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Granitfliesen mangelhaft – Schadensersatzanspruch

LG Münster, Az.: 10 O 36/15, Urteil vom 13.06.2016

Das Versäumnisurteil vom 27.04.2015 wird, soweit die Beklagte verurteilt wurde auf die Klageforderungen Zinsen seit dem 07.04.2016 zu zahlen aufgehoben und diesbezüglich neu gefasst; im Übrigen wird das Versäumnisurteil mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Tenor dieser Entscheidung zu Zwecke der Klarstellung wie folgt neu gefasst wird:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Geldbetrag in Höhe von 8.568,- EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2015 zu zahlen.

Weiter hat die Beklagte die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 718,40 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Auf die Widerklage hin, wird der Kläger verurteilt an die Beklagte 1.313,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.06.2015 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 86 % und der Kläger zu 14 %, davon sind die Kosten der Säumnis ausgenommen, die die Beklagte allein trägt.

Das Urteil ist für die Parteien jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte im Wege der Teilklage Schadensersatz und die Beklagte macht gegen den Kläger im Wege der Widerklage Zahlung aus Kaufvertrag geltend.

Granitfliesen mangelhaft - Schadensersatzanspruch
Symbolfoto: StudioDin/Bigstock

Der Kläger kaufte bei der Beklagten geschliffene Natursteinfliesen. Der Kauf basierte auf einem schriftlichen Angebot der Beklagten vom 05.12.2011 (Bl. 58 – 59 d. A.) aus dem hervorging, dass 211 Pakete à 0,93 qm² Granitfliesen Padang Cristallo 30,5 x 61 x 1 cm geschliffen, an den Kläger geliefert werden sollten. In dem Angebot war der Hinweis vermerkt: „Natursteine können in Farbe und Struktur wechseln. Muster können nur den Typ, nicht aber alle Varianten wiedergeben. Einschlüsse, wie Flecken und Adern, sind für den Naturstein typisch und geben keinen Anlass zur Reklamation.“. Die Fliesen ließ der Kläger durch einen von ihm beauftragten Handwerker in seinem Wohnhaus, im Keller, im Erd- und Obergeschoss verlegen. Nach der Verlegung monierte der Kläger Glanzunterschiede bei den Fliesen. Die Parteien nahmen die Fliesen im Februar 2013 gemeinsam in Augenschein. Hierbei vertrat die Beklagte die Auffassung, dass die Fliesen wegen eines Verlegungsfehlers unterschiedlichen Glanz aufwiesen. Nachbesserungsarbeiten führte die Beklagte zunächst trotz Aufforderungen des Klägers vom 22.04.2013 und 10.06.2013 nicht aus. Zwischenzeitlich hatte der Kläger die Fläche im Erdgeschoss mit einem Reinigungsmittel der Firma M. gereinigt, welches aber die Schliffunterschiede nicht beseitigte. Die Firma M. hatte dem Kläger auf Nachfrage mitgeteilt, dass es sich um Unterschiede im Schliff handelt, die nicht mit ihren Produkten beseitigt werden können. Danach hat der Kläger seine Prozessbevollmächtigten mit der Interessenwahrnehmung beauftragt, die mit Schreiben vom 16.09.2013 die Beklagte letztmalig zur Mängelbeseitigung aufforderten. Daraufhin schliffen im September 2013 zwei Mitarbeiter der Beklagten die Fliesen im Wohnbereich trocken ab, was jedoch ohne Erfolg geblieben ist. Im September 2014 folgte ein weiterer Versuch der Beklagten, der jedoch abermals den von dem Kläger gewünschten Erfolg nicht brachte. Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.10.2014 ließ der Kläger gegenüber der Beklagten vergeblich eine Frist bis zum 30.10.2014 zur Neulieferung und Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 5.000,- EUR setzen.

Die Beklagte macht mit der Widerklage die Zahlung unstreitig gelieferter Baumaterialien, insbesondere Klebemörtel, aus der Rechnung vom 09.08.2012 (Bl. 61 – 62 d. A.) geltend.

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe geschliffene und polierte Fliesen geliefert. Jedenfalls würden diese Fliesen nicht die gewöhnliche Beschaffenheit von geschliffenen Fliesen aufweisen. Der Kauf habe 2012 zum Preis von 10.552,43 EUR stattgefunden. Die Beklagte habe die Fliesen nicht untersucht, diese seien direkt vom Hersteller geliefert worden. Der Aus- und Einbau neuer Fliesen würde Kosten in Höhe von 24.931,57 EUR brutto produzieren, wobei sie hierbei Bezug auf den Kostenvoranschlag der Firma C nimmt (Anlage K 9, Bl. 27 – 28 d. A.); für das Wohnzimmer würden – ausschließlich des Silikons und der Rundstufe – Kosten in Höhe von 8.568,- EUR anfallen. Es seien Rechtsanwaltskosten in Höhe von 718,40 EUR angefallen.

Zur Widerklage meint der Kläger, nachdem er mit Schriftsatz vom 16.08.2015 die Aufrechnung mit der Klageforderung erklärt hat, er sei teilweise nicht passivlegitimiert. Hierzu behauptet er, nur ca. 60 % des Baumaterials seien an ihn gegangen; der Rest an seinen Bruder, der das Nebenhaus bewohnt, welches zur gleichen Zeit wie sein Haus als Doppelhauskomplex errichtet worden war.

Ursprünglich hat der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Geldbetrag in Höhe von 8.568,- EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 718,40 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Auf diesen Antrag ist im schriftlichen Vorverfahren am 27.04.2015 ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte mit folgendem Tenor erlassen worden:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Geldbetrag in Höhe von 8.568,- EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2015 zu zahlen.

Weiter hat die Beklagte die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 718,40 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gegen dieses Versäumnisurteil, das der Beklagten am 08.05.2015 zugestellt worden ist, hat sie mit einem am 13.05.2015 bei Gericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz Einspruch eingelegt und diesen mit Schriftsatz vom 09.06.2015, bei Gericht eingegangen am 11.06.2015, begründet.

Der Kläger beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt widerklagend, der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 1.313,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger beantragt wiederum, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet zur Klage, es sei bei Abschluss des Kaufvertrages gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau ein Hinweis auf Farb- und Glanzunterschiede gegeben worden und insbesondere, dass manche Stellen als matt, andere wiederum als glänzend empfunden werden können; es seien dem Kläger und seiner Frau auch ausdrücklich polierte Fliesen empfohlen worden. Der Kauf habe 2011 zum Preis von 10.353,- EUR stattgefunden. Bei den Glanzunterschieden handele es sich um bei geschliffenen Natursteinfliesen vollkommen gewöhnliche Abweichungen; die Unterschiede seien nicht erheblich. Diese Unterschiede rührten daher, dass der Kläger die Fliesen über mehrere Monate falsch gelagert habe, insbesondere draußen der Witterung ausgesetzt habe. Auch Fehler bei der Fliesenverlegung, insbesondere durch verbliebene Fugenreste, hätten zu den Glanzunterschieden geführt. Die Beklagte habe Fliesen vom Hersteller geliefert bekommen und diese stichprobenartig kontrolliert. Die Schleifarbeiten im September/Oktober 2013 seien nur kulanzweise erfolgt. Später habe man auch ein großflächiges Abschleifen unter Wassereinsatz angeboten, was der Kläger aber aufgrund befürchteter Gebäudeschäden abgelehnt habe. Die Beklagte habe eine Neulieferung der Fliesen angeboten. Die in dem Kostenvoranschlag der Firma C veranschlagten Kosten seien überhöht und es würde sich nicht um gleichwertige, sondern um höherwertige Fliesen handeln. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Kosten der Mängelbeseitigung im Wege von Schleifarbeiten außergewöhnlich hoch seien.

Die Beklagte behauptet zur Widerklage, der Vertrag sei ausschließlich mit dem Kläger getroffen worden.

Die Beklagte erhebt gegen die Klageforderung die Einrede der Verjährung.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen. Es wurde Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Diplom-Ingenieur I A erhoben, der das Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2016 erläuterte. Außerdem wurde Beweis durch Inaugenscheinnahme des streitgegenständlichen Objekts am 26.04.2016 erhoben. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 24.08.2015, 18.04.2016 und 26.04.2016 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

I.

Aufgrund des Einspruchs der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 27.04.2015 ist der Prozess nach § 342 ZPO in die Lage vor dessen Säumnis zurückversetzt worden. Der Einspruch ist zulässig; er ist statthaft sowie form- und fristgemäß im Sinne der §§ 338 ff. ZPO eingelegt worden.

Die Einwendung der Beklagten, sie habe die Klage nicht zugestellt bekommen und deshalb sei das Versäumnisurteil unzulässigerweise ergangen, ist unbeachtlich. Ausweislich der Zustellungsurkunde, Rückseite Bl. 32 d. A., wurde die Klageschrift gemäß § 181 Abs. 1 ZPO im Wege der Ersatzzustellung durch Niederlegung wirksam zugestellt, denn eine direkte Zustellung war, da der Inhaber der Beklagten vor Ort nicht angetroffen wurde, nicht möglich. Auch eine Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 ZPO durch Aushändigung an Dritte oder eine Einlegung in den Briefkasten gemäß § 180 ZPO war ausweislich der Zustellungsurkunde nicht möglich. Der Vortrag der Beklagten, dass die Anschrift unzutreffend war, war nicht ausreichend, um den von der Zustellungsurkunde erweckten Anschein zu erschüttern, die Beklagte habe an dieser Stelle keinen Geschäftsbetrieb gehabt (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 20.10.2003 – 12 U 1023/02 -, Juris). Denn gemäß Blatt 60 der Akte, einer Rechnung der Firma C1, erfolgte am 03.07.2012 die Lieferung an die Beklagte unter der Adresse, wie sie in der Zustellungsurkunde angegeben war, C-Straße X in Greven, was den Anschein manifestiert, dass die Beklagte dort zumindest zeitweilig einen Geschäftsbetrieb führte.

II.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 8.568,- EUR aus §§ 433 Abs. 1, 434 Abs. 1, 437 Abs. 1 Nr. 3, 280, 281 BGB zu.

Zwischen den Parteien liegt ein Kaufvertrag vor. Irrelevant ist, dass das Abschlussdatum streitig ist, denn die Parteien gehen von einem wirksamen Vertragsverhältnis im Sinne des § 433 BGB aus. Vertragsgegenstand sind die zwischen den Parteien im Angebot vom 05.12.2011 schriftlich festgehaltenen geschliffenen Fliesen Cristallo Padang.

Es steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die von der Beklagten an den Kläger gelieferten Fliesen bei Gefahrübergang mangelhaft waren.

Der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausweislich Seite 13 und 24 festgestellt, dass die Fliesen nicht die Beschaffenheit aufweisen, die bei Lieferung von geschliffenen Granitfliesen zu erwarten ist. Auch das Gericht hat durch die Inaugenscheinnahme am 26.04.2016 festgestellt, dass die Fliesen mangelhaft sind. Sowohl die Fliesen im 1. OG, welche keinerlei Nachbesserungsmaßnahmen unterzogen worden sind, als auch die Fliesen im Erdgeschoss, welche aufgrund der vielfältigen Nachbesserungen einen uneinheitlichen Eindruck im Streiflicht machten, sind im Schliff unterschiedlich. Es handelt sich um einen optischen Mangel, der im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB eine Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit darstellt.

Das Gericht geht, wie bereits beim Ortstermin angesprochen, bei der Beurteilung der Frage, ob diese Fliesen mangelhaft sind, davon aus, dass hierbei nicht nur eine DIN-Norm-Konformität gegeben sein muss. Es kommt insbesondere auf die optisch-gestalterischen Belange an, welche vorliegend betroffen sind, denn der Boden im Erdgeschoss zeigte sich bei der Inaugenscheinnahme vollkommen uneinheitlich. Das Gericht orientiert sich bei der Bewertung, ob dieser Zustand als mangelhaft zu bewerten ist, an den in der Rechtsprechung zu dieser Problematik bereits ergangenen Entscheidungen. So hat das OLG Düsseldorf (Urt. v. 18.12.2007, Az. I-23 U 164/05, 23 U 164/05 – Juris Rn. 122) entschieden, dass, falls die optischen Beeinträchtigungen einem außen stehenden Betrachter nur auffallen, wenn er ausdrücklich darauf hingewiesen wird, so soll das Interesse des Auftraggebers an einer Neuherstellung des Werks entsprechend der vertraglichen Vereinbarung als verhältnismäßig gering zu bewerten sein (s. a. OLG Frankfurt, Urt. v. 14.02.2008, Az. 15 U 5/07, Rn. 23 – Juris; LG Deggendorf, Urt. v. 03.04.2007, Az. 3 O 370/06, Rn. 15 – Juris). Das Gericht hält eine solche Bewertung für sachgerecht, weil es bei Böden um optisch-gestalterische Belange geht. Dabei muss die Wertigkeit des optischen Erscheinungsbildes für jeden Raum gesondert beurteilt werden. Nach Auffassung des Gerichts sind die Beeinträchtigungen der Fliesen im Erdgeschoss derart, dass sie jedermann ohne besonderen Hinweis auffallen. Die Fliesen weisen bei einem Blick in die Fläche, wie ihn der durchschnittliche Betrachter üblicherweise beim Verweilen in einem Raum schweifen lässt, nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigungen auf. Sie weisen bei einem Blick in die Fläche einem objektiven Betrachter sofort ins Auge springende Unregelmäßigkeiten auf. Der Boden wirkt unterschiedlich matt, fast schon schmutzig, selbst wenn er rein ist; teilweise glänzt er an einigen Stellen. Die Schleifunterschiede, die zu einer uneinheitlichen Lichtreflektion führen, zeigen sich bereits auf ein und derselben Fliese; in der Fläche ist der Effekt, wie auf den Lichtbildern Blatt 9 oder 10, 11, 12, 14 der Akte, deutlich erkennbar.

Direkt von oben betrachtet, wenn der Betrachter über der Fliese steht und wenn kein Streiflicht fällt, sind diese Beeinträchtigungen nicht bzw. nur mit großer Mühe erkennbar. Auf diese vom Sachverständigen getroffene Betrachtungsweise, kommt es nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht an. Danach seien Naturwerksteinarbeiten unter gebrauchsüblichen Bedingungen zu beurteilen, d. h. nach dem üblichen Betrachtungsabstand (nach der DIN EN 12057:2004 (D) 2 Meter Abstand) und Beleuchtung; Streiflicht gilt dabei nicht als Beurteilungskriterium. Die Einhaltung der DIN-Norm ändert nach Auffassung des Gerichts an der optischen Beeinträchtigung nichts, weil, wie schon ausgeführt, hierbei auf die normale Nutzung abgestellt werden muss, die nicht darin besteht, die verfliesten Flächen mit gesenktem Kopf senkrecht aus einer Höhe von einem Meter zu betrachten (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 14.02.2008, Az. 15 U 5/07, Rn. 23 – Juris).

Das Gericht berücksichtigt Streiflicht, weil es nach allgemeinem Verständnis zu einem Boden innerhalb von Wohnräumlichkeiten gehört. Bei Wohnräumlichkeiten, die standardmäßig über Außenfenster und -türen verfügen, ist von außen dringendes Streiflicht ein für die Frage, ob ein optischer Mangel vorliegt, maßgeblicher und nicht vermeidlicher Faktor.

Keinen optischen Mangel stellen hingegen natürliche Abweichungen dar (LG Hagen, Urt. v. 18.09.2009, Az. 8 O 344/08, Juris), welche hier bei den unterschiedlichen Schliffen aber gerade nicht gegeben sind. Insoweit kam es auf den vorvertraglichen Hinweis der Beklagten auf Farb- und Glanzunterschiede gar nicht an. Denn diese stellen auf natürliche Beschaffenheitsmerkmale von Natursteinen ab. Nachvollziehbarerweise haben die Hersteller auf von Natur aus begründete Abweichungen, wie sie bei Naturprodukten vorhanden sind, keinerlei Einfluss. Anders ist dies gerade bei unterschiedlichen Schliffen, die erst in der Produktion entstehen, wie der Sachverständige festgestellt hat. Diese unterschiedlichen Schliffe lagen bereits bei Lieferung vor. Auszuschließen ist, dass der Zustand durch Lagerung und Aussetzung der Witterung herbeigeführt wird, wie der Sachverständige beim Ortstermin überzeugend feststellte, denn es handelt sich um ein Millionen Jahre altes Naturprodukt, welchem die Witterung von ein paar Monaten nichts ausmachen kann.

Soweit von der Beklagten eingewendet wird, dass der Verleger der Fliesen diese beim Einbau aussortieren muss, wenn Schleifunterschiede festgestellt werden, ist es der Beklagten nicht gelungen zu beweisen, dass diese Unterschiede beim Verlegen sichtbar waren. Dies erscheint auch unplausibel, weil tatsächlich beim direkten Betrachten der Fliesen von oben Unterschiede schwerlich zu erkennen sind, wie das Gericht durch die Inaugenscheinnahme der Fliesen selbst festgestellt hat. Fliesenverlegearbeiten finden aber in dieser Haltung über den Fliesen statt, außerdem ist aufgrund der Verfugung unter Auftragung von Fugenmaterial auf die Oberflächen nicht anzunehmen, dass solche Unterschiede beim Einbau zu Tage traten.

Der Kläger gab der Beklagten eine zweimalige Möglichkeit zur Nachbesserung, nämlich im September 2013 und im September 2014, welche letztendlich fehlschlugen, so dass eine Fristsetzung gemäß §§ 281 Abs. 2, 440 BGB entbehrlich war.

Das Vertretenmüssen wird zu Lasten der Beklagten nach § 280 Abs. 1 BGB vermutet. Eine Exkulpation ist ihr nicht gelungen. Sie konnte nicht beweisen, dass sie die Fliesen kontrolliert habe. Eine Parteivernehmung gemäß § 477 ZPO war ohne Zustimmung des Gegners nicht durchzuführen. Auch eine Parteivernehmung von Amtswegen gemäß § 448 ZPO war nicht angezeigt, da die Beklagte keine Anhaltspunkte für einen „Anbeweis“ (Zöller/Greger, ZPO-Kommentar, 30. Auflage 2015, § 448, Rn. 4) erbracht hat, der den Vortrag der Beklagten auf eine gewisse Art und Weise wahrscheinlich werden ließ.

Sofern der Kläger seinen Anspruch unter Bezugnahme auf das Angebot der Firma C berechnet, war dies nach Einholung des Sachverständigengutachtens nicht zu beanstanden. Die in dem Kostenvoranschlag veranschlagten Kosten in Höhe von 24.931,57 EUR sind ortsüblich und angemessen, denn sie liegen in dem Bereich, den der Sachverständige für die Durchführung des Ein- und Ausbaus inklusive Material ermittelt hat. Der mittlere Wert liegt nach Einholung von Kostenvoranschlägen bei drei verschiedenen Firmen bei 24.406,32 EUR. Der Kläger verstößt nicht gegen seine Schadensminderungspflicht gemäß “ 254 Abs. 2 BGB indem er die Kosten nach dem Kostenvoranschlag der Firma C geltend macht. Hierbei blieb es dem Kläger unbenommen, lediglich eine Teilklage in Höhe von 8.568,- EUR zu erheben.

Die klägerische Forderung ist nicht verjährt, denn die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB fünf Jahre, da es sich bei Fliesen um Sachen handelt, die ihrer üblichen Verwendung nach für ein Bauwerk verwendet werden und dessen Mangelhaftigkeit verursacht haben. Die Frist begann gemäß § 438 Abs. 2 BGB mit Ablieferung der Bauteile an der klägerischen Baustelle. Die Klageerhebung im Jahre 2015 war rechtzeitig.

III.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Verzinsung der Hauptforderung in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit, seit dem Tag der Klagezustellung, 08.04.2015, gemäß §§ 188 Abs. 1, 291, 187 Abs. 1 BGB. Bezüglich des Verzinsungsdatums ist das Versäumnisurteil dahingehend abzuändern, dass die Verzinsung ab dem 08.04.2015 zu laufen beginnt, da der Tag der Zustellung, der 07.04.2015, wegen § 187 Abs. 1 BGB nicht mitgerechnet wird. Insofern erfolgt eine Klageabweisung im Übrigen, da dem Antrag auf Aufrechterhaltung des ergangenen Versäumnisurteils unter diesen Umständen nicht mehr in Gänze entsprochen werden kann.

IV.

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 286, 280, 433 BGB nachdem sie mit der Mangelbeseitigung durch klägerische Aufforderung bereits in Verzug geraten war. Soweit zwischen den Parteien der Gegenstandswert streitig ist, ist von einem Streitwert bis 8.000,- EUR auszugehen. Dies zieht das Gericht aus dem Aufforderungsschreiben vom 17.10.2014 (Bl. 25 d. A.), in dem ein Kostenvorschuss in Höhe von 5.000,- EUR sowie die Neulieferung von Fliesen geltend gemacht werden, deren Kosten das Gericht anhand der Rechnung der Beklagten (Bl. 17 d. A.) auf 2.845,34 EUR schätzt (§ 287 Abs. 1 BGB). Aufgrund eines solchen Gegenstandswertes wäre nach der bis zum 01.08.2013 geltenden RVG-Tabelle eine Geschäftsgebühr (1,3) von 592,80 EUR gemäß Nr. 2300 VV Anl. 1 RVG entstanden, zuzüglich der Telekommunikationspauschale von 20,- EUR gemäß Nr. 7002 VV Anl. 1 RVG und der Mehrwertsteuer von 19 % gemäß Nr. 7008 VV Anl. 1 RVG beläuft sich die Forderung auf 729,23 EUR, von denen antragsgemäß (§ 308 ZPO) 718,40 EUR zugesprochen werden.

Der Anspruch ist ebenfalls in Höhe von 5 Prozentpunkten erst ab dem 08.04.2015 zu verzinsen, §§ 188 Abs. 1, 291, 187 Abs. 1 BGB.

V.

Die Widerklage ist gemäß § 33 ZPO zulässig, da sie mit der Klageforderung in einem engen Zusammenhang steht, weil es sich um eine Lieferung von Mörtel zu den streitgegenständlichen Fliesen handelt. Ferner ist die Widerklage auch begründet.

Die Beklagte hat einen Anspruch auf Zahlung der widerklagend geltend gemachten Forderung in Höhe von 1.313,91 EUR aus § 433 Abs. 2 BGB.

Die im Schriftsatz vom 16.08.2015 erklärte Aufrechnung des Klägers mit der Hauptforderung hat nicht dazu geführt, dass die Widerklageforderung erlischt, weil der Kläger die Aufrechnung konkludent zurückgenommen hat, indem er die Berechtigung der Forderung als Ganzes ihm gegenüber nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in Frage gestellt hat. Dies ist grundsätzlich möglich, denn eine im Prozess erklärte Aufrechnung kann auch widerrufen werden (Palandt/Grüneberg, BGB-Kommentar, 75. Aufl. 2016, § 388 Rn. 2). Diese Rücknahme war auch nicht nach § 296 a ZPO verspätet. Denn verspätet ist nur das Einbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln, jedoch nicht die Rücknahme. Doch ist der klägerische Vortrag, dass das gelieferte Baumaterial nicht für ihn allein bestimmt gewesen sei, sondern auch für seinen Bruder bestimmt gewesen sei, als gemäß § 296 a ZPO verspätet zurückzuweisen. Es kann dahinstehen, ob im klägerischen Vortrag ein Bestreiten der Vertragspartnereigenschaft liegt; es kann auch dahinstehen, ob dieser Vortrag nicht widersprüchlich ist, denn die Rechnung über die Widerklageforderung vom 09.08.2012 (Bl. 61 – 62 d. A.) war an den Kläger adressiert, wogegen er sich nicht gewendet hat; und mit der Aufrechnung hat er ebenfalls zu erkennen gegeben, hierfür einstehen zu wollen. Jedenfalls waren die Einwände nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr rechtzeitig. Gründe für eine Wiedereröffnung der Verhandlung im Sinne des § 156 ZPO lagen nicht vor.

Der Beklagten steht auch ein Verzinsungsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 25.06.2015 nach Eintritt der Rechtshängigkeit, Zustellung des Schriftsatzes vom 09.06.2015 an die Klägervertreter gegen Empfangsbekenntnis (Bl. 66 d. A.) gemäß §§ 288 Abs. 1, 291, 187 Abs. 1 BGB zu.

VI.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91, 344 ZPO und orientiert sich an dem zusammenzurechnenden Streitwert von Klage und Widerklage von insgesamt 9.881,91 EUR. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 BGB.

Der Streitwert wird auf 9.881,91 EUR festgesetzt.

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