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Gerichtlicher Verweisungsbeschluss ist grundsätzlich bindend

Gerichtliche Zuständigkeitsstreitigkeiten – Hohe Hürden für Aufhebung von Verweisungsbeschlüssen

Im Fall OLG Brandenburg, Az.: 1 AR 2/24, geht es um die Zuständigkeit des Amtsgerichts Mitte für eine Klage bezüglich unbezahlter Hausmeisterleistungen und Rechtsanwaltskosten, nachdem das Amtsgericht Potsdam und das Amtsgericht Mitte sich zunächst für unzuständig erklärten und den Fall an das Oberlandesgericht weiterleiteten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 AR 2/24 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Rechtsstreit betrifft Forderungen einer Klägerin gegen eine Beklagte für Hausmeisterdienste und vorgerichtliche Anwaltskosten.
  • Ursprünglich beim Amtsgericht Potsdam eingereicht, wurde die Zuständigkeit aufgrund der Geschäftsadresse der Beklagten angefochten.
  • Ein Handelsregisterauszug führte zur Verlegung der Zuständigkeit zum Amtsgericht Mitte.
  • Sowohl das Amtsgericht Potsdam als auch das Amtsgericht Mitte erklärten sich für örtlich unzuständig, was zur Einreichung beim OLG Brandenburg führte.
  • Das OLG bestimmte letztlich das Amtsgericht Mitte als zuständig auf Basis der Bindungswirkung eines früheren Verweisungsbeschlusses.
  • Höherrangiges Recht, wie Verfassungsrecht, könnte die Bindungswirkung nur bei Willkür oder erheblichen Rechtsfehlern aufheben.
  • Einfache Fehler in der Rechtsanwendung rechtfertigen nicht die Annahme einer willkürlichen Verweisung.
  • Die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses blieb bestehen, da alle rechtlichen Anforderungen, inklusive des rechtlichen Gehörs, erfüllt wurden.
  • Der Fall unterstreicht die Bedeutung der gerichtlichen Zuständigkeit und deren Auswirkungen auf den Prozessverlauf.

Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Gerichten

Die Frage nach der örtlichen Zuständigkeit eines Gerichts mag auf den ersten Blick formaler Natur erscheinen. Tatsächlich hat die richtige Feststellung der Zuständigkeit jedoch große Bedeutung für einen fairen und rechtmäßigen Prozessverlauf. Wenn sich Gerichte für unzuständig erklären, droht eine unnötige Verzögerung des Verfahrens durch Hin- und Herverweisungen.

Um dies zu vermeiden, gelten klare Regeln für die Bestimmung der Zuständigkeit. Diese berücksichtigen Faktoren wie den Wohn- oder Geschäftssitz der Parteien sowie den Ort der Leistungserbringung. Diese Zuständigkeitsregeln sollen Rechtssicherheit schaffen und eine zügige, geordnete Behandlung von Streitfällen ermöglichen.

➜ Der Fall im Detail


Streit um Zuständigkeit bei gerichtlichen Auseinandersetzungen

In einem komplexen Rechtsfall hat das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg mit dem Beschluss vom 15. Februar 2024, Az.: 1 AR 2/24, entschieden, dass das Amtsgericht Mitte zuständig für die Verhandlung einer Klage ist, die ursprünglich beim Amtsgericht Potsdam eingereicht wurde.

Justizwaage im Gerichtssaal mit Richtern im Hintergrund.
(Symbolfoto: KI gen.)

Die Klägerin fordert von der Beklagten Zahlungen für Hausmeisterdienste und vorgerichtliche Anwaltskosten. Nachdem die Beklagte die Zuständigkeit des Amtsgerichts Potsdam angefochten hatte, kam es zu mehreren Verweisungen zwischen den Gerichten.

Verlauf der gerichtlichen Verweisungen

Die Klägerin reichte die Klage zunächst am Amtsgericht Potsdam ein. Nachdem die Beklagte einen Handelsregisterauszug vorlegte, der eine andere Geschäftsadresse zeigte, beantragte die Klägerin die Verweisung an das Amtsgericht Mitte. Dieses Gericht und das Amtsgericht Potsdam erklärten sich beide für örtlich unzuständig, woraufhin der Fall zur Bestimmung der Zuständigkeit an das OLG Brandenburg weitergeleitet wurde.

Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg

Das OLG Brandenburg stellte fest, dass das Amtsgericht Mitte aufgrund der Bindungswirkung des ursprünglichen Verweisungsbeschlusses zuständig ist. Die Entscheidung betonte, dass eine Aushebelung dieser Bindung nur unter strengen Voraussetzungen, wie der Verletzung des rechtlichen Gehörs oder willkürlicher Entziehung des gesetzlichen Richters, möglich ist.

Rechtliche Grundlagen und Kriterien der Entscheidung

Die Entscheidung des OLG beruhte auf § 281 Abs. 2 ZPO, der die Bindungswirkung von Verweisungsbeschlüssen regelt. Das Gericht erklärte, dass einfache Rechtsfehler nicht ausreichen, um die Bindungswirkung aufzuheben. Vielmehr muss eine Verweisung grob rechtsfehlerhaft oder gesetzwidrig sein. Das Gericht fand keine solche Verletzung in diesem Fall.

Bedeutung der Entscheidung für die Praxis

Diese Entscheidung verdeutlicht die Wichtigkeit der Einhaltung gerichtlicher Verweisungen und die hohen Anforderungen, die an die Aufhebung der Bindungswirkung solcher Beschlüsse gestellt werden. Sie betont die Notwendigkeit für Rechtssicherheit und effiziente gerichtliche Prozesse, um langwierige Zuständigkeitsstreitigkeiten und daraus resultierende Verzögerungen zu vermeiden.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was versteht man unter einem gerichtlichen Verweisungsbeschluss?

Ein gerichtlicher Verweisungsbeschluss ist eine Entscheidung eines Gerichts, mit der ein Rechtsstreit wegen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts an ein anderes, zuständiges Gericht verwiesen wird. Dies kann aufgrund sachlicher oder örtlicher Unzuständigkeit erfolgen. Der Verweisungsbeschluss wird in der Regel ohne mündliche Verhandlung erlassen und ist für das Gericht, an das verwiesen wurde, bindend, sobald er unanfechtbar geworden ist.

Die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses bedeutet, dass das Gericht, an das der Fall verwiesen wurde, an die Entscheidung des verweisenden Gerichts gebunden ist und diese nicht mehr überprüfen kann. Dies gilt auch für die Frage der Zuständigkeit, sofern der Beschluss rechtskräftig ist. Die Unanfechtbarkeit tritt ein, wenn kein zulässiges Rechtsmittel gegen den Beschluss eingelegt wurde oder ein eingelegtes Rechtsmittel erfolglos geblieben oder zurückgenommen wurde.

Die Verweisung erfolgt durch einen Beschluss, der kurz zu begründen ist. Den Parteien muss zuvor rechtliches Gehör gewährt werden. Die Verweisung kann nur auf Antrag der klagenden Partei erfolgen. Stellt diese keinen Verweisungsantrag, weist das Gericht die Klage als unzulässig ab. Ein Verweisungsbeschluss ist in der Regel unanfechtbar und hat keine aufschiebende Wirkung.

Die Zuständigkeit im zweiten Rechtszug bedeutet, dass der Gerichtshof der Europäischen Union auch für Rechtsmittel zuständig ist, die gegen Urteile und Beschlüsse des Gerichts eingelegt werden. Dies ist relevant, wenn es um die Überprüfung von Entscheidungen auf EU-Ebene geht.

In Deutschland regelt § 281 der Zivilprozessordnung (ZPO) die Verweisung bei Unzuständigkeit. Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss über die Verweisung ist unanfechtbar und für das im Beschluss bezeichnete Gericht bindend.

Die europäische Dimension der Verweisung wird durch die Europäische Zustellungsverordnung und die Europäische Kontenpfändungsverordnung verdeutlicht, die die grenzüberschreitende Zustellung von Schriftstücken und die Kontenpfändung innerhalb der EU regeln. Diese Verordnungen erleichtern die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen mit grenzüberschreitendem Bezug.

Warum ist die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses bedeutsam?

Die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses ist aus mehreren Gründen von großer Bedeutung im deutschen Rechtssystem. Zunächst sorgt sie für Rechtssicherheit, indem sie gewährleistet, dass einmal getroffene Entscheidungen über die Zuständigkeit eines Gerichts von anderen Gerichten respektiert und nicht erneut in Frage gestellt werden. Dies verhindert, dass ein Rechtsfall zwischen verschiedenen Gerichten hin und her geschoben wird, was zu Verzögerungen und erhöhten Kosten führen kann.

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Darüber hinaus hilft die Bindungswirkung, widersprüchliche Entscheidungen innerhalb der Gerichtsbarkeit zu vermeiden. Wenn verschiedene Gerichte zu unterschiedlichen Schlüssen bezüglich der Zuständigkeit kommen könnten, würde dies die Einheitlichkeit und Vorhersehbarkeit der Rechtsprechung untergraben. Solche Inkonsistenzen könnten das Vertrauen in das Rechtssystem schwächen und die allgemeine Rechtsunsicherheit erhöhen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Effizienz des Rechtssystems. Durch die Bindungswirkung wird sichergestellt, dass einmal getroffene Entscheidungen über die Zuständigkeit nicht unnötig wiederholt werden müssen, was Ressourcen spart und die Gerichte entlastet. Dies trägt dazu bei, dass Gerichtsverfahren zügiger und kosteneffizienter ablaufen können.

Insgesamt trägt die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses also dazu bei, die Integrität und Funktionalität des Rechtssystems zu wahren, indem sie für Klarheit, Konsistenz und Effizienz in der gerichtlichen Praxis sorgt.

Unter welchen Umständen kann die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses aufgehoben werden?

Die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses kann unter bestimmten strengen Voraussetzungen aufgehoben werden. Diese Ausnahmen sind notwendig, um die Grundrechte der Verfahrensbeteiligten zu schützen und die Rechtsstaatlichkeit zu wahren.

  • Verletzung des rechtlichen Gehörs: Wenn das Gericht vor Erlass des Verweisungsbeschlusses den Parteien nicht die Möglichkeit gegeben hat, sich zu äußern, kann dies eine Aufhebung der Bindungswirkung rechtfertigen. Das rechtliche Gehör ist ein fundamentales Prinzip des deutschen Rechts, das sicherstellt, dass alle Beteiligten in einem Verfahren ihre Standpunkte und Beweise vorbringen können, bevor eine Entscheidung getroffen wird.
  • Willkürliche Entscheidungen: Wenn ein Verweisungsbeschluss auf einer willkürlichen oder offensichtlich unhaltbaren Entscheidung beruht, kann dies ebenfalls die Aufhebung der Bindungswirkung begründen. Dies schützt die Beteiligten vor rechtlich unhaltbaren Entscheidungen, die ihre Grundrechte verletzen könnten.
  • Übersehene Zuständigkeit: Wenn das verweisende Gericht eine ausschließliche örtliche Zuständigkeit übersehen hat, kann dies auch eine Durchbrechung der Bindungswirkung rechtfertigen. In solchen Fällen kann das Empfangsgericht den Verweisungsbeschluss nicht als bindend ansehen und muss den Fall gegebenenfalls weiterverweisen.

Diese Ausnahmen stellen sicher, dass die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses nicht zu einer ungerechtfertigten Beeinträchtigung der Rechte der Verfahrensbeteiligten oder zu einer Verletzung der Rechtsstaatlichkeit führt. Sie ermöglichen eine Korrektur von Entscheidungen, die unter Verstoß gegen wesentliche rechtliche Prinzipien getroffen wurden.

Welche Rolle spielt das rechtliche Gehör in Verweisungsverfahren?

Das rechtliche Gehör spielt eine entscheidende Rolle in Verweisungsverfahren, da es grundlegend für die Fairness und Rechtmäßigkeit des gesamten Prozesses ist. In Verweisungsverfahren, bei denen ein Fall von einem Gericht zu einem anderen übertragen wird, muss den beteiligten Parteien die Möglichkeit gegeben werden, sich zu äußern, bevor eine Entscheidung über die Zuständigkeit getroffen wird. Dies stellt sicher, dass alle relevanten Informationen und Argumente berücksichtigt werden, bevor ein Gericht entscheidet, ob es den Fall an ein anderes Gericht verweist.

Bedeutung des rechtlichen Gehörs in Verweisungsverfahren

  • Sicherstellung der Verfahrensgerechtigkeit: Das rechtliche Gehör garantiert, dass die Parteien ihre Standpunkte und Beweise vorbringen können, was eine grundlegende Voraussetzung für ein faires und gerechtes Verfahren ist.
  • Einfluss auf die Entscheidungsfindung: Durch das rechtliche Gehör können die Parteien möglicherweise die Auffassung des Gerichts bezüglich der Zuständigkeit beeinflussen. Wenn wichtige Informationen oder Argumente vorgebracht werden, könnte dies die Entscheidung des Gerichts, ob es zuständig ist oder nicht, direkt beeinflussen.
  • Vermeidung von Rechtsverletzungen: Die Gewährung des rechtlichen Gehörs schützt die Parteien davor, dass ihre Rechte übergangen werden. Eine Entscheidung ohne Gewährung des rechtlichen Gehörs kann zu einer Verletzung des Artikels 103 Abs. 1 des Grundgesetzes führen, was die Aufhebung des Verweisungsbeschlusses zur Folge haben könnte.
  • Rechtsschutz und Rechtsmittel: Das rechtliche Gehör ermöglicht es den Parteien auch, effektiv Rechtsmittel gegen einen Verweisungsbeschluss einzulegen, falls sie der Meinung sind, dass ihre Rechte im Verfahren nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Zusammenfassend ist das rechtliche Gehör ein wesentlicher Bestandteil von Verweisungsverfahren, der nicht nur die Fairness und Gerechtigkeit des Verfahrens sicherstellt, sondern auch eine korrekte und fundierte Entscheidungsfindung fördert.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO: Dieser Paragraph regelt die Bestimmung der Zuständigkeit bei mehrfacher Unzuständigkeitserklärung und ist zentral, weil er die Entscheidungsbefugnis auf ein höheres Gericht verlagert, wenn untergeordnete Gerichte sich für unzuständig erklären. Im vorliegenden Fall hat das OLG Brandenburg die Zuständigkeit des Amtsgerichts Mitte festgelegt, nachdem sowohl das Amtsgericht Potsdam als auch das Amtsgericht Mitte sich für unzuständig erklärten.
  • § 281 Abs. 2 ZPO: Dieser Paragraph beschreibt die Bindungswirkung von Verweisungsbeschlüssen, die verhindert, dass Gerichte, an die ein Fall verwiesen wurde, diesen wieder zurückverweisen. Im analysierten Fall stützt das OLG Brandenburg seine Entscheidung darauf, dass das Amtsgericht Mitte aufgrund des ersten Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Potsdam zuständig bleibt.
  • Art. 103 Abs. 1 GG: Artikel 103 gewährt das Recht auf rechtliches Gehör, das bei jeder gerichtlichen Entscheidung zu beachten ist. Die Anerkennung dieses Rechts ist entscheidend, da eine Missachtung dazu führen kann, dass die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses entfällt, was im analysierten Text als mögliche Ausnahme von der Bindungswirkung erwähnt wird.
  • Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG: Dieser Artikel verbietet die willkürliche Entziehung des gesetzlichen Richters. Im Kontext des Falls ist dies relevant, da die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses nur dann entfallen kann, wenn eine willkürliche Zuweisung zu einem bestimmten Richter vorliegt, was eine Verletzung dieses Grundrechts darstellen würde.
  • § 12, 13, 17 ZPO: Diese Paragraphen definieren den allgemeinen Gerichtsstand, der sich normalerweise nach dem Wohnsitz einer Person richtet. Dies ist für die Feststellung der Zuständigkeit im Anfangsstadium des Falles wesentlich, da die Beklagte ihre Geschäftsadresse geändert hatte, was die Zuständigkeitsfrage beeinflusste.
  • § 29 ZPO: Regelung des besonderen Gerichtsstands des Erfüllungsortes, der zusätzlich zum allgemeinen Gerichtsstand bestehen kann. Im vorliegenden Fall war dieser Punkt relevant, da das Amtsgericht Mitte möglicherweise auch aufgrund des Erfüllungsortes zuständig hätte sein können, was jedoch durch die Gerichte nicht weiter verfolgt wurde.


Das vorliegende Urteil

OLG Brandenburg – Az.: 1 AR 2/24 – Beschluss vom 15.02.2024

Zuständig ist das Amtsgericht Mitte.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf die Zahlung von 1.644,90 € als Entgelt für erbrachte Hausmeisterleistungen und auf die Zahlung von 235,80 € für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch.

Sie hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25.5.2023 die Klage beim Amtsgericht Potsdam erhoben, wobei sie für die Beklagte eine Postanschrift in ### angegeben hat. Dort ist die Klage am 19.7.2023 zugestellt worden.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18.9.2023 hat die Beklagte die fehlende Zuständigkeit des Amtsgerichts Potsdam gerügt und unter Vorlage eines Handelsregisterauszugs vorgetragen, dass sich ihre Geschäftsadresse in ### befinde.

Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 25.9.2023 die Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Mitte beantragt unter Hinweis darauf, dass ihr die nach dem Inhalt des Handelsregisterauszugs bereits am 4.5.2023 vorgenommene Änderung des Geschäftssitzes bislang nicht bekannt gewesen sei. Das Amtsgericht Potsdam hat den Schriftsatz der Beklagten zur Stellungnahme zugeleitet. Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 4.10.2023 mit der Verweisung einverstanden erklärt.

Durch Beschluss vom 5.10.2023 hat sich das Amtsgericht Potsdam für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Mitte verwiesen.

Das Amtsgericht Mitte hat sich durch Beschluss vom 14.12.2023 ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt, die Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt und die Sache dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II.

Auf die Vorlage durch das Amtsgericht Mitte ist dessen Zuständigkeit für den vorliegenden Rechtsstreit auszusprechen.

1. Der Zuständigkeitsstreit ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO durch das Brandenburgische Oberlandesgericht zu entscheiden, weil das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof ist und das zu seinem Bezirk gehörende Amtsgericht Potsdam mit der Sache zuerst befasst gewesen ist.

2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das Amtsgericht Potsdam als auch das Amtsgericht Mitte haben sich im Sinne dieser Vorschrift rechtskräftig für unzuständig erklärt, und zwar Ersteres durch den Verweisungsbeschluss vom 5.10.2023 und Letzteres durch den Vorlagebeschluss vom 14.12.2023. Beide Entscheidungen genügen den Anforderungen, die an das Merkmal „rechtskräftig“ im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind, weil es dafür allein darauf ankommt, dass eine den Parteien bekanntgemachte beiderseitige Kompetenzleugnung vorliegt (statt vieler: Senat, NJW 2004, 780; Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl., § 36, Rn. 34 f.).

3. Örtlich zuständig ist das Amtsgericht Mitte.

Seine Zuständigkeit folgt aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Potsdam vom 5.10.2023 nach § 281 Abs. 2 ZPO. Aufgrund dieser klaren gesetzlichen Regelung kann die Bindungswirkung nur ausnahmsweise infolge der Verletzung höherrangigen (Verfassungs-)Rechts, namentlich bei der ungenügenden Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder bei objektiv willkürlicher Entziehung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entfallen. Im Interesse einer baldigen Klärung und Vermeidung wechselseitiger (Rück-)Verweisungen ist die Willkürschwelle dabei hoch anzusetzen. Einfache Rechtsfehler, wie etwa das Übersehen einer die Zuständigkeit begründenden Rechtsnorm, rechtfertigen die Annahme einer objektiv willkürlichen Verweisung grundsätzlich nicht. Hinzukommen muss vielmehr, dass die Verweisung offenbar gesetzwidrig oder grob rechtsfehlerhaft ist, also gleichsam jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (BGH, Beschluss vom 17.5.2011, X ARZ 109/11; Senat, JMBl. 2007, 65, 66; NJW 2006, 3444, 3445; 2004, 780; eingehend ferner: Tombrink, NJW 2003, 2364 f.; jeweils m. w. N.).

Denn derart zu konkretisierenden Einschränkungen der Bindungswirkung hält der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 5.10.2023 stand.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist beachtet worden, nachdem das Amtsgericht Potsdam den Verweisungsantrag vom 25.9.2023 der Beklagten zur Stellungnahme übersandt und erst im Anschluss an deren Einverständniserklärung vom 4.10.2023 den Verweisungsbeschluss vom 5.10.2023 gefasst hat.

Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Potsdam entbehrt auch nicht jeglicher gesetzlichen Grundlage. Er steht im Einklang mit der gesetzlichen Regelung in §§ 12, 13, 17 ZPO, wonach der allgemeine Gerichtsstand einer Person durch deren Wohn- oder Geschäftssitz bestimmt wird.

Es führt demgegenüber nicht zu einer Willkür des Verweisungsbeschlusses, dass, wie vom Amtsgericht Mitte in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen gestellt, daneben der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO beim Amtsgericht Potsdam bestehen mag. Denn ein Übergehen des besonderen Gerichtsstandes nach § 29 ZPO stellt jedenfalls in Fällen, in denen – wie hier bis zum Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Mitte vom 14.12.2023 – weder die Frage des Erfüllungsorts thematisiert noch zum Sitz der beklagten Partei im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgetragen wird, lediglich eine einfache und die Bindungswirkung nicht berührende Fehlerhaftigkeit dar, da sich in solchen Fallgestaltungen eine Befassung des verweisenden Gerichts mit dieser Frage nicht unmittelbar aufgedrängt hat (BGH, Beschluss vom 17.5.2011, X ARZ 109/11; Senat, Beschluss vom 15.11.2013, 1 (Z) SA 62/13).

Eine zum Entfallen der Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO führende Verkennung der Unwiderruflichkeit der Wahlrechtsausübung nach § 35 ZPO (vgl. BGH NJW 2002, 3634, 3635; 1999, 1723; Senat, Beschluss vom 23.10.2023, 1 AR 32/23 (SA Z); Beschluss vom 7.8.2019, 1 AR 32/19 (SA Z)) liegt nicht vor. Denn die Klägerin hat mit der Anrufung des Amtsgerichts Potsdam nicht ein Wahlrecht nach § 35 ZPO ausüben können, da ihr – wie sie im Verweisungsantrag vom 25.9.2023 ausgeführt hat – die Verlegung des Geschäftssitzes der Beklagten nach („Ort 02“) bis zu deren Vortrag im Schriftsatz vom 18.9.2023 nicht bekannt gewesen ist.

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