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Klage gegen Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts unter Herabsetzung des Kaufpreises

VG Ansbach – Az.: AN 17 K 19.02489 – Urteil vom 04.03.2020

1. Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.

2. Der Rechtsstreit wird an das Landgericht … – Kammer für Baulandsachen – verwiesen.

3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts durch den Beklagten vom 15. November 2019.

Die Klägerin ist laut Grundbuch des Amtsgerichts … von … Alleineigentümerin des Grundstücks mit der Flurnummer …, Gemarkung …, das dort näher als „…, Landwirtschaftsfläche zu 2.528 qm“ bezeichnet ist.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 9. Oktober 2019, Urkundenrolle Nr. …, veräußerte die Klägerin das Grundstück an die Beigeladene zu einem Kaufpreis von 171.904,00 EUR, wobei der Quadratmeterpreis 68,00 EUR betrug. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2019 beantragte die amtlich bestellte Vertreterin des beurkundenden Notars bei dem Beklagten die Erteilung eines Zeugnisses, dass dieser kein Vorkaufsrecht nach den §§ 24 ff. BauGB zustehe beziehungsweise sie ein bestehendes Vorkaufsrecht mitteilen solle. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2019 benachrichtigte der Beklagte den beurkundenden Notar, dass der Gemeinderat in seiner Sitzung am 14. November 2019 über die Ausübung des Vorkaufsrechts beschließen würde.

Mit Bescheid vom 15. November 2019 erklärte der Beklagte die Ausübung eines Vorkaufsrechts gemäß §§ 24 ff. BauGB bezüglich des benannten Grundstücks der Klägerin und legte unter Berufung auf § 28 Abs. 3 BauGB den von ihm zu zahlenden Betrag auf Basis eines Quadratmeterpreises von 30,00 EUR auf insgesamt 75.840,00 EUR fest. Der Bescheid ging der Klägerin am 18. November 2019 per Einschreiben mit Rückschein zu.

Die Klägerin hat hiergegen mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2019, eingegangen per Telefax am 13. Dezember 2019, vorsorglich Widerspruch bei dem Beklagten eingelegt. Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2019, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach per Telefax eingegangen am 12. Dezember 2019, hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 15. November 2019 erhoben und zunächst keine Anträge gestellt.

Der Beklagte hat zunächst beantragt, die Klage abzuweisen.

Nachdem das Gericht die Grundstückskäuferin mit Beschluss vom 18. Dezember 2019 notwendig beigeladen hatte, hat es die Beteiligten mit Schreiben vom 15. Januar 2020 auf eine mögliche Zuständigkeit des Landgerichts … – Kammer für Baulandsachen – hingewiesen und um Stellungnahme hierzu binnen zwei Wochen gebeten.

Daraufhin beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 27. Januar 2020, den Rechtsstreit an das Landgericht … zu verweisen.

Der Beklagte äußerte mit Schriftsatz vom 27. Januar 2020, dass, wenn die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach § 28 Abs. 3 oder Abs. 4 BauGB abweichend vom Kaufpreis bestimme, sich die gerichtliche Zuständigkeit für die Anfechtung des Bescheids nach § 217 BauGB richte. Über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung entscheide das Landgericht, Kammer für Baulandsachen. Bezüglich eines etwaigen Antrags der Klagepartei auf Verweisung erkläre er vorsorglich die Zustimmung.

Die Beigeladene hat sich zur Zuständigkeit nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht eröffnet. Somit ist die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs auszusprechen und das Verfahren gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG nach Anhörung der Parteien von Amts wegen an das zuständige Landgericht … – Kammer für Baulandsachen – zu verweisen.

Für das klägerische Begehren sieht § 217 Abs. 1 BauGB eine Sonderzuweisung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO zu den Kammern für Baulandsachen der Landgerichte vor. Die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts ist zwar grundsätzlich ein (privatrechtsgestaltender) Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 BayVwVfG. Allerdings hat der Beklagte bei der Ausübung des Vorkaufsrechts nach den §§ 24 ff. BauGB im Bescheid vom 15. November 2019 von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 BauGB, vom zwischen der Klägerin als Vorkaufsverpflichteter und der Beigeladenen als Drittkäuferin vereinbarten Kaufpreis im Sinne der § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB, § 464 Abs. 2 BGB nach unten abzuweichen, Gebrauch gemacht. Verwaltungsakte nach § 28 Abs. 3 BauGB können gemäß § 217 Abs. 1 Satz 1 BauGB nur durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden. Über einen solchen Antrag entscheidet nach § 217 Abs. 1 Satz 4 BauGB das Landgericht, Kammer für Baulandsachen.

Dies gilt auch dann, wenn nicht die Preisfestsetzung, sondern die Ausübung des Vorkaufsrechts als solche angegriffen werden soll, weil es sich um einen einheitlichen Bescheid handelt (hierzu Grziwotz in Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 47. Edition 2019, § 28 Rn. 43; Kalb in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger (EZBK), BauGB, Stand 135. EL September 2019, § 217 Rn. 15b; Stock in EZBK, BauGB, § 28 Rn. 110; OVG MV, B.v. 15.4.2013 – 3 O 80/12 – juris Rn. 4; VG Augsburg, B.v. 1.8.2014 – Au 4 K 14.870 – juris Rn. 8). Insbesondere ist keine abgestufte Ausübung des Vorkaufsrechts in dem Sinne möglich, dass zunächst das Vorkaufsrecht ausgeübt und der Preis gesondert festgesetzt wird (Kalb in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger (EZBK), BauGB, Stand 135. EL September 2019, § 217 Rn. 15b).

Örtlich und sachlich zuständig ist somit die Kammer für Baulandsachen des Landgerichts …, § 219 Abs. 1, Abs. 2 BauGB i.V.m. § 47 Nr. 1 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz (GZVJu) vom 11. Juni 2012 (GVBl. S. 295, BayRS 300-3-1-J), zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. Dezember 2018 (GVBl. S. 2) und Art. 4 Nr. 2, Art. 5 Abs. 2 Nr. 70 GerOrgG.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Landgericht … vorbehalten, § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG.

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