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Fortbildungskosten – Rückzahlung als Vertragsstrafe

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

Az: 25 Sa 29/09

Urteil vom 12.11.2009


In Sachen hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 25. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2009 für Recht erkannt:

I. 1. Hinsichtlich der von dem Beklagten widerklagend erhobenen Stufenklage wird die Nebenintervention zugelassen.

2. Im Übrigen wird die Nebenintervention zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

II. Auf die Berufung des Beklagten wird – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen – das Teilurteil des Arbeitsgerichts Senftenberg vom 12. September 2008 – 4 Ca 381/07 – teilweise abgeändert und insgesamt teilweise zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird gesamtschuldnerisch mit dem Nebenintervenienten verurteilt,

a) der Klägerin über den in der Zeit vom 1. November bis zum 31. Dezember 2006 von der Klägerin erzielten Umsatz Auskunft zu erteilen durch Vorlage einer Zusammenstellung der in Rechnung gestellten Beträge und Zahlungseingänge und Vorlage der von der Klägerin bearbeiteten Akten einschließlich der Kostenblätter sowie der Kontoauszüge,

b) an die Klägerin 69,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. März 2007 zu zahlen,

c) an die Klägerin die elektronische Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2006 herauszugeben.

2. Die Klage bezüglich des geltend gemachten Anspruchs auf Lohnabrechnungen sowie die Widerklage werden abgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Berufungskläger zu tragen.

Die Kosten der Nebenintervention haben der Berufungskläger zu 74,45 % und der Nebenintervenient zu 25,55 % zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über Ansprüche der Klägerin auf Umsatzbeteiligung im Wege der Stufenklage, auf Fahrkostenerstattung und Herausgabe einer Lohnabrechnung und Lohnsteuerbescheinigung sowie über Ansprüche des Beklagten auf Zahlung einer Vertragsstrafe, Rückzahlung von Arbeitsentgelt, Schadensersatz bzw. Herausgabe der Einnahmen wegen unzulässigen Wettbewerbs im Wege der Stufenklage und Rückzahlung von Fortbildungskosten.

Der Beklagte ist als Rechtsanwalt in Senftenberg tätig. Ab Dezember 2001 betrieb er mit dem Nebenintervenienten auf der Grundlage des Sozietätsvertrages vom 30. November 2000 unter dem Namen „Sch. & Dr. G., Rechtsanwälte Berlin-Cottbus-Frankfurt/Oder-Senftenberg“ zunächst eine Vorsozietät und von Dezember 2001 bis Anfang Januar 2007 eine Sozietät (H. & St. GbR). Wegen des Inhalts des Sozietätsvertrages wird auf dessen Ablichtung (Bl. 393 – 399 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin war in der Sozietät ab Juli 2002 als angestellte Rechtsanwältin zuletzt auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 5./9. Mai 2005 gegen ein monatliches Festgehalt von 1.800,00 EUR brutto nebst Umsatzbeteiligung beschäftigt. Ferner war vereinbart, dass die Klägerin für die betriebliche Nutzung ihres privaten Kraftfahrzeuges Kostenerstattung in Höhe von 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer erhält.

Der Arbeitsvertrag vom 5./9. Mai 2005 (Bl. 8. – 12 d. A.) enthält – sprachlich bereinigt – u. a. folgende Regelungen:

„§ 4 – Vergütung

Die Angestellte erhält für ihre Tätigkeit ein Gehalt in Höhe von 1.800,00 EUR brutto. Daneben erhält Frau Rechtsanwältin R. eine monatliche Umsatzbeteiligung, welche jeweils zum 25. des übernächsten Monats fällig wird. Diese Beteiligung beträgt bei einem durch Frau Rechtsanwältin R. erwirtschaftetem Umsatz von über 2.500,00 EUR netto, d. h. ohne Umsatzsteuer, 20 % bezogen auf die von ihr bearbeiteten Mandate. Hierbei handelt es sich um solche Mandate, welche auf Frau Rechtsanwältin R. angelegt werden, was dadurch ersichtlich ist, dass sie bei den Angelegenheiten als Sachbearbeiterin geführt wird. Ausschlaggebend sind insoweit nicht die Umsätze anhand der in Rechnung gestellten Umsätze, sondern es kommt vielmehr auf den tatsächlichen Zahlungseingang an.

§ 7 – Nebentätigkeit

II.

Der Angestellten ist nicht gestattet, außerhalb der Kanzlei Mandate in eigenem Namen zu übernehmen.

§ 9 – Mandantenschutzklausel

I. Die Angestellte verpflichtet sich, nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis für die Dauer von einem Jahr keine Mandate von solchen Auftraggebern zu übernehmen, die während ihrer Tätigkeit für die Arbeitgeber zum Klientel der Arbeitgeber gehört haben.

II. Verstößt die Angestellte gegen ihre Unterlassungsverpflichtung nach der Mandantenschutzklausel ist sie verpflichtet, für jede Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges eine Vertragsstrafe zu zahlen, die das Zweifache des zuletzt von ihr bezogenen Monatsgehaltes beträgt.

§ 10 – Beendigung des Angestelltenverhältnisses

I. Das Arbeitsverhältnis kann beiderseitig mit der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden.

IV. Die Angestellte verpflichtet sich, eine Vertragsstrafe in Höhe einer Bruttomonatsvergütung zu zahlen, wenn sie das Arbeitsverhältnis ohne gerechtfertigten Grund vertragswidrig vorzeitig beendet.“

Unter dem 11. Oktober 2005 schlossen die Klägerin und die Sozietät einen Fortbildungsvertrag über die Teilnahme der Klägerin am Fachanwaltslehrgang für Mietrecht, wonach die Klägerin für den Lehrgang unter Gewährung von Erholungsurlaub freigestellt wird, die Lehrgangsgebühren sowie die Unterkunftskosten von der Sozietät getragen werden und die Klägerin zur Rückzahlung der Kosten verpflichtet ist, u. a. wenn sie das Arbeitsverhältnis vor Erlangung des Fachanwaltstitels oder innerhalb eines Jahres nach Erlangung des Fachanwaltstitels selbst kündigt. Wegen des weiteren Inhalts des Vertrages wird auf dessen Ablichtung (Bl. 75 f. d. A.) verwiesen. Ob und inwieweit die Klägerin Einfluss auf den Inhalt der Vereinbarung hatte, ist streitig. Der Lehrgang dauerte vom 21. Oktober 2005 bis zum 22. Januar 2006 und umfasste insgesamt sechs Blockveranstaltungen freitags bis sonntags. Im April 2006 beantragte die Klägerin die Erteilung des Fachanwaltstitels und erhielt diesen im Jahr 2007. Die Lehrgangskosten und die Hotelkosten in Höhe von insgesamt 2.685,00 EUR incl. USt. sowie die Bearbeitungsgebühr für den Antrag auf Erteilung des Fachanwaltstitels in Höhe von 385,00 EUR übernahm die Sozietät. Seit der erfolgreichen Teilnahme an dem Fachanwaltslehrgang warb die Sozietät mit der Klägerin als „Spezialistin für Mietrecht“.

Im Dezember 2006 kaufte die Klägerin die Kanzlei des verstorbenen Rechtsanwalts W. in Senftenberg. Als Übertragungszeitpunkt war der 25. Dezember 2006 vereinbart. Die Schlüssel zu der Kanzlei erhielt sie am 27. Dezember 2006. Am 19. Dezember 2006 erfuhr der Beklagte, der zum Abwickler der Kanzlei bestellt war, von dem beabsichtigten Erwerb. Am 20. Dezember 2006 wurde die Klägerin mit sofortiger Wirkung – widerruflich – freigestellt. Gleichzeitig forderte der Beklagte sie auf, ihr Büro sofort zu räumen, ihre privaten Sachen mitzunehmen, und den Kanzleischlüssel herauszugeben. Ferner sah er, bevor sie die Kanzlei verließ, ihre Sachen durch. Der weitere Sachverhalt ist zwischen den Parteien streitig. Seit Monatsbeginn hatte die Klägerin für die Sozietät eine Fahrstrecke von insgesamt 230 km zurückgelegt. Am 21. Dezember 2006 zahlte die Sozietät die Vergütung für Dezember 2006.

Am 27. Dezember 2006 vereinbarte Klägerin mit einem vermeintlichen Mandanten telefonisch über die Rufnummer der von ihr erworbenen Kanzlei W. einen Besprechungstermin für den 10. Januar 2007 und gab dabei an, auf Mietrecht spezialisiert zu sein.

Am 28. Dezember 2006 erschien in der Lausitzer Rundschau eine Stellenanzeige der H. & St. GbR für einen neuen Rechtsanwalt oder eine neue Rechtsanwältin. Ebenfalls am 28. Dezember 2006 kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis mit der Sozietät fristgemäß zum 31. Januar 2007. Am 29. Dezember 2006 wurde ihr ein Antrag des Beklagten auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Untersagung von Konkurrenztätigkeit zustellt. Daraufhin kündigte sie das Arbeitsverhältnis erneut außerordentlich zum 3. Januar 2007. Am 4. Januar 2007 wies das Arbeitsgericht Senftenberg den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurück.

Ebenfalls am 4. Januar 2007 kündigte der Beklagte den Sozietätsvertrag mit dem Nebenintervenienten außerordentlich fristlos, nachdem dieser zahlreiche, überwiegend von ihm selbst bearbeitete und einige vormals von der Klägerin bearbeitete Akten sowie u. a. sein Diktiergerät und seinen Namensstempel und den Rechnungsausgangsordner 2006 aus den gemeinsamen Kanzleiräumen entfernt und sich geweigert hatte, den Beklagten in dem einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Senftenberg zu unterstützen. Seitdem führt der Beklagte die Kanzlei allein weiter.

Seit dem 8./9. Januar 2009 ist der Nebenintervenient in den Räumen der von der Klägerin erworbenen Kanzlei tätig. Zwischenzeitlich haben die Klägerin und der Nebenintervenient eine Sozietät gegründet.

In der Folgezeit beantragte der Beklagte weitere einstweilige Verfügungen, darunter eine gegen Klägerin und den Nebenintervenienten beim Landgericht Cottbus auf Herausgabe von Akten und Buchungsunterlagen. Am 18. Januar 2007 wandte sich die Klägerin zunächst telefonisch und am 22. Januar 2007 schriftlich an den Geschäftsführer der Rechtsanwaltkammer Brandenburg, Herrn Dr. S., und beantragte die Durchführung eines Schlichtungsgesprächs mit dem Ziel, von dem Beklagten in ihrer selbstständigen Anwaltstätigkeit nicht länger beeinträchtigt zu werden, dass eine aktive Mandantenabwerbung durch den Beklagten zukünftig unterbleibe und eine Regelung zu ihr noch zustehenden Vergütungsansprüchen getroffen werde. Wegen des weiteren Inhalts des Schreiben vom 22. Januar 2009 wird auf den Akteninhalt (Bl. 153 – 157 d. A.) Bezug genommen. Das Gespräch fand am 24. Januar 2007 statt, führte jedoch zu keinem Ergebnis. Anschließend fand ein weiteres Gespräch zwischen Herrn Dr. S., dem Beklagten und dem Nebenintervenienten statt. Am 25. Januar 2007 schlossen der Beklagte und der Nebenintervenient vor dem Landgericht Cottbus einen Vergleich (Bl. 522 ff. d. A.). Den Antrag gegen die Klägerin nahm der Beklagte zurück.

Mit Schreiben vom 19. März 2009 (Bl. 135 ff. d. A.) machte der Beklagte gegenüber der Klägerin den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Januar 2007 geltend und forderte sie u. a. auf, einen Teil ihres Nettoentgelts für den Monat Dezember 2006 zurückzuzahlen und bis zum 26. März 2007 Auskunft zu erteilen, zu welchen Mandanten der vormaligen Sozietät H. & St. sie Kontakt aufgenommen, welche Mandate sie angenommen und welche Gebühren sie vereinnahmt habe. Weiter verlangte er die Zahlung der in § 10 Ziff. IV des Arbeitsvertrages vereinbarten Vertragsstrafe und die Rückzahlung der im Zusammenhang mit der Erlangung des Fachanwaltstitels aufgewendeten Kosten. Mit Schreiben vom 21. März 2007 (Bl. 13 f. d. A.) forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 28. März 2007 letztmalig auf, Auskunft über die von ihr in den Monaten November und Dezember 2006 erzielten Umsätze zu erteilen, die sich daraus ergebende Umsatzbeteiligung sowie die ihr zustehende Fahrkostenerstattung zu zahlen und ihr die elektronische Lohnsteuerbescheinigung für da Jahr 2006 aushändigen. Mit Schreiben vom 26. März 2007 (Bl. 429 ff. d. A.) wies sie die vom Beklagten geltend gemachten Ansprüche zurück. Auf ein weiteres Schreiben des Beklagten vom 17. April 2007, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, reagierte die Klägerin nicht.

Mit der am 5. Juni 2007 beim Arbeitsgericht Senftenberg eingegangenen Klage hat die Klägerin ihre Ansprüche weiterverfolgt. Mit der am 21. Juni 2007 eingegangenen Widerklage hat der Beklagte die Klägerin u. a. auf Vertragsstrafe in Höhe eines durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts, auf Rückzahlung des Arbeitsentgelts für die Zeit vom 25. bis zum 31. Dezember 2006, auf Auskunft und Zahlung von Schadensersatz bzw. Herausgabe der Einnahmen bis zum 31. Januar 2007 in Anspruch genommen. Klageerweiternd hat er die Rückzahlung der Kosten des Fachanwaltslehrgangs und der Antragsbearbeitungsgebühr verlangt. Ferner hat der Beklagte dem Nebenintervenienten den Streit verkündet.

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Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, der Klägerin über den in der Zeit vom 1. November 2006 bis zum 31. Dezember 2006 von der Klägerin erzielten Umsatz durch Vorlage der Buchungsunterlagen und Kostenblätter, der von der Klägerin bearbeiteten Akten sowie Kontoauszüge Auskunft zu erteilen;

2. den Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die sich aus der Auskunft ergebene Umsatzbeteiligung an die Klägerin zu zahlen;

3. den Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin die ihr entstandenen Fahrtkosten für den Monat Dezember 2006 in Höhe von 69,00 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. März 2007 zu zahlen;

4. den Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin folgende Arbeitspapiere herauszugeben:

a) Lohnabrechnung für die Umsatzbeteiligungen für die Monate November 2006 und Dezember 2006,

b) elektronische Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2006.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, er könne die von der Klägerin begehrte Auskunft nicht erteilen, weil ihm die hierfür benötigten Unterlagen zumindest nicht mehr vollständig zur Verfügung stünden. Ferner meint der Beklagte, die Regelung in der Präambel des Sozietätsvertrages, wonach im Fall einer Auflösung der Sozietät, die Kanzlei von ihm allein weiterbetrieben werde, greife auch im Fall einer Kündigung nach § 11 des Sozietätsvertrages. Es sei deshalb auch für die mit der Widerklage geltend gemachten Forderungen aktivlegitimiert. Jedenfalls sei er hierzu nach dem Grundsatz actio pro socio berechtigt. Da die Klägerin seit dem 25. Dezember 2006 eine eigene Kanzlei betreibe, müsse sie die Vergütung für sechs Kalendertage zurückzahlen. Gründe, die die außerordentliche Kündigung vom 29. Dezember 2006 rechtfertigen könnten, seinen nicht gegeben. Die Einzige, die im Zusammenhang mit der Freistellung laut und emotional geworden sei, sei die Klägerin gewesen. Sie schulde deshalb eine Vertragsstrafe, die sich nach ihrer durchschnittlichen Bruttovergütung von 2.695,88 EUR im Zeitraum von Dezember 2005 bis November 2006 bemesse. Ferner sei sie zur Rückzahlung der arbeitgeberseitig übernommen Fortbildungskosten einschließlich der Bearbeitungsgebühr für den Fachanwaltsantrag und zum Schadensersatz bzw. sonstigen Zahlungen wegen Verstoßes gegen das vertragsimmanente Wettbewerbsverbot verpflichtet. Die Ausbildung zum Fachanwalt ende naturgemäß erst mit der erfolgreichen Erlangung des Fachanwaltstitels. Die Ansprüche wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot seien nicht verjährt. Die Ansprüche seinen Gegenstand des Schlichtungsgesprächs mit Herrn Dr. S. gewesen sein, weshalb die Verjährung gehemmt worden sei. Da eine abschließende Einigung nicht möglich gewesen sei, sei man übereingekommen, ein Schlichtungsverfahren vor der Rechtsanwaltskammer durchzuführen. Hierauf habe er die Klägerin nochmals mit Schreiben vom 17. April 2007 hingewiesen. Vorsorglich für den Fall der Verjährung hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 29. Juli 2008 die Aufrechnung gegen die von der Klägerin geltend gemachte Fahrkostenerstattung und Umsatzbeteiligung erklärt.

Widerklagend hat der Beklagte – soweit noch von Interesse – sinngemäß beantragt,

1. die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 2.695,88 EUR netto zuzüglich fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27. März 2007 zu zahlen, hilfsweise an die H. & St. GbR in Abwicklung;

2. die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 353,29 EUR brutto zuzüglich fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27. März 2007 zu zahlen, hilfsweise an die H. & St. GbR in Abwicklung;

3. die Klägerin zu verurteilen,

a) dem Beklagten Auskunft darüber zu erteilen, zu welchen Mandanten der vormaligen Sozietät H. & St. entweder die Klägerin persönlich oder durch Dritte, sei es mündlich, schriftlich, fernmündlich oder in sonstiger Form oder durch Briefkopf, der die Klägerin als Anwältin ausweist, bis zum 31. Januar 2007 Kontakt aufgenommen hat und welche Mandanten in diesem Zeitraum durch sie oder durch die Sozietät, der sie angehört, angenommen worden sind, und schließlich Auskunft zu erteilen, in welche Höhe die Klägerin oder die Sozietät, der sie angehört, über die aufgrund dieser Mandantenannahmen vereinnahmten Vergütungen,

b) die Auskunft durch geeignete Nachweise zu belegen,

c) die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten einen nach Auskunftserteilung noch zu beziffernden Schadenersatz oder nach dessen Wahl die von näher konkretisierten Mandanten vereinnahmten Gebühren auszuzahlen;

4. […]

5. die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 3.070,00 EUR netto zuzüglich fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27. März 2007 zu zahlen, hilfsweise an die H. & St. GbR in Abwicklung.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Klägerin hat eingewandt, die Fortsetzungsklausel in der Präambel des Sozietätsvertrages beziehe sich nur auf die Vorgesellschaft. Weiter behauptet die Klägerin, im Zeitraum vom 25. bis zum 31. Dezember 2006 habe sie keine Einnahmen erzielende Tätigkeit durchgeführt und auch keine Einnahmen erzielt. Sie sei auch berechtigt gewesen, dass Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. Die Freistellung sei im Beisein von Mandanten in einem unsachlichen und lauten Ton erfolgt. Da die Freistellung einem „Rauschmiss“ gleichgekommen sei, habe sie davon ausgehen müssen, dass die H. & St. GbR in keinster Weise an der Fortführung des Arbeitsverhältnisses interessiert gewesen sei. Am 29. Dezember 2006 sei des Vertrauensverhältnis auch auf Grund weiterer Vorfälle, die sie ausführt, so erheblich erschüttert gewesen, dass es ihr nicht zumutbar gewesen sei, das rein formell aufrechterhaltene Arbeitsverhältnis fortbestehen zu lassen. Die Geltendmachung des Wettbewerbsverbots verstoße gegen Treu und Glauben. Außerdem seien etwaige Ansprüche des Beklagten nach § 61 Abs. 2 HGB verjährt. Ansprüche des Beklagten seien während des Gesprächs mit Herrn Dr. S. nicht behandelt worden. Der Beklagte habe die Ansprüche erstmals mit Schreiben vom 19. März 2007 geltend gemacht. Mit Schreiben vom 14. April 2007 habe er sie zur Stellungnahme aufgefordert, ob sie hinsichtlich der Ansprüche ein Schlichtungsverfahren vor der Rechtsanwaltskammer Brandenburg durchführen möchte. Darauf habe sie nicht reagiert. Die Verpflichtung zur Rückzahlung der Fortbildungskosten sei mit Art. 12 GG nicht zu vereinbaren.

Mit Teilurteil vom 12. September 2008, auf dessen Tatbestand (Bl. 226- 238 d. A.) wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht der Klage im Hinblick auf den Auskunftsanspruch, die Fahrkostenerstattung und die Herausgabe der Lohnabrechnung und der Lohnsteuerbescheinigung stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, der Beklagte hafte für Verbindlichkeiten der Gesellschaft zum einen als ehemaliger Gesellschafter der Rechtsanwälte H. & St. GbR und zum anderen als Übernehmer der Gesellschaft gemäß der Präambel des Sozietätsvertrages. Die Klägerin könne nach § 242 BGB Auskunft über den von ihr in der Zeit von 1. November bis zum 31. Dezember 2006 erzielten Umsatz verlangen. Der Klägerin stünden auch die übrigen geltend gemachten Ansprüche zu. Die Entgeltabrechnungen für die Monate November und Dezember 2006 stellten keine nachvollziehbaren Abrechnungen der Umsatzbeteiligung dar. Die widerklagend geltend gemachten Ansprüche seien hingegen nicht gegeben. Die Klägerin habe aus von dem Beklagten zu vertretenden Gründen zu Recht außerordentlich gekündigt. Dafür, dass die Klägerin in der Zeit vom 25. bis zum 31. Dezember 2006 eine gewinnbringende anwaltliche Tätigkeit durchgeführt habe bzw. gegen das vertragsimmanente Wettbewerbsverbot verstoße habe, habe der Beklagte keinen Beweis angetreten. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 238 bis 244 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses dem Beklagten am 5. Dezember 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. Dezember 2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung des Beklagten, welche er nach Verlängerung der Berufungsbegründungfrist bis zum 5. März 2009 mit am 5. März 2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Hinsichtlich des erstinstanzlich abgewiesenen Widerklageantrages zu 4. hat er keine Berufung eingelegt.

Mit Schriftsatz vom 10. September 2009 (Bl. 452 d. A.), der den Parteien am 21. September 2009 zunächst formlos übersandt und am 22. Oktober 2009 zugestellt worden ist, ist der Nebenintervenient dem Rechtsstreit auf der Seite der Klägerin beigetreten, nachdem er bereits in der mündlichen Verhandlung am 27. August 2009 seinen Beitritt erklärt und diesen damit begründet hat, er befürchte Regressansprüche seitens des Beklagten (Bl. 443 f. d. A.).

Der Beklagte vertieft – unter teilweiser Wiederholung – sein erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt er vor, den im Computer befindlichen Aktendaten sei nicht mehr zu entnehmen, welche Akten die Klägerin vormals als Sachbearbeiterin geführt habe. Es sei auch unzutreffend, dass eine Sachbearbeiterzuordnung allein anhand der Farbe des Aktendeckels möglich sei. Ferner fehlten die Originalkontoauszüge ab dem 23. Dezember 2006 bis zum 28. Dezember 2006. Die Freistellung habe sich nicht vor Mandanten abgespielt, insbesondere habe er vor Mandanten keine Taschenkontrolle durchgeführt. Zunächst sei die Tür zum Flur zwar nur angelehnt gewesen, was er nicht bemerkt habe. Auf Bitten der Klägerin sei sie dann jedoch geschlossen worden. Die Freistellung sei auch bewusst nur widerruflich erfolgt, um die Klägerin ggf. zu Terminsvertretungen heranziehen oder nach dem Inhalt und dem Stand der von ihr bearbeiteten Akten befragen zu können. Damals sei es auch noch möglich gewesen, dass Arbeitsverhältnis jederzeit fortzusetzen. Bei dem Fortbildungsvertrag handele es sich um eine individuelle Vereinbarung, auf deren Inhalt man sich gemeinsam verständigt habe. Dabei sei auch über die Bindungsdauer gesprochen worden und die Rückzahlungsklausel auf Anregung der Klägerin ergänzt worden. Während des Schlichtungsgesprächs am 24. Januar 2007 seien im Zusammenhang mit dem Verstoß der Klägerin gegen das Wettbewerbsverbot auch Schadensersatzansprüche dem Grunde und der Höhe nach erörtert worden. Da die Zeit für eine Schlichtung nicht ausreichend gewesen sei, habe Herr Dr. S. vorgeschlagen, eine gütliche Einigung durch Vermittlung der Anwaltskammer anzustreben. Das Auskunftsverlangen beziehe sich auch auf § 615 Satz 2 BGB. Die Nebenintervention sei unzulässig, weil ein rechtliches Interesse des Nebenintervenienten, dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beizutreten, nicht ersichtlich sei. Zudem stehe der Nebenintervention die im Sozietätsvertrag getroffene Schiedsvereinbarung entgegen.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Arbeitsgerichts Senftenberg – 4 Ca 381/07 – abzuändern und

1. die Klage abzuweisen;

2. auf die Widerklage, die Klägerin zu verurteilen,

a) an den Beklagten, hilfsweise an die H. & St. GbR in Abwicklung 2.695,88 EUR netto sowie 353,29 EUR brutto und 3.070,00 EUR netto jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. März 2007 zu zahlen,

b) Auskunft darüber zu erteilen, welche Mandate die Klägerin oder die R. & St. GbR in der Zeit vom 25. Dezember 2006 bis zum 31. Januar 2007 angenommen hat, welche Einnahmen die Klägerin oder die R. & St. GbR im Zeitraum vom 25. Dezember 2006 bis um 31. Januar 2007 erhalten hat und welche Kostennoten in diesem Zeitraum durch die Klägerin oder R. & St. GbR gelegt worden sind,

c) die zu erteilende Auskunft durch geeignete Nachweise, insbesondere Kontoauszüge und Vorlage von Kostennoten zu belegen,

d) erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben an Eides statt zu versichern,

e) die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten einen nach Auskunftserteilung noch zu beziffernden Schadenersatz oder nach dessen Wahl die vereinnahmten Gebühren auszuzahlen.

Ferner beantragt der Beklagte und Berufungskläger,

die Nebenintervention zurückzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Nebenintervenient schließt sich dem Antrag der Klägerin und Berufungsbeklagten an und beantragt im Übrigen,

die Nebenintervention zuzulassen.

Die Klägerin verteidigt – unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens – das angefochtene Urteil. Weiter trägt sie vor, die Akten, die der Nebenintervenient an sich genommen habe, seien für die Auskunftserteilung nicht von Bedeutung, weil es um Zahlungseingänge im November und Dezember 2006 und damit um abgeschlossene bzw. bereits abgelegte Akten gehe. Eine Zuordnung der Akten sei auch anhand der Farbe der Aktendeckel möglich. Ihre Akten seinen violett, die des Beklagten grün und die des Nebenintervenienten blau eingebunden gewesen. Die fristlose Kündigung sei nicht nur wegen der Art und Weise der Freistellung, die der Mandant im angrenzenden Wartezimmer wegen der offenen Tür mitbekomme habe und letztlich in seinem Beisein erfolgt sei, sondern auch wegen der Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens berechtigt gewesen. Bei dem Mandanten und den anderen Angestellten sei der Eindruck erweckt worden, sie habe sich eine schwere Verfehlung zuschulden kommen lassen. Mit der Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens sei dann noch ein weiterer Umstand hinzugekommen, durch den das Vertrauensverhältnis noch weiter erheblich gestört worden sei. Wenn der Beklagte, obwohl er an dem Arbeitsverhältnis ersichtlich selbst nicht habe festhalten wollen und zudem im Dezember einen neuen Rechtsanwalt oder eine neue Rechtsanwältin gesucht habe, ihr nunmehr vorwerfe, sie erfülle ihre vertraglichen Pflichten nicht, sei sein Verhalten nicht nur widersprüchlich, sondern letztlich Schikane. Auf den Inhalt des Fortbildungsvertrages habe sie keinen Einfluss gehabt. Sie habe den Vertrag wie abgeschlossen zur Unterschrift vorgelegt bekommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz sowie des Vorbringens des Nebenintervenienten wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 5. März 2009 (Bl. 289 – 297 d. A.), vom 24. August 2009 (Bl. 411 – 414 d. A.), vom 18. September 2009 (Bl. 456 – 457 d. A.), vom 24. September 2009 (Bl. 465 – 471 u. 473 d. A.) und vom 12. November 2009 (Bl. 518 – 521 d. A.), die Schriftsätze der Klägerin vom 7. Mai 2009 (Bl. 346 – 351 d. A.), vom 25. August 2009 (Bl. 422 – 428 d. A.) und vom 27. Oktober 2009 (Bl. 490 – 496 d. A.) und auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen am 27. August 2009 (Bl. 443 – 446 d. A.) und 12. November 2009 (Bl. 506 – 508 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die Berufung hat in der Sache ganz überwiegend keinen Erfolg.

I. Die Berufung ist zulässig.

Die Berufung ist nach § 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 Buchstabe b ArbGG statthaft und form- und fristgerecht im Sinne von § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden. Soweit der Beklagte die Widerklageanträge innerhalb der Berufungsbegründungsfrist teilweise umformuliert, eingeschränkt und erweitert hat, bestehen nach § 64 Abs. 6, § 67 ArbGG, §§ 263, 264, 525, 533 ZPO keine prozessualen Bedenken.

1. Schon die erstinstanzlichen Zinsanträge waren im Rahmen des § 308 Abs. 1 ZPO so zu verstehen, dass der Beklagte Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und nicht etwa nur in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz begehrt (vgl. OLG Hamm vom 05.04.2005 – 21 U 149/04 -, NJW 2005, 2238; für viele Palandt-Heinrichs, § 288 Rn. 7; offen gelassen BAG vom 02.03.2004 – 1 AZR 271/03 -, AP Nr. 31 zu § 3 TVG; wie selbstverständlich z. B. BAG vom 17.11.2005 – 6 AZR 160/05 – AP Nr. 45 zu § 611 BGB Kirchenrecht, dazu Oesterle, jurisPR-ArbR 33/2006 Anm. 3).

2. Soweit der Beklagte im Rahmen der Stufenklage sein Auskunftsbegehren über die Mandanten der vormaligen H. & St. GbR hinaus auf sämtliche Mandanten erweitert und die Anträge durch einen Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ergänzt hat, handelt es sich um eine stets zulässige Modifizierung i. S. d. § 264 Nr. 2 ZPO, weil sich der Klagegrund, die Geltendmachung von Schadensersatz bzw. der Herausgabe der Einnahmen wegen unzulässigen Wettbewerbs in der Zeit vom 25. Dezember 2006 bis zum 31. Januar 2007 nicht geändert hat. Aber auch dann, wenn man darin eine Klageänderung i. S. d. § 263 ZPO sieht, wäre diese nach § 533 ZPO zulässig, weil sie aus prozessökonomischen Gründen sachdienlich ist und auf Tatsachen gestützt wird, die der Entscheidung im Berufungsverfahren nach § 67 ArbGG ohnehin zugrunde zu legen sind. Im Übrigen handelt es sich um ergänzende Konkretisierungen bzw. Berichtigungen der ursprünglichen Anträge, die, wenn man nicht schon im Wege der Auslegung zu dem gleichen Ergebnis kommt, jedenfalls nach § 264 Nr. 1 ZPO ohne weiteres zulässig sind.

II. Die Berufung ist jedoch nur begründet, soweit das Arbeitsgericht den Beklagten zur Herausgabe von Lohnabrechnungen bezüglich der Umsatzbeteiligungen für die Monate November 2006 und Dezember 2006 verurteilt hat. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

1. Die Klage ist mit den sich aus dem Tenor des Berufungsurteils ersichtlichen Klarstellungen zulässig und bis auf die geltend gemachte Lohnabrechnung auch begründet.

a) Die Klageanträge sind zulässig.

aa) Bei den Klageanträgen zu 1. und 2., mit denen die Klägerin Auskunft über die von ihr in den Monaten November und Dezember 2006 erzielten Umsätze und Zahlung der arbeitsvertraglich vereinbarten Umsatzbeteiligung begehrt, handelt es sich um eine nach § 254 ZPO zulässige Stufenklage. Das Auskunftsbegehren, über das das Arbeitsgericht durch das Teilurteil entschieden hat, ist unter Berücksichtigung der gebotenen Auslegung auch hinreichend bestimmt i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Nach § 254 ZPO kann in Abweichung vom Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO mit einer Klage auf Auskunft (Rechnungslegung) eine zunächst unbestimmte Zahlungsklage verbunden werden, wenn die klagende Partei ohne die Auskunft nicht in der Lage ist, den Zahlungsanspruch zu beziffern und die begehrte Auskunft zumindest auch dem Zweck der Bezifferung des Zahlungsanspruchs dient (vgl. BGH vom 02.03.2000, – III ZR 65/99 -, NJW 2000, 1645; BAG vom 01.12.2004 – 5 AZR 664/03 -, AP Nr. 38 zu § 242 BGB Auskunftspflicht und vom 21.11.2000 – 9 AZR 665/99 – AP Nr. 35 zu § 242 BGB Auskunftspflicht). Die Klägerin kann die auf der Grundlage des § 4 des Arbeitsvertrages vom 5./9. Mai 2005 beanspruchte Umsatzbeteiligung für die Monate November und Dezember 2006 nur beziffern, wenn sie Kenntnis von den von ihr in den fraglichen Monaten erzielten Umsätzen hat. Das Auskunftsbegehren dient damit der Bestimmung des Zahlungsanspruchs.

Das Auskunftsbegehren ist im Rahmen des § 308 Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des erst- und zweitinstanzlichen Vorbringens der Klägerin dahin auszulegen, dass der Beklagte als Gesamtschuldner mit dem Nebenintervenienten in Anspruch genommen wird und die Klägerin die Vorlage einer Zusammenstellung der in Rechnung gestellten Beträge und Zahlungseingänge begehrt. Dies ergibt sich daraus, dass als Gesamtschuldner mit dem Beklagten nur der Nebenintervenient in Frage kommt und es der Klägerin in Anbetracht der arbeitsvertraglichen Vergütungsregelung für den Beklagten erkennbar von Anfang an darum ging, zu erfahren, welche Beträge in den von ihr als Sachbearbeiterin bearbeiteten Akten in Rechnung gestellt und beglichen wurden. So verstanden ist der Antrag hinreichend bestimmt i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

bb) Gegen die Zulässigkeit der weiteren Anträge bestehen ebenfalls keine Bedenken.

b) Die Klage ist bis auf den geltend gemachten Abrechnungsanspruch auch begründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten Auskunft bezüglich der von ihr in den Monaten November und Dezember 2006 erzielten Umsätze nebst Nachweisen verlangen sowie die Zahlung von 69,00 EUR Fahrkostenerstattung und die Herausgabe der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2006. Hingegen hat sie keinen Anspruch auf Herausgabe – richtigerweise auf Erteilung – einer Lohnabrechnung bezüglich ihrer Umsatzbeteiligung für die Monate November und Dezember 2006.

aa) Der Auskunftsanspruch ist begründet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der vereinbarten Umsatzbeteiligung um eine Art Umsatzprovision handelt und die Klägerin deshalb schon entsprechend den §§ 65, 87c HGB einen Anspruch auf Rechnungslegung hat (dazu Küttner-Griese, Stichwort Provision Rn. 2 u. 24). Denn jedenfalls ergibt sich der Anspruch aus arbeitsvertraglicher Nebenpflicht nach § 242 BGB.

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts besteht auch außerhalb einer gesetzlich oder vertraglich besonders geregelten Rechnungslegung ein Auskunftsrecht, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen tatsächlichen Angaben unschwer machen kann (BAG vom 21.11.2000 – 9 AZR 665/99 -, aaO.; vom 01.12.2004 – 5 AZR 664/03 -, aaO., jeweils m. w. N.). Innerhalb vertraglicher Beziehungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, kann der Auskunftsanspruch auch die Funktion haben, dem Berechtigten Informationen über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach zu verschaffen (BAG vom 01.12.2004 – 5 AZR 664/03 -, aaO.). In diesem Fall setzt er nicht voraus, dass der Anspruch dem Grunde nach bereits feststeht. Das wahrscheinliche Bestehen ist ausreichend (BAG vom 21.11.2000 – 9 AZR 665/99 -, aaO., m. w. N.). Weiter ist bei Dauerschuldverhältnissen, insbesondere einem Arbeitsverhältnis auf Grund der sich aus diesem ergebenden spezifischen Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB), der Verpflichtete schon dann zur Auskunft verpflichtet, wenn dies keine übermäßige Belastung für ihn darstellt (vgl. BAG vom 01.12.2004 – 5 AZR 664/03 -, aaO.). Für den Inhalt des Auskunftsanspruchs gilt § 259 BGB entsprechend (vgl. BAG vom 21.11.2000 – 9 AZR 665/99 -, aaO.).

(2) Bei Anwendung dieser Grundsätze steht der Klägerin die begehrte Auskunft einschließlich der Vorlage der von ihr verlangten Nachweise zu.

Nach § 4 des Arbeitsvertrages vom 5./9. Mai 2005 hat die Klägerin bei einem im jeweiligen Monat erwirtschafteten Umsatz von über 2.500,00 EUR netto bezogen auf die von ihr bearbeiteten Mandate einen Anspruch auf eine Umsatzbeteiligung in Höhe von 20 % der in Rechnung gestellten und durch Zahlungseingang realisierten Umsätze. Gemessen an den Umsatzbeteilungen aus den vorangegangenen zwölf Monaten (Entgeltabrechnungen von Dezember 2005 bis November 2006, Bl. 185 bis 206 d. A.) ist zumindest wahrscheinlich, dass sie auch im November und Dezember 2006 Umsätze von über 2.500,00 EUR netto monatlich erzielt hat.

Der Beklagte ist entgegen seiner Behauptungen ohne übermäßige Belastungen in der Lage, die begehrte Auskunft zu erteilen. Die in Rechnung gestellten Beträge lassen sich zum einen aus den in den von der Klägerin bearbeiteten Akten befindlichen Kostenblättern und zum anderen aus den im Computer der Kanzlei vorgenommenen Buchungen entnehmen. Entsprechendes gilt für die Zahlungseingänge. Letztere sind zudem aus den Kontoauszügen ersichtlich. Der Umstand, dass der Nebenintervenient Anfang Januar 2007 nicht nur die von ihm bearbeiteten, sondern auch einige vormals von der Klägerin bearbeitete Akten aus den Kanzleiräumen mitgenommen hat, steht dem nicht entgegen. Denn bei den Akten, auf die sich das Auskunftsbegehren bezieht, kann es sich – worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat – nur um abgeschlossene bzw. schon abgelegte Akten handeln. Dass sich unter den Akten, die der Nebenintervenient mitgenommen hat, auch abgeschlossene Akten befinden, hat der Beklagte nicht behauptet und ist angesichts dessen, dass der Nebenintervenient die Akten mitgenommen hat, um diese weiterzubearbeiten, auch unwahrscheinlich. Sollten dem Beklagten die Original-Kontoauszüge für den Zeitraum vom 23. bis zum 31. Dezember 2009 nicht zur Verfügung stehen, könnte er sich bei der Bank Zweitausfertigungen besorgen. Soweit sich dem Buchungsprogramm nicht mehr entnehmen lässt, welche Akten die Klägerin bearbeitet hat, und sich dies auch nicht in allen Fällen anhand der Farbe des Aktendeckels feststellen lässt, ändert dies ebenfalls nichts daran, dass dem Beklagten die Erteilung der begehrten Auskunft zumutbar ist. Denn den einzelnen Akten dürfte unschwer zu entnehmen sein, ob die Klägerin oder der Nebenintervenient das jeweilige Mandat bearbeitet hat. Welche Mandate der Beklagte selbst bearbeitet hat, sollte er ohne Prüfung der Akten wissen. Eine übermäßige Belastung stellt dies nicht dar, zumal die Zahlungseingänge ohnehin den jeweiligen Akten zugeordnet werden müssen, allein schon um festzustellen, bei welchen Zahlungseingängen es sich um Honorareinnahmen, Erstattung von Auslagen oder Fremdgelder handelt.

Die Klägerin hat entsprechend § 259 Abs. 1 BGB auch einen Anspruch auf Vorlage der von ihr bearbeiteten Akten einschließlich der Kostenblätter sowie der Kontoauszüge, um prüfen zu können, ob die Angaben des Beklagten zutreffend sind. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass es in der Sozietät üblich war, im Rahmen der monatlichen Abrechnung der Umsatzbeteiligung Belege vorzulegen. Jedoch war dies in der Vergangenheit auch nicht notwendig, weil die Klägerin selbst Zugriff auf die erforderlichen Informationen hatte.

(3) Soweit der Beklagte gegen den Anspruch auf Umsatzbeteiligung vorsorglich die Aufrechnung mit seinen Ansprüchen wegen Konkurrenztätigkeit der Klägerin erklärt hat, hindert dies den Auskunftsanspruch schon deshalb nicht, weil diese – wenn überhaupt – erst nach Bezifferung der Zahlungsforderung auf der dritten Stufe der Stufenklage zum Tragen kommt.

bb) Weiter steht der Klägerin Fahrkostenerstattung in Höhe von 69,00 EUR zu. Dagegen, dass der Anspruch dem Grunde und der Höhe nach entstanden ist, hat der Beklagte weder erst- noch zweitinstanzlich Einwände vorgebracht. Eine Aufrechnung mit etwaigen Gegenforderungen ist nach § 394 Satz 1 BGB i. V. m. § 850a Nr. 3 BGB ausgeschlossen (vgl. Zöller-Stöber, § 850a Rn. 7; Küttner-Griese, Stichwort Aufwendungsersatz Rn. 22). Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB i. V. m. § 247 BGB.

cc) Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Herausgabe einer elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2006. Der Anspruch folgt aus arbeitsvertraglicher Nebenpflicht i. V. m. § 41b Abs. 1 EStG.

dd) Hingegen hat die Klägerin bezogen auf die geltend gemachte Umsatzbeteiligung keinen Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung. Ein Anspruch auf Abrechnung von Arbeitsentgelt besteht nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO erst bei Zahlung des Arbeitsentgelts und nicht schon bei Fälligkeit, weil die Abrechnung ausschließlich der Information dient, wie der ausgezahlte Betrag zustande kommt (vgl. BAG vom 12.07.2006 – 5 AZR 646/05 -, AP Nr. 1 zu § 611 BGB Lohnabrechnung). Eine Auszahlung ist vorliegend gerade nicht erfolgt.

Soweit das Arbeitsgericht den Anspruch damit begründet hat, die Entgeltabrechnungen für die Monate November 2006 und Dezember 2006 seinen hinsichtlich der Umsatzbeteiligung nicht nachvollziehbar, hat es übersehen, dass sich diese Abrechnungen entsprechend der Fälligkeitsregelung in § 4 des Arbeitsvertrages nicht auf die Umsatzbeteiligung aus den Monaten November und Dezember 2006, sondern auf die Umsatzbeteiligung aus den Monaten September und Oktober 2006 beziehen.

ee) Der Beklagte ist hinsichtlich der der Klägerin zustehenden Ansprüche auch passiv legitimiert. Die Klägerin ist berechtigt, den Beklagten unmittelbar persönlich in Anspruch zu nehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Vermögen der H. & St. GbR einschließlich der Verbindlichkeiten infolge der fristlosen Kündigung des Sozietätsverhältnisses mit dem Nebenintervenienten vom 4. Januar 2007 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Beklagten als Übernehmer übergegangen ist – wie der Beklagte und ihm folgend das Arbeitsgericht meint – oder ob sich die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Stadium der Abwicklung nach § 730 BGB befindet – wie die Klägerin meint. Denn bei den Ansprüchen handelt es sich um Ansprüche, die von der Gesellschaft begründet wurden und entstanden sind, als die Gesellschaft noch bestand. Es handelt sich damit zweifellos um Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Als ehemaliger Gesellschafter haftet der Beklagte für diese nach der allgemein anerkannten Akzessorietätstheorie analog § 128 HGB grundsätzlich persönlich (vgl. Palandt-Sprau, § 714 Rn. 12; MüKo BGB-Ulmer/Schäfer, § 714 Rn. 34 ff.) und gesamtschuldnerisch mit dem Nebenintervenienten als weiteren Gesellschafter (vgl. Palandt-Sprau, § 714 Rn. 16; MüKo BGB-Ulmer/Schäfer, § 714 Rn. 56). Hieran hat sich auch nichts durch die Auflösung der Gesellschaft oder deren Beendigung und etwaige Übernahme durch den Beklagten geändert (vgl. Palandt-Sprau, § 714 Rn. 17; MüKo BGB-Ullmer/Schäfer, § 730 Rn. 85).

2. Die Widerklage ist ebenfalls zulässig, jedoch unbegründet.

a) Die Widerklageanträge in der im Berufungsverfahren modifizierten Fassung sind zulässig.

aa) Der Antrag zu 2. a) ist als bezifferter Zahlungsantrag ohne Weiteres zulässig. Bei den Anträgen zu 2. b) bis e) handelt es sich um eine nach § 254 ZPO zulässige Stufenklage. Der Beklagte kann den mit dem Antrag 2. e) geltend gemachten Zahlungsanspruch erst beziffern, wenn er die von ihm begehrte Auskunft erhalten und auch erst dann sinnvoll entscheiden, ob er Schadensersatz in Geld oder die Herausgabe der Einnahmen beanspruchen will (vgl. HWK-Diller, § 61 HGB Rn. 10). Das Auskunftsbegehren dient der näheren Bestimmung des Zahlungsanspruchs.

bb) Der Beklagte ist auch prozessführungsbefugt, soweit er Leistung an die Sozietät in Abwicklung verlangt. Es bedarf ebenfalls keiner Entscheidung, ob der Beklagte berechtigter Übernehmer der Kanzlei und damit Anspruchsinhaber ist oder ob es sich um Ansprüche der H. & St. GbR in Abwicklung handelt. Denn auch dann, wenn die H. & St. GbR in Abwicklung Anspruchsinhaberin ist, kann der Beklagte die Ansprüche in eigenem Namen gerichtlich geltend machen.

(1) Entgegen der Ansicht des Beklagten ergibt sich dies zwar nicht schon aus den Grundsätzen der actio pro socio. Denn nach diesen Grundsätzen können einzelne Gesellschafter Ansprüche der Gesellschaft im eigenen Namen im Wege der actio pro socio nur gegen Mitgesellschafter und nur aus dem Gesellschaftsverhältnis, sog. Sozialverbindlichkeiten, geltend machen (Musielak-Weth, § 51 Rn. 22; vgl. auch BGH vom 15.01.2001 – ZR 48/99 -, NJW 2001, 1210 [BGH 15.01.2001 – II ZR 48/99]; MüKo BGB-Ulmer, § 705 Rn. 207 ff.; Palandt-Sprau, § 714 Rn. 9; Zöller-Vollkommer, vor § 50 Rn. 23). Ansprüche gegen Dritte können hingegen grundsätzlich nur von der Gesellschaft selbst und damit nach § 709 Abs. 1 BGB in der Regel nur von allen Gesellschaftern gemeinsam geltend gemacht werden (MüKo ZPO-Lindacher, Vorbem. zu den §§ 50 ff.; Musielak-Weth, aaO.). Dies gilt auch nach Auflösung der Gesellschaft, da die Geschäftsführung, wenn im Gesellschaftsvertrag nicht Abweichendes geregelt ist, nach § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB auch im Abwicklungsstadium nur allen Gesellschaftern gemeinsam zusteht (OLG Dresden vom 15.07.1999 – 19 U 1480/98 -, NZG 2000, 248; BGH vom 06.06.1955 – II ZR 233/53 -, BGHZ 17, 340). Eine Ausnahme von dieser Regel gilt nur dann, wenn sich die Mitgesellschafter in bewusstem Zusammenwirken mit dem Schuldner der Gesellschaft weigern, an der Geltendmachung von Forderungen der Gesellschaft mitzuwirken und dadurch gesellschaftswidrig eine sachgemäße Auseinandersetzung nach § 730 BGB verhindern (OLG Dresden vom 15.07.1999 – 19 U 1480/98 -, aaO.; vgl. auch BGH vom 30.10.1987 – V ZR 174/86 -; NJW 1988, 558, und vom 06.06.1955 – II ZR 233/53 -, aaO.).

(2) Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend gegeben. Ein berechtigtes Interesse des Beklagten an der Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Klägerin im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist ist gegeben, weil diese der Gesellschaft zu Gute kommen würden und auch nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass die geltend gemachten Ansprüche zu Recht bestehen. Dass der Nebenintervenient nicht bereit ist, den Beklagten darin zu unterstützen, wird schon dadurch deutlich, dass er im vorliegenden Verfahren nicht den Beklagten unterstützt, sondern im Gegenteil dem Rechtsstreit auf der Seite der Klägerin beigetreten ist. Dass die Klägerin an dem gesellschaftswidrigen Verhalten beteiligt ist, steht ebenfalls nicht in Frage, zumal sie den Nebenintervenienten Anfang Januar 2007 in die von ihr erworbene Kanzlei aufgenommen hat, beide mittlerweile eine Sozietät betreiben und sie ein erhebliches Interesse daran hat, ihre Rechtsposition dadurch zu stärken, dass der Nebenintervenient dem Beklagten seine Unterstützung verweigert. So hat sie bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Senftenberg die fehlende Bevollmächtigung des vom Beklagten beauftragten Prozessbevollmächtigten durch den Nebenintervenient gerügt und auch im vorliegenden Verfahren die Aktivlegitimation des Beklagten in Abrede gestellt.

b) Die Widerklage ist nicht begründet. Es besteht weder einen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 2.695,88 EUR, noch auf teilweise Rückzahlung der Vergütung für Dezember 2006 in Höhe von 353,29 EUR brutto, noch auf Rückzahlung von Fortbildungskosten in Höhe von 3.070,00 EUR, noch ein durchsetzbarer Anspruch auf Schadensersatz oder Herausgabe der Einnahmen wegen Konkurrenztätigkeit in der Zeit vom 25. Dezember 2006 bis zum 31. Januar 2007. Es kann deshalb auch dahin gestellt bleiben, ob der Beklagte in Person aktiv legitimiert ist oder ob er die Forderungen nur zugunsten der H. & St. GbR in Abwicklung geltend machen kann.

aa) Die Klägerin ist nach § 10 Ziff. IV des Arbeitsvertrages vom 5./9. Mai 2005 nicht verpflichtet, an den Beklagten oder die H. & St. GbR in Abwicklung eine Vertragsstrafe zu zahlen, weil sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29. Dezember 2006 ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 3. Januar 2007 gekündigt hatte.

Zwar geht die Berufungskammer – anders als das Arbeitsgericht – davon aus, dass die Klägerin nach § 626 Abs. 1 BGB nicht zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt war und deshalb die Voraussetzungen für die Verwirkung der Vertragsstrafe nach § 10 Ziff. IV des Arbeitsvertrages grundsätzlich vorliegen. Denn auch dann, wenn man das Vorbringen der Klägerin zu den näheren Umständen der Freistellung am 20. Dezember 2006 zugrunde legt, war es ihr nicht unzumutbar, an dem Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Januar 2007 festzuhalten. Dafür spricht, dass sie nach ihrem eigenem Vorbringen trotz der Widerruflichkeit der Freistellung nicht damit rechnete, tatsächlich wieder zur Arbeitsleistung herangezogen zu werden, die Umstände der Freistellung zunächst offensichtlich selbst nicht als Grund für eine fristlose Kündigung ansah, sondern mit Schreiben vom 28. Dezember 2006 zunächst ordentlich kündigte, und die Tatsache, dass der Beklagte eine einstweilige Verfügung auf Unterlassen von Konkurrenztätigkeit beantragte, kein Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellt. Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an. Ebenso konnte offen bleiben, ob die Vertragsstrafe nach ihrem Sinn und Zweck und den konkreten Umständen ihrer Verwirkung der Höhe nach unverhältnismäßig i. S. d. 343 Abs. 1 BGB ist. Denn die Klägerin schuldet schon deshalb keine Vertragsstrafe, weil die Vertragsstrafenregelung gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt und deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.

(1) Die Vertragsstrafenklausel in § 10 Ziff. IV des Arbeitsvertrages unterliegt der Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB.

Nach dem Inhalt und der äußeren Gestaltung des Arbeitsvertrages vom 5./9. Mai 2009, handelt es sich um zum Zecke der Mehrfachverwendung vorformulierte Vertragsbedingungen und damit Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB, weil der Arbeitsvertrag überwiegend allgemeine, nicht auf das individuelle Vertragsverhältnis zugeschnittne Formulierungen enthält (vgl. BAG vom 20.05.2008 – 9 AZR 382/07 – AP Nr. 35 zu § 307 BGB; vom 18.12.2008 – 8 AZR 81/08 -, juris, jeweils m. w. N.). Dies gilt insbesondere auch für die Regelung in § 10 Ziff. IV des Arbeitsvertrages.

(2) Die Regelung verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie benachteiligt die Klägerin unangemessen, weil sie nicht klar und verständlich ist.

(a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BAG vom 14.08.2007 – 8 AZR 973/06 -, AP Nr. 28 zu § 307 BGB; vom 25.09.2008 – 8 AZR 717/07 -, AP Nr. 39 zu § 307 BGB), damit dieser sich bei Vertragsschluss hinreichend über die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen klar werden kann (BGH vom 06.12.2007 – VII ZR 28/07 -, NJW-RR 2008, 381). Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen müssen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich beschreibt. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (zum Ganzen BAG vom 14.08.2007 – 8 AZR 973/06 -, aaO.; vom 25.09.2008 – 8 AZR 717/07 -, aaO.; vgl. auch BAG vom 28.01.2009 – 4 AZR 987/07 -, AP Nr. 61 zu § 611 BGB Bühnenengagementvertrag).

(b) Diesen Anforderungen wird die Vertragsstrafenregelung nicht gerecht, weil der Begriff „Bruttomonatsvergütung“, nach dem sich die Höhe der zu leistenden Strafe bemisst, im Kontext der übrigen Regelungen des Arbeitsvertrages, insbesondere der Vergütungsregelung in § 4 des Arbeitsvertrages, zahlreiche Deutungen zulässt und daher unbestimmt ist.

Nach § 4 des Arbeitsvertrages erhält die Klägerin neben einem Festgehalt von 1.800,00 EUR eine monatlich variable Umsatzbeteiligung. Danach kann unter „Bruttomonatsvergütung“ sowohl das Festgehalt ohne Umsatzbeteiligung als auch das Festgehalt zuzüglich der Umsatzbeteiligung zu verstehen sein. Im letzteren Fall ist zudem unklar, auf welchen Zeitraum für die Umsatzbeteiligung abzustellen ist, auf den Monat vor der Verwirkung der Vertragsstrafe oder – wie offensichtlich der Beklagte meint – auf die letzten zwölf Monate oder aber einen anderen mehr oder weniger langen Referenzzeitraum.

§ 9 des Arbeitsvertrages, wonach die Klägerin im Fall der Zuwiderhandlung gegen die dort geregelte Mandantenschutzklausel eine Vertragsstrafe in Höhe des Zweifachen des zuletzt von ihr bezogenen Monatsgehalts schuldet, bringt keine Klarheit. Soweit hier von „Monatsgehalt“ die Rede ist, könnte dies zwar dafür sprechen, dass im Umkehrschluss dazu mit „Bruttomonatsvergütung“ in § 10 Ziff. IV des Arbeitsvertrages die Gesamtvergütung, d. h. das Festgehalt zuzüglich der Umsatzbeteiligung, gemeint ist, was allerdings die Unklarheiten bezüglich der Bemessung der Umsatzbeteiligung nicht beseitigt. Außerdem ist die Regelung in § 9 des Arbeitsvertrages ebenfalls nicht wirklich klar, weil sie zugleich auf das „zuletzt“ bezogene Monatsgehalt abgestellt, gleichwohl das Festgehalt der Höhe nach festgelegt ist und monatlich gleich bleibt.

Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB, wonach Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen, hilft dem Beklagten ebenfalls nicht weiter. Soweit die Unwirksamkeit einer Klausel die Rechtsstellung der anderen Vertragspartei verbessern würde, ist die Unklarheitenregel zunächst umgekehrt anzuwenden, d. h. es ist zu prüfen, ob die Klausel bei der scheinbar für die andere Vertragspartei unfreundlichsten Auslegung wegen Verstoßes gegen ein Klauselverbot unwirksam ist (vgl. BAG von 18.03.2009 – 9 AZR 186/07 -, AP Nr. 12 zu § 310 BGB m. w. N.). Nach der für Klägerin unfreundlichsten Auslegung schuldet sie eine Vertragsstrafe in Höhe des Festgehalts zuzüglich Umsatzbeteiligung. Da aber unklar ist, auf welchen Zeitraum für die Höhe der Umsatzbeteiligung abzustellen ist, verstößt die Vertragsstrafenregelung gegen das Bestimmtheitsgebot.

Die Unklarheiten wären auch vermeidbar gewesen. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, die Höhe der geschuldeten Vertragsstrafe in § 10 Ziff. IV des Arbeitsvertrages klar und unmissverständlich zu regeln.

bb) Ein Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung für Dezember 2006 bezogen auf den Zeitraum vom 25. bis zum 31. Dezember 2006 besteht ebenfalls nicht. Der Klägerin ist das Dezemberentgelt nicht ohne rechtlichen Grund i. S. d. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in voller Höhe ausbezahlt worden.

Für die Zeit ab dem 20. Dezember 2006 folgt der Vergütungsanspruch aufgrund der Freistellung aus § 615 Satz 1 BGB (vgl. BAG vom 06.09.2006 – 5 AZR 703/05 – AP Nr. 118 zu § 615 BGB). Da nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin während ihrer Freistellung im Dezember 2006 anrechenbaren anderweitigen Verdienst i. S. d. § 615 Satz 2 BGB erzielt hat, war auch bezogen auf die Zeit vom 25. bis zum 31. Dezember 2009 die volle Vergütung geschuldet (vgl. zur Anrechnung anderweitigen Verdienstes auf Verzugslohn (BAG vom 22.11.2005 – 1 AZR 407/04 -, AP Nr. 5 zu § 615 BGB Anrechnung).

Soweit der Beklagte im Berufungsverfahren sein Auskunftsbegehren im Zusammenhang mit dem Vorwurf vertragswidrigen Wettbewerbs (Widerantrag zu 2. b)) auch auf die Frage gestützt hat, ob die Klägerin in der Zeit vom 25. bis zum 31. Dezember 2006 anderweitigen Verdienst i. S. d. § 615 Satz 2 BGB erzielt hat, kam es hierauf nicht an. Die Widerklage ist insoweit unbegründet, weil die Klägerin die begehrte Auskunft bereits im erstinstanzlichen Verfahren erteilt hat. Auf Seite 4 ihres Schriftsatzes vom 30. Juli 2007 (Bl. 64 d. A.) hat sie im zweiten Absatz vorgetragen, sie habe „im Zeitraum vom 25. Dezember 2006 bis zum 31. Dezember 2006 keine anderweitige Tätigkeit aufgenommen“. Auf derselben Seite im sechsten Absatz hat sie weiter vorgetragen, sie habe weder „eine Einnahmen erzielende Tätigkeit als Rechtsanwältin durchgeführt“, noch habe sie „in tatsächlicher Hinsicht Einnahmen erzielt“. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung kann der Beklagte entsprechend § 259 Abs. 2 BGB nicht verlangen, weil keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die Auskunft nicht mit der gebotenen Sorgfalt erteilt wurde. Zum einen hat die Klägerin die Schlüssel zu der erworbenen Kanzlei unstreitig erst am 27. Dezember 2006 erhalten, so dass bis zum 31. Dezember 2006 ganze drei Arbeitstage blieben, in denen sich die Klägerin notweniger Weise erst einmal orientieren und einrichten musste. Zum anderen hat sie während des Telefonats mit dem vermeintlichen Mandanten am 27. Dezember 2006 einen Besprechungstermin erst für den 10. Januar 2007 vereinbart. Durch die bloße Vereinbarung eines Besprechungstermins wird noch kein Gebührentatbestand nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz verwirklicht.

cc) Weiter besteht auch kein Anspruch auf Rückzahlung der von der H. & St. GbR im Zusammenhang mit der Erlangung des Fachanwaltstitels für Mietrecht übernommenen Kosten. Dies gilt sowohl für die Kosten des Fachanwaltslehrgangs für Mietrecht einschließlich der Übernachtungskosten, als auch für die Bearbeitungsgebühr für den Antrag auf Erteilung des Fachanwaltstitels.

(1) Was die Bearbeitungsgebühr betrifft, ergibt sich ein Rückzahlungsanspruch weder aus der Rückzahlungsklausel der Ziff. 4 des Fortbildungsvertrages vom 11. Oktober 2005, noch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Die Rückzahlungsklausel der Ziff. 4 des Fortbildungsvertrages ist schon deshalb nicht einschlägig, weil die Bearbeitungsgebühr nicht zu den nach dem Fortbildungsvertrag von der H. & St. GbR übernommen Kosten gehört. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Bearbeitungsgebühr überhaupt unter die Regelung dieses Vertrages fällt oder ob Gegenstand des Vertrages nicht vielmehr ausschließlich die Teilnahme der Klägerin an dem Fachanwaltslehrgang für Mietrecht und die damit verbundenen Kosten sind. Denn selbst dann, wenn sich der Vertrag auf sämtliche erforderlichen Schritte bis zur Erlangung des Fachanwaltstitels beziehen sollte, fällt die Bearbeitungsgebühr nicht unter die Rückzahlungsklausel der Ziff. 4 des Vertrages, weil diese an die Regelung über die Kostentragungslast in Ziff. 3 des Vertrages anknüpft. Nach der Ziff. 3 des Vertrages übernahm die H. & St. GbR jedoch nur die Lehrgangsgebühren und die Übernachtungskosten. Sämtliche übrigen Kosten hatte die Klägerin selbst zu tragen.

Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Soweit die H. & St. GbR die Bearbeitungsgebühr auf Grund einer anderen Vereinbarung mit der Klägerin übernommen hat, hat die Klägerin die Leistung mit Rechtsgrund erlangt. Soweit die H. & St. GbR die Bearbeitungsgebühr freiwillig übernommen hat, hat sie in Kenntnis ihrer Nichtschuld geleistet, mit der Folge dass ein Rückzahlungsanspruch nach § 814 BGB ausscheidet.

(2) Was die Kosten des Fachanwaltslehrgangs einschließlich der Übernachtungskosten betrifft, ist die Klägerin aufgrund der Rückzahlungsklausel der Ziff. 4 des Fortbildungsvertrages zwar grundsätzlich verpflichtet, diese zurückzuzahlen, soweit es sich um echte Kosten handelt, d. h. diese nicht mit den von der Kanzlei vereinnahmten Umsatzsteuern verrechnet worden sind. Jedoch bestand diese Verpflichtung in Anbetracht der Dauer des Fachanwaltslehrgangs und der Höhe der Kosten zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr, da die Rückzahlungsklausel insoweit keinen rechtlichen Bestand hat.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob der aus Anlass des Wunsches der Klägerin, am Fachanwaltslehrgang für Mietrecht teilzunehmen, geschlossene Fortbildungsvertrag als Verbrauchervertrag der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. i. V. m. § 310 Abs. 3 BGB unterliegt (zur Einordnung von Verträgen mit Arbeitnehmern als Verbraucherverträge BAG vom 25.05.2005 – 5 AZR 572/04 -, AP Nr. 1 zu § 310 BGB) oder ob dies nicht der Fall ist, weil die Klägerin auf den Inhalt des Vertrages, insbesondere die Rückzahlungsklausel Einfluss i. S. d. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB nehmen konnte, wie der Beklagte geltend macht. Denn auch dann, wenn der Vertrag im Einzelnen ausgehandelt worden sein sollte, ist die Dauer der vereinbarten Bindungsfrist wegen Verstoßes gegen § 242 BGB unwirksam, weil sie offensichtlich unangemessen ist.

(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind einzelvertragliche Vereinbarungen, wonach vom Arbeitgeber aufgewendete Fortbildungskosten vom Arbeitnehmer zurückzuzahlen sind, wenn dieser das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist beendet, zwar grundsätzlich zulässig. Ausnahmsweise können derartige Zahlungsverpflichtungen jedoch wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) unter dem Gesichtspunkt einer übermäßigen Beeinträchtigung der arbeitsplatzbezogenen Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) unwirksam sein. Ob dies der Fall ist, ist anhand einer Güterabwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei sind zum einen das Interesse des Arbeitgebers, die vom Arbeitnehmer erworbene Qualifikation möglichst langfristig zu nutzen, und zum anderen das Interesse des Arbeitnehmers, durch die Ausbildung die eigenen Arbeitsmarktchancen zu verbessern und sich gegenüber dem Arbeitgeber nur in einem solchen Umfang zu binden, wie das im Verhältnis zu dessen Aufwendungen angemessen ist, gegeneinander abzuwägen (vgl. BAG vom 14.01.2009 – 3 AZR 900/07 -, AP Nr. 41 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe; vom 11.04.2006 – 9 AZR 610/05 -, AP Nr. 16 zu § 307 BGB; vom 21.07.2005 – 6 AZR 452/04 -, AP Nr. 37 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe; vom 05.12.2002 – 6 AZR 539/01 -, AP Nr. 32 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe).

Danach ist eine Rückzahlungsklausel nur zulässig, wenn die Aus- oder Fortbildungsmaßnahme für den Arbeitnehmer von geldwertem Vorteil ist, sei es, dass bei seinem bisherigen Arbeitgeber die Voraussetzungen einer höheren Vergütung erfüllt sind oder dass sich die erworbenen Kenntnisse auch anderweitig nutzbar machen lassen. Außerdem müssen die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Das ist in erster Linie nach der Dauer der Aus- oder Fortbildungsmaßnahme, aber auch anhand der Qualität der erworbenen Qualifikationen zu beurteilen. Grundsätzlich gilt dabei Folgendes: Bei einer Fortbildungsdauer von bis zu einem Monat ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Bezüge ist eine Bindungsdauer bis zu sechs Monaten zulässig, bei einer Fortbildungsdauer von bis zu zwei Monaten eine einjährige Bindung, bei einer Fortbildungsdauer von drei bis vier Monaten eine zweijährige Bindung, bei einer Fortbildungsdauer von sechs Monaten bis zu einem Jahr keine längere Bindung als drei Jahre und bei einer mehr als zweijährigen Dauer eine Bindung von fünf Jahren. Abweichungen davon sind jedoch möglich. Eine verhältnismäßig lange Bindung kann auch bei kürzerer Ausbildung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber ganz erhebliche Mittel aufwendet oder die Teilnahme an der Fortbildung dem Arbeitnehmer überdurchschnittlich große Vorteile bringt. Es geht nicht um rechnerische Gesetzmäßigkeiten, sondern um richterrechtlich entwickelte Regelwerte, die einzelfallbezogenen Abweichungen zugänglich sind (zum Ganzen BAG vom 14.01.2009 – 3 AZR 900/07 -, aaO., m. w. N.)

(b) Bisher nicht geklärt ist, ob diese Grundsätze nach dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002, durch das das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Verträge auf dem Gebiet des Arbeitsrechts erstreckt wurde, außerhalb der Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB uneingeschränkt weiter gelten (dafür z. B. BeckOK BGB-Joussen, § 611 Rn. 209a; wohl auch Schaub-Schaub, § 176 Rn. 18; Küttner-Reinecke, Stichwort Rückzahlungsklausel Rn. 6; HWK-Thüsing § 611 BGB Rn. 463; a. A. ErfK-Preis §§ 305-310 BGB Rn. 94).

In einer Entscheidung zu Ausschlussfristen hat das Bundesarbeitsgericht insoweit vertreten, eine Billigkeitskontrolle im Sinne einer allgemeinen, nicht auf die Besonderheiten des Falles bezogenen Angemessenheitsprüfung finde nach § 242 BGB nicht mehr statt (BAG 25.05.2005 – 5 AZR 572/04, AP Nr. 1 zu § 310 BGB; ähnlich auch BAG vom 27.07.2005 – 7 AZR 486/04 -, AP Nr. 6 zu § 307 BGB, zur Befristungskontrolle einzelner Arbeitsbedingungen). Die §§ 305 ff. BGB stellten eine abschließende Konkretisierung des Gebots von Treu und Glauben hinsichtlich einer allgemeinen, allein den Inhalt einer Regelung überprüfenden Angemessenheitskontrolle dar. Diese beruhe auf dem Umstand, dass Vertragsbedingungen von einer Vertragspartei vorgegeben würden und von der anderen Partei nicht ausreichend geprüft und nicht verhandelt werden könnten. Bestehe hingegen für die Vertragspartner die Möglichkeit, die Vertragsbedingungen im Einzelnen auszuhandeln, sei im Grundsatz davon auszugehen, dass sie ihre Interessen selbst angemessen vertreten könnten. Eine Partei dürfe auch eine für sie nach allgemeinen Maßstäben ungünstige oder unangemessene Regelung bewusst hinnehmen, wenn sie insgesamt einen Vorteil erkenne. Die Parteien seien insoweit bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) frei, ihre Regelungen selbst zu wählen. Nach § 242 BGB könne aber die Befugnis, sich auf rechtswirksam vereinbarte Rechtspositionen zu berufen, im Sinne einer Ausübungskontrolle begrenzt sein. Eine richterliche Kontrolle sei darüber hinaus erforderlich bei strukturellen Störungen der Vertragsparität. Nutze der Arbeitgeber seine wirtschaftliche Überlegenheit gegenüber dem Arbeitnehmer aus, um ein für diesen ungünstiges Verhandlungsergebnis durchzusetzen, bestehe der Schutzauftrag des Richters, der Vertragsparität mit den Mitteln des Zivilrechts Geltung zu verschaffen. Es handele sich um Fälle, in denen der Inhalt des Vertrags eine Seite ungewöhnlich belaste und als Interessenausgleich offensichtlich ungeeignet sei (BAG 25.05.2005 – 5 AZR 572/04 -, aaO.).

(c) Ob diese Beschränkung der Inhaltskontrolle auf Extremfälle auf individuell ausgehandelte Rückzahlungsklauseln übertragen werden kann, könnte wegen der grundrechtlichen Bedeutung von Rückzahlungsklauseln zweifelhaft sein. Vorliegend kommt es hierauf jedoch nicht an. Denn auch bei Anwendung der eingeschränkten Inhaltskontrolle ist die Rückzahlungsklausel der Ziff. 4 des Fortbildungsvertrages unwirksam. Die Dauer und Ausgestaltung der Bindungsfrist belastet die Klägerin ungewöhnlich. Sie ist offensichtlich unangemessen.

Der Fachanwaltslehrgang dauerte insgesamt nur 18 Tage, davon sechs Arbeitstage. Während der Arbeitstage war die Klägerin nicht etwa unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt, sondern die Zeit wurde auf ihren Urlaub angerechnet. Die von der H. & St. GbR aufgewendeten Kosten einschließlich Übernachtungskosten beliefen sich abzüglich der nicht als Kosten anfallenden Umsatzsteuer auf insgesamt 2.314,65 EUR (1.500,00 EUR Lehrgangskosten und 814,65 EUR Übernachtungskosten) und bewegten sich damit im Rahmen des Üblichen. Nach den oben dargestellten Gründsätzen zur Verhältnismäßigkeit von Rückzahlungsklauseln wäre deshalb allenfalls eine Bindungsfrist von sechs Monaten ab der Beendigung des Fachanwaltslehrgangs angemessen gewesen (vgl. ArbG Leipzig vom 24.09.2008 – 2 Ca 4200/07 -, AE 2008, 265). Die in Ziff. 4 des Fortbildungsvertrages vereinbarte Bindungsfrist bis ein Jahr nach Erlangung des Fachanwaltstitels beläuft sich in Anbetracht der Dauer des Antragsverfahrens bei der Rechtsanwaltskammer (hier mindestens ein dreiviertel Jahr) auf ein Vielfaches und knüpft zudem an einen Umstand an, der vom Handeln und der Einscheidung Dritter abhängig und dem Einflussbereich der Arbeitsvertragsparteien weitgehend entzogen ist. Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Kanzlei die Teilnahme der Klägerin an dem Fachanwaltslehrgang erst ab der Erteilung des Fachanwaltstitels zu Gute kommt. Denn bereits nach der erfolgreichen Absolvierung des Lehrgangs konnte die H. & St. GbR damit werben, dass die Klägerin Spezialistin für Mietrecht ist, und hat dies auch getan.

(d) Eine außerhalb der §§ 305 ff. BGB angezeigte geltungserhaltende Reduktion der Bindungsfrist auf das Angemessene von sechs Monaten nach Beendigung des Fachanwaltslehrgangs (vgl. BAG vom 05.12.2002 – 6 AZR 539/01 -, AP Nr. 32 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe) führt zu keinem Anspruch gegen die Klägerin, weil diese bereits am 22. August 2006 und damit lange vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin abgelaufen waren.

dd) Die Stufenklage ist, auch soweit sie sich auf Ansprüche gegen die Klägerin wegen Konkurrenztätigkeit bezieht, unbegründet. Die von dem Beklagten geltend gemachten Ansprüche sind verjährt, weshalb der Klägerin nach § 214 Abs. 1 BGB ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Heraus hat sie sich auch berufen. Die seitens des Beklagten vorsorglich für den Fall der Verjährung erklärte Aufrechnung führt ebenfalls nicht zum Erfolg.

(1) Während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses ist es einem Arbeitnehmer verwehrt, in dem Wirtschaftszweig, in dem der Arbeitgeber tätig ist, ohne dessen Einwilligung tätig zu werden, indem er selbst einen Betrieb unterhält oder auch nur einzelne Geschäfte auf eigene oder fremde Rechnung macht. Dies ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 60 HGB, der den in § 241 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken der Interessenwahrungspflicht des Arbeitnehmers konkretisiert (vgl. BAG vom 26.09.2007 – 10 AZR 511/06 -, AP Nr. 4 zu § 61 HGB; ErfK-Oetker, § 60 Rn. 1). Im Falle einer unberechtigten außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitnehmer, bleibt das Wettbewerbsverbot bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist bestehen (ErfK-Oetker, § 60 Rn. 3; HWK-Diller, § 60 Rn. 8). Verletzt der Arbeitnehmer das Wettbewerbsverbot, ist er analog § 61 Abs. 1 HGB dem Arbeitgeber nach dessen Wahl zum Schadensersatz oder zur Herausgabe des Erlangten (sog. Eintrittsrecht) verpflichtet. Zur Vorbereitung des Wahlrechts steht dem Arbeitgeber ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung zu (ErfK-Oetker, § 61 Rn. 6 und HWK-Diller, § 61 Rn. 10, jeweils m. w. N.). Nach § 61 Abs. 2, 1. Halbs. HGB verjähren die Ansprüche in drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Arbeitgeber Kenntnis von dem Abschluss des Geschäfts erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangen müsste. Unterhält der Arbeitnehmer verbotswidrig einen Betrieb, beginnt die Verjährungsfrist mit der Kenntnis oder der grob fahrlässigen Unkenntnis von dem Betrieb (HWK-Diller, § 61 Rn. 26). Diese Grundsätze gelten auch für Arbeitsverhältnisse im Bereich der freien Berufe (BAG vom 26.09.2007 – 10 AZR 511/06 -, aaO.).

Der Beklagte hatte nach seinem eigenen Vorbringen seit dem 27. Dezember 2006, dem Tag, als die Klägerin mit dem vermeintlichen Mandanten einen Besprechungstermin für den 10. Januar 2007 vereinbart hat, Kenntnis davon, dass die Klägerin die von ihr erworbene Kanzlei tatsächlich betreibt und damit gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen hat. Bei der Vereinbarung des Besprechungstermins handelte es sich auch nicht nur um eine bloße Vorbereitungshandlung, die für sich gesehen noch keine Verletzung des Wettbewerbsverbots darstellt, da die Klägerin hier bereits eine konkrete Kundenbeziehung herstellte (vgl. HWK-Diller, § 60 Rn. 16; LAG Köln vom 12.04.2005 – 9 Sa 1518/04 -, NZA-RR 2005, 595). Danach lief sie Verjährungsfrist grundsätzlich am 27. März 2007 ab. Der Beklagte hat die Widerklage jedoch erst am 21. Juni 2007 erhoben.

(a) Durch das Schlichtungsgespräch am 24. Januar 2007 mit dem Geschäftsführer der Rechtanwaltskammer Brandenburg Dr. S. wurde der Ablauf der Verjährungsfrist nicht gehemmt.

§ 204 Abs. 1 Nr. 4 oder 11 BGB ist nicht einschlägig. Die Rechtsanwaltskammer ist keine durch die Landesjustizverwaltung eingerichtete oder anerkannte Gütestelle i. S. d. § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB. Bei dem Schlichtungsgespräch handelte es sich auch nicht um den Beginn eines schiedsgerichtlichen Verfahrens i. S. d. § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB. Eine Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 5 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil der Beklagte die Aufrechnung mit den sich aus dem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot ergebenden Ansprüchen erst mit Schriftsatz vom 29. Juli 2008 und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist erklärt hat.

Eine Hemmung der Verjährung ist aber auch nicht nach § 203 Satz 1 BGB eingetreten. Nach dieser Vorschrift ist, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die dem Anspruch begründenden Umstände schweben, die Verjährung gehemmt, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Verhandeln i. S. d. § 203 BGB setzt mindestens die Bereitschaft beider Seiten zum Meinungsaustausch über vom Gläubiger aufgrund eines bestimmten Lebenssachverhalts erhobene Ansprüche voraus (MüKo BGB-Grothe, § 203 Rn. 5 u. 7; Staudinger-Peters, § 203 Rn. 7, 10 u. 14). Ein kategorisches „Nein“ des Schuldners zu den Ansprüchen genügt ebenso wenig wie ein kompromissloses Beharren des Gläubigers auf den Ansprüchen (Staudinger-Peters, § 203 Rn. 10).

Gegenstand des Schlichtungsgesprächs am 24. Januar 2007 waren zumindest in erster Linie Ansprüche der Klägerin. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich mit Schreiben vom 22. Januar 2007 die Klägerin und nicht der Beklagte mit konkreten Anliegen an den Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer gewandt hatte. Dass über die in dem Schreiben vom 22. Januar 2007 formulierten Forderungen hinaus auch über Zahlungsansprüche des Beklagten wegen arbeitsvertragswidrigen Wettbewerbs der Klägerin verhandelt wurde, hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte zwar behauptet, seine Behauptungen jedoch weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren ausreichend konkretisiert. Auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 24. September 2009 (Bl. 468 d. A.) hat er ebenso wie bereits auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 29. Juli 2007 (Bl. 139 d. A.) lediglich pauschal behauptet, dass Schadenersatzansprüche wegen Verstoßes der Klägerin gegen das Wettbewerbsverbot Gegenstand des Gesprächs gewesen seien. Gleiches gilt für den am 12. November 2009 eingereichten Schriftsatz von demselben Tag. Auf Seite 4 diese Schriftsatzes (Bl. 521 d. A.) hat der Beklagte lediglich weiter ausgeführt, im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot seien ausdrücklich auch Schadenersatzansprüche dem Grund und der Höhe nach erörtert worden, ohne irgendwelche näheren Angaben dazu zu machen, welche konkreten Gegenforderungen er in das Gespräch eingebracht hat und wie die Klägerin hierauf reagiert hat.

Nach dem Inhalt des Schreibens vom 22. Januar 2007 (Bl. 153 ff. d. A.) war es auch nicht naheliegend, mögliche Ansprüche des Beklagten gegen die Klägerin zu erörtern. Das Anliegen der Klägerin ging dahin, in ihrer Tätigkeit als selbstständige Rechtsanwältin nicht länger durch die Einleitung verschiedener einstweiliger Vergütungsverfahren beeinträchtigt zu werden, ferner, dass der Beklagte aufhört, Mandanten aktiv abzuwerben und eine Regelung bezüglich ihrer noch offenen Vergütungsansprüche gefunden wird. Allein der Umstand, dass in diesem Zusammenhang auch über das bereits – wenn auch nicht rechtskräftig – entschiedene einstweilige Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Senftenberg gesprochen worden ist, bedeutet nicht, dass die Parteien über Ansprüche des Beklagten verhandelt haben. Auch das Schreiben des Beklagten vom 19. März 2007 (Bl. 135 ff. d. A.), mit dem der Beklagte gegenüber der Klägerin seine Ansprüche geltend gemacht hat, enthält keinerlei Hinweis darauf, dass es sich nicht um die erstmalige Geltendmachung von Gegenansprüchen handelt.

(b) Aber auch dann, wenn die mit der Stufenklage geltend gemachten Ansprüche tatsächlich Gegenstand des Schlichtungsgesprächs gewesen sein sollten, wären die Ansprüche zum Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage am 21. Juni 2007 verjährt, weil der Beklagte die Widerklage nach Beendigung der Verhandlungen nicht innerhalb der Nachfrist des § 203 Satz 2 BGB von drei Monaten anhängig gemacht hat.

Nach § 203 Satz 1 BGB endet die Hemmung der Verjährung zum einen dann, wenn eine Seite die Fortsetzung der Verhandlung ausdrücklich verweigert oder auf ihren Ansprüchen beharrt, und zum anderen dann, wenn die Verhandlungen schlicht eingeschlafen sind (vgl. MüKo BGB-Grothe, § 203 Rn. 8; Staudinger Peters, § 203 Rn. 11 f.). Davon ist, wenn keine gegenteiligen Anhaltspunkte gegeben sind, regelmäßig auszugehen, wenn innerhalb eines Monats nach dem letzten Verhandeln keine Seite irgendwelche weiteren Schritte unternimmt (MüKo BGB-Grothe, § 203 Rn. 51; vgl. OLG Koblenz vom 09.02.2006 – 5 U 1452/05 -, ZGS 2006, 117).

Dass es zeitnah nach dem Gespräch am 24. Januar 2007 irgendwelche weiteren Kontakte zwischen den Parteien im Sinne eines Verhandelns gegeben hat oder die Klägerin oder der Beklagte irgendwelche Schritte unternommen hat, um eine gütlichen Einigung herbeizuführen, hat keine der Parteien vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr kam es – abgesehen von der mündlichen Verhandlung am 25. Januar 2007 vor dem Landgericht Cottbus – zu einem Kontakt zwischen den Parteien nach mehr als sieben Wochen Untätigkeit erst wieder durch das Schreiben des Beklagten 19. März 2009, in dem der Beklagte zudem keinerlei Bereitschaft zu einer Kompromisslösung zu erkennen gegeben hat. Danach begann die dreimonatige Nachfrist des § 203 Satz 2 BGB allerspätestens am 20. März 2007 und endete am 20. Juni 2007, also vor Widerklageerhebung am 21. Juni 2007.

Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob der Geschäftsführer am Ende des Gesprächs am 24. Januar 2007 den Vorschlag gemacht hat, eine gütliche Einigung unter Vermittlung der Rechtsanwaltskammer anzustreben. Denn offensichtlich ist dieser Vorschlag von den Parteien nicht aufgegriffen worden. Soweit der Beklagte ursprünglich behauptet hat, man sei, weil keine abschließende Einigung möglich gewesen sei, übereingekommen, ein Schlichtungsverfahren vor der Rechtsanwaltskammer durchzuführen und er habe die Klägerin nochmals mit Schreiben vom 17. April 2007 auf die Vereinbarung des Schlichtungsverfahrens hingewiesen, hat er diese Behauptung, nachdem die Klägerin ihrerseits zum Inhalt des Schreibens vorgetragen hat, weder erstinstanzlich noch im Berufungsverfahren wiederholt.

(2) Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Verjährung nach § 215 BGB die Aufrechnung nicht ausschließt, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte. Was die von der Klägerin geltend gemachte Fahrkostenerstattung betrifft, ist bereits oben unter 1. b) bb) darauf hingewiesen worden, dass eine Aufrechnung nach § 394 Satz 1 BGB i. V. m. § 850a Nr. 3 ZPO unzulässig ist. Was die von der Klägerin geltend gemachte Umsatzbeteiligung betrifft, ist eine Aufrechnung mit den vom Beklagten geltend gemachten Ansprüchen aus § 61 Abs. 2 HGB ebenfalls nicht möglich, weil es sich bei der Umsatzbeteiligung um Arbeitsentgelt und damit eine Bruttolohnforderung handelt. Eine Aufrechnung gegen Bruttolohnforderungen, auf die aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge abzuführen sind, ist jedoch mangels Gegenseitigkeit der Ansprüche i. S. d. § 387 BGB grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, die Höhe der Abzüge ist bekannt (BAG vom 22.03.2000 – 4 AZR 120/99 -, juris, m. w. N.; vgl. auch BAG 15.03.2005 – 9 AZR 502/03 -, AP Nr. 7 zu § 781 BGB). Dies ist hier nicht der Fall. Ob dem Beklagten, sobald die notwendigen Informationen vorliegen und eine Aufrechnung gegen die Nettoforderung tatsächlich erfolgt, ein Auskunftsanspruch gegen die Klägerin zur Seite steht, ist nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung und ihrer Rechtskraft.

3. Danach war der Berufung des Beklagten in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang stattzugeben und die Berufung im Übrigen unter teilweiser Klarstellung des Tenors des angefochtenen Urteils zurückzuweisen.

B. Die Entscheidung über die Zulassung der Nebenintervention beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG, § 71 Abs. 1, § 525 ZPO.

I. Aufgrund des Zurückweisungsantrages des Beklagten war nach § 71 Abs. 1 ZPO über die Zulassung der Nebenintervention zu entscheiden, wobei die Entscheidung über den Zwischenstreit mit dem Endurteil verbunden werden konnte (vgl. Zöller-Vollkommer, § 71 Rn. 5; Musielak-Weth, § 71 Rn. 69).

II. Hinsichtlich der vom Beklagten im Wege der Widerklage erhobenen Stufenklage (Berufungsantrag zu 2.) war die Nebenintervention zuzulassen, weil ein rechtliches Interesse des Nebenintervenienten i. S. d. § 66 Abs. 1 ZPO an der Unterstützung der Klägerin gegeben ist, die Schiedseinrede des Beklagten nicht durchgreift und weitere Mängel nicht gerügt worden sind (§ 295 ZPO). Im Übrigen war die Nebenintervention mangels eines rechtlichen Interesses zurückzuweisen.

1. Nach § 66 Abs. 1 ZPO kann ein Dritter in einem Rechtsstreit zwischen anderen Parteien einer Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beizutreten, wenn er ein rechtliches Interesse daran hat, dass die Partei obsiegt. Ein rechtliches Interesse i. S. d. § 66 Abs. 1 ZPO ist gegeben, wenn sich der Inhalt der Entscheidung oder deren Vollstreckung unmittelbar oder mittelbar auf Rechtspositionen des Ditten positiv oder negativ auswirkt (vgl. Zöller-Vollkommer, § 66 Rn. 8), wobei auch schon eine Rechtsgefährdung genügt (vgl. Musielak-Weth, § 66 Rn. 7). Hingegen reicht ein ideelles, wirtschaftliches oder nur tatsächliches Interesse nicht aus (Zöller-Vollkommer, § 66 Rn. 9 f.; Musielak-Weth, § 66 Rn. 6).

2. Bezüglich der Stufenklage des Beklagten hat der Nebenintervenient ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Klägerin. Denn der Beklagte verlangt von der Klägerin nicht nur Auskunft, welche Mandate von der Klägerin als Person, sondern auch welche Mandate von der R. & St. GbR in einem bestimmten Zeitraum angenommen, welche Einnahmen erzielt und welche Kostennoten gelegt wurden. Es bestand danach jedenfalls die Gefahr, dass die Klägerin zur Herausgabe von Informationen verurteilt wird, die auch den Nebenintervenienten als Gesellschafter der R. & St. GbR betreffen und in seiner informationellen Rechtsstellung negativ berühren. Da die weiteren Stufen der Stufenklage mit dem Auskunftsverlangen untrennbar verbunden sind (vgl. BAG vom 01.12.2004 – 5 AZR 664/03 -, AP Nr. 38 zu § 242 BGB Auskunftspflicht und vom 21.11.2000 – 9 AZR 665/99 – AP Nr. 35 zu § 242 BGB Auskunftspflicht) besteht auch in soweit ein rechtliches Interesse an dem Beitritt.

Die zwischen dem Beklagten und dem Nebenintervenienten im Sozietätsvertrag vom 30. November 2000 (Bl. 393 ff. d. A.) getroffene Schiedsvereinbarung (§ 18 des Sozietätsvertrages) steht der Zulässigkeit des Beitritts nicht entgegen. Denn diese betrifft ausschließlich die ehemalige Sozietät zwischen dem Nebenintervenienten und dem Beklagten. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Rechtsstellung des Nebenintervenienten im Zusammenhang mit Streitigkeiten aus diesem Gesellschaftsverhältnis, sondern um die Rechtsstellung des Nebenintervenienten bezogen auf dessen neue Kanzlei, welche er zusammen mit der Klägerin betreibt.

3. Im Übrigen fehlt es an einem rechtlichen Interesse an einem Beitritt auf Seiten der Klägerin. Sowohl die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche, als auch die weiteren vom Beklagten geltend gemachten Ansprüche berühren den Nebenintervenienten lediglich in seiner Rechtsstellung als Gesellschafter der ehemaligen Sozietät mit dem Beklagten, weshalb er berechtigt gewesen wäre, den Beklagten zu unterstützen. Ein rechtliches Interesse an einer Unterstützung der Klägerin ist hingegen nicht erkennbar.

C. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens sowie der Nebenintervention einschließlich des Zwischenstreits über die Zulässigkeit der Nebenintervention beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 92 Abs. 1 analog, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 und § 101 Abs. 1 ZPO.

Nach § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO waren die Kosten des Berufungsverfahrens dem Beklagten in vollem Umfang aufzuerlegen, weil die Zuvielforderung der Klägerin (Lohnabrechnung) verhältnismäßig geringfügig war und keine höheren Kosten verursacht hat. Nach § 101 Abs. 1 ZPO hat der Beklagte auch die durch die zulässige Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen und damit bezogen auf den Gesamtkostenstreitwert in Höhe der ausgeurteilten Quote. Soweit die Nebenintervention unzulässig ist, muss der Nebenintervenient seine Kosten selbst tragen (vgl. LG München vom 28.08.2008 – 5 HK O 12861/07 -, Rz. 654 zitiert nach juris). Eine streitgenössische Nebenintervention i. S. d. § 69 ZPO liegt nicht vor.

Die Kosten des Zwischenstreits über die Zulassung der Nebenintervention haben in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 1 ZPO der Beklagte und der Nebenintervenient im Verhältnis ihres Unterliegens zu tragen (vgl. BAG vom 05.07.1967 – 4 AZR 338/66 -, aaO.; Zöller-Vollkommer, § 71 Rn. 7; Zöller-Herget, § 101 Rn. 1).

Bei der Ermittlung der Kostenquote bezüglich der Kosten der Nebenintervention einschließlich der Kosten des Zwischenstreits sind ausgehend vom objektiv angemessenen Streitwert (vgl. dazu BSG vom 19.09.2006 – B 6 KA 30/06 B -, juris, m. w. N.) das Auskunftsbegehren der Klägerin mit 425,00 EUR (etwa 25 % der zu erwartenden Umsatzbeteiligung gemessen an der durchschnittlichen Vergütung der Klägerin in den Monaten Dezember 2005 bis November 2006), die Fahrkosten entsprechend Hauptforderung, die Abrechnung der Umsatzbeteiligungen mit 150,00 EUR, die Lohnsteuerbescheinigung mit 100,00 EUR, die Vertragsstrafe, die teilweise Rückzahlung des Dezemberentgelts und die Erstattung der Fortbildungskosten entsprechend den Hauptforderungen und der Schadensersatz bzw. die Herausgabe der Einnahmen entsprechend der vom Beklagten erwarteten Zahlungsverpflichtung mit 20.000,00 EUR berücksichtigt worden.

D. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG hinsichtlich der Entscheidung über die Berufung liegen nicht vor. Gleiches gilt für die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Satz 2 i. V. m. § 72 Abs. 2 ArbGG hinsichtlich der Entscheidung über die Zulassung der Nebenintervention (zum Rechtsmittel gegen Entscheidungen nach § 71 ZPO im Berufungsverfahren Zöller-Vollkommer, § 71 Rn. 6, Germelmann u. a., § 78 Rn. 38).

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