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Haftung bei Ablösung von Gebäudeteilen

Verkehrssicherungspflicht und Haftungsfragen: Bauwerke und die Komplexität der Rechtssprechung

Der vorliegende Fall handelt von einem Unfall, der sich im Jahr 1992 ereignete, als ein Garagentor auf den Kläger fiel und dabei schwere Kopfverletzungen verursachte. Ein wesentliches Element in diesem Fall ist die Frage der Verkehrssicherungspflicht, insbesondere in Bezug auf Bauwerke. Der Beklagte konnte weder nachweisen, dass er nicht für den Unfall verantwortlich war (§ 836 Absatz 1 Satz 2 BGB), noch dass der Kläger mitschuldig war (§ 254 BGB).

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 21 U 3056/94 >>>

Über die Pflicht zur Verkehrssicherung

Die Regelung der Verkehrssicherungspflicht für Bauwerke ist im § 836 BGB festgehalten. Sie stellt den Bauherrn unter eine gesetzliche Vermutung des Verschuldens, wenn durch ein Bauwerk Schaden entsteht. Dies gilt insbesondere für die typischen Gefahren, die durch die Errichtung solcher Bauwerke begründet werden und denen nur durch Einhaltung der Erfahrungsregeln der Bau- und Ingenieurkunst begegnet werden kann. Die Verantwortung liegt bei der Person, die das Bauwerk errichtet oder unterhält. Im vorliegenden Fall konnte gezeigt werden, dass das herabfallende Garagentor eine spezifische Gefahr darstellte, die durch fehlerhafte Errichtung oder mangelhafte Wartung entstanden war.

Die Rolle des Beklagten und die Schadensersatzpflicht

Im zweiten Rechtszug stellte sich heraus, dass die Umrüstung des manuellen Betriebs des Garagentors auf einen elektromechanischen Antrieb von allgemein anerkannten Regeln der Technik und Vorschriften abwich. Die Beklagte, die das Garagentor errichtet hatte, konnte weder das Fehlen ihres Verschuldens nachweisen, noch ein Mitverschulden des Klägers. Die Beklagte wurde daher als Eigenbesitzerin der Garage, die nicht vermietet war, zum Schadensersatz verpflichtet.

Über das Mitverschulden des Klägers

Ein weiterer Punkt war die Frage, ob der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls ein Mitverschulden trug. Die Beklagte konnte jedoch nicht nachweisen, dass der Kläger ein Mitverschulden trug. Ungeachtet dessen, ob der Kläger die Garage bereits verlassen hatte oder nicht, als das Tor fiel, war die Beklagte nicht in der Lage, das Mitverschulden des Klägers zu beweisen.

Die Rückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszuges

Das Verfahren wurde schließlich zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen, da auch die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes strittig war und eine eingehende Beweisaufnahme erforderlich erschien (§ 538 Absatz 1 Nr. 3 ZPO).


Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 21 U 3056/94 – Urteil vom 09.12.1994

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München II, 1. Zivilkammer, vom 23. November 1993 aufgehoben.

II. Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

III. Hinsichtlich der Höhe wird der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Der Wert der Beschwer beider Parteien im Berufungsverfahren übersteigt jeweils den Betrag von 60.000,– DM nicht.

Tatbestand

Haftung bei Ablösung von Gebäudeteilen
(Symbolfoto: stylefoto24 /Shutterstock.com)

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz sowie Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, weil er durch ein zufallendes Garagentor am Kopf erheblich verletzt worden sei.

1. Mit Vereinbarung vom 9.9.1992 mieteten der Kläger und seine Ehefrau von der Erbengemeinschaft … in … das Rückgebäude dieses Anwesens. In Ziffer 2 der Vereinbarung wurde folgendes festgehalten:

„Anstelle einer Miete für das Haus bewirtschaftet das Ehepaar … das Gesamtgrundstück sowie das Vorderhaus von Frau … im Rahmen der Nachbarschaftshilfe. Auch die Betreuung und Verpflegung mit Ausnahme der notwendigen Auslagen (Lebensmittel, Putzmittel, Gartenaufwendungen) von Frau … werden kostenlos übernommen.

Das Ehepaar … verpflichtet sich, den Garten und das Nachbarhaus so ordnungsgemäß zu versorgen, als wäre es ihr eigenes.“

Die Beklagte, eine über 90 Jahre alte Dame, bewohnt das Vorderhaus. Sie ist Mitglied der Miterbengemeinschaft. Dem Kläger wurde es gestattet, für Besorgungsfahrten den in einer Einzelgarage abgestellten PKW der Beklagten zu benutzen. Bei dem Garagentor handelt es sich um ein etwa 30 Jahre altes Schwingtor aus Stahlblech der Größe 2,75 mal 2,00 m. Es wurde im Jahre 1980 vom verstorbenen Ehemann der Beklagten von der manuellen Betätigung auf elektrischen Betrieb, System … durch die Montagefirma … umgerüstet.

2. Der Kläger hat im ersten Rechtszug im wesentlichen behauptet, er habe am 10.12.1992 den an der Garageninnenwand angebrachten Kippschalter für das elektrische Schließen des Garagentors betätigt. Dadurch schließe es sich im Regelfall langsam. Als er unter dem Garagentor herausgetreten sei, sei dieses schlagartig herunter gefallen und habe ihn am Kopf schwer verletzt. Die Ursache dafür liege in einer unzulänglichen Ausführung der Notentriegelung. Diese bestehe — wie vom Gutachter … vorprozessual festgestellt — aus einem offen laufenden, 1,23 m langen dünnen Stahlseil, das bei geöffnetem Tor 5 cm unter dem Tor auf einer Höhe von 1,90 m waagrecht verlaufe und das Torschloß mit dem elektrischen Antrieb verbinde. Durch eine bloße Berührung des Seils könne das Schwingtor vom elektrischen Antrieb getrennt werden. Dies sei hier anzunehmen, weil nach den Ausführungen des Gutachters eine Falschbedienung des Tores ausscheide.

Wegen der erlittenen Skalpierung occipital sei er vom 10. bis 11.12.1992 stationär behandelt worden. Für mindestens 14 Tage sei er 100 % arbeitsunfähig gewesen. Im einzelnen seien ihm folgende Aufwendungen und Schäden in Höhe von 11.792,93 DM entstanden:

1.

Rechnung der Firma … vom 23.12.1992             740,80 DM

Rechnung des Rettungsdienstes Bayern vom    580,00 DM

14.1.1993

Rechnungen des … v

om 29.12.1992 480,31 DM

vom 29.12.1992             338,16 DM

Rechnung des Krankenhauses … vom 20.12.1992          436,71 DM

Rezeptkosten    86,95 DM

Taxikosten         120,00 DM

Auslagenpauschale        50,00 DM

2.832,93 DM

2.

Verdienstausfall als selbständiger Designer        8.960,00 DM.

Desweiteren stehe ihm ein angemessenes Schmerzensgeld von vorläufig 5.000,00 DM zu. Die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der Aufwendungen und Zahlung der Schadensposten beruhe auf positiver Forderungsverletzung des Überlassungsvertrages sowie auf Verletzung der Verkehrssicherungspflicht.

Der Kläger hat beantragt zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.792,93 DM nebst 10 % Zinsen hieraus seit dem 6.3.1993 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens aber 5.000,00 DM, nebst 10 % Zinsen hieraus seit dem 6.3.1993 zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, soweit sie nach dem 16.8.1993 entstehen, aus dem Schadensereignis in der PKW-Garage der Beklagten, … zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat eine Ersatzpflicht nach Grund und Höhe, insbesonders auch den Geschehensablauf, bestritten. Eine Anspruchsgrundlage sei nicht ersichtlich. Zumindest treffe den Kläger ein Mitverschulden, weil er das Funktionieren des Schließmechanismus des Garagentores gekannt habe.

Mit Endurteil vom 23.11.1993 (Bl. 38/47 d. A.) hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, daß ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten nicht ersichtlich sei und eine Haftung ohne Verschulden nicht gegeben sei.

3. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung mit dem Ziel der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Verurteilung der Beklagten gemäß den im ersten Rechtszug gestellten Klageanträgen.

Er vertieft seine Auffassung, daß die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet sei. Im einzelnen ergänzt er seinen Sachvortrag dahin, daß er nach Verlassen der Garage von außen den an der Garageninnenwand angebrachten Kippschalter für das elektrische Schließen des Garagentores betätigt habe. Dadurch sei der elektrische Antrieb in Gang gesetzt worden und habe sich das Garagentor bewegt. Weil die Halterung ausgeklinkt gewesen sei, sei das Garagentor schlagartig nach unten gefallen. Wie sich aus dem zwischenzeitlich eingeholten Gutachten des … (nachfolgend als … bezeichnet) vom 25.5.1994 ergebe, weise das Tor zwei Ausführungsmängel auf. Zum einen sei das Seil zur Betätigung der Notentriegelung nicht so verlegt worden, daß es gegen ein unbeabsichtigtes Betätigen geschützt sei. Zum anderen könnten die Zugfedern nicht das Gewicht des Schwingtores ausgleichen. Der Unfall sei insgesamt durch versehentliches Berühren des Seils für die Notentriegelung ausgelöst worden.

Die Beklagte hält dagegen das landgerichtliche Urteil für zutreffend. Sie beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie bestreitet weiterhin umfänglich ihre Ersatzpflicht nach Grund und Höhe. Im einzelnen führt sie aus, weder sei der Unfallhergang bewiesen noch lägen gesicherte Erkenntnisse über die Ursache des Unfalles vor. Der auf das Gutachten des … gestützte neue Sachvortrag sei verspätet.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Absatz 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers (§§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO) hat in der Sache dem Grunde nach Erfolg.

A.

I. Die Beklagte ist dem Grunde nach zum Schadensersatz nach § 836 Absatz 1, Satz 1 BGB verpflichtet. Das Herabfallen des Garagentores wurde nach Überzeugung des Senats durch ein unbeabsichtigtes Berühren des Seils zur Betätigung der Notentriegelung ausgelöst. Damit liegt eine Ablösung von Gebäudeteilen im Sinne des § 836 BGB vor. Die Beklagte vermochte weder den ihr obliegenden Entlastungsbeweis fehlenden Verschuldens nach § 836 Absatz 1 Satz 2 BGB noch den Nachweis eines Mitverschuldens des Klägers nach § 254 BGB zu führen.

1. a) Durch die im zweiten Rechtszug vorgelegten, mit Datum versehenen Lichtbilder über die Kopfverletzungen des Klägers in Verbindung mit den Rechnungen des behandelnden Arztes und des Krankenhauses sowie den ergänzenden Ausführungen des Klägers im Senatstermin wurde bewiesen, daß sich der Kläger die Verletzungen durch das herabfallende Garagentor am 10.12.1992 zugezogen hat. Es kann demnach dahinstehen, ob die Beklagte im zweiten Rechtszug das Schadensereignis als solches noch bestreitet.

b) Aufgrund des Gutachtens des … ist der Senat in Verbindung mit den glaubhaften Ausführungen des Klägers im Senatstermin weiterhin davon überzeugt (§§ 523, 286 ZPO), daß die Verbindung zwischen dem Tor und dem elektrischen Antrieb durch ein unbeabsichtigtes Berühren des fehlerhaft angebrachten Seiles der Notentriegelung unterbrochen wurde und dadurch das Garagentor herabgefallen war.

Zwar bestreitet die Beklagte den Unfallhergang. Anhaltspunkte für einen anderen Unfallverlauf liegen jedoch nicht vor. Der elektrische Antrieb war nach den Feststellungen des … in Ordnung. Durch die von ihm gefertigten Lichtbilder wurde die Gefahr der Berührung des auf der Innenseite des Garagentors ungeschützt angebrachten, durchhängenden Entriegelungsseiles eindrucksvoll dokumentiert. Es liegen auch keine Hinweise dafür vor, daß der Kläger die Notentriegelung absichtlich betätigt und dadurch das Herabfallen des Garagentores ausgelöst hat. Daß das Seil der Notentriegelung unvorschriftsmäßig und unsachgemäß verlegt wurde sowie die Zugfedern das Gewicht des Schwingtores nicht ausgleichen konnten, ist durch das Gutachten des … gleichfalls bewiesen.

Das erst im Berufungsverfahren vom Kläger vorgelegte Gutachten des … ist verwertbar. Der Verspätungseinwand nach § 528 Absatz 2 ZPO greift nicht durch. Zum einen wurde klägerseits bereits im ersten Rechtszug die Erholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Zum anderen führt die Verwertung des Gutachtens nicht zu einer Verzögerung des Verfahrens. Zwar ist das vom Kläger vorgelegte … Gutachten nur ein urkundlich belegtes Parteivorbringen. Dieses ist jedoch insbesonders zur Beurteilung der bestrittenen Unfallursache im Rahmen freier Beweiswürdigung (§§ 523, 286 ZPO) als ausreichend anzusehen. Anhaltspunkte für seine Unrichtigkeit liegen nicht vor. Vielmehr stimmt es in den wesentlichen Punkten mit den Feststellungen des Parteigutachters … überein und findet in den angefertigten Lichtbildern eine zusätzliche Stütze. Für die Erholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht demnach keine Veranlassung.

2. Sowohl der Normzweck als auch die haftungsbegründenden Tatumstände des § 836 BGB sind erfüllt.

a) Die Vorschrift des § 836 BGB regelt mit gesetzlicher Verschuldensvermutung den speziellen Fall der Verkehrssicherungspflicht für Bauwerke. Danach wird für die durch die besonderen, typischen Gefahren gehaftet, die durch die Errichtung solcher Werke der Natur der Sache nach begründet werden und denen nur durch Beachtung der Erfahrungsregeln der Bau- und Ingenieurkunst begegnet werden kann. Die Umkehr der gewöhnlichen Beweislastregelung hinsichtlich des Verschuldens findet ihre Rechtfertigung darin, daß der Schadensfolge keine gewöhnliche, sondern eine spezifische, gerade durch fehlerhafte Errichtung oder mangelhafte Unterhaltung eines Bauwerkes herbeigeführte Gefahrenlage zugrunde liegt (BGH NJW 1961, 1670).

Nach den Feststellungen des … weicht die Umrüstung des manuellen Betriebs des Garagentors auf einen elektromechanischen Antrieb in wesentlichen Punkten von allgemein anerkannten Regeln der Technik und von dazu aufgestellten Vorschriften ab. Der durch die haftungsbegründenden Tatumstände eingeengte (vgl. nachfolgend b)) Normzweck des § 836 BGB ist danach erfüllt.

b) Bei dem Schwingtor handelt es sich um einen Teil des Garagengebäudes. Dieses wurde durch die Trennung vom elektrischen Antrieb abgelöst im Sinne des § 836 BGB.

Eine Ablösung von Gebäudeteilen liegt nicht nur dann vor, wenn sich ein Gebäudeteil vollständig vom Ganzen trennt, sondern auch dann, wenn sich ein Gebäudeteil nur teilweise loslöst, lockert oder in sich löst oder wenn er nur in seinem inneren Zusammenhalt oder Zusammenhang beeinträchtigt wird. Dies entspricht der herrschenden Meinung (RG DR 1940, 249; RGZ 133, 1, 6; Kreft in RGRK zum BGB, 12. Auflage, RN. 19 zu § 836; Geigel-Schlegelmilch, Der Haftpflichtprozeß, 21. Auflage, Kapitel 19, RN. 10), der sich der Senat anschließt. Die Voraussetzungen für eine Ablösung liegen vor. Durch die Trennung des Garagentores von dem elektrischen Antrieb wurde in das vorgesehene elektrische Betriebssystem und damit in den inneren Zusammenhang der Schließanlage eingegriffen. Der innere Zusammenhalt des elektrischen Antriebssystems wurde beeinträchtigt. Daß dabei die Einwirkung durch das tatsächliche Berühren des offen durchhängenden Entriegelungsseiles und damit durch eine menschliche Tätigkeit ausgelöst wurde, ist ohne Belang (Kreft in RGRK, a.a.O., RN. 21 zu § 836 BGB). Maßgebend ist allein, daß dies unbeabsichtigt und nicht wissentlich oder willentlich erfolgte.

Die Körperverletzung des Klägers ist durch die „bewegend wirkende“ Kraft der Ablösung (BGH a.a.O.), also durch das Gewicht des herabfallenden Schwingtores als Folge seiner fehlerhaften Errichtung (vgl. oben 1 b) eingetreten. Die Beklagte ist demnach als Eigenbesitzerin der nicht mit vermieteten Garage zum Schadensersatz verpflichtet.

3. Die Beklagte vermochte nicht darzulegen und zu beweisen, daß sie während ihrer Besitzzeit die zur Verhütung der Gefahren erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen hat. An den Nachweis sind grundsätzlich hohe Anforderungen zu stellen (BGH NJW 1993, 1782; Palandt-Thomas, BGB, 53. Auflage, RN. 13 zu § 836). Auch wenn die Beklagte nicht alle Gefahren der in § 836 BGB beschriebenen Art auszuschließen hat, so hätte es ihr zumindest zur Wahrung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 BGB) oblegen, daß sie oder ihr Ehemann einen zuverlässigen Fachbetrieb mit der Nachrüstung des Schwingtores auf Elektrobetrieb beauftragt hätte. Dies behauptet zwar die Beklagte. Ein Beweisantritt fehlt jedoch. Dem Sachvortrag des Klägers, daß die Firma … seit langem in Konkurs geraten sei und nicht mehr existiere, trat die Beklagte nicht entgegen. Mangels weiterer Umstände, welche die Beklagte entlasten können, ist demnach im Hinblick auf die strengen Anforderungen von ihrem vermuteten Verschulden auszugehen.

4. Auch den Nachweis eines Mitverschuldens des Klägers (§ 254 BGB) an dem Unfall vermochte die darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht zu führen.

Es ist zwar nicht zu verkennen, daß der Kläger entgegen seinem erstinstanziellen Sachvortrag im Berufungsverfahren insbesonders im Senatstermin behauptet hat, er habe die Garage schon verlassen und habe sodann den Kippschalter an der Garageninnenwand betätigt. Welche der beiden Versionen nun zutreffen, kann — unabhängig von der Beweislast — offen bleiben. Maßgebend ist allein, daß der Kippschalter unmittelbar an die Laufschiene für die Rollen des Garagentors angebracht wurde und aufgrund der durch Lichtbilder dokumentierten Örtlichkeit dafür gedacht war, daß er für das Verschließen der Garage bei ihrem Verlassen benützt werde. Ob der Kläger die Garage vor dem Bedienen des Schalters schon verlassen hatte oder im Begriff war, aus ihr zu treten, ist unerheblich. In beiden Fällen liegt ein mitwirkendes Verschulden nicht vor.

Der weitergehende Sachvortrag der Parteien läßt keine abweichende Beurteilung des Klagegrundes zu. Auf mögliche sonstige Anspruchsgrundlagen kommt es nicht mehr an.

II. Weil auch die Höhe des Verlangens streitig ist und dazu eine eingehende Beweisaufnahme erforderlich erscheint, ist das Verfahren zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Begehrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen (§ 538 Absatz 1 Nr. 3 ZPO).

B.

Ein Ausspruch über die Kosten ist nicht veranlaßt. Das Berufungsurteil enthält keine abschließende Sachentscheidung. Über die Kosten des Berufungsverfahrens hat das Landgericht mit zu entscheiden. Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Obwohl das Urteil keinen vollstreckbaren Inhalt hat, ist die vorläufige Vollstreckbarkeit im Hinblick auf § 775 Nr. 1 ZPO auszusprechen (BGH JZ 1977, 232).

Die Festsetzung des Wertes beider Parteien gründet sich auf §§ 2, 3, 546 Absatz 2 ZPO.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Rechtsgebiet: Deliktsrecht: Im konkreten Fall kommt das Deliktsrecht zur Anwendung. Im deutschen Recht ist dieses hauptsächlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) kodifiziert. Besonders relevant ist hier die Bestimmung des § 836 BGB, der sich mit der Haftung für Werke, insbesondere Bauwerke, befasst. In diesem Fall steht das Garagentor, als Teil eines Gebäudes, im Zentrum des Interesses. Gemäß § 836 BGB haftet derjenige, der ein Werk errichtet oder unterhält, für Schäden, die durch eine fehlerhafte Errichtung oder mangelhafte Unterhaltung verursacht werden. Hier geht es um die Frage, ob das Garagentor fehlerhaft errichtet oder nicht richtig gewartet wurde und ob diese Mängel zur Verletzung des Klägers geführt haben.
  2. Rechtsgebiet: Schadensersatzrecht: Auch das Schadensersatzrecht ist hier relevant, da der Kläger nach dem Unfall Schadensersatz geltend macht. Dies ist in den §§ 249 ff. BGB geregelt. Insbesondere § 254 BGB, der sich mit dem Mitverschulden befasst, ist von Bedeutung. Die Beklagte konnte nicht nachweisen, dass ein Mitverschulden des Klägers vorliegt. Somit könnte der Kläger vollständigen Schadensersatz verlangen, wenn nachgewiesen wird, dass der Unfall auf Mängel des Garagentors zurückzuführen ist.
  3. Rechtsgebiet: Zivilprozessrecht: Im konkreten Fall ist das Zivilprozessrecht von Bedeutung. Insbesondere die Beweisführung und -last (§§ 286, 523 ZPO) sowie die Möglichkeit der Rückverweisung des Verfahrens an das erstinstanzliche Gericht zur Entscheidung über die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes (§ 538 Absatz 1 Nr. 3 ZPO) sind hier relevant. Im vorliegenden Fall musste der Kläger den Beweis erbringen, dass der Unfall durch das Garagentor verursacht wurde und die Beklagte musste ihrerseits versuchen, ihre Unschuld zu beweisen oder zumindest ein Mitverschulden des Klägers zu belegen.
  4. Rechtsgebiet: Baurecht:  Obwohl der Fokus des Falls auf dem Delikts- und Schadensersatzrecht liegt, ist auch das Baurecht indirekt betroffen. Hier geht es um die Frage, ob das Garagentor den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Eine fehlerhafte Errichtung oder mangelhafte Wartung eines Bauwerks, zu dem auch das Garagentor gehört, kann eine Haftung nach § 836 BGB auslösen.

 

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