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Grundstückskaufvertrag – im Exposé enthaltene Bezeichnung erschlossen/voll erschlossen

LG Hamburg – Az.: 314 O 62/17 – Urteil vom 30.11.2017

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Mit der vorliegenden Klage nehmen die Kläger die Beklagte auf Schadensersatz aus einem Grundstückskaufvertrag in Anspruch.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 9. Juni 2015 veräußerte die Beklagte an die Kläger das im Grundbuch des Amtsgerichts H.- B. von L.- M., Bd. 73, Bl. 2171 eingetragene Grundstück B. … in … H.. § 2 des Kaufvertrages lautet auszugsweise: „Der Käufer erwirbt das Grundstück in der Absicht, den Altbestand abzureißen und einen Neubau zu errichten.“

§ 7 Abs. 2 des Kaufvertrages lautet: „Der Käufer hat das Kaufobjekt besichtigt; er kauft es im gegenwärtigen, altersbedingten Zustand, der von den Parteien als vertragsgerecht erachtet wird. Dies gilt auch hinsichtlich seiner Bestandteile, des Zubehörs und etwa mit verkauften Inventars. Die Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Grundstücks und des Gebäudes sind ausgeschlossen. Dies gilt auch für alle Ansprüche auf Schadensersatz, es sei denn, der Verkäufer handelt vorsätzlich. Eine besondere Beschaffenheit des Grundstücks oder Gebäudes ist nicht vereinbart worden. Der Verkäufer versichert jedoch, dass ihm verborgene Mängel des Grundstücks oder Gebäudes nicht bekannt sind und dass ihm nicht bekannt ist, dass behördliche Auflagen und/oder widerrufliche Genehmigungen bestehen.“ § 8 Satz 2 des Kaufvertrages lautet: „Erschließungsbeiträge nach dem BauGB oder dem Kommunalabgabengesetz hat der Verkäufer zu tragen, soweit die Anlagen bis heute ganz oder teilweise baulich erstellt sind. Für künftig erstellte Erschließungsanlagen trägt der Käufer die Erschließungskosten.“

Für den weiteren Text des Kaufvertrages wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.

Die Vermittlung des Grundstückskaufvertrages erfolgte durch die Firma v. P. Immobilien. Im Exposee heißt es unter der Überschrift „Eckdaten“: „Erschließung: erschlossen“. Unter der Überschrift „Lage“ heißt es im Exposee: „Dieses voll erschlossene Grundstück liegt im westlichen L.- M.“. Für den Text den Exposees wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen.

Vor Abschluss des Kaufvertrages hatten die Kläger das Grundstück besichtigt. Von der Besichtigung des vorhandenen Wohngebäudes hatten die Kläger Abstand genommen, da dieses abgebrochen werden sollte.

Auf dem Grundstück befanden sich bei Übergabe an die Kläger zwei Sickerschächte. Ferner war im Kellerbereich des vorhandenen Hauses ein mit Sand verfüllter und mit Beton verschlossener Brunnen vorhanden. Die Entwässerung erfolgte nicht über das in der Straße B. … vorhandene Siel. Vielmehr erfolgte die Entwässerung über die auf dem Grundstück vorhandenen Sickerschächte.

Grundstückskaufvertrag - im Exposé enthaltene Bezeichnung erschlossen/voll erschlossen
(Symbolfoto: ronstik/Shutterstock.com)

Die Kläger ließen die Sickerschächte ausbauen und wendeten hierfür € 416,50 brutto auf. Für den Rückbau des im Kellerbereich vorhandenen Brunnens zahlten die Kläger an die Firma N. u. B. GmbH € 3.276,37. Für den Text der Rechnung wird auf die Anlage K 7 Bezug genommen. Für die Überwachung des Brunnenrückbaus stellte die Freie und Hansestadt Hamburg den Klägern eine Verwaltungsgebühr in Höhe von € 526,– in Rechnung (Anlage K 8).

Mit der vorliegenden Klage nehmen die Kläger die Beklagte auf Ersatz dieser Kosten sowie auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten, den Klägern weiteren Schaden zu ersetzen, der durch den Anschluss des Grundstücks an das Schmutzwassersiel entstehen würde.

Die Kläger machen geltend, das ihnen veräußerte Grundstück sei mangelhaft gewesen. Aus der Bezeichnung des Grundstücks als erschlossen bzw. voll erschlossen im Exposee sei zu entnehmen gewesen, dass das Grundstück an die öffentlichen Sielanlagen angeschlossen gewesen sei. Das Fehlen der entsprechenden Anschlusseinrichtungen stelle einen Mangel des Grundstücks dar. Heutzutage sei bei einem als voll erschlossen verkauften Grundstück als Standard zu erwarten, dass Sickergruben nicht mehr in Benutzung sind. Die Sollbeschaffenheit sei daher so zu definieren, dass solche Sickergruben nicht existent seien. Bezüglich des Abwassers sei mit der Bezeichnung „erschlossen“ nicht lediglich eine Anschlussmöglichkeit in der Straße gemeint, sondern das tatsächliche Vorhandensein eines Sielanschlusses zwischen Straße und Grundstück.

Der unter dem Haus befindliche Brunnen stelle ein Mangel dar. Dieser Mangel wäre auch bei Durchführung einer Hausbesichtigung nicht zu entdecken gewesen. Nach den Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes habe eine fachgerechte Entfernung und Verfüllung stattfinden müssen. Hierbei hätten hydraulisch wirksame Trennschichten wiederhergestellt werden müssen.

Die Beklagte hätte den Klägern diese Mängel arglistig verschwiegen.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger € 4.218,87 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf seit dem 27. April 2016 und € 650,33 als Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern als Gesamtgläubiger denjenigen Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass die Kläger das Grundstück B. …, … H., an das Schmutzwassersiel haben anschließen lassen.

Die Beklagte macht geltend, das Grundstück habe keine Mängel aufgewiesen. Die vorhandene Sickergrube auf dem Grundstück stelle einen Mangel nicht dar. Es sei unzutreffend, dass das Vorhandensein von Sickergruben auf Grundstücken unüblich sei. Auch heute noch sei in einigen Stadtteilen Hamburgs die Entsorgung von Abwässern über Sickergruben auf dem Grundstück üblich.

Die beiden Sickerschächte seien auch gut erkennbar gewesen. Die Kläger hätten diese bei der Grundstücksbesichtigung sehen können.

Auch der Brunnenschacht stelle keinen Mangel dar. Die Beklagte hätte sich im Jahr 2008 entschlossen, den versiegten Brunnen stillzulegen. Sie hätte einen ortsansässigen Brunnenbauer beauftragt, der den Brunnen verfüllt und versiegelt hätte. Auflagen des Bezirks- oder Naturschutzamtes habe es seinerzeit nicht gegeben.

Für den weiteren Parteivortrag wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Das den Klägern verkaufte Grundstück wies keinen Sachmangel im Sinne des § 434 BGB auf.

Eine vertraglich vereinbarte Beschaffenheit dahingehend, dass weder Sickerschächte noch ein Brunnen auf dem Grundstück vorhanden sein sollten, vermag das Gericht nicht festzustellen. Soweit im Exposee das Grundstück als „erschlossen“ und als „voll erschlossen“ bezeichnet worden ist, hat diese Beschreibung im Kaufvertrag keinen Niederschlag gefunden.

Nach Auffassung des Gerichts ist im Übrigen der Bezeichnung eines Grundstücks als erschlossen oder voll erschlossen nicht zu entnehmen, dass keine Einrichtungen zur Wasserver- und –Entsorgung auf dem Grundstück mehr vorhanden sind, die einer früheren Grundstücksnutzung dienten. Darüber hinaus kann nicht angenommen werden, dass eine vorhandene Altbausubstanz an alle im Straßenbereich vorhandenen Erschließungsanlagen auch tatsächlich angeschlossen worden ist.

Der Umstand, dass die Wasserentsorgung des vorhandenen Altbaus bis zum Erwerb des Grundstücks durch die Kläger noch über die vorhandenen Sickerschächte erfolgte, stellt dementsprechend nach Auffassung des Gerichts keinen Mangel des Grundstücks dar.

Auch der im Kellerbereich vorhanden gewesene Brunnen begründet nach Auffassung des Gerichts keinen Grundstücksmangel. Bei Erwerb eines Grundstücks, das bereits vor vielen Jahrzehnten mit einem Wohngebäude bebaut worden ist, ist damit zu rechnen, dass die dem damaligen Standard entsprechenden Ver- und Entsorgungseinrichtungen auf dem Grundstück vorhanden sind. Mit dem Vorhandensein von Brunnenanlagen, Sickerschächten oder auch Abwassersammelgruben ist dementsprechend bei Erwerb eines Einzelhausgrundstücks mit Altbaubestand zu rechnen. Zur üblichen Beschaffenheit eines Baugrundstücks mit Altbausubstanz zählt deshalb nicht das Fehlen solcher Einrichtungen.

Da bereits nach Auffassung des Gerichts ein Mangel nicht gegeben ist, war die Beklagte auch nicht gehalten, die Kläger entsprechend aufzuklären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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