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Grundstücksmaklerprovision – Verflechtung zwischen Makler und Grundstücksverkäufer

LG Essen – Az.: 16 O 264/17 – Urteil vom 22.10.2018

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung einer Maklerprovision.

Der Kläger stellte am 18.07.2016 auf der Internetplattform „J“ das Grundstück T-Str. … in … F ein. Dieses Grundstück stand zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der Mutter des Klägers, Frau L. Im Grundbuch war zugunsten des Klägers ein Nacherbenvermerk eingetragen.

Am 02.08.2016 meldete sich der Beklagte beim Kläger über ein Kontaktformular auf der Internetseite und bekundete sein Interesse an der Immobilie. Daraufhin bot der Kläger dem Beklagten die Übersendung des Exposés an. Auf die Zustimmung des Beklagten, dieses bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist zu übersenden, übermittelte der Kläger dem Beklagten sodann das Exposé.

In diesem war unter anderem angegeben:

„Provision für Käufer: 3,57 %“

„Die Käuferprovision beträgt 3 Prozent vom Kaufpreis zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer“.

Am 19.08.2016 kam es zu einem persönlichen Treffen zwischen den Parteien im Büro des Klägers. Hierbei teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass Eigentümerin und Verkäuferin des Grundstücks seine Mutter, Frau L, sei. Die an diesem Tag geführten als auch die weiteren Vertragsverhandlungen wurden ausschließlich zwischen dem Kläger und dem Beklagten geführt.

Am 06.09.2016 schlossen der Beklagte und Frau L, die der Beklagte an diesem Tag erst kennenlernte, einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über das Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 245.000,00 Euro. Seit dem 27.04.2017 ist der Beklagte Eigentümer des Grundstücks.

Am 08.09.2016 stellte der Kläger dem Beklagten einen Betrag in Höhe von 8.746,50 Euro in Rechnung. Der Kläger forderte den Beklagten mit Schreiben vom 20.04.2017 unter Fristsetzung bis zum 28.04.2017 und erneut mit anwaltlichem Schreiben vom 20.10.2017 mit Fristsetzung bis zum 03.11.2017 zur Zahlung der Provision für seine Vermittlungstätigkeit auf. Der Beklagte zahlte nicht.

Der Kläger behauptet, er habe die Rechnung vom 08.09.2016 durch seine Ehefrau am 09.09.2016 in den Briefkasten des Beklagten einwerfen lassen. Der Beklagte habe erst nach Erhalt der Rechnung erklärt, dass er keine Zahlungen leisten werde. Es sei zumindest ein Vertrag über ein selbständiges Provisionsversprechen zustande gekommen.

Er ist der Ansicht, es läge keine wirtschaftliche Identität zwischen ihm und seiner Mutter vor. Jedenfalls sei der Beklagte nicht schutzwürdig, da er von den eine Interessenkollision begründenden Umständen Kenntnis gehabt habe.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 8.746,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.04.2017 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 808,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.04.2017 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe nach Kenntnisnahme von den verwandtschaftlichen Verhältnissen des Klägers und der Verkäuferin des Grundstücks im Termin am 19.08.2016 erklärt, unter diesen Umständen nicht zur Zahlung einer Provision bereit zu sein. Daraufhin habe sich der Kläger verständnisvoll gezeigt und zugestimmt, auf die Geltendmachung seiner Provision verzichten zu wollen; ohne diesen Verzicht hätte er den Kaufvertrag über das Grundstück nicht abgeschlossen.

Der Beklagte ist der Ansicht, aufgrund der persönlichen Beziehung des Klägers zur Verkäuferin des Grundstücks, seiner Verhandlungstätigkeiten und seiner Stellung als Nacherbe im Grundbuch könne dieser nicht die Zahlung einer Provision beanspruchen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die bis zum Ende der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

Die Klage ist zulässig.

Das Landgericht Essen ist sowohl örtlich als auch sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 12, 13 ZPO. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus §§ 23 Nr. 1, 71 GVG.

II.

Die Klage ist unbegründet.

1.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Provision in Höhe von 8.746,50 Euro. Ein solcher Anspruch des Klägers ergibt sich insbesondere nicht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Maklervertrag, § 652 BGB.

Die Entstehung der Honorarforderung eines Maklers setzt gemäß § 652 BGB voraus, dass dieser einen von dem Auftraggeber mit einem Dritten abgeschlossenen Vertrag vermittelt oder die Gelegenheit hierzu nachgewiesen hat. Wenn der Gesetzgeber in § 652 BGB vom Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages spricht, so meint er damit ersichtlich den Vertragsschluss mit einem vom Makler verschiedenen Dritten. An dieser Voraussetzung fehlt es zum einen beim Vorliegen eines sogenannten Eigengeschäfts des Maklers, aber auch beim Vorliegen einer Verflechtung zwischen dem Makler und dem anderen Vertragspartner des Hauptvertrags (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 77. Auflage 2018, § 652, Rn 29 ff.). Bei der Frage des Vorliegens einer Verflechtung ist auf die Gesamtsituation abzustellen, wobei insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen sind. Entscheidend ist, ob der Makler und der Dritte die realistische Möglichkeit zur selbständigen unabhängigen Willensbildung haben (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.1985, Az. IVa ZR 211/83).

Dies war hier nicht der Fall. Die Stellung des Klägers bei Abschluss des Vertrages über die Veräußerung des Grundstücks begründet einen Fall der Verflechtung.

Zwar führt die Verwandtschaftsbeziehung des Klägers zur Verkäuferin des Grundstücks für sich allein noch nicht zu einem Verflechtungstatbestand. Hierzu bedarf es vielmehr weiterer objektiver Anhaltspunkte über die persönliche Beziehung hinaus (BVerfG, Beschluss vom 30.06.1987, Az. 1 BvR 1187/86; BGH, Urteil vom 19.02.2009, Az. III ZR 91/08). Die näheren Umstände des streitgegenständlichen Geschäfts bieten jedoch solche Anhaltspunkte.

Vorliegend führte ausschließlich der Kläger die Vertragsverhandlungen auf Seiten der Eigentümerin des Grundstücks, seiner Mutter. Der Beklagte hat die Mutter des Klägers überhaupt nur bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags getroffen. Der Kläger hatte daher maßgebenden Einfluss auf den Hauptvertrag. Dabei war der Kläger jedenfalls auch zur Wahrung der Interessen seiner Mutter verpflichtet, etwa aus Vertrag (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) oder aus einem vertragsähnlichen Vertrauensverhältnis und zwar unabhängig von einer etwaigen sittlichen Loyalitätspflicht aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses.

Darüber hinaus stand die Veräußerung des Grundstücks angesichts des Nacherbenvermerks, der zu seinen Gunsten in das Grundbuch eingetragen war, auch im unmittelbaren Eigeninteresse des Klägers. Dieser nahm durch Verhandlung der wesentlichen Vertragsinhalte in Bezug auf die Veräußerung des Grundstücks Einfluss auf den Ausgang dieses Rechtsgeschäfts, welches seine Vermögenssphäre in der Zukunft berühren wird. Die wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks durch Veräußerung wirkt sich aufgrund des Grundsatzes der Surrogation gemäß § 2111 BGB unmittelbar auf die Zusammensetzung der Nacherbschaft aus.

2.

Auch ein Anspruch des Klägers auf Zahlung aus einem selbständigen Provisionsversprechen scheidet aus. Der Kläger hat einen entsprechenden Vertragsschluss nicht bewiesen.

Ein unabhängiges Provisionsversprechen, das von den Voraussetzungen des § 652 BGB unabhängig ist, kann insbesondere dann bestehen, wenn in Kenntnis der eine Maklertätigkeit ausschließenden Umstände – wie etwa einer Verflechtung – trotzdem eine Einigung zwischen den Parteien über die Zahlung einer Provision zustande kommt.

Der Kläger behauptet, der Beklagte habe sich in Kenntnis der Tatsache, dass seine Mutter die Verkäuferin des Grundstücks sei, sich zur Zahlung der Provision verpflichtete. Der Beklagte bestreitet dies.

Der Kläger hat insoweit die Vernehmung seiner Person als Partei als Beweismittel angeboten.

Dem Beweisangebot war nicht nachzugehen. Der Beklagte hat einer Vernehmung des Klägers als Partei nicht zugestimmt, § 447 ZPO.

Auch eine Parteivernehmung von Amts wegen nach § 448 ZPO kommt vorliegend nicht in Betracht. Eine solche kann nur unter der einschränkenden Voraussetzung erfolgen, dass das Ergebnis der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um die Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen. Eine Parteivernehmung darf deshalb nur angeordnet werden, wenn aufgrund des Verhandlungsinhalts wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, die für die Richtigkeit der streitigen Tatsachenbehauptung spricht (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.1988, Az. III ZR 250/86; Zöller/Greger, ZPO, 32. Auflage 2018, § 448, Rn. 4). Es müssen also bereits Anhaltspunkte den Tatsachenvortrag stützen bzw. „einiger Beweis“ erbracht sein (vgl. BGH, a.a.O.).

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Gemessen an diesen Grundsätzen war eine Vernehmung des Klägers nicht veranlasst. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Sachverhalts ergibt sich keine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptung des Klägers, wonach er sich mit dem Beklagten – unabhängig vom Maklervertrag – über die Zahlung einer Provision geeinigt habe, als dieser bereits Kenntnis von den die Verflechtung begründenden Umständen hatte. Insbesondere ergeben sich diese Anhaltspunkte nicht aus dem Abschluss des Maklervertrags. Dieser kam bereits mit Übersendung des Exposé zustande, also – insoweit unstreitig – vor Kenntnis des Beklagten von der die Verflechtung begründenden Umstände. Rückschlüsse auf einen späteren Abschluss eines Vertrags über ein unabhängiges Provisionsversprechen ergeben sich daher daraus nicht.

III.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 808,13 Euro aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB. Der Beklagte ist nicht in Verzug gekommen, da er die seitens des Klägers begehrte Provision nicht schuldet.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

V.

Der Streitwert wird auf 8.746,50 Euro festgesetzt.

 

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