AG Bergisch Gladbach – Az.: 62 C 42/17 – Urteil vom 02.11.2017
Der Beklagte wird – unter Abweisung der Klage im Übrige – verurteilt, an den Kläger 5,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 27.01.2017 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 70 % und der Beklagte zu 30 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweiligen Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Beklagte betreibt ein Kfz Handel. Über die Internetplattform „AutoScout 24“ bot er im Januar 2017 einen Volkswagen Polo zu einem Kaufpreis von 6.250,00 EUR an. Auf den Ausdruck des Inserates (Bl. 7-9 der Akte) wird Bezug genommen. Der Kläger las dieses Inserat und setzte sich daraufhin am 05.01.2017 telefonisch mit dem Beklagten in Verbindung. Noch am selben Tag hatte der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau Gelegenheit, den hier streitbefangenen Pkw VW Polo in Augenschein zu nehmen. Das Fahrzeug hatte zum Zeitpunkt der Veräußerung drei eingetragene Vorbesitzer. Noch am 05.01.2017 schlossen die Parteien sodann einen schriftlichen Kaufvertrag über das Fahrzeug zu einem Gesamtkaufpreis in Höhe von 6.550 EUR. I des Kaufvertrages wird auf die „verbindliche Bestellung“ vom 05.01.2017 (Bl. 10 der Akte) verwiesen. Auf der Rückseite des Kaufvertrages befanden sich die „Gebrauchtwagen Verkaufsbedingungen“ des Beklagten, siehe auch Bl. 23 der Akte. Der Kläger leistete vereinbarungsgemäß noch am selben Tag eine Anzahlung in Höhe von 2.000,- EUR an den Beklagten. Bei Abschluss des Vertrages wurde dem Beklagten der Fahrzeugbrief (Zulassungsbescheinigung Teil II) vorgelegt. Zu einer Übergabe des Fahrzeuges kam es letztlich nicht. Am Morgen des 06.01.2017 begab sich der Kläger zum Straßenverkehrsamt der Stadt Duisburg, um den PKW anzumelden.
Am 06.01.2017 erklärte der Kläger schriftlich den Rücktritt vom Kaufvertrag. Insoweit wird Bezug genommen auf Anlage MSP 3 zur Klageschrift vom 30.03.2017 (Bl. 11 der Akte).
Mit Schreiben vom 11.01.2017 forderte der Beklagte den Kläger unter Fristsetzung bis zum 16.01.2017 ausdrücklich auf, das Fahrzeug abzuholen und den restlichen Kaufpreis zu zahlen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.01.2017 wurde der Beklagte aufgefordert, den Anzahlungsbetrag an den Kläger zu erstatten. Mit Schreiben vom 26.01.2017 nahm der Beklagte Bezug auf das anwaltliche Schreiben und den „hierin erklärten Rücktritt“ und kündigte die Rückzahlung der Anzahlung abzüglich eines zehnprozentigen Schadensersatzes gemäß Ziffer IV. der Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen an.
Unter erneuter Fristsetzung bis zum 10.03.2017 wurde der Beklagte nochmals durch den Anwalt des Klägers zur Zahlung aufgefordert. Am 28.03.2017 zahlte der Beklagte sodann ein Betrag von 1.345,00 EUR an den Kläger. Der Restbetrag von 655,- EUR ist Gegenstand der hiesigen Klage.
Unter dem 03.02.2017 veräußerte der Beklagte das streitgegenständliche Fahrzeug an den Zeugen Y. In den Kaufvertrag mit eingebunden wurde eine Inzahlungnahme des Altfahrzeugs des Zeugen. I dieser Veräußerung liegen dem Gericht zwei Kaufverträge vor. Insoweit wird Bezug genommen auf die klägerseits vorgelegte Kopie der verbindlichen Bestellung vom 03.02.2017 (Bl. 56 der Akte) in der das Fahrzeug zum Preis von 6.250,- EUR inklusive einer Inzahlungnahme des Altfahrzeuges für 750,- EUR festgeschrieben ist, und auf die von dem Beklagten vorgelegte Kopie der verbindlichen Bestellung vom 03.02.2017 (Bl. 62 der Akte), in der das Fahrzeug zum Preis von 5.600,- EUR und einer Inzahlungnahme des Altfahrzeugs für 100,- EUR (Restpreis 5.500,- EUR) vereinbart wurde.
Dem Kläger sind für die außergerichtliche Geltendmachung unter Berücksichtigung eines Gegenstandswertes von 2.000,- EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 255,85 EUR entstanden.
Der Kläger behauptet, im Rahmen des Verkaufsgesprächs habe der Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau gegenüber zugesichert, dass der hier streitbefangene Pkw über zwei Vorbesitzer verfügte. Auch die bei Abschluss des Kaufvertrages vorgelegte Zulassungsbescheinigung Teil II habe nur zwei Vorbesitzer ausgewiesen. Erst am 06.01.2017 habe er bemerkt, dass das Fahrzeug nicht zwei sondern drei Vorbesitzer hatte. Der Kläger habe dem Beklagten das Rücktrittsbegehren noch am 06.01.2017 übergeben und ihm zugleich den Fahrzeugbrief wieder ausgehändigt. Der Kläger habe den Beklagten zur Rückzahlung der Kaufpreisanzahlung aufgefordert. Beklagte sei dieser Bitte zunächst nicht nachgekommen. Der Beklagte habe kein Recht zum Einbehalt eines Schadensersatzbetrages. Insbesondere aufgrund der zeitnahen Rücktrittserklärung kann dem Beklagten ein Schaden nicht entstanden sein. Der Beklagte habe den streitbefangenen PKW letztlich für 6.250,00 EUR bzw. 5.500 EUR und der Übereignung eines anderen PKW im Wert von 750 EUR veräußert, weshalb ihm ein Schaden nicht entstanden sei.
Der Kläger beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 655,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 07.01.2017 zu zahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 255,85 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 26.06.2017 hat der Beklagte widerklagend beantragt, den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 295,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.
In der mündlichen Verhandlung am 05.10.2017 hat der Beklagte die Widerklage zurückgenommen.
Der Beklagte behauptet, die Anzahl der Vorbesitzer sei zu keiner Zeit Inhalt des Verkaufsgespräches gewesen. Der Kläger habe bei Abschluss des Vertrages die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) erhalten. Hieraus sei ohne weiteres die Anzahl der Vorbesitzer (drei) zu erkennen. Eine Rücktrittserklärung sei dem Beklagten frühestens durch das Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.01.2017 zugegangen. Da der Kläger seine Abnahmepflicht nicht nachgekommen sei, habe der Beklagte gegen den Kläger einen Anspruch auf pauschalierten Schadenersatz in Höhe von 10 % des Kaufpreises. Es greife die Beweislastumkehr gemäß Ziffer IV. Abs. 2 S. 2 der Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen. Entsprechend sei der Beklagte nicht verpflichtet darzulegen, welche Aufwendungen/Schäden ihm tatsächlich entstanden sind. Dem Beklagten sei durch die Nichtabnahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs tatsächlich ein Schaden von 950,00 EUR entstanden. Dieser ergebe sich daraus, dass der Beklagte das Fahrzeug am 03.02.2017 nur noch zu einem Preis von 5.600,- EUR habe veräußern können. Jedenfalls aber sei ihm ein Schaden von 650,- EUR entstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist lediglich in Höhe von 5,00 Euro begründet.
Zwar stand dem Kläger grundsätzlich ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung in Höhe von 2.000,- EUR gemäß § 346 Abs. 1 BGB zu, dieser ist jedoch in Höhe von 1.345,00 EUR durch Zahlung und in Höhe von weiteren 650,00 EUR durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen.
Die Parteien haben unstreitig am 05.01.2017 ein Kaufvertrag über den hier streitgegenständlichen PKW, VW Polo aus dem Jahr 2006 mit einer Laufleistung von 78.000 km zu einem Kaufpreis von insgesamt 6.550,00 EUR (einschließlich Wintercheck, neue Jahresbereifung und Motorwäsche) geschlossen.
An dieser Stelle kann noch dahinstehen, ob der Rücktritt durch den Beklagten wirksam war oder nicht, denn ein Anspruch auf Rückabwicklung der bereits erbrachten Leistung nach § 346 Abs. 1 BGB ergibt sich jedenfalls aus § 281 Abs. 5 BGB. Der Kläger hat spätestens mit anwaltlichem Schreiben vom 16.01.2017 zum Ausdruck gebracht, an dem Vertrag nicht festhalten zu wollen und die Erstattung der bereits geleisteten Anzahlung gefordert. Darüber hinaus hat der Kläger die ihm gesetzte Abnahmefrist verstreichen lassen, woraufhin der Beklagte mit Schreiben vom 26.01.2017 ebenfalls zum Ausdruck brachte, nicht an der Durchführung des Vertrages festhalten zu wollen und statt dessen Schadenersatz verlangt. In dem Schreiben vom 26.01.2017 (Bl. 13 der Akte) wird deutlich, dass auch die Rückzahlung der Anzahlung grundsätzlich akzeptiert wurde. Ferner macht der Beklagte mit diesem Schreiben Schadensersatz statt der ganzen Leistung i.H.v. 10 % des Verkaufspreises geltend. Wer als Gläubiger aber Schadensersatz statt der ganzen Leistung verlangt, berechtigt den Schuldner seinerseits zur Rückforderung des Geleisteten, § 281 Abs. 5 BGB. Dies wird ferner auch dadurch bestätigt, dass der Beklagte das Fahrzeug Anfang Februar 2017 anderweitig veräußerte.
Der Kläger kann daher grundsätzlich nach § 346 Abs. 1 BGB i.V.m. § 281 Abs. 5 BGB die Rückzahlung der bereits geleisteten Anzahlung verlangen. In Höhe von 1.345,00 EUR hat der Beklagte diesen Anspruch unstreitig erfüllt. Soweit der Kläger den Restbetrag von 655,00 EUR ebenfalls erstattet verlangt, ist dieser Anspruch in Höhe von 650,00 EUR jedoch durch Aufrechnung gemäß § 387 ff. BGB erloschen.
Der Beklagte hat insofern bereits mit Schreiben vom 26.01.2017 die Aufrechnung gegen den Rückzahlungsanspruch erklärt, § 388 BGB.
Der Beklagte kann insoweit grundsätzlich auch Schadensersatz statt der Leistung gemäß den §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen, weil der Kläger unberechtigterweise seine Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises und Abnahme des gekauften Fahrzeuges verweigert hat.
Die Pflichtwidrigkeit der Zahlungs- und Abnahmeverweigerung beruht darauf, dass der von dem Kläger erklärte Rücktritt unwirksam war. Dem Kläger stand ein Rücktrittsrecht im Sinne der §§ 434, 437 Nr. 2 i.V.m. 323 Abs. 1, 323 Abs. 5 S. 2, 326 Abs. 5 BGB nicht zu. Hiernach kann der Käufer beim Vorliegen eines Sachmangels nach Fristsetzung bzw. bei Entbehrlichkeit der Fristsetzung auch ohne diese vom Vertrag zurücktreten. Voraussetzung hierfür ist jedoch das ein Sachmangel im Sinne des § 434 BGB vorliegt. Gemäß § 434 Abs. 1 BGB ist die Sache dann frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Der Kläger behauptet insoweit, der Beklagte habe ihm und seiner Ehefrau gegenüber zugesichert, dass der streitgegenständliche PKW zwei Vorbesitzer habe, obwohl er tatsächlich (unstreitig) drei Vorbesitzer hatte. Vorliegend erscheint bereits fraglich, ob sich der Kläger tatsächlich auf eine solche Zusicherung berufen kann, denn aus der – dem Gericht in Kopie vorliegenden – Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) werden ohne weiteres drei Vorbesitzer ersichtlich. Hierin sind zum einen der aktuelle Halter (ein Herr W) sowie die Anzahl der Vorhalter mit 2 benannt. Ebenfalls zwischen den Parteien unstreitig ist, dass bei Besichtigung des Fahrzeugs bzw. bei Abschluss des Kaufvertrages der Fahrzeugbrief vorlag. Der Kläger behauptet insofern sogar, dass sich aus der bei Abschluss des Kaufvertrages vorgelegten Zulassungsbescheinigung Teil II zwei Vorbesitzer ergeben hätten. Nicht vorgetragen ist jedoch, dass die Zulassungsbescheinigung Teil II, die bei Abschluss des Kaufvertrages vorgelegt wurde, von derjenigen, die nunmehr dem Gericht in Kopie vorliegt, inhaltlich abweichend gewesen wäre. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 05.10.2017 vielmehr Gelegenheit bekommen, die Kopie der Zulassungsbescheinigung Teil II in Augenschein zu nehmen. Dass diese inhaltlich von dem am 05.01.2017 vorgelegten Fahrzeugbrief abweicht, wurden zu keinem Zeitpunkt dargelegt. Vor diesem Hintergrund geht das Gericht jedoch davon aus, dass dem Kläger zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Inhalt der Zulassungsbescheinigung Teil II bekannt war. Da aus dieser ohne weiteres ersichtlich wird, dass das Fahrzeug insgesamt drei Vorbesitzer hat, kann sich der Beklagte darauf, dass ihm (nur) zwei Vorbesitzer zugesichert worden sein sollen, nicht berufen. Selbst wenn – was zwischen den Parteien streitig ist – der Beklagte im Rahmen des Verkaufsgespräches etwas Abweichendes angegeben haben sollte, so hätte der Kläger vor dem Hintergrund des offensichtlich zur Kenntnis genommenen Inhalts des Fahrzeugbriefs zumindest nachfragen müssen.
Darüber hinaus wäre ein Rücktritt aufgrund einer abweichenden Vorbesitzer Anzahl vorliegend auch ausgeschlossen. Bei einem PKW, der knapp elf Jahre alt ist und eine Laufleistung von 78.000 km aufweist, ist die Differenz zwischen zwei oder drei Vorbesitzer zu vernachlässigen und insoweit – wenn überhaupt – lediglich ein unwesentlicher Mangel auf den ein Rücktritt gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB nicht gestützt werden kann (so auch LG Hannover, Urteil vom 30.07.2010, Az. 16 O 355/09; LG Kiel Urteil vom 27.02.2015, Az. 3 O 25/14). Der Frage, ob das Fahrzeug zwei oder drei Vorbesitzer gehabt hatte, kommt insoweit keine wertbildende Funktion zu. Bei dem Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen kann sich mitunter erheblich preisentscheidend auswirken, dass ein Wagen aus erster Hand kommt, also lediglich einen Vorbesitzer hatte. Derartiges kann jedoch bei dem Unterschied ob ein Wagen aus zweiter, dritter oder vierter Hand kommt nicht mehr ohne weiteres angenommen werden. Anderes kann lediglich dann gelten, wenn (entgegen der vertraglichen Absprache) eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Vorbesitzern existiert. Dies ist jedoch bei einem elf Jahre alten Pkw mit einer Laufleistung von knapp 80.000 km und drei Vorbesitzern nicht anzunehmen.
Vor diesem Hintergrund war der Kläger nicht zum Rücktritt berechtigt. Auf den Zeitpunkt des Zugangs der Rücktrittserklärung kommt es insofern nicht an. Der Kläger wäre demnach verpflichtet gewesen, das Fahrzeug gemäß § 433 Abs. 2 BGB den restlichen Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen. Diese Pflicht hat er verletzt, das Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Der Beklagte hat dem Kläger ferner mit Schreiben vom 11.01.2017 auch erfolglos gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 BGB eine Frist zur Abnahme des Fahrzeugs und Zahlung des restlichen Kaufpreises gesetzt.
Die Höhe des Schadensersatzes folgt aus Ziffer IV. Der Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen des Beklagten, die unstreitig wirksam einbezogen wurden. Hiernach ist der Verkäufer verpflichtet, den Kaufgegenstand innerhalb von acht Tagen ab Zugang der Bereitstellungsanzeige abzunehmen. Im Falle der Nichtabnahme kann der Verkäufer von seinen gesetzlichen Rechten Gebrauch machen. Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 10 % des Kaufpreises. Der Schadenersatz ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der Verkäufer einen höheren Schaden nachweist oder der Käufer nachweist, dass ein geringerer oder überhaupt kein Schaden entstanden ist. Dem Beklagten ist es daher nicht verwehrt entsprechend Ziffer IV.2. der Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen einen pauschalierten Schadensersatzanspruch i.H.v. 10 % des Kaufpreises geltend zu machen. Eine derartige durch Allgemeine Geschäftsbedingungen festgelegte Schadenspauschale ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 14.04.2010 – VIII ZR 123/09) zulässig, sie verstößt insbesondere nicht gegen das Klauselverbot nach § 309 Nr. 5 Lit. b BGB.
Somit ist grundsätzlich von einem Schaden in Höhe von 10 % des Kaufpreises auszugehen. Dabei ist der Gesamtpreis zugrunde zu legen und somit der Betrag in Höhe von 6.550,00 EUR. Die pauschale Schadensersatzsumme kann sich erhöhen, wenn der Verkäufer einen tatsächlich höheren Schaden nachweist. Andererseits ist der Schadensersatz niedriger anzusetzen, wenn dem Käufer der Nachweis eines geringeren oder sogar gar keines Schadens gelingt.
Der Beklagte hat den Nachweis eines höheren Schadens insoweit nicht führen können. Wobei es hierauf aufgrund der Rücknahme Wiederklage auch nicht entscheidungserheblich ankommt.
Dem Kläger ist der Nachweis eines geringeren Schadens andererseits lediglich soweit gelungen, als das der Schadensbetrag um fünf Euro nach unten zu korrigieren ist. Grundsätzlich ist der Kläger als Käufer insoweit darlegungs- und beweisbelastet I aller Umstände, die für einen tatsächlich geringeren Schaden sprechen. Insoweit ist aber auch auf den unstreitigen (sowie streitigen) diesbezüglichen Vortrag des Verkäufers abzustellen. Der Beklagte hat vorliegend zur tatsächlichen Schadenshöhe vorgetragen. Diesen Vortrag, kann das Gericht nicht unberücksichtigt lassen, auch wenn dieser ursprünglich zur Begründung der Widerklage erfolgt ist. Der Rücknahme der Widerklage folgt nicht die Unverwertbarkeit des ursprünglich hierauf gerichteten Tatsachenvortrags. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung alle relevanten und erheblichen Sachverhaltsangaben zu berücksichtigen, ungeachtet des Umstands, vor welchem Hintergrund bzw. aufgrund welcher prozessualen Situation diese erfolgt sind. Die Beachtung des Vortrags des Beklagten hierzu führt dazu, dass jedenfalls sicher festgestellt werden kann, dass der Schaden des Beklagten nicht über einen Betrag von 650 EUR liegt. Dies ergibt sich wie folgt:
Der Beklagte inserierte das hier streitgegenständliche Fahrzeug ursprünglich zu einem Preis von 6.250 EUR. Verkauft wurde das Fahrzeug sodann an den Kläger zu einem Preis von 6.550 EUR, wobei sich die 300 EUR Differenz aus den, dem Vertrag zu entnehmenden, Zusatzleistungen (Wintercheck, neue Ganz-Jahresbereifung und Motorwäsche) ergibt. Dies entspricht nicht nur dem Vortrag der Parteien, sondern ist insoweit auch nachvollziehbar, da ansonsten kaum erklärbar wäre, warum der letztlich vereinbarte Kaufpreis über dem ursprünglichen Angebotspreis liegt. Dass der Beklagte durch den Mehrbetrag von 300 EUR für die genannten Zusatzleistungen wesentliche Gewinne oder Verluste gemacht hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass die Zusatzleistungen insgesamt dem Wert von 300 EUR entsprechen, was überdies auch dem wechselseitigen Parteivortrag entspricht. Der Kläger hat daher (nur) das Fahrzeug grundsätzlich zu einem Preis von 6.250,- EUR erstanden.
Der Beklagte hat, nachdem die Vertragsabwicklung mit dem Kläger scheiterte, den streitgegenständlichen Pkw unstreitig an den Zeugen Y veräußert. Ebenfalls unstreitig ist insoweit, dass der Beklagte diesbezüglich das Fahrzeug erneut zu einem Preis von 6.250,00 EUR inserierte. I der genauen Umstände der Zusammensetzung des tatsächlich später mit dem Zeugen vereinbarten Kaufpreises liegen dem Gericht zwei Kaufverträge vom 03.02.2017 vor. Beide beziehen sich auf den streitgegenständlichen Pkw. Das von dem Kläger vorgelegte Exemplar weist dabei einen Kaufpreis von 6.250,00 EUR aus und enthält ferner eine Vereinbarung dahingehend, dass der Beklagte das alte Fahrzeug des Zeugen zu einem Preis von 750,00 EUR in Zahlung nimmt. Das von dem Beklagten vorgelegte Vertragsexemplar weist einen Kaufpreis von 5.600,00 EUR aus und enthält eine Vereinbarung dahingehend, dass der Beklagte das alte Fahrzeug des Zeugen zu einem Preis von 100 EUR in Zahlung nimmt.
Sofern der Beklagte tatsächlich zum Preis von 6.250,00 EUR an den Zeugen verkauft hat und hierfür lediglich erfüllungshalber das alte Fahrzeug für 750 EUR in Zahlung genommen hat und dieses als Fahrzeug auch ein Wert von 750 EUR hat, wäre dem Kläger der Nachweis gelungen, dass dem Beklagten tatsächlich kein Schaden entstanden ist. Denn er hätte in diesem Fall den PKW genau zu dem Preis verkauft, den er auch von dem Kläger erhalten hätte. Dem Kläger ist diese Beweisführung jedoch nicht gelungen. Der Beklagte hat sich insoweit dahingehend eingelassen, dass das alte Fahrzeug des Zeugen lediglich noch Schrottwert hatte und insofern eine Inzahlungnahme lediglich in Höhe von 100,00 EUR in Betracht kam und auch vereinbart wurde. Die darüber hinausgehende Differenz zu dem ursprünglich angesetzten Kaufpreis von 6.250,00 EUR sei insofern auf einen Rabatt, den er dem Zeugen gewährt habe, zurückzuführen.
Unter Zugrundelegung des Vortrags des Beklagten ist diesem mithin ein Schaden in Höhe von 650,00 EUR entstanden, denn er hätte ursprünglich von dem Kläger für das Fahrzeug einen Preis von 6.250,00 EUR erzielt und hat nunmehr einen Preis in Höhe von 5.500,00 EUR erzielt zuzüglich dem Eigentum an dem alte Fahrzeug des Zeugen im Wert von 100,00 EUR. Für die Schilderung des Beklagten spricht ferner der vorgelegte und von dem Zeugen Y unterzeichnete Vertrag über den Ankauf eines Gebrauchtwagens vom 03.02.2017 aus dem sich ein Kaufpreis von 100 EUR ergibt. Ferner hat der Kläger weder vorgetragen, noch entsprechenden Beweis dafür angeboten, dass das in Zahlung genommene Fahrzeug des Zeugen Y tatsächlich einen höheren Wert hatte, oder dass der Beklagte hierfür einen höheren Preis erzielen konnte. Der Kläger ist vorliegend jedoch darlegungs- und beweisbelastet dahingehen, dass der Schaden des Beklagten niedriger ist als die Pauschale. Selbst wenn das Gericht aufgrund der vorgelegten Kaufverträge mit dem Zeugen Y ein non liquet Beweisergebnis annehmen würde, ginge dies zulasten des Klägers, da dieser in der Beweispflicht ist.
Nach dem insoweit zugrunde zulegenden Vortrag des Beklagten, ist diesem daher jedenfalls ein Schaden in Höhe von 650,00 EUR entstanden. Soweit der Kläger im Weiteren geltend macht, der Beklagte habe gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, ist hierzu nicht hinreichend vorgetragen. Der Kläger hätte insoweit zumindest darlegen müssen, was nach seiner Auffassung von dem Beklagten zu verlangen gewesen wäre. Ferner ist auch nicht vorgetragen, dass der Zeuge Y das hier streitgegenständliche Fahrzeug auch zu einem höheren oder zu einem Preis von bis zu 6.250,00 EUR erworben hätte. Zutreffend ist, dass auch nach dem Beklagtenvortrag dem Zeugen Y ein großzügiger Rabatt eingeräumt wurde. Dieser liegt im Bereich von rund 10 %. Dabei sind zu Gunsten des Beklagten jedoch Handlungsspielräume durchaus legitim. Dem Beklagten kann insoweit auch unter Berücksichtigung der grundsätzlich bestehenden Schadensminderungspflicht nicht auferlegt werden, das Fahrzeug so lange zu inserieren, bis irgendjemand tatsächlich bereit ist, den ursprünglich vereinbarten Kaufpreis zu zahlen. Dieses Risiko geht grundsätzlich zulasten des vertragsbrüchig gewordenen Käufers. Dies gilt jedenfalls solange der Kaufgegenstand im Nachhinein nicht offensichtlich „zu einem Spottpreis verscherbelt“ wird.
Vor diesem Hintergrund verbleibt es dabei, dass dem Kläger – bereits nach dem Vortrag des Beklagten hierzu – der Nachweis eines geringeren Schadens lediglich in Höhe von 5,- Euro gelungen ist.
Die Aufrechnung des Beklagten mit dem Schadensersatzanspruch, lässt die Restforderung daher in Höhe von weiteren 650,00 EUR erlöschen. Der Kläger kann lediglich noch ein Betrag in Höhe von 5,00 EUR von dem Beklagten erstattet verlangen.
Der geltend gemachte verzugsbegründete Zinsanspruch ergibt sich aus § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 § 288 BGB. Der Beklagte befindet sich seit dem 27.01.2017 in Verzug, da er mit Schreiben vom 26.01.2017 eine weiter gehende Zahlung ernsthaften und endgültig verweigert hat. Ein früherer Verzugseintritt ist aufgrund des unberechtigten Rücktritts nicht gegeben.
Auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen. Ein entsprechender Schadensersatzanspruch kommt lediglich unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 286 BGB in Betracht. Aufgrund des unberechtigten Rücktrittsbegehrens befand sich der Beklagte zum Zeitpunkt des Tätigwerdens der nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers (16.01.2017) noch nicht in Verzug.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S.1, 2. Alt. ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 1, 711, 709 S. 2 ZPO.
Streitwert: 950,00 EUR, § 45 Abs. 1 S. 1 GKG