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AGB-Klausel über fast vollständige Bezahlung bei Lieferung ist rechtswidrig!

OLG Zweibrücken

Az.: 4 U 115/00

Verkündet am: 04.10.2001

Vorinstanz: Landgericht Frankenthal (Pfalz) – Az.: 4 U 115/00


Leitsatz (vom Verfasser – nicht amtlich!):

Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (=AGB), nach der im Falle vereinbarter Lieferung und Montage 80% der Vergütung schon bei Anlieferung der Ware und die restlichen 20% nach Montage fällig werden sollen, ist unwirksam, weil sie die Leistungsverweigerungsrechte der Kunden unzulässig einschränkt.


Entscheidungsgründe:

Dem Kunden wird nach Ansicht des OLG durch diese AGB-Klausel ein Teil seines Druckmittels genommen, das ihm auch nach dem Willen des Gesetzgebers zur Durchsetzung etwa von Nachbesserungsansprüchen (z.B. Mängelbehebung, Nachlieferung etc.). Die AGB-Klausel eines beklagten Fenster- und Türenherstellers wurde daher wegen Verstoßes gegen § 11 I Nr. 2a und b AGBG für nichtig erklärt (nach der Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 = § 309 BGB).


Anmerkung:

Diese Entscheidung ist interessant bei Möbelkäufen jeglicher Art und bei Bestellung von Fenstern und Türen, sobald eine solche AGB-Klausel Vertragsbestandteil geworden ist.


Urteil:

In dem Rechtsstreit wegen Unterlassung, hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2001 für Recht erkannt:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 28. Juni 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer der Beklagten wird auf weniger als 60 000,– DM festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Unterlassungsanspruch des Klägers auf Verwendung einer AGB-Klausel.

Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverein. Die Beklagte stellt Türen und Fenster her, die sie ihren Kunden liefert und auf deren Wunsch auch einbaut. Sie schließt mit ihren Kunden sog. „Werkslieferverträge“, auf deren Vorderseite folgende Klausel abgedruckt ist: „Zahlung: Bei Lieferung mit Montage: 80 % der angelieferten, abgeladenen und besichtigten Waren per Scheck, 20 % nach Montage per Scheck.“

Die gleiche Klausel findet sich in Ziffer 8 der Liefer- und Zahlungsbedingungen der Beklagten, die auf der Rückseite der Vertragsformulare wiedergegeben sind oder ihren Verträgen beigefügt werden.

Der Kläger beanstandet die Zulässigkeit dieser Klausel.

Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidüng eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,– DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, in Bezug auf ihre Werk- und Werklieferungsverträge über Fenster und Türen nebst Zubehör in’ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen folgende oder inhaltsgleiche Klausel zu verwenden: „Zahlung: Bei Lieferung mit Montage: 80 % der angelieferten, abgeladenen und besichtigten Ware per Scheck, 20 % nach Montage per Scheck.“

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Klausel sei nicht zu beanstanden. Die gelieferten Waren seien deutlich mehr wert, als ihre Montage (Beweis: Sachverständigengutachten). Diese sei nur mit 10 % der Summe eines Auftrages zu veranschlagen. Mithin liefere die Beklagte ihren Kunden einen Gegenwert von 90 % des Gesamtauftrags, verlange aber nur 80 % dafür.

Mit Urteil vom 28. Juni 2000 hat der Einzelrichter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) der Klage stattgegeben.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagten mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen zur Rechtfertigung der Klausel weiterverfolgt und vertieft.

Sie beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 15. Dezember 2000.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, §§ 511, 511 a Abs. 1, 516, 518, 519 ZPO. In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.

1. Der Kläger ist gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 AGBG klagebefugt. Er hat in erster Instanz dargelegt, dass er keine gewerblichen Ziele und dass es zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen und zu fördern. Er hat weiter dargelegt, dass er sich zu annähernd 100 % aus Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums finanziert und dass seine Klagebefugnis in anderen gerichtlichen Verfahren bereits mehrfach bejaht worden ist. Die Beklagte hat daraufhin die Voraussetzungen der Klagebefugnis nicht mehr bestritten.

2. In der Sache hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch aus §§ 13 Abs. 1 AGBG zu Recht bejaht. Begründet die beanstandete Klausel eine Vorleistungspflicht der Kunden der Beklagten, so ist für die Frage ihrer Wirksamkeit grundsätzlich § 9 AGBG maßgebend (vgl. dazu BGH NJW 1999, 2180, 2182; BGH NJW 2001, 292, 294, jew. m.w.N.). Zielt die Klausel hingegen auf eine Beschränkung von Leistungsverweigerungsrechten der Kunden, so ist ihre Wirksamkeit nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 a und b AGBG zu beurteilen (vgl. BGH NJW 1985, 855, 857 und NJW 1985, 852).

Der Bundesgerichtshof hat die Unwirksamkeit nach beiden Bestimmungen für die Klausel eines Fensterherstellers bejaht, mit der bei vertraglich eingeschlossener Montage 90 % der Vergütung bei Anlieferung und der Rest bei Bauabnahme fällig werden sollte (BGH NJW 1985, 855 aaO). Die in dieser Entscheidung herangezogenen Grundsätze führen auch im hier vorliegenden Fall zur Unwirksamkeit.

a. Die Klausel ist gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 a und b AGBG schon deshalb unwirksam, weil sie Leistungsverweigerungsrechte der Kunden der Beklagten einschränkt. Da eine geltungserhaltende Reduktion im Verfahren nach § 13 AGBG ausscheidet (vgl. BGH aaO m.w.N.), ist die kundenfeindlichste Auslegung maßgebend. Unter ihrer Zugrundelegung sind Fälle denkbar, in denen eine Montage oder aber die Beseitigung von Mängeln bei der Montage mit einem Aufwand verbunden ist, der den nach Zahlung der ersten Rate verbleibenden Teil von 20 % des Werklohns erreicht oder übersteigt. Für diese Fälle wird das Leistungsverweigerungsrecht der Kunden aus § 320 BGB eingeschränkt. Den Kunden wird ein Teil des Druckmittels genommen, der ihnen nach der Wertung des Gesetzgebers für die Durchsetzung von Erfüllungs- oder Nachbesserungsansprüchen zur Verfügung steht. Dies gilt umso mehr, als den Kunden bei der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts ein entsprechender „Druckzuschlag“ zugebilligt werden muss; der mindestens auf das Dreifache der entsprechenden Kosten zu bemessen ist (arg. § 641 Abs. 3 BGB). Das Gleiche gilt dann, wenn den Kunden aus einem rechtlichen Verhältnis i.S.v. § 273 BGB Ansprüche zustehen, die sie der Beklagten entgegensetzen könnten.

Die darin liegende Beeinträchtigung der Zurückbehaltungsrechte führt zur Nichtigkeit, ohne dass es auf weiteres ankommt. Die Bestimmung des § 11 Nr. 2 a und b AGBG enthält ein Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit.

b. Selbst wenn man aber nur auf die Generalklausel in § 9 AGBG abstellt, führt dies ebenfalls zur Unwirksamkeit der BGB-Klausel. Die Klausel benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben in unangemessener Weise. Sie ist mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren und erfüllt somit die Voraussetzungen des Regelbeispiels in § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG. Die Klausel widerspricht dem Gerechtigkeitsgehalt der §§ 320, 322, 273 BGB (vgl. auch BGH aaO).

Darin, dass der Kunde des Verwenders schon nach der Anlieferung der Fenster 80 % der Vergütung zu zahlen hat und ihm nur noch 20 % der Auftragssumme für ein Zurückbehaltungsrecht verbleiben, liegt eine unangemessene Benachteiligung des Kunden. Sie entfällt nicht dadurch, dass die erste Rate von 80 % erst nach der Besichtigung der Ware fällig wird. Mit Recht weist der Kläger darauf hin, dass nach dem Inhalt der Klausel bereits unklar bleibt, wie die Fälligkeitsvoraussetzung einer Besichtigung der Ware zu verstehen ist. Sie kann sich nach ihrem Wortlaut auf eine Besichtigung durch die Beklagte, durch die Kunden oder durch die Vertragspartner gemeinsam beziehen. Zudem ist der konkrete Zeitpunkt der Besichtigung unbestimmt. Bei der kundenfeindlichsten Auslegung lässt sich die Klausel mithin so auffassen, dass die erste Rate schon nach einer etwa vom Anlieferungsfahrer der Beklagten unmittelbar im Anschluss an das Abladen vorgenommene Besichtigung zu zahlen ist. Davon abgesehen sind auch nicht alle Mängel der gelieferten Ware bei einer Besichtigung zuverlässig festzustellen. Zu denken ist etwa daran, dass die – an sich einwandfreien Fenster – nicht passen, weil bei der Bestellung ein fAlsches Aufmaß genommen wurde. Das Gleiche gilt etwa dann, wenn ein Rollladen nicht richtig schließt, eine Tür oder ein Fenster undicht ist oder klemmt u.a.. In all diesen Fällen werden die Kunden schon deshalb in unangemessener Weise zur Vorleistung verpflichtet, weil die bereits erhaltene Leistung dem dafür zu entrichtenden Gegenwert nicht entspricht. Hinzu kommen die oben zu lit. a angeführten Fälle, in denen im Hinblick auf eine gar nicht oder nur mangelhaft ausgeführte Montage die verbleibenden 20 % der Auftragssumme als Druckmittel nicht ausreichen, um – die Beklagte zur Erfüllung ihrer Leistungspflichten anzuhalten.

Die wirtschaftlichen Interessen der Beklagten rechtfertigen keine ihr günstigere Beurteilung der Wirksamkeit der Klausel. Soweit die Beklagte geltend macht, ihr Eigentum gehe beim Einbau der Fenster in das Grundstück ihrer Kunden unter, weist der Kläger zu Recht daraufhin dass sie gemäß §§ 632 a BGB, 16 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B angemessene Abschlagszahlungen verlangen kann. Dadurch und durch die Möglichkeit der Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 648 BGB) sind nach der gesetzlich getroffenen Grundwertung die Interessen der Beklagten hinreichend gewahrt.

Aus der Zulässigkeit von Abschlagszahlungen ergibt sich aber andererseits nicht, dass die Vereinbarung einer Vorleistungspflicht uneingeschränkt zulässig wäre. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, können auch Abschlagszahlungen immer nur nach Baufortschritt verlangt werden und hindern den Auftragnehmer nicht, ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen (BGH aaO; BGH NJW 1979, 650, 651, jew. m.w.N.).

3. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Den Wert der Beschwer der Beklagten hat der Senat gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festgesetzt.

 

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