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Klage des Käufers gegen ausgeübtes gemeindliches Vorkaufsrecht

In einem überraschenden Urteil kippte das Verwaltungsgericht Ansbach das Vorkaufsrecht einer Gemeinde für ein Gewerbegrundstück. Eine Käuferin hatte erfolgreich gegen den Bescheid geklagt und bewiesen, dass die Gemeinde ihre Befugnisse überschritten hatte. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Grenzen kommunaler Gestaltungsmacht und stärkt die Rechte von Grundstückseigentümern.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Gericht hebt den Bescheid der Gemeinde über die Ausübung des Vorkaufsrechts auf.
  • Die Klägerin wollte ein Grundstück erwerben, das im Geltungsbereich eines Bebauungsplans und einer Vorkaufssatzung liegt.
  • Die Gemeinde machte ihr Vorkaufsrecht geltend, um eine geordnete städtebauliche Entwicklung sicherzustellen und ortsansässige Unternehmen zu fördern.
  • Die Klägerin erklärte, sie wolle das Grundstück gemäß den Vorgaben der Gemeinde bebauen und beantragte eine Verlängerung der Frist zur Abwendung des Vorkaufsrechts.
  • Die Verhandlungen über eine Abwendungsvereinbarung scheiterten, woraufhin die Klägerin Klage einreichte.
  • Das Gericht entschied zugunsten der Klägerin, da sie die Abwendungsfrist eingehalten und sich zur Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften verpflichtet hatte.
  • Die Gemeinde konnte keine ausreichende Begründung für die Ausübung des Vorkaufsrechts liefern, die den rechtlichen Anforderungen entsprach.
  • Das Urteil verdeutlicht, dass Gemeinden ihr Vorkaufsrecht nur unter strengen rechtlichen Voraussetzungen ausüben können.
  • Käufer können durch rechtzeitige und konkrete Abwendungsvereinbarungen ihre Kaufverträge schützen.

Klage gegen gemeindliches Vorkaufsrecht – Gericht entscheidet über rechtmäßige Ausübung

Das Vorkaufsrecht der Gemeinde ist ein Instrument, das Gemeinden den Erwerb von Grundstücken ermöglicht, um die städtebauliche Entwicklung zu steuern und wichtige öffentliche Interessen zu schützen. Dieses Recht kann für verschiedene Zwecke genutzt werden, z.B. zur Sicherung von Wohnraum, zur Förderung von Gewerbe oder zur Verhinderung von Baulücken.

Es liegt auf der Hand, dass das Vorkaufsrecht jedoch auch Konflikte mit den Interessen privater Eigentümer hervorrufen kann. So kann es vorkommen, dass ein Käufer ein Grundstück bereits erworben hat, die Gemeinde aber ihr Vorkaufsrecht geltend macht und den Kaufvertrag rückgängig macht. In solchen Fällen kann der Käufer gegen die Gemeinde Klage einreichen, um sein Recht auf den Erwerb des Grundstücks zu schützen.

In diesem Zusammenhang stellt sich nun die Frage und wird im Folgenden beantwortet, wie die Gerichte in einem konkreten Fall entschieden haben, ob das Vorkaufsrecht der Gemeinde rechtmäßig ausgeübt wurde und der Käufer seinen Kaufvertrag trotz des Gemeinderecht zurückfordern kann.

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Der Fall vor Gericht


Gemeinde scheitert mit Vorkaufsrecht für Gewerbegrundstück

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat in einem Urteil vom 21.10.2021 (Az. AN 17 K 20.01814) die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts für ein Gewerbegrundstück für rechtswidrig erklärt. Die Klage der Käuferin gegen den Vorkaufsrechtsbescheid der Gemeinde war erfolgreich.

Hintergrund des Rechtsstreits

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) hatte im Juni 2020 ein unbebautes Grundstück vom Freistaat Bayern erworben. Das Grundstück lag im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der es als Gewerbegebiet auswies. Zudem hatte die Gemeinde per Satzung ein besonderes Vorkaufsrecht für das Areal begründet.

Daraufhin übte die Gemeinde im August 2020 ihr Vorkaufsrecht aus. Sie begründete dies damit, dass sie eine zügige und zweckentsprechende Bebauung des Gewerbegebiets sicherstellen wolle. Die Käuferin klagte gegen den Vorkaufsrechtsbescheid.

Abwendung des Vorkaufsrechts durch die Käuferin

Entscheidend für den Ausgang des Verfahrens war, dass die Käuferin fristgerecht eine Abwendungserklärung nach § 27 BauGB abgab. Darin verpflichtete sie sich, das Grundstück entsprechend den Vorgaben des Bebauungsplans zu nutzen.

Das Gericht sah diese Erklärung als ausreichend an. Die Gemeinde könne vom Käufer nicht verlangen, bestimmte nach dem Bebauungsplan zulässige Nutzungen auszuschließen oder Mindestanforderungen an die Bebauung zu erfüllen, die nicht im Bebauungsplan festgesetzt sind.

Grenzen des gemeindlichen Vorkaufsrechts

Das Urteil zeigt die Grenzen des gemeindlichen Vorkaufsrechts auf:

  • Die Gemeinde kann die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht dazu nutzen, um zulässige, aber unerwünschte Nutzungen zu verhindern.
  • Will die Gemeinde bestimmte Nutzungen ausschließen oder Mindestanforderungen an die Bebauung stellen, muss sie dies im Bebauungsplan festsetzen.
  • Für die wirksame Abwendung des Vorkaufsrechts genügt es, wenn sich der Käufer zu irgendeiner nach dem Bebauungsplan zulässigen Nutzung verpflichtet.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil stärkt die Position von Grundstückskäufern gegenüber Gemeinden. Es macht deutlich, dass Gemeinden ihr Vorkaufsrecht nicht dazu missbrauchen können, um Nutzungsbeschränkungen durchzusetzen, die planungsrechtlich nicht abgesichert sind.

Für Gemeinden bedeutet dies: Sie müssen ihre städtebaulichen Ziele konsequent in der Bauleitplanung umsetzen, wenn sie diese auch durchsetzen wollen. Das Vorkaufsrecht ist kein Instrument, um nachträglich Einfluss auf die Grundstücksnutzung zu nehmen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht die engen Grenzen des gemeindlichen Vorkaufsrechts. Eine Gemeinde kann dieses Recht nicht nutzen, um zulässige, aber unerwünschte Nutzungen zu verhindern oder nicht im Bebauungsplan festgesetzte Anforderungen durchzusetzen. Für eine wirksame Abwendung genügt die Verpflichtung des Käufers zu einer beliebigen nach dem Bebauungsplan zulässigen Nutzung. Gemeinden müssen ihre städtebaulichen Ziele daher konsequent in der Bauleitplanung verankern, um sie effektiv durchsetzen zu können.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als potenzieller Käufer einer Immobilie, bei der die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht geltend gemacht hat, stärkt dieses Urteil Ihre Position erheblich. Es zeigt, dass Sie das gemeindliche Vorkaufsrecht abwenden können, indem Sie sich verpflichten, das Grundstück entsprechend den Vorgaben des geltenden Bebauungsplans zu nutzen. Dabei müssen Sie keine über den Bebauungsplan hinausgehenden Anforderungen der Gemeinde erfüllen. Wichtig ist, dass Sie fristgerecht eine Abwendungserklärung abgeben und glaubhaft machen, dass Sie in der Lage sind, das Grundstück wie geplant zu nutzen. Sollten Sie in eine solche Situation geraten, lohnt es sich also, rechtlichen Beistand zu suchen und die Möglichkeit einer Abwendung des Vorkaufsrechts zu prüfen, um Ihren Kaufvertrag zu schützen.


FAQ – Häufige Fragen

Sie fragen sich, ob Ihr Gemeinde ihre rechtmäßige Vorkaufsrechtsausübung durchsetzen kann? Oder wie Sie selbst gegen einen solchen Schritt vorgehen? In unseren detaillierten FAQ beantworten wir Ihre Fragen rund um das Vorkaufsrecht und geben Ihnen wertvolle Informationen zur Durchsetzung Ihrer Rechte.


Was ist ein gemeindliches Vorkaufsrecht und wann kann es ausgeübt werden?

Das gemeindliche Vorkaufsrecht ist ein gesetzlich verankertes Instrument des Städtebaurechts, das in den §§ 24 bis 28 des Baugesetzbuchs (BauGB) geregelt ist. Es ermöglicht Gemeinden, beim Verkauf bestimmter Grundstücke anstelle des ursprünglichen Käufers in den Kaufvertrag einzutreten und das Grundstück zu erwerben.

Grundsätzlich steht der Gemeinde ein Vorkaufsrecht in folgenden Fällen zu:

1. Bei Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, sofern diese für öffentliche Zwecke oder als Ausgleichsflächen festgesetzt sind.

2. In Umlegungsgebieten.

3. In förmlich festgelegten Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen.

4. Im Geltungsbereich von Satzungen zur Sicherung von Stadtumbaumaßnahmen und Erhaltungssatzungen.

5. Bei unbebauten Flächen im Außenbereich, die im Flächennutzungsplan als Wohnbauflächen dargestellt sind.

6. In Gebieten, die vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts unterliegt jedoch strengen Voraussetzungen. Entscheidend ist, dass das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung rechtfertigt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Gemeinde einen dringenden Wohnbedarf decken muss. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts muss die Gemeinde den beabsichtigten Verwendungszweck des Grundstücks konkret angeben.

Das Vorkaufsrecht darf nicht ausgeübt werden, wenn der Eigentümer das Grundstück an Familienangehörige oder an eine juristische Person verkauft, an der er selbst beteiligt ist. Auch beim Verkauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder von Erbbaurechten ist das gemeindliche Vorkaufsrecht ausgeschlossen.

Die Gemeinde muss ihr Vorkaufsrecht innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags ausüben. Dabei tritt sie in den bestehenden Kaufvertrag ein und übernimmt alle Rechte und Pflichten des ursprünglichen Käufers. Der Kaufpreis entspricht in der Regel dem vereinbarten Preis, es sei denn, dieser liegt deutlich über dem Verkehrswert des Grundstücks.

Wichtig zu beachten ist, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts einer sorgfältigen Abwägung bedarf. Die Gemeinde muss nachweisen können, dass die Ausübung dem Wohl der Allgemeinheit dient und verhältnismäßig ist. Andernfalls könnte die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgreich angefochten werden.

In der Praxis wird das gemeindliche Vorkaufsrecht oft als Instrument zur Steuerung der städtebaulichen Entwicklung eingesetzt. Es ermöglicht Gemeinden, strategisch wichtige Grundstücke zu erwerben, um beispielsweise bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, öffentliche Einrichtungen zu errichten oder Grünflächen zu sichern.

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Welche Möglichkeiten hat ein Käufer, wenn die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht geltend macht?

Das gemeindliche Vorkaufsrecht stellt für Käufer von Immobilien eine bedeutsame rechtliche Hürde dar. Wenn eine Gemeinde ihr Vorkaufsrecht geltend macht, stehen dem Käufer dennoch verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um dagegen vorzugehen.

Eine zentrale Option ist die Anfechtung des Verwaltungsakts, mit dem die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausübt. Der Käufer kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch einlegen. Wird dieser zurückgewiesen, besteht die Möglichkeit, Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht zu erheben. Dabei kann der Käufer verschiedene Aspekte anfechten, etwa die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der Vorkaufsrechtsausübung.

Ein wichtiger Ansatzpunkt ist die Prüfung, ob das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigt. Die Gemeinde muss hierfür konkrete städtebauliche Ziele darlegen, die sie mit dem Erwerb des Grundstücks verfolgt. Pauschale Begründungen oder vage Zukunftspläne reichen in der Regel nicht aus. Der Käufer kann argumentieren, dass die von der Gemeinde angeführten Gründe nicht stichhaltig sind oder im Missverhältnis zu seinen Interessen stehen.

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Abwendung des Vorkaufsrechts nach § 27 BauGB. Hierbei verpflichtet sich der Käufer, das Grundstück entsprechend den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme zu nutzen. Kann er glaubhaft machen, dass er in der Lage ist, diese Verpflichtung zu erfüllen, muss die Gemeinde von der Ausübung des Vorkaufsrechts absehen.

In bestimmten Fällen kann der Käufer auch argumentieren, dass ein Ausschlussgrund nach § 26 BauGB vorliegt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Grundstück entsprechend den Festsetzungen eines Bebauungsplans bebaut ist und genutzt wird. Auch der Verkauf an nahe Verwandte oder die Veräußerung von Erbbaurechten können das Vorkaufsrecht ausschließen.

Sollte die Gemeinde den Kaufpreis gemäß § 28 Abs. 3 BauGB herabsetzen, steht dem Käufer ein besonderer Rechtsweg offen. In diesem Fall muss er einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim zuständigen Landgericht, Kammer für Baulandsachen, stellen. Dieses Verfahren folgt speziellen Regeln und unterscheidet sich vom üblichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Erfolgsaussichten einer Anfechtung stark vom Einzelfall abhängen. Entscheidend sind die konkreten Umstände, wie die Lage des Grundstücks, die Begründung der Gemeinde und die geplante Nutzung durch den Käufer. Eine sorgfältige Prüfung aller relevanten Fakten und rechtlichen Aspekte ist unerlässlich.

In der Praxis führt die Androhung oder Ausübung des Vorkaufsrechts häufig zu Verhandlungen zwischen Gemeinde und Käufer. Oft können Kompromisse gefunden werden, etwa durch den Abschluss einer Abwendungsvereinbarung. Hierbei verpflichtet sich der Käufer zu bestimmten Nutzungen oder Maßnahmen, im Gegenzug verzichtet die Gemeinde auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

Für den Käufer ist es ratsam, frühzeitig die Möglichkeit eines gemeindlichen Vorkaufsrechts zu prüfen und gegebenenfalls proaktiv mit der Gemeinde in Kontakt zu treten. So können potenzielle Konflikte oft im Vorfeld ausgeräumt oder zumindest entschärft werden. Dies kann Zeit, Kosten und Nerven sparen und die Chancen auf einen erfolgreichen Erwerb des gewünschten Grundstücks erhöhen.

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Was sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Abwendung des Vorkaufsrechts?

Das Baugesetzbuch (BauGB) regelt in § 27 die Möglichkeit für den Käufer, die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts abzuwenden. Hierfür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

Zunächst muss die Verwendung des Grundstücks nach den baurechtlichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar sein. Dies bedeutet, dass die geplante Nutzung des Grundstücks den geltenden Bauvorschriften und städtebaulichen Zielen entsprechen muss. Bei Vorliegen eines Bebauungsplans richtet sich die Bestimmtheit nach dem darin festgelegten Zulässigkeitsrahmen.

Der Käufer muss in der Lage sein, das Grundstück binnen angemessener Frist entsprechend zu nutzen. Hierfür genügt nach überwiegender Auffassung die Glaubhaftmachung durch den Käufer. Es muss also dargelegt werden, dass der Käufer über die notwendigen Mittel und Fähigkeiten verfügt, um das Grundstück wie vorgesehen zu verwenden.

Eine zentrale Voraussetzung ist die rechtzeitige Abgabe einer Verpflichtungserklärung durch den Käufer. Diese muss vor Ablauf der Frist nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB erfolgen, also innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung des Verkaufsfalls. In dieser Erklärung verpflichtet sich der Käufer, das Grundstück entsprechend den baurechtlichen Vorschriften oder den städtebaulichen Zielen zu nutzen.

Die Verpflichtungserklärung begründet ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis eigener Art zwischen Käufer und Gemeinde. Auf dieses Verhältnis sind die Vorschriften über den städtebaulichen Vertrag entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet, dass die Erklärung bestimmten formalen und inhaltlichen Anforderungen genügen muss.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Gemeinde das Vorkaufsrecht nicht ausüben darf, um eine zwar zulässige, aber von ihr nicht gewünschte Nutzung zu verhindern. Will der Käufer das Grundstück selbst zur Betriebsansiedlung nutzen, bleibt wenig Raum für Gründe des öffentlichen Wohls, die eine Vorkaufsrechtsausübung rechtfertigen könnten.

Eine rechtswirksam erklärte Abwendung nach § 27 BauGB führt zur Rechtswidrigkeit des ausgeübten Vorkaufsrechts als Verwaltungsakt. Dies bedeutet, dass der Käufer bei erfolgreicher Abwendung einen Anspruch auf Aufhebung des Vorkaufsrechtsbescheids hat.

Die Abwendungserklärung muss sich nicht zwingend auf das gesamte Grundstück beziehen. Nach der Rechtsprechung kann der Vorkaufsberechtigte sein Vorkaufsrecht auch auf ein Grundstück beschränken, wenn mehrere mit einem Vorkaufsrecht belastete Grundstücke Gegenstand eines einheitlichen Kaufvertrags sind.

Für eine erfolgreiche Abwendung des Vorkaufsrechts ist es entscheidend, dass der Käufer alle genannten Voraussetzungen erfüllt und insbesondere die Verpflichtungserklärung fristgerecht und formgerecht abgibt. Nur so kann er sein Interesse an dem Grundstück gegenüber dem gemeindlichen Vorkaufsrecht durchsetzen.

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Welche Rechte und Pflichten haben Gemeinden bei der Ausübung des Vorkaufsrechts?

Das gemeindliche Vorkaufsrecht ist ein wichtiges städtebauliches Instrument, das im Baugesetzbuch (BauGB) geregelt ist. Es ermöglicht Gemeinden, unter bestimmten Voraussetzungen in einen Grundstückskaufvertrag einzutreten und das Grundstück selbst zu erwerben.

Die Rechtsgrundlage für das allgemeine Vorkaufsrecht der Gemeinde findet sich in den §§ 24-28 BauGB. Dabei ist zu beachten, dass die Gemeinde das Vorkaufsrecht nur ausüben darf, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dies ist eine zentrale Voraussetzung und zugleich eine wichtige Beschränkung der gemeindlichen Befugnisse.

Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde mehrere Pflichten zu erfüllen. Zunächst muss sie den Verwendungszweck des Grundstücks im Ausübungsbescheid angeben. Dies dient der Transparenz und ermöglicht eine Überprüfung, ob das Wohl der Allgemeinheit tatsächlich die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigt.

Eine weitere wichtige Pflicht der Gemeinde besteht darin, das Vorkaufsrecht innerhalb einer bestimmten Frist auszuüben. Nach Mitteilung des Kaufvertrags hat die Gemeinde in der Regel drei Monate Zeit, um ihr Vorkaufsrecht geltend zu machen. Verstreicht diese Frist, erlischt das Vorkaufsrecht für den konkreten Verkaufsfall.

Die Gemeinde ist auch verpflichtet, den im Kaufvertrag vereinbarten Preis zu zahlen. Allerdings gibt es hier eine wichtige Einschränkung: Ist der vereinbarte Kaufpreis deutlich höher als der Verkehrswert des Grundstücks, kann die Gemeinde den Preis auf den Verkehrswert begrenzen. In diesem Fall hat der Verkäufer jedoch das Recht, vom Vertrag zurückzutreten.

Es gibt auch Fälle, in denen das gemeindliche Vorkaufsrecht nicht besteht oder nicht ausgeübt werden darf. So ist das Vorkaufsrecht beispielsweise ausgeschlossen beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten. Auch beim Verkauf an nahe Verwandte oder bestimmte öffentliche oder kirchliche Stellen kann das Vorkaufsrecht entfallen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass der Käufer die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden kann. Dies ist möglich, wenn er glaubhaft macht, dass er das Grundstück für Zwecke nutzen wird, die dem Wohl der Allgemeinheit dienen, insbesondere zur Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde.

Die Gemeinde muss bei der Ausübung des Vorkaufsrechts stets den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Das bedeutet, die Ausübung des Vorkaufsrechts muss geeignet, erforderlich und angemessen sein, um den angestrebten städtebaulichen Zweck zu erreichen.

Es ist wichtig zu betonen, dass das Vorkaufsrecht der Gemeinde kein beliebig einsetzbares Instrument ist, sondern an strenge Voraussetzungen geknüpft ist. Die Gemeinde muss in jedem Einzelfall sorgfältig prüfen, ob die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorliegen und ob dies im Interesse des Gemeinwohls gerechtfertigt ist.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde kann gerichtlich überprüft werden. Betroffene Käufer oder Verkäufer können gegen den Ausübungsbescheid Klage erheben. Die Gerichte prüfen dann, ob die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht rechtmäßig ausgeübt hat, insbesondere ob das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung tatsächlich rechtfertigt und ob der angegebene Verwendungszweck plausibel ist.

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Was passiert, wenn das Vorkaufsrecht der Gemeinde unrechtmäßig ausgeübt wurde?

Die unrechtmäßige Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts kann weitreichende Folgen haben und eröffnet den Betroffenen verschiedene rechtliche Möglichkeiten, sich dagegen zur Wehr zu setzen.

Zunächst ist festzuhalten, dass eine unrechtmäßige Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde den Bescheid, mit dem das Vorkaufsrecht ausgeübt wurde, rechtswidrig macht. Dies kann verschiedene Gründe haben, etwa wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht vorlagen oder wenn das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung nicht rechtfertigte.

In solchen Fällen steht dem ursprünglichen Käufer der Rechtsweg offen. Er kann gegen den Bescheid der Gemeinde Widerspruch einlegen und, sollte dieser erfolglos bleiben, Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Die Klageart wäre in der Regel eine Anfechtungsklage, mit der die Aufhebung des rechtswidrigen Verwaltungsakts begehrt wird.

Wichtig zu wissen ist, dass die Erhebung einer Klage gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts aufschiebende Wirkung hat. Das bedeutet, der Vollzug des Vorkaufsrechts wird zunächst gehemmt, bis über die Rechtmäßigkeit der Ausübung gerichtlich entschieden wurde. Dies schützt den Käufer vor vollendeten Tatsachen.

Sollte das Gericht die Unrechtmäßigkeit der Vorkaufsrechtsausübung feststellen, wird der Bescheid aufgehoben. Dies hat zur Folge, dass der ursprüngliche Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Käufer wieder auflebt und vollzogen werden kann. Die Gemeinde muss in diesem Fall das Grundstück an den Käufer herausgeben, sofern es bereits in ihren Besitz übergegangen war.

Darüber hinaus kann eine unrechtmäßige Ausübung des Vorkaufsrechts auch Schadensersatzansprüche des Käufers gegen die Gemeinde begründen. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn dem Käufer durch die verzögerte Abwicklung des Kaufvertrags finanzielle Nachteile entstanden sind.

Es ist zu beachten, dass in manchen Fällen auch eine sogenannte Abwendungserklärung nach § 27 des Baugesetzbuchs (BauGB) in Betracht kommt. Hierbei kann der Käufer die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden, indem er sich verpflichtet, das Grundstück entsprechend den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme zu nutzen. Wurde eine solche Erklärung rechtswirksam abgegeben, führt dies ebenfalls zur Rechtswidrigkeit des ausgeübten Vorkaufsrechts.

Für die Praxis ist es ratsam, bei Verdacht auf eine unrechtmäßige Ausübung des Vorkaufsrechts zeitnah zu handeln. Die Frist für die Erhebung einer Anfechtungsklage beträgt in der Regel einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheids. Eine sorgfältige Prüfung der Rechtmäßigkeit der Vorkaufsrechtsausübung ist daher geboten, um die eigenen Rechte effektiv wahren zu können.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Vorkaufsrecht der Gemeinde: Dieses Recht erlaubt es einer Gemeinde, ein Grundstück vor einem anderen Käufer zu erwerben, um städtebauliche Ziele zu verfolgen. Es wird oft genutzt, um die Entwicklung von Wohn- und Gewerbegebieten zu steuern und wichtige öffentliche Interessen zu schützen.
  • Bebauungsplan: Ein Bebauungsplan ist ein rechtliches Instrument, das die zulässige Nutzung von Grundstücken in einem bestimmten Gebiet festlegt. Er bestimmt beispielsweise, ob ein Gebiet als Wohn-, Gewerbe- oder Industriegebiet genutzt werden darf und welche Bauvorschriften gelten.
  • Abwendungserklärung: Mit einer Abwendungserklärung kann ein Käufer das Vorkaufsrecht der Gemeinde abwehren. Der Käufer verpflichtet sich, das Grundstück entsprechend den Vorgaben des Bebauungsplans zu nutzen. Diese Erklärung muss fristgerecht abgegeben werden und ist für die Gemeinde bindend.
  • Gemeindliche Satzung: Eine Satzung ist ein rechtliches Regelwerk, das von einer Gemeinde erlassen wird. Sie kann spezielle Regelungen enthalten, wie etwa ein besonderes Vorkaufsrecht für bestimmte Gebiete. Solche Satzungen müssen öffentlich bekannt gemacht werden, um wirksam zu sein.
  • § 25 BauGB (Baugesetzbuch): Dieser Paragraph des Baugesetzbuchs regelt das Vorkaufsrecht der Gemeinde. Er legt fest, unter welchen Bedingungen die Gemeinde ein Vorkaufsrecht ausüben kann, z.B. zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung oder zum Schutz öffentlicher Interessen.
  • § 27 BauGB (Baugesetzbuch): Dieser Paragraph ermöglicht es dem Käufer, das Vorkaufsrecht der Gemeinde durch eine Abwendungserklärung zu umgehen. Der Käufer muss sich dabei verpflichten, das Grundstück innerhalb einer bestimmten Frist entsprechend den Vorgaben des Bebauungsplans zu nutzen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB (Baugesetzbuch): Das Baugesetzbuch regelt das Vorkaufsrecht der Gemeinde an unbebauten Grundstücken innerhalb eines Bebauungsplans oder im Geltungsbereich einer städtebaulichen Satzung. Im vorliegenden Fall übte die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht gemäß diesem Paragraphen aus, da das Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplans lag und die Gemeinde eine Vorkaufssatzung erlassen hatte.
  • § 27 BauGB (Baugesetzbuch): Dieser Paragraph ermöglicht es dem Käufer, das Vorkaufsrecht der Gemeinde abzuwenden, indem er sich gegenüber der Gemeinde zu einer bestimmten Nutzung des Grundstücks innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet. Im vorliegenden Fall gab die Käuferin eine solche Abwendungserklärung ab und verpflichtete sich, das Grundstück entsprechend den Vorgaben des Bebauungsplans zu nutzen.
  • § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB (Baugesetzbuch): Dieser Paragraph besagt, dass die Gemeinde das Vorkaufsrecht nur ausüben darf, wenn dies dem Wohl der Allgemeinheit dient. Im vorliegenden Fall begründete die Gemeinde die Ausübung des Vorkaufsrechts damit, dass sie eine zügige und zweckentsprechende Bebauung des Gewerbegebiets sicherstellen wolle. Das Gericht prüfte, ob diese Begründung den Anforderungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB genügt.
  • § 8 BauNVO (Baunutzungsverordnung): Die Baunutzungsverordnung legt fest, welche Arten von Nutzungen in einem Gewerbegebiet zulässig sind. Im vorliegenden Fall war das Grundstück als Gewerbegebiet im Bebauungsplan ausgewiesen. Die Gemeinde wollte durch die Ausübung des Vorkaufsrechts sicherstellen, dass das Grundstück entsprechend dieser Nutzungsart bebaut wird.
  • § 1a Abs. 2 BauGB (Baugesetzbuch): Dieser Paragraph fordert, dass die Gemeinden sparsam mit Grund und Boden umgehen sollen. Im vorliegenden Fall argumentierte die Gemeinde, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts dazu diene, Flächenverbrauch zu senken und eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten. Das Gericht prüfte, ob diese Begründung ausreicht, um die Ausübung des Vorkaufsrechts zu rechtfertigen.

Das vorliegende Urteil

VG Ansbach – Az.: AN 17 K 20.01814 – Urteil vom 21.10.2021


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

1. Der Bescheid der Beklagten vom 11. August 2020 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.

3. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts hinsichtlich eines Grundstücks, das sie vom Freistaat Bayern erwerben möchte.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR) und schloss am 23. Juni 2020 einen notariellen Kaufvertrag (UR-Nr. …) zum Erwerb des unbebauten Grundstückes mit der FlNr. …, vereinigt mit FlNr. … und weiteren aus diesem Grundstück herausgemessenen Grundstücken, jeweils Gemarkung …, mit dem beigeladenen Freistaat Bayern als Verkäufer. Der Kaufpreis betrug 65.749,20 EUR bei 4981 qm.

Dieses Grundstück unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplanes „…“ in der Fassung der zweiten Änderung der Beklagten, der Gemeinde …, die Teil der Verwaltungsgemeinschaft … ist. Der Bebauungsplan wurde in dieser Fassung im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB am 25. April 2018 vom Gemeinderat als Satzung beschlossen, am 27. April 2018 ausgefertigt und am 22. Juni 2018 ortsüblich bekanntgemacht. Darin ist zunächst ausgeführt, dass die zweite Änderung den rechtsgültigen Bebauungsplan „… – 1. Änderung“ vollständig ersetzen soll. Für die genannten Grundstücke ist hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung jeweils ein Gewerbegebiet im Sinne des § 8 BauNVO festgesetzt. Das Maß der baulichen Nutzung ist mit einer Grundflächenzahl von 0,8, einer maximalen Traufhöhe von 12 m und einer maximalen Firsthöhe von 15 m beschrieben. Des Weiteren sind u.a. Baugrenzen festgesetzt sowie hinsichtlich der Bauweise, dass die zulässigen Hausformen eine Länge von 50 m überschreiten dürfen.

Des Weiteren ist das Grundstück FlNr. … von der Satzung der Gemeinde … über die Begründung eines besonderen Vorkaufsrechts (Vorkaufssatzung) vom 28. Februar 2019 erfasst. Deren Zweck ist laut ihrem § 1, dass „auf den von der Satzung betroffenen Flächen die Durchführung von städtebaulichen Maßnahmen gem. § 1 Abs. 3 BauGB ermöglicht werden [soll]. Die Satzung dient der Sicherstellung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung in diesem Geltungsbereich. Sie soll insbesondere ortsansässigen Unternehmen die Ansiedlung und eine weitere gewerbliche Entwicklung im Gemeindegebiet ermöglichen. Gem. § 1a Abs. 2 BauGB soll durch diese Satzung Flächenverbrauch gesenkt werden.“ Nach § 3 steht „im Geltungsbereich dieser Satzung der Gemeinde … ein Vorkaufsrecht an unbebauten Grundstücken nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB zu“.

Nach dem Abschluss des genannten Kaufvertrags vom 23. Juni 2020 (UR-Nr. …) fragte die beurkundende Notarin bei der Beklagten mit Schreiben vom 4. Juli 2020, dort eingegangen am 8. Juli 2020, an, ob dieser ein Vorkaufsrecht nach dem Baugesetzbuch zustehe. Die Beklagte antwortete am 9. Juli 2020 per Vermerk, dass ein Vorkaufsrecht an der FlNr. … bestehe und um die Übersendung einer Abschrift des diesbezüglichen Kaufvertrags gebeten werde. Die Notarin übersandte ausweislich der Behördenakten der Beklagten mit Eingang bei dieser am 20. Juli 2020 u.a. den Kaufvertrag UR-Nr. ….

Die Verwaltungsgemeinschaft … erklärte insoweit als Behörde der Gemeinde … gegenüber dem Freistaat Bayern als Verkäufer mit Bescheid vom 11. August 2020, zugestellt am 13. August 2020, die Ausübung ihres gemeindlichen Vorkaufsrechts gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Zur Begründung führte die Verwaltungsgemeinschaft aus, dass das verkaufte Grundstück FlNr. … unbebaut sei und im Geltungsbereich des Bebauungsplans „…“ sowie im Geltungsbereich der Vorkaufssatzung der Gemeinde … liege. Die Ausübung des Vorkaufsrechts gründe sich daher auf § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Die Vorkaufssatzung diene der Sicherstellung einer geordneten, zielgerichteten Entwicklung in ihrem Geltungsbereich und solle der Gemeinde … ermöglichen, auf den Flächen insbesondere ortsansässige Unternehmen anzusiedeln und die weitere gewerbliche Entwicklung zu ermöglichen. Dazu solle sie Flächen erwerben können, um diese dann zum Zwecke der Bebauung mit gewerblichen Objekten an Interessenten mit einer Bebauungsverpflichtung samt Wiederkaufsrecht weiterzuveräußern. So solle auch gemäß § 1a Abs. 2 BauGB Fläche gespart, die Neuausweisung ohne vollständige Entwicklung der bisher vorhandenen Flächen und mögliche Spekulation unterbunden werden. Dies zugrunde gelegt, entspreche die Ausübung des Vorkaufsrechts auch dem Wohl der Allgemeinheit im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Der Gemeinde sei wichtig, dass das neue Gewerbegebiet zeitnah durch Bauwillige tatsächlich bebaut werde. Dies könne nur dann gewährleistet werden, wenn dem Käufer eine Bauverpflichtung auferlegt werde. Aus der Sicht … sei dieses Vorgehen unerlässlich sowie zweckmäßig und geeignet, um den vorhandenen Bedarf nach Gewerbegrundstücken vor Ort zu befriedigen und das Gewerbegebiet zielgerichtet und zeitnah zu entwickeln.

An die Klägerin wurde mit Schreiben der Verwaltungsgemeinschaft … vom 12. August 2020, zugestellt am 13. August 2020, ein Abdruck dieses Bescheides übersandt.

Am 11. September 2020 erhob die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach gegen den Bescheid vom 11. August 2020 und kündigte an, zunächst eine außergerichtliche Verständigung mit der Beklagten herbeiführen zu wollen; die Klage erfolge zur Fristwahrung.

Mit Schreiben vom 18. September 2020 beantragte die Klägerin bei der Verwaltungsgemeinschaft … die Frist zur Abwendung des Vorkaufsrechts aus § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB um weitere zwei Monate zu verlängern. Die Voraussetzungen für eine Verlängerung lägen vor, da die Klägerin in der Lage sei, das Grundstück binnen angemessener Frist entsprechend den baurechtlichen Vorschriften bzw. entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplanes zu nutzen. Um eine konkrete Verpflichtungserklärung abgeben zu können, wozu sie bereit sei, benötige sie jedoch weitere Informationen über die städtebaulichen Ziele. Die bereits im Bescheid der Beklagten vom 11. August 2020 genannten Ziele würden durch die Klägerin verwirklicht. Die Gesellschafter der Klägerin als GbR, Herr … und seine beiden Töchter, seien ebenfalls Gesellschafter und Geschäftsführer der …, einem ortsansässigen Unternehmen, das seit mehreren Jahrzehnten in … tätig sei. Die Klägerin wolle das Grundstück bebauen und der GmbH für deren Gewerbebetrieb langfristig zur Verfügung stellen. Dazu sei die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes oder einer Halle geplant, in die nicht erheblich störende Teile des bestehenden Betriebs dauerhaft verlegt werden sollen. Mit Bescheid vom 13. Oktober 2020 verlängerte die Verwaltungsgemeinschaft … als Behörde der Gemeinde … die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts bis zum 20. November 2020.

Mit am 20. November 2020 bei der Prozessbevollmächtigten der beklagten Gemeinde … eingegangenem Schreiben erklärten die Bevollmächtigten der Klägerin, die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden zu wollen. Dazu verpflichte sich die Klägerin im Sinne des § 27 Abs. 1 BauGB zur Umsetzung der baurechtlichen Vorschriften bzw. der Ziele und Zwecke der Gemeinde …. Im Einzelnen verpflichte sie sich, die von der Beklagten planungsrechtlich durch den Bebauungsplan „…“ in Gestalt der zweiten Änderung vorgegebene Bebauung zu errichten. Hilfsweise für den Fall, dass vorstehende Verpflichtung im Hinblick auf die baurechtlichen Vorschriften bzw. Ziele und Zwecke der Gemeinde … zu unbestimmt sein sollte, verpflichte sie sich als ortsansässiges Unternehmen das Grundstück der Art der baulichen Nutzung nach gemäß den Darstellungen im Bebauungsplan gewerblich zu nutzen und hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung die Grundflächenzahl von 0,8 und die maximale Traufhöhe von 12 m sowie die maximale Firsthöhe von 15 m zu beachten. Weiter erkläre die Klägerin, dass sie zu einer Bebauung des Grundstücks gemäß der vorstehenden Bauleitplanung bereit und in der Lage sei. Da sie in der Rechtsform einer GbR auftrete, hafteten ihre Gesellschafter persönlich und unbeschränkt für die Verpflichtungen der Gesellschaft. Zudem werde die … der Klägerin finanziell bis zu einem Betrag von 300.000,00 EUR beistehen, sollte es zu einem unerwarteten finanziellen Engpass kommen. Schließlich verpflichte sich die Klägerin, innerhalb von zwölf Monaten nach dem grundbuchrechtlichen Vollzug des Eigentumserwerbs einen den genannten Vorgaben entsprechenden Bauantrag zu stellen und bis zum Ablauf von drei Jahren nach Bestandskraft desselben das genehmigte Vorhaben umzusetzen. Wenngleich für die Abwendung des Vorkaufsrechts nicht erforderlich, sei die Käuferin grundsätzlich bereit, zu der oben genannten Verpflichtung einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abzuschließen.

Nach der Abwendungserklärung der Klägerin führten diese Verhandlungen über eine Abwendungsvereinbarung mit der Beklagten, die letztlich erfolglos blieben.

Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin nunmehr aus, dass sie die Frist zur Abwendung des Vorkaufsrechts eingehalten habe, da sie rechtzeitig deren Verlängerung um zwei Monate gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 BauGB beantragt habe und die Voraussetzungen für eine Verlängerung vorlägen. Sie habe glaubhaft gemacht, dass sie in der Lage sei, die in § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Voraussetzungen zu erfüllen, woraufhin die Verwaltungsgemeinschaft … die Frist bis zum 20. November 2020 verlängert habe. Am 20. November 2020 sei die Abwendungserklärung der Klägerin der anwaltlichen Vertreterin der Gemeinde über das besondere persönliche Anwaltspostfach übermittelt sowie nachweislich am selben Tag in den Briefkasten der Gemeinde eingeworfen worden.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 11. August 2020 über die Ausübung des Vorkaufsrechts für das Grundstück FlNr. …, Gemarkung … (…), Kaufvertrag vom 23. Juni 2020, URNr. … aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie in der mündlichen Verhandlung vor, dass aus ihrer Sicht mit dem Vorkaufsrecht die Durchsetzung eines Bauzwangs verbunden sei und eine zeitnahe Bebauung sichergestellt werden solle. Die Beklagte wünsche sich eine Fertigstellung innerhalb von drei Jahren und eine Mindestbebauung von einem Viertel der Fläche. Sie wolle nicht, dass das Grundstück nur gehalten werde oder nur ein Lagerplatz dort entstehe, da ein solcher bereits auf dem benachbarten Grundstück, welches ebenfalls der Klägerin gehöre, bestehe. Dieser wirke auf die Bevölkerung wie ein Schrottplatz und schrecke andere Unternehmen ab. Im Gemeinderatsbeschluss zur Vorkaufsrechtssatzung sei ausgeführt, dass keine Flächen brachliegen, sondern die Bauflächen geschlossen werden sollen. Schließlich müsse eine Abwendungsbefugnis konkreter gefasst sein, als nur zu erklären, dass eine Bebauung entsprechend des Bebauungsplanes stattfinde.

Der beigeladene Freistaat Bayern stellt keinen Antrag.

In der mündlichen Verhandlung gab der Gesellschafter der Klägerin, Herr … an, dass weitere Gesellschafter seine Frau und seine beiden Töchter seien. Weiterhin gebe es in seinem Firmenkonglomerat die …, die … und die …, die allesamt ihren Sitz in … hätten. Die Klägerin, die …GbR, halte einen Teil der Grundstücke dieser Unternehmen und verpachte sie weiter. Die Verpachtung des klagegegenständlichen Grundstücks solle vermutlich an die … erfolgen. Diese halte Fahrzeuge und Maschinen sowie Grundstücke für den Sand- und Kiesabbau und vermiete ihr Inventar an die …, die insbesondere im Bereich Erdarbeiten, Erdaushub und Humusherstellung tätig sei. Auf dem streitgegenständlichen Grundstück solle eine Halle und ein Gebäude für Verwaltung entstehen, er könne aber heute noch nicht die Größe sagen und was genau in der Halle vorgesehen sei und auch nicht den Standort benennen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen. Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung am 21. Oktober 2021 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

1.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO die statthafte Klageart, wenn sich die Klägerin als Käuferin eines Grundstückes gegen die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts nach den §§ 24 ff. BauGB als privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt wendet (Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr (BKL), BauGB, 14. Aufl. 2019, § 28 Rn. 2, 21).

2.

Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11. August 2020 ist rechtswidrig, verletzt die Klägerin in ihren Rechten und ist daher aufzuheben, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Durch die rechtswirksam erklärte Abwendung des Vorkaufsrechts gemäß § 27 Abs. 1 BauGB durch die Klägerin mit Erklärung vom 20. November 2020 entfallen rückwirkend die Rechtswirkungen dessen Ausübung und damit auch der neue Kaufvertrag mit der Gemeinde. Dies führt jedoch nicht zur Erledigung der Ausübung des Vorkaufsrechts als Verwaltungsakt im Sinne des § 43 Abs. 2 BayVwVfG, sondern lediglich zu dessen Rechtswidrigkeit (Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 8; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger (EZBK), BauGB, 142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 52; a.A. wohl Jarass/Kment, BauGB, 2. Aufl. 2017, § 27 Rn. 6, die allerdings trotz Erledigung des ausgeübten Vorkaufsrechts inkonsequent eine Anfechtungsklage gegen dieses für statthaft halten, weil im Rahmen dieses Rechtsbehelfs über die Wirksamkeit der Abwendung zu entscheiden sei). Das ist auch unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes sachgerecht, da die Klägerin als Käuferin, folgte man der Gegenansicht, den Rechtsstreit nach Erklärung der Abwendung nach § 27 BauGB für erledigt hätte erklären müssen, um dann anschließend, sollte sich die von der Rechtmäßigkeit ihres Bescheids ausgehende Beklagte naheliegender Weise weigern, das zur Überwindung der Grundbuchsperre nach § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB erforderliche Negativattest des § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB auszustellen, eine diesbezügliche Verpflichtungsklage hätte erheben müssen. Daher und angesichts der Systematik der §§ 24 ff. BauGB liegt es näher, die Abwendung nach § 27 BauGB als negatives Tatbestandsmerkmal in die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts zu integrieren – von den Fällen des § 27 Abs. 2 BauGB abgesehen (vgl. HansOLG, U.v. 11.7.2012 – 1 U 1/11 Baul – juris Rn. 45 zu dem damit einhergehenden prozessualen Vorteil, dass die Grundbuchsperre allein durch das rechtskräftige Aufhebungsurteil überwunden werden kann).

a)

Die Beklagte hatte hinsichtlich des streitgegenständlichen Kaufvertrages vom 23. Juni 2020 für das Grundstück FlNr. … (UR-Nr….) zwischen dem Freistaat Bayern als Verkäufer und der Klägerin als Käuferin mit Bescheid vom 11. August 2020 zunächst fristgerecht gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 a.F. i.V.m. § 234 Abs. 1 BauGB das besondere gemeindliche Vorkaufsrecht aus § 25 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ausgeübt. Das besagte Grundstück unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans „… – 2. Änderung“, ortsüblich bekannt gemacht am 25. Juni 2018. Zudem hat die Beklagte mit ihrer Vorkaufssatzung vom 28. Februar 2019 ein Vorkaufsrecht u.a. an dem streitgegenständlichen Grundstück begründet (§ 2 der Vorkaufssatzung i.V.m. dem in Bezug genommenen Lageplan), womit die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfüllt waren. Zweifelhaft war hingegen, ob die Ausübung des besonderen Vorkaufsrechts, wie es die § 25 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB fordern, zusätzlich durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt war. Die Definition des Wohls der Allgemeinheit ist kontextabhängig anhand der Ziele zu gewinnen, die mit den einzelnen Tatbeständen der Vorkaufsrechte aus § 24, § 25 BauGB verfolgt werden (BayVGH, B.v. 24.4.2020 – 15 ZB 19.1987 – juris Rn. 17). Die Ausübung des Vorkaufsrechts zur Beschaffung von Gewerbe- und Industriegrundstücken ist dabei grundsätzlich zulässig, jedoch darf die Gemeinde das Vorkaufsrecht nicht ausüben, um dadurch eine zulässige, aber von ihr nicht gewünschte Nutzung zu verhindern. Will der Käufer das streitgegenständliche Grundstück selbst zur Betriebsansiedlung nutzen, bleibt wenig Raum für Gründe des öffentlichen Wohls. Letztlich kann die Entscheidung dieser Frage aber dahinstehen, da die Klägerin jedenfalls rechtswirksam gemäß § 27 BauGB die Abwendung des Vorkaufsrechts erklärt hat (Grziwotz in Spannowsky/ Uechtritz, BeckOK BauGB, 52. Ed. 1.2.2021, § 24 Rn. 24).

b)

Mit ihrem am 20. November 2020 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben hat die Klägerin form- und fristgerecht die Abwendung des Vorkaufsrechts nach § 27 BauGB erklärt. Die Abwendungserklärung musste gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 2 Satz 1 a.F., § 234 Abs. 1 BauGB binnen zwei Monaten (nach der Reform des § 28 Abs. 1 Satz 1 BauGB sind es drei Monate) nach Mitteilung des Kaufvertrags an die Gemeinde erfolgen. Diese Frist hielt die Klägerin zwar nicht ein, da der Beklagten der Inhalt des Kaufvertrages bereits am 20. Juli 2020 mitgeteilt worden war. Jedoch wurde auf ihren Antrag vom 18. September 2020 hin mit Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober die Zweimonatsfrist um zwei weitere Monate bis zum 20. November 2020 gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 BauGB verlängert. Die für die Abwendungserklärung erforderliche Schriftform in entsprechender Anwendung des § 11 Abs. 3 BauGB wurde gewahrt (Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 4).

Schließlich erfüllt die Abwendungserklärung der Klägerin auch die materiellen Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB, nämlich, dass der Käufer die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden kann, wenn die Verwendung des Grundstücks nach den baurechtlichen Vorschriften oder Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar ist, der Käufer in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist dementsprechend zu nutzen und er sich hierzu vor Ablauf der (verlängerten) Frist verpflichtet.

aa)

Die Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit der Verwendung des Grundstücks richtet sich bei Vorliegen eines dem Vorkaufsrecht zugrundeliegenden einfachen oder qualifizierten Bebauungsplans nach dem durch diesen aufgestellten Zulässigkeitsrahmen (Stock in EZBK, BauGB, 142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 16; s.a. Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 2). Der das streitgegenständliche Grundstück erfassende Bebauungsplan „…– 2. Änderung“ in der Fassung der zweiten Änderung setzt hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein Gewerbegebiet im Sinne des § 8 BauNVO fest und sieht für das Maß der baulichen Nutzung unter anderem eine Grundflächenzahl von 0,8, eine maximalen Traufhöhe von 12 m und eine maximale Firsthöhe von 15 m vor. Des Weiteren sind u.a. Baugrenzen festgesetzt sowie hinsichtlich der Bauweise, dass die zulässigen Hausformen eine Länge von 50 m überschreiten dürfen. Nicht Teil des Bebauungsplans sind etwaige Festsetzungen zu einem Minimum an zu überbauender Grundstücksfläche oder der gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO grundsätzlich mögliche Ausschluss nach § 8 Abs. 2 BauNVO im Gewerbegebiet allgemein zulässiger Nutzungen, insbesondere von Lagerplätzen.

bb)

Die Käuferin hat sich auch zu einer Verwendung des Grundstücks entsprechend der Vorgaben des Bebauungsplans binnen angemessener Frist verpflichtet und dargelegt, hierzu in der Lage zu sein.

(1)

Ist wie hier für die bauliche Nutzung des vorkaufsgegenständlichen Grundstücks durch einen qualifizierten Bebauungsplan ein Zulässigkeitsrahmen aufgespannt, so kann dem Käufer darüber hinaus nicht abverlangt werden, dass er bestimmte zulässige, aber der Gemeinde nicht genehme Nutzungsarten nicht ausübt oder er bestimmte, planungsrechtlich nicht festgesetzte Untergrenzen hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung oder der Bauweise einhält. Hat die Gemeinde einen dahingehenden Willen, so muss sie den Bebauungsplan entsprechend fassen oder gegebenenfalls anpassen, vgl. etwa § 1 Abs. 5 BauNVO und § 16 Abs. 4 BauNVO. Der Käufer muss sich darüber hinaus nicht auf ein bestimmtes Vorhaben festlegen, wenn der Bebauungsplan eine Vielzahl zulässiger Vorhaben gestattet, vielmehr genügt es, wenn er sich zu (irgend-)einem bauplanungsrechtlich zulässigen Vorhaben verpflichtet; für diese Verpflichtung ist angesichts der Kürze der Zeit nicht Voraussetzung, dass das Vorhaben bereits entsprechend der Detailtiefe eines Bauantrags konkretisiert ist. Die Vorschrift des § 27 BauGB gewährleistet die Grundstücksverwendung im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Vorgaben, aber eben nur diese und rechtfertigt keine weitere Einschränkung des gegebenen Zulässigkeitsrahmens durch außerhalb dessen liegende Verwendungswünsche der Gemeinde (Stock in EZBK, BauGB, 142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 38 f.; s.a. die neueste, bisher nur als Pressemitteilung vorliegende Rechtsprechung des BVerwG, U.v. 9.11.2021 – 4 C 1.20 zu einem Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Nr. 4 BauGB). Sonstige Vorgaben zur Verwendung des Grundstücks im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann im Falle des besonderen Vorkaufsrechts nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 BauGB allerdings auch die Vorkaufssatzung der Gemeinde enthalten, was hier aber nicht der Fall ist.

Die Angemessenheit der Frist, innerhalb derer der Käufer die versprochene Nutzung umsetzen muss, ist nicht starr festgelegt, sondern ist anhand der Umstände des Einzelfalls objektiv zu bestimmen, also insbesondere anhand des abgeschätzten Zeitraums für Planung, Finanzierung, Genehmigung und Durchführung des Vorhabens (Stock in EZBK, BauGB, 142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 28: Frist eher großzügig zu bemessen; Köster in Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 27 Rn. 7).

„In der Lage“, die zweckentsprechende Grundstücksnutzung auszuüben, ist der Käufer im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wenn er das Vorhaben tatsächlich, rechtlich und wirtschaftlich umsetzen kann (Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 3). Hierfür bedarf es der Glaubhaftmachung durch den Käufer, ein expliziter (Finanzierungs-)Nachweis ist im Rahmen der Abwendungserklärung nicht erforderlich (Reidt a.a.O.; Stock in EZBK, BauGB, 142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 24). Die Gegenansicht, welche eine Sicherung der Durchführungsverpflichtungen, etwa durch eine Unterlassungsdienstbarkeit zugunsten der Gemeinde oder die Vereinbarung eines durch Auflassungsvormerkung gesicherten Ankaufsrechts bei einem Verstoß fordert, ist mit Blick auf den Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 1 und die verhältnismäßig kurze Zeitspanne, innerhalb derer die Abwendung erklärt werden muss, abzulehnen (zur a.A. Grziwotz in Spannow-sky/Uechtritz, BeckOK BauGB, 52. Ed. 1.2.2021, § 27 Rn. 7). Die Gemeinde ist gleichwohl nicht ohne jede Sicherung, da die Verpflichtungserklärung des Käufers im Rahmen der Abwendung des Vorkaufsrechts nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis eigener Art begründet, auf das die Vorschriften über den städtebaulichen Vertrag entsprechend anzuwenden sind (Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 27 Rn. 4).

(2)

Diesen Maßstab zugrunde gelegt erfüllt die Abwendungserklärung der Klägerin vom 20. November 2020 die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB, weil sie sich zunächst zur Umsetzung eines dem Bebauungsplan „… – 2. Änderung“ entsprechenden Vorhabens verpflichtet. Zu mehr, insbesondere dem seitens der Beklagten geäußerten Wunsch nachzukommen, mindestens 25% der Grundstücksfläche zu überbauen, oder keine Nutzung als Lagerplatz anzustreben, war die Klägerin nach dem oben Gesagten nicht verpflichtet. Der Bebauungsplan setzt nämlich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung zeichnerisch ein Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO fest. In diesem sind Lagerplätze gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 3 BauNVO allgemein zulässig. Das maximal zulässige Maß der baulichen Nutzung ist unter anderem mit einer Grundflächenzahl (§ 19 BauNVO) von 0,8 festgesetzt, enthält jedoch keine Mindestvorgabe für den Umfang der Bebauung, obwohl § 16 Abs. 4 BauNVO die Möglichkeit hierzu eröffnet. Dies mag für die Beklagte im Ergebnis städtebaulich unbefriedigend sein, jedoch hatte und hat sie die Möglichkeit, ihre Vorstellungen zur Entwicklung des Gewerbegebiets im Rahmen der rechtlichen Vorgaben in den Bebauungsplan aufzunehmen.

Auch hält sich die Klägerin im Rahmen des durch § 1 der Vorkaufssatzung der Beklagten vom 28. Februar 2019 vorgegebenen Zwecks, was die Beklagte auch nicht in Frage gestellt hat. Die Klägerin ist unbestritten ein in … ansässiges Unternehmen und würde durch die Nutzung des streitgegenständlichen Grundstücks entsprechend den Vorgaben des Bebauungsplans eine gewerbliche Entwicklung im Gemeindegebiet vollziehen, auch wenn sie das zu errichtende Gebäude oder das Grundstück sodann an ein anderes, ebenfalls in … ansässiges Unternehmen der Firmengruppe … vermietet bzw. verpachtet.

Weiter erscheint die von der Klägerin verpflichtend erklärte Umsetzungsfrist – Bauantrag binnen zwölf Monaten nach Eigentumserwerb und Umsetzung des Vorhabens binnen drei Jahren nach Bestandskraft der Baugenehmigung – angemessen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin den für Planung, Finanzierung, Genehmigung und Durchführung des Vorhabens im Rahmen des § 8 BauNVO nötigen Zeitrahmen überdehnt; sie bewegt sich mit der Umsetzungsfrist von drei Jahren insbesondere innerhalb der Geltungsdauer einer Baugenehmigung von vier Jahren, Art. 69 Abs. 1 BayBO.

Die Klägerin hat auch glaubhaft gemacht, zur zweckentsprechenden Verwendung des streitgegenständlichen Grundstücks in der Lage zu sein. Für die Glaubhaftmachung genügt es nämlich, dass die Fähigkeit der Klägerin zur zeit- und zweckgerechten Durchführung des Vorhabens überwiegend wahrscheinlich sein, aber nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen muss (Stock in EZBK, BauGB, 142. EL Mai 2021, § 27 Rn. 23; Happ in Eyermann, VwGO, § 123 Rn. 51). Die Beklagte selbst hat anerkannt, dass dies für sie der Fall ist, indem sie mit Bescheid vom 13. Oktober 2020 die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts bis zum 20. November 2020 verlängert und darin ausgeführt hat, dass die Voraussetzungen für die Verlängerung der Frist nach Ansicht der Gemeinde vorlägen. Zentrale Voraussetzung für eine solche Fristverlängerung aber ist nach § 27 Abs. 1 Satz 3 BauGB, dass der Käufer glaubhaft macht, dass er in der Lage ist, die Anforderungen aus § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu erfüllen. Für die Kammer besteht angesichts der Aktenlage und der mündlichen Verhandlung kein Anlass dieser Einschätzung entgegenzutreten. Die Klägerin kauft, verwaltet, bebaut und vermietet bzw. verpachtet Gewerbeflächen an die …, die … und die …, ist also überwiegend wahrscheinlich finanziell und organisatorisch fähig, ein Grundstück in einem festgesetzten Gewerbegebiet entsprechend dem Bebauungsplan und dem Rahmen des § 8 BauNVO zu nutzen, was die Beklagte auch nicht bestreitet, sondern vielmehr befürchtet.

c)

Nach alldem ist von einer wirksamen Abwendung des Vorkaufsrechts nach § 27 Abs. 1 BauGB durch die Klägerin auszugehen, was zur Rechtswidrigkeit des Bescheids der Beklagten vom 11. August 2020 führt. Die Klägerin ist durch diesen Bescheid auch in ihren Rechten verletzt, da sie als Käuferin durch das ausgeübte Vorkaufsrecht faktisch aus ihrer Position verdrängt würde, wenn auch die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts wegen § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB, § 464 Abs. 2 BGB nicht dazu führt, dass der Kaufvertrag zwischen dem beigeladenen Freistaat Bayern und der Klägerin qua Gesetz erlöschen würde. Wie auch sonst ist die Lage bei einem nicht durch Vormerkung gesicherten Vorkaufsrecht nicht anders als bei einem Doppelverkauf. Der Verpflichtete – hier der Beigeladene – kann sich entscheiden, ob er die Ansprüche des Vorkaufsberechtigten oder des Dritten erfüllt, wobei er dann dem jeweils anderen wegen Nichterfüllung haftet. Vertragsrechtlich wird für diesen Fall typischerweise eine auflösende Bedingung oder wie hier – allerdings befristet bis zum 31. März 2021 – ein Rücktrittsrecht im Vertrag zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten (Klägerin) vereinbart (zum Ganzen Faust in Hau/Poseck, BeckOK BGB, 59. Ed. 1.5.2021, § 464 Rn. 9).

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Dem Beigeladenen waren gemäß § 154 Abs. 3 VwGO keine Kosten aufzuerlegen, da er keinen Antrag gestellt hat. Umgekehrt kann er auch keine Kostenerstattung verlangen, § 162 Abs. 3 VwGO, und trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 16.437,30 EUR festgesetzt.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 9.6.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Danach ist bei Anfechtung eines Vorkaufsrechts durch den Käufer ein Streitwert von 25% des Kaufpreises anzusetzen. Dieser betrug 65.749,20 EUR.


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