AG Wuppertal – Az.: 98 C 89/11 – Urteil vom 24.08.2011
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz aus einem Unfallereignis, das sich am 09. oder 10.12.2010 in W ereignet hat.
Die Klägerin parkte ihr Fahrzeug am 09.12.2010 gegen 19:00 Uhr vor dem Haus E.Straße 00 in W, dessen Eigentümer der Beklagte ist. Als die Klägerin am 10.12.2010 gegen 12:15 Uhr zu ihrem Fahrzeug zurückkehrte, stellte sie fest, dass vom Dach des Gebäudes E.Straße 00 eine Schneelawine auf ihr Fahrzeug gefallen war und ihr Fahrzeug beschädigt hatte.
Der Klägerin ist insgesamt ein Schaden in Höhe von 4.286,04 €, bestehend aus dem Wiederbeschaffungsaufwand für ihr Fahrzeug, Gutachterkosten, Reparaturkosten und einer Kostenpauschale entstanden. Auf diesen Schaden hat die hinter dem Beklagten stehende Haftpflichtversicherung 2.143,03 € an die Klägerin gezahlt.
Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin die noch ausstehende Hälfte des ihr entstandenen Schadens von dem Beklagten.
Die Klägerin behauptet, bereits vor dem Schadensereignis habe über mehrere Tage hinweg erheblicher Schneefall geherrscht. Es sei für den Beklagten absehbar gewesen, dass eine Gefahr für vor dem Objekt parkende Fahrzeuge bestand. Der Beklagte sei gehalten gewesen, das Dach von Schnee zu befreien oder Warnschilder aufzustellen. Außerdem sei der von dem Beklagten beauftragten Hausverwaltung die Problematik „Dachlawinen“ insgesamt bewusst gewesen und diese hätte für den Beklagten entsprechende Maßnahmen ergreifen müssen. Darüber hinaus sei die Gefahr für die Klägerin nicht erkennbar gewesen. Sie habe von der Straße aus das Dach des Hauses nicht einsehen können, da das Haus sehr hoch sei. Dementsprechend habe sie auch nicht erkennen können, dass auf dem Dach Schnee sei und dass deshalb eine Gefahr für unter dem Dach parkende Fahrzeuge bestünde.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 2.143,01 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 17.02.2011 zu zahlen,
2. den Beklagten zu verurteilen, zu Händen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin außergerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 223,07 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 17.02.2011 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass besondere Umstände, die besondere Verkehrssicherungspflichten seinerseits hervorgerufen haben könnten, nicht vorgelegen hätten. Darüber hinaus ist er der Ansicht, dass die Klägerin sich ein erhebliches Mitverschulden, welches sich auf mindestens 50 % belaufe, anrechnen lassen müsse.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz.
Ein Anspruch aus § 836 BGB scheidet aus, weil Schnee- und Eismassen, die von einem Dach herabstürzen, kein Teil eines Gebäudes im Sinne dieser Vorschrift sind.
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB besteht nicht.
Der Beklagte hat keine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt. Grundsätzlich hat zwar jeder, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, Verkehrsteilnehmer vor drohenden Gefahren zu schützen. Erforderlich sind jedoch nur Maßnahmen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Danach traf den Beklagten hier keine Verkehrssicherungspflicht. Es ist grundsätzlich Sache des Verkehrsteilnehmers, sich vor herab gehenden Dachlawinen zu schützen. Nach dem Vortrag der Klägerin herrschte an den Tagen vor dem Schadensereignis erheblicher Schneefall in Wuppertal, welcher bekanntermaßen das vermehrte Auftreten von Dachlawinen zur Folge hat. Dies war somit auch der Klägerin bekannt. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin behauptet, für sie sei eine Dachlawinengefahr nicht erkennbar gewesen, da sie das Dach des Hauses E.Straße 00 nicht habe einsehen und deshalb nicht wissen können, dass sich auf dem Dach Schnee befinde. Von einem verständigen Verkehrsteilnehmer, und somit auch von der Klägerin, ist zu erwarten, dass er im Dezember nach starken Schneefällen an den vorangegangenen Tagen mit Schnee- und Eismassen auf Dächern rechnet. Der Beklagte durfte also nach dem soeben beschriebenen Grundsatz davon ausgehen, dass jeder Verkehrsteilnehmer sich selber vor offensichtlich bestehenden Gefahren (Dachlawinen) schützt und musste keine besonderen Sicherungsvorkehrungen treffen. Es kommt mithin auch nicht darauf an, dass die Klägerin aus der U stammt und es – ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung folgend – dort nur Flachdächer gebe. Die Klägerin lebt seit neun Jahren in D und das Auftreten von Dachlawinen war ihr bekannt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin behaupteten Tatsache, dass der von dem Beklagten beauftragten Hausverwaltung die Problematik „Dachlawinen“ bekannt gewesen ist. Denn insofern ist der Hausverwaltung nur das bekannt, was auch jedem anderen Verkehrsteilnehmer bekannt ist. Eine Verkehrssicherungspflicht lässt sich daraus nicht ableiten.
Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich auch nicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 7 der Straßenordnung der Stadt W. Zu den Voraussetzungen der Normen – gefährlicher Schneeüberhang und Eiszapfen – ist seitens der Klägerin nicht vorgetragen worden.
Unabhängig davon würde das Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 Abs. 1 BGB einen möglichen Verschuldensanteil des Beklagten völlig überwiegen. Denn die besondere Wetterlage war der Klägerin gleichermaßen bekannt wie jedem Hauseigentümer. Ein Hauseigentümer darf in einem solchen Fall davon ausgehen, dass der Verkehrsteilnehmer eine allgemein bestehende Dachlawinengefahr meidet und anderweitige Standplätze für sein Fahrzeug sucht. Auf eine allgemein ersichtliche Gefahrenlage muss nicht gesondert hingewiesen werden (vgl. OLG Hamm, 13 U 49/03, 23.07.2003; AG Wuppertal, 33 C 420/08, 13.01.2009). Wie bereits ausgeführt, rechtfertigen die von der Klägerin angeführten besonderen Umstände keine andere Bewertung. In der mündlichen Verhandlung am 03.08.2011 hat sie selbst erklärt, dass ihr eine Dachlawinengefahr bekannt war.
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: 2.143,01 Euro.