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Kreuzungskollision – irreführend verhaltender Vorfahrtberechtigter mit Wartepflichtigen

Analyse eines komplexen Verkehrsunfall-Urteils: Haftungsanteile und Schadensersatzansprüche im Fokus

Im Kern des Urteils des Landgerichts Mosbach (Az.: 1 O 134/13) vom 20. November 2013 geht es um die Klärung von Haftungsfragen und Schadensersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfall. Der Kläger, Eigentümer eines Opel Astra Caravan, macht gegen die Beklagten, die Halterin und Fahrerin eines Mercedes Benz E 350 CGI sowie deren Haftpflichtversicherung, Schadensersatzansprüche geltend. Der Unfall ereignete sich an einer Kreuzung, an der die Vorfahrt durch Verkehrszeichen geregelt ist. Der Kläger behauptet, die Beklagten seien allein für den Unfall verantwortlich, da sie die Vorfahrt missachtet hätten. Die Beklagten wiederum sehen die Schuld beim Kläger, da der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs irreführendes Fahrverhalten an den Tag gelegt habe.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 O 134/13 >>>

Vorfahrtsverletzung und irreführendes Fahrverhalten

Kreuzungskollision - irreführend verhaltender Vorfahrtberechtigter mit Wartepflichtigen
Haftungsanteile und Schadensersatz im Fokus: Ein Verkehrsunfall an einer Kreuzung führt zu komplexen rechtlichen Fragen um Vorfahrt und Verantwortung. (Symbolfoto: Bilanol /Shutterstock.com)

Das Gericht stellt fest, dass die Beklagte zu 2 die Vorfahrt des Zeugen, der das klägerische Fahrzeug fuhr, missachtet hat. Dies stellt einen Verstoß gegen § 8 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) dar. Das Gericht betont, dass das Vorfahrtsrecht nicht durch irreführendes oder verkehrswidriges Verhalten des Vorfahrtsberechtigten aufgehoben wird.

Haftungsanteile und Schadensersatz

Nach umfassender Abwägung der Verursachungsbeiträge gemäß § 17 Abs. 2 StVG kommt das Gericht zu dem Schluss, dass die Beklagten in Höhe von 70 % für das Unfallereignis haften. Dem Kläger wird eine Mitverantwortung von 30 % zugewiesen. Der Kläger hat daher einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 4.060,68 € gegen die Beklagten. Die Kosten des Rechtsstreits werden entsprechend der Haftungsanteile verteilt: 70 % tragen die Beklagten, 30 % der Kläger.

Beweisführung und Zeugenaussagen

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen. Ein neutraler Unfallzeuge bestätigte die Angaben der Beklagten, dass der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs irreführendes Fahrverhalten zeigte. Dies führte zur teilweisen Mitverantwortung des Klägers für den Unfall.

Schlussbetrachtungen zur Haftung und zum Schadensersatz

Das Urteil zeigt, dass in komplexen Verkehrsunfallsituationen eine genaue Abwägung der Haftungsanteile erforderlich ist. Beide Parteien tragen eine gewisse Verantwortung für das Unfallgeschehen, die sich in der Verteilung der Schadensersatzansprüche und der Prozesskosten niederschlägt. Die Entscheidung des Gerichts basiert auf einer sorgfältigen Prüfung der Sachlage, einschließlich der Zeugenaussagen und der geltenden Verkehrsregeln.

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Haftungsanteile und Schadensersatz bei Kreuzungskollision-  kurz erklärt


Bei einer Kreuzungskollision im Straßenverkehr ist die Haftungsverteilung oft komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Beachtung der Verkehrsregeln, der Geschwindigkeit und dem Verhalten der beteiligten Fahrer. In Deutschland regeln insbesondere die §§ 35 und 38 der Straßenverkehrsordnung (StVO) die Vorfahrtsregeln an Kreuzungen. Bei Verstößen gegen diese Regeln kann es zu einer Haftung für den entstandenen Schaden kommen.

Die Haftungsanteile werden in der Regel nach dem Grad des Verschuldens beider Parteien verteilt. Das bedeutet, dass auch bei einem Vorfahrtsfehler des einen Fahrers der andere Fahrer nicht automatisch von der Haftung befreit ist, wenn er beispielsweise überhöhte Geschwindigkeit als Mitursache hatte. In solchen Fällen wird eine sogenannte „Quotelung“ vorgenommen, bei der die Haftungsanteile entsprechend dem Grad des jeweiligen Verschuldens aufgeteilt werden.

Besondere Regelungen gelten, wenn ein Rettungswagen oder ein Feuerwehrfahrzeug in den Unfall verwickelt ist. In solchen Fällen kann die Haftung trotz Missachtung der Vorfahrtsregeln durch das Sonderfahrzeug anders verteilt werden, insbesondere wenn das Sonderfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn unterwegs war.

Schadensersatzansprüche können sowohl materielle als auch immaterielle Schäden umfassen. Dazu gehören Reparaturkosten, Wertminderung des Fahrzeugs, Schmerzensgeld und eventuell auch Verdienstausfall.


Das vorliegende Urteil

LG Mosbach – Az.: 1 O 134/13 – Urteil vom 20.11.2013

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.060,68 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit 19.07.2013 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 492,54 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit 19.07.2013 zu zahlen.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 70 %, der Kläger 30 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen ihn aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils durch sie zu vollstreckenden Betrages erbringen.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend.

Der Kläger ist Eigentümer des Fahrzeuges Pkw Opel Astra Caravan mit dem amtlichen Kennzeichen … Die Beklagte zu 1 ist Halterin, die Beklagte zu 2 Fahrerin des Kraftfahrzeuges Mercedes Benz E 350 CGI mit dem amtlichen Kennzeichen …, das bei der Beklagten zu 3 haftpflichtversichert ist.

Am 06.02.2013 befuhr der Zeuge … mit dem klägerischen Fahrzeug die Rosenberger Straße in Osterburken. Die Beklagte zu 2 befuhr mit dem Fahrzeug Mercedes Benz den Alten Merchinger Weg. In Höhe der Einmündung des alten Merchinger Weges auf die Rosenberger Straße ist die Vorfahrt durch Verkehrszeichen § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Zeichen 205 und 306 der Anlage 2 zu § 41 StVO geregelt, wonach Verkehrsteilnehmer auf der Rosenberger Straße vorfahrtsberechtigt gegenüber Verkehrsteilnehmern auf dem Alten Merchinger Weg sind. In Höhe der Einmündung des Alten Merchinger Weges auf die Rosenberger Straße kam es zur Kollision der Fahrzeuge. Der Unfall wurde polizeilich aufgenommen. Dem Kläger entstand ein Fahrzeugschaden in Höhe von 5.883,32 € inklusive Mietwagenkosten von 823,48 € aus der Anmietung eines dem Unfallwagen klassegleichen Fahrzeugs. Mit vorgerichtlichem Anwaltsschreiben machte der Kläger bei den Beklagten erfolglos Schadensersatz geltend. Die Klageschrift wurde den Beklagten am 18.07.2013 zugestellt.

Der Kläger behauptet, das Unfallereignis sei allein auf die Vorfahrtsverletzung der Beklagten zu 2 zurückzuführen. Er bestreitet, dass der Fahrzeugführer … durch ein widersprüchliches Fahrverhalten Veranlassung zur Einfahrt in die Vorfahrtsstraße gegeben habe. Er ist der Ansicht, die Beklagten treffe die Alleinschuld an dem Unfallgeschehen.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 5.883,32 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 546,69 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, das Unfallereignis sei auf ein widersprüchliches Fahrverhalten des vorfahrtsberechtigten Zeugen … zurückzuführen, der im Einmündungsbereich der untergeordneten Straße den rechten Fahrtrichtungsanzeiger betätigt, seine Geschwindigkeit reduziert und eine Fahrbewegung nach rechts gemacht habe, so dass bei der Beklagten zu 2 der Eindruck entstanden sei, der Zeuge … werde nach rechts abbiegen. Die Beklagten sind der Rechtsansicht, den Kläger treffe die alleinigen Verantwortung für das Unfallgeschehen auch unter Zurücktretens der Betriebsgefahrhaftung der Beklagten. Im Übrigen habe sich der Kläger auf die geltend gemachten Mietwagenkosten einen Abzug wegen Eigenersparnis in Höhe von 15 % anrechnen zu lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen …, Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18.10.2013 (AS . 53-75) Bezug genommen. Die Bußgeldakten des Neckar-Odenwald-Kreises zum Aktenzeichen 505.58.003682.6 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 4.060,68 € zu, §§ 7 Abs. 1, 18 StVG, § 115 VVG, 823, 840 BGB. Die Abwägung der Verursachungsanteile ergibt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner wegen eines Vorfahrtsverstoßes (§ 8 Abs. 2 StVO) in Höhe von 70 % für das Unfallereignis einzustehen haben. Den Kläger trifft eine Mitverantwortung in Höhe von 30 %, da sein Fahrzeugführer, mit dem er eine Haftungseinheit bildet, durch sein irreführendes Fahrverhalten unter Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot (§ 1 Abs. 2 StVO) Veranlassung zu dem Vorfahrtsverstoß gegeben hat.

Die Beklagten haften dem Kläger nach §§ 7 Abs. 1, 18 StVG in Verbindung mit § 115 VVG für die aus dem Betrieb des Fahrzeuges resultierende Betriebsgefahr bzw. unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der vermuteten Verschuldenshaftung des Fahrzeugführers. Der Haftungsausschluss nach § 7 Abs. 2 StVG greift ersichtlich nicht ein.

Der Beklagten zu 2 liegt zudem ein Verstoß gegen ihre Wartepflicht nach § 8 Abs. 2 StVO zur Last. Nach § 8 Abs. 2 StVO hat der Wartepflichtige durch sein Fahrverhalten rechtzeitig, insbesondere durch mäßige Geschwindigkeit erkennen zu lassen, dass er warten werde. Er darf nur weiterfahren, wenn er übersehen kann, dass er den Vorfahrtsberechtigten weder gefährdet noch wesentlich behindert. Diesen Pflichten ist die Beklagte zu 2 nicht gerecht geworden, indem sie dem vorfahrtsberechtigten Zeugen … nicht den Vorrang eingeräumt hat und aus dem untergeordneten Alten Merchinger Weg in die übergeordnete Rosenberger Straße eingefahren ist. Das Vorfahrtsrecht nach § 41 Abs. 1 StVO i.V.m Zeichen Nr. 306 der Anlage 2 zu § 41 StVO wird dabei weder durch eine irreführende oder verkehrswidrige Fahrweise des Vorfahrtsberechtigten aufgehoben noch durch einen Vertrauenstatbestand im Einzelfall überlagert oder relativiert. Denn auch verkehrswidriges Verhalten des Vorfahrtsberechtigten beseitigt dessen Vorfahrtsrecht nicht (BGH NJW 1986, 2651; BGH NZV 1990, 155).

Bei der nach § 17 Abs. 2 StVG vorzunehmenden umfassenden Abwägung der Verursachungsbeiträge ist auch der Haftungsanteil des Klägers zu berücksichtigen, der mit dem Fahrzeugführer eine Haftungseinheit bildet und sich dessen Fehlverhalten zurechnen lassen muss. Auch der Kläger hat nach § 7 Abs. 1 StVG für die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs verschuldensunabhängig einzustehen. Das Unfallereignis stellte ersichtlich auch für ihn keinen Fall der höheren Gewalt nach § 7 Abs. 2 StVG dar.

Zu Lasten des Klägers ist haftungserhöhend ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nach § 1 Abs. 2 StVO zu berücksichtigen, da der Zeuge … durch eine irreführende Fahrweise Veranlassung zu dem Vorfahrtsverstoß gegeben hat, indem er unmittelbar im Kreuzungsbereich durch kurzes und unmittelbar aufeinanderfolgendes Betätigen der Bremse und des Fahrrichtungsanzeigers sowie Durchführung einer leichten Schlenkerbewegung nach rechts den Anschein erweckt hat, er wolle vor dem Fahrzeug der Beklagten zu 2 rechts abbiegen.

Dies steht fest aufgrund der glaubhaften Angaben des neutralen Unfallzeugen B., der an dem Unfalltag ebenfalls die Vorfahrtsstraße hinter dem Zeugen … befahren hat.

Zwar haben sowohl der Zeuge … als auch seine Mitfahrer, die Zeugen … angegeben, dass vor der Kollision der Fahrtrichtungsanzeiger nicht betätigt worden sei und auch sonst keine Anzeichen dafür ersichtlich geworden seien, die die Beklagte zu 2 dazu hätten veranlassen können, aus dem untergeordneten Merchinger Weg in die Vorfahrtsstraße einzufahren. Das Gericht ist jedoch aufgrund der Angaben des neutralen Zeugen … davon überzeugt, dass der Zeuge … durch sein Fahrverhalten bei der Beklagten zu 2 den Anschein hervorgerufen hat, er werde nach rechts in den Merchinger Weg abbiegen. Der Zeuge … hat bei seiner Vernehmung, ebenso wie schon im Rahmen seiner polizeilichen Angaben noch am Unfalltag, detailliert und bestimmt angegeben, dass der Fahrzeugführer des vorausfahrenden Opel unmittelbar im Bereich der Einmündung Merchinger Weg unmittelbar aufeinanderfolgend die Bremse und den Fahrtrichtungsanzeiger nach links betätigt und mit dem Fahrzeug eine Schlenkerbewegung nach rechts ausgeführt habe, so dass auch bei ihm der Eindruck entstanden sei, das vorausfahrende Fahrzeug werde abbiegen. Die Angaben des Zeugen waren als glaubhaft zu beurteilen. Es handelte sich insoweit um einen neutralen Zeugen, der die Angaben frei aus seiner Erinnerung heraus gemacht hat, ohne dass eine Belastungstendenz ersichtlich geworden wäre. Der Zeuge hat zudem durchgängig konstante Angaben zum Unfallgeschehen gemacht. Seine Angaben bei seiner polizeilichen Vernehmung noch am Unfalltag reproduzierte er gleichlautend bei seiner Einvernahme als Zeuge. Die Überzeugung des Gerichts vom Wahrheitsgehalt seiner Angaben wird nicht durch die Aussagen der Zeugen … echt in Frage gestellt. Zweifel an den Angaben des Zeugen … ergeben sich daraus, dass er als Fahrer des klägerischen Fahrzeugs und Sohn des Klägers durchaus ein Eigeninteresse an dem Ausgang des Rechtsstreits hat und ersichtlich zugunsten des Klägers ausgesagt hat. Die Zeugin … die die Angaben des Zeugen …bestätigte, hat angegeben während der Fahrt sowohl den rückwärtigen Verkehr als auch den Tachometer und die Betätigung der Lichtzeichenanlage durch den Zeugen … ständig beobachtet zu haben, ohne für dieses ausufernd kontrollierende Verhalten einen plausiblen Grund angeben zu können. Es entspricht jedoch nicht der Lebenserfahrung, dass ein Mitfahrer, ohne dazu Veranlassung aufgrund der Fahrweise des Fahrzeugführers oder sonstiger Umstände zu haben, dessen Fahrweise beständig beobachtet. Zweifel am Erinnerungsvermögen der Zeugin haben sich auch deshalb ergeben, da die Zeugin bei ihrer polizeilichen Vernehmung in zeitlicher Nähe zum Unfallereignis noch nicht derart detaillierte Angaben gemacht hat. Auch der Zeuge …hat angegeben, dass der Zeuge … nicht schneller als 45 km/h gefahren sei. Gründe dafür, weshalb der Zeuge, der sich im Fahrzeugfonds befunden hat, derart konkrete Angaben zur Geschwindigkeit machen konnte, die in seiner polizeilichen Vernehmung noch nicht enthalten waren, hat auch der Zeuge …nicht angeben können. Insgesamt war bei diesen Zeugen das Bemühen erkennbar, ersichtlich zu Gunsten des Klägers und seines Sohnes aufgrund freundschaftlicher Beziehungen auszusagen, so dass nicht auszuschließen ist, dass die Zeugen in diesem Bemühen das Fahrverhalten aus der Erinnerung heraus zu Gunsten des Klägers rekonstruiert haben.

Aufgrund seiner irreführenden Fahrweise ist der Zeuge …nach § 1 Abs. 2 StVO verpflichtet gewesen, die dadurch geschaffene Gefahrenlage durch eigenes, besonders vorsichtiges Verhalten, insbesondere durch genaue Beobachtung der Reaktion des betroffenen anderen Verkehrsteilnehmers und falls möglich, durch Herstellung einer Verständigung mit diesem, notfalls durch Anhalten, wieder zu beseitigen. Da der …unstreitig keine dieser gebotenen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hat, muss er sich einen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO vorwerfen lassen, der für die Kollision auch ursächlich geworden ist.

Bei Abwägung der danach festgestellten Haftungsanteile nach § 17 Abs. 2 StVG überwiegt das Fehlverhalten der Beklagten zu 2 den Haftungsanteil des Klägers. Der Beklagten zu 2 oblagen in der konkreten Verkehrssituation die höheren Sorgfaltspflichten nach § 8 Abs. 2 StVO. Zwar besteht das Vorfahrtsrecht trotz des verkehrswidrigen Verhaltens des Vorfahrtsberechtigten fort. Er verletzt jedoch, wie dargelegt, seine Verkehrspflichten, wenn er trotz eingeschalteten Fahrtrichtungsanzeiger nicht nach rechts abbiegt, sondern geradeaus weiterfährt. Unter welchen Voraussetzungen der Vorfahrtsberechtigte hierdurch einen Vertrauenstatbestand schafft, auf den der Wartepflichtige vertrauen darf, ist streitig (BGH NZV 1990, 155; OLG Oldenburg NZV 1992, 454; OLG Köln, DAR 1978, 183; OLG Hamm NJW-RR 2003, 975; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., 2011, § 8 Rn. 54). Nach einer Auffassung genießt der Wartepflichtige in solchen Fällen regelmäßig Vertrauensschutz, es sei denn, es lägen besondere Umstände vor, die ihm Anlass zu Zweifeln an der Abbiegeabsicht des Vorfahrtberechtigten geben müssen (BGH NZV 1990, 155; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., 2011, § 8 Rn. 54). Nach der Gegenauffassung darf der Wartepflichtige allein auf das Blinkzeichen nicht vertrauen. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzukommen, die auf eine Abbiegeabsicht des Vorfahrtberechtigten hindeuten. Hierzu zählen Herabsetzung der Geschwindigkeit, Einordnen nach rechts, Schrägstellung des Fahrzeugs (OLG Karlsruhe DAR 2001, 128; OLG Oldenburg NZV 1992, 454; OLG Köln, DAR 1978, 183; OLG Hamm NJW-RR 2003, 975). Vorliegend begründete bereits das Fahrverhalten des Zeugen … keine belastbare Vertrauensgrundlage zum Einbiegen in die Vorfahrtsstraße. Nicht erwiesen ist, dass der Zeuge … seine Abbiegeabsicht bereits längere Zeit zuvor angekündigt hat oder sich entsprechend zum Abbiegen eingeordnet hat. Nach den Angaben des Zeugen … ist vielmehr davon auszugehen, dass der Zeuge … seine Abbiegeabsicht erst im unmittelbaren Kreuzungsbereich durch kurzes und unmittelbar aufeinanderfolgendes Betätigen der Bremse und des Fahrtrichtungsanzeigers angezeigt und eine leichte Schlenkerbewegung nach rechts ausgeführt und das Abbiegemanöver sogleich wieder abgebrochen hat. In dieser Situation hatte die Beklagte in Betracht zu ziehen, dass der Vorfahrtsberechtigte sein Abbiegemanöver versehentlich eingeleitet hat, was einem nicht unüblichem Phänomen im Straßenverkehr entspricht. In diesem Fall hätte es die Sorgfaltspflicht geboten, so lange zu warten, bis durch den Beginn der Richtungsänderung des Berechtigten unzweifelhaft für die Beklagte zu 2 erkennbar geworden ist, ob der Zeuge …einzubiegen beabsichtigt (OLG Oldenburg NZV 1992, 454; OLG Köln, DAR 1978, 183; OLG Hamm NJW-RR 2003, 975). Dem ist die Beklagte nicht gerecht geworden. Da die Beklagte zu 2 in der konkreten Verkehrssituation die höheren Sorgfaltspflichten trafen, hält das Gericht eine Haftungsverteilung von 30 % zu 70 % zu Lasten der Beklagten für angemessen.

Ausgehend von dieser Haftungsverteilung kann der Kläger Schadensersatz in Höhe von 4.060,68 € verlangen, § 249 Abs. 2 BGB. Der vom Kläger geltend gemachte Fahrzeugschaden in Höhe von 5.883,32 € steht dem Grunde nach nicht in Streit. Allerdings hat sich der Kläger auf die darin enthaltenen Mietwagenkosten in Höhe von 823,48 € nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung einen Abzug für Eigenersparnis anrechnen zu lassen. Der Abzug für Eigenersparnis beruht auf der Erwägung, dass dem Kläger auch bei Benutzung seines eigenen Fahrzeuges Kosten entstanden wären. Das Gericht schätzt den Abzug für Eigenersparnis nach § 287 ZPO auf 10 %. Zwar kann im Einzelfall ein Abzug für Eigenersparnis dann entbehrlich werden, wenn der geschädigte Fahrzeugeigentümer ein im Vergleich zu seinem unfallgeschädigten Fahrzeug klassetieferes Mitfahrzeug anmietet. Dafür ist im Streitfall aber nichts ersichtlich. Dem gegenüber haben die Beklagten keine Anhaltspunkte für eine höhere Eigenersparnis als 10 % vorgetragen. Mietwagenkosten sind daher lediglich in Höhe von 741,13 € anzusetzen. Unter Berücksichtigung der Haftungsquote von 70 % kann der Kläger daher seinen Schaden auf Gutachtensbasis in Höhe von 4.060,68 € von den Beklagten als Gesamtschuldnern erstattet verlangen.

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten kann der Kläger unter Verzugsgesichtspunkten geltend machen. Der Zinsanspruch stützt sich auf §§ 291, 288 Abs. 1, 187 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Satz 2 ZPO.

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