragenen AGB in englischer Sprache gehalten, obwohl die gesamte Buchung im Übrigen in deutscher Sprache erfolgt. Zudem suggeriert der Name des Vermittlungsportals „c-tickets.de“ durch die Endung „.de“, dass es sich um ein deutsches Portal handelt. Daher setzen für den Kunden verständliche AGB voraus, dass diese in deutscher Sprache erfolgen. Zum anderen ist der Text in englischer Sprache kaum verständlich. Der Text ist in einheitlichen Großbuchstaben ohne Punkt und Komma verfasst. Zwischendurch finden sich Worte wie „Text“, die in dem gesamten Textfluss keinen Sinn machen und offenbar Steuerzeichen oder Vergleichbares sind.
2.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten selbst, worin es nach Vortrag der Beklagten heißt
„Stornierungen und Rückerstattungen sind nicht möglich. Es können nur Steuern rückerstattet werden. Die Ticket-Servicegebühren und der Treibstoffzuschlag sind nicht in der Rückerstattung enthalten“
, sind ebenfalls nicht wirksam eingezogen worden.
Dass diese während der Buchung angezeigt werden, ist bereits nicht vorgetragen. Ebenso ist nicht vorgetragen, dass ausdrücklich während der Buchung auf die AGB der Beklagten Bezug genommen wird.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass sich nach Vortrag der Beklagtenseite in den AGBs der C-tickets.de folgende Bestimmungen befinden:
Die Möglichkeiten zur Umbuchung einer bereits verbindlich gebuchten Leistung sowie die daraus entstehende Kosten richten sich ausschließlich nach den Konditionen in den jeweiligen Leistungsträger-AGB bzw. sonstigen Hinweisen des Leistungsträgers dargestellt werden.“ und
„Bei Stornierung eines Flugtickets können Stornierungskosten seitens der Fluggesellschaft entfallen. Ob und in welchem Umfang dies der Fall ist, kann der Kunde den Tarifbedingungen des jeweiligen Flugtickets entnehmen.“
a)
Es bestehen bereits erhebliche Bedenken, dass aufgrund dieser Bestimmungen die AGBs der Beklagten wirksam eingezogen werden. Denn es besteht entgegen § 305 Abs. 2 Z. 1 BGB keine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme. Wo die AGB der Beklagten veröffentlicht sind, ist nicht ausgeführt.
b)
Dies kann aber letztlich dahinstehen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von C-tickets.de sind bereits nicht wirksam einbezogen.
Der Vortrag der Beklagten, dass die Allgemeinen Beförderungsbedingungen von den Fluggästen akzeptiert worden sein, andernfalls man nicht in der Buchung weiter gelange, ist nicht hinreichend substantiiert. Es handelt sich um eine Behauptung ins Blaue hinein. Es wird nicht näher ausgeführt, wie diese Buchungsbedingungen akzeptiert werden, etwa durch Setzen eines Häkchens, und wann im Buchungsvorgang.
III.
Zwar hat die Beklagte bei Kündigung gemäß § 649 S. 2 BGB grundsätzlich Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Sie muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was sie infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendungen ihrer Arbeitskraft erwirbt. Vermutet wird gemäß § 649 S. 3 BGB, dass der Beklagten 5 % der der vereinbarten Vergütung zustehen.
Vorliegend ist davon auszugehen, dass die Beklagte durch „anderweitige Verwendung ihrer Arbeitskraft“, nämlich durch erneuten Verkauf der Tickets, den gesamten Ticketpreis wieder erhalten hat.
Zwar ist grundsätzlich im Rahmen von § 649 S. 2 BGB der Besteller, das heißt hier der Fluggast dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass der Unternehmer infolge der Aufhebung des Vertrages durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft etwas erwirbt. Jedoch trifft hier die Beklagte die sekundäre Darlegungslast, da nur sie über Unterlagen verfügt, aus denen sich ergeben kann, ob sie die Tickets anderweitig veräußert hat.
Dieser sekundären Darlegungslast ist die Beklagte trotz Hinweises gemäß Beschluss vom 28.03.2018 nicht nachgekommen.
Es kommt entgegen der Auffassung der Beklagten für die Frage der Erlangung „aufgrund anderweitigen Verwendung der Arbeitskraft“ nämlich nicht nur darauf an, ob zum Zeitpunkt des Abfluges der Flug ausgebucht war. Entscheidend ist, ob zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Buchung durch die Kläger und Durchführung des Fluges eine vollständige Ausbuchung des Fluges vorlag. Denn war der Flug zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Buchung durch die Kläger und Abflug ausgebucht, so konnte die Beklagte die Tickets weiterveräußern und hat infolge der Stornierung die Tickets erneut veräußern können, was sie ohne Stornierung nicht hätte tun können. Sie hätte dann, aufgrund der Stornierung der Kläger, anderweitige Einnahmen gehabt.
Es kann nicht ausschließlich auf den Zeitpunkt des Fluges ankommen, denn es ist ebenso gut möglich ist, dass zwischenzeitlich der Flug vollständig ausgebucht war, jedoch durch Stornierung anderer Fluggäste nach ursprünglicher Ausbuchung des Fluges schlussendlich zum Tage des Abflugs keine vollständige Ausbuchung vorlag.
Käme es ausschließlich auf die Ausbuchung zum Zeitpunkt des Fluges an, so könnte die beklagte Fluggesellschaft unter Umständen höhere Einnahmen erzielen, als ohne Stornierung. Denn wenn nach Stornierung der Tickets zwischenzeitlich eine vollständige Ausbuchung erfolgt, und sodann wieder Fluggäste stornieren, können insgesamt mehr Stornierungen vorliegen als noch freie Plätze zum Zeitpunkt des Fluges vorhanden sind. Könnte die Beklagte in diesem Falle von sämtlichen Fluggästen, die ihre Tickets storniert haben, den vollen Preis verlangen, so hätte sie mehr eingenommen, als ohne Stornierung und vollständige Ausbuchung. Dies kann nicht richtig sein.
Dementsprechend haben die Kläger – aufgrund anderweitiger Verwendung der Arbeitskraft – Anspruch auf Rückzahlung des von ihnen begehrten Betrages i.H.v. 1020,98 €.
II.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug (§§ 280 Abs. 1 Abs. 2, 286, 288 BGB.
Soweit die Kläger allerdings für den Zeitpunkt vor dem 01.08.2017 Zinsen geltend machen, war die Klage abzuweisen.
Die insoweit darlegungs-und beweisbelasteten Kläger konnte nicht nachweisen, dass die Beklagten vor diesem Zeitpunkt mit der Zahlung in Verzug war. Insbesondere konnten sie den Zugang der Mail vom 28.06.2017 nicht nachweisen. Unerheblich ist, ob die Beklagte dafür Sorge tragen muss, dass Mails bei ihr eingehen. Denn die Klägerseite konnte nicht nachweisen, dass entweder die Mail tatsächlich eingegangen war oder Ursache des Nichteingangs der Mail bei der Beklagten lag. Allein die Absendung einer Mail reicht nicht aus, um ihren Zugang beim Adressaten, der Beklagten, nachzuweisen.
III.
Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Dieser Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB.
Zum einen lässt sich, wie dargelegt, nicht feststellen, dass die Beklagte vor dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 17.07.2017 mit der Zahlung in Verzug war, da die Kläger den Zugang der E-Mail vom 28.06.2017 nicht nachweisen können.
Zum anderen haben die Kläger auch nicht vorgetragen, zu welchem Zeitpunkt sie ihren Prozessbevollmächtigten beauftragt haben. Das Schreiben des Prozessbevollmächtigten datiert vom 17.07.2017, zu welchem Zeitpunkt die Auftragserteilung an den Prozessbevollmächtigten erfolgt ist, ergibt sich jedoch nicht. So ist nicht erkennbar, ob die Beauftragung bereits zum Zeitpunkt oder vor der Kündigung-E-Mail vom 28.06.2017 oder etwa später erfolgt ist.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1, 708 Nr. 11,711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 1.020,98 EUR festgesetzt.