Amtsgericht Mannheim
Az: 3 C 84/10
Urteil vom 10.06.2010
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 130,66 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.07 sowie 39,00 EUR außergerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.09 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens hat der Beklagte 15 %, die Klägerin 85 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Kläger und Beklagtenseite können die Vollstreckung durch die Gegenseite gegen Sicherheitsleistung und Hinterlegung in Höhe von jeweils 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin macht mit ihrer Klage Zahlungsansprüche aus einem Telefondienstauftragsverhältnis geltend.
Die Klägerin hat dem Beklagten unter der ehemaligen Adresse des Beklagten …. einen Telefonanschluss mit der Rufnummer … betriebsbereit zur Verfügung gestellt.
Für diesen Telefonanschluss sind Rechnungen im Zeitraum vom 25.07.06 bis zum 30.01.07 offen. Mit Rechnung vom 23.02.07 erfolgte eine Gutschrift in Höhe von 79,04 EUR. Forderungen aus dem Jahre 2006 ergeben hieraus in Höhe von insgesamt 924,59 EUR zuzüglich Kosten für Sperrungen in Höhe von insgesamt 23,01 EUR. Aus einer Rechnung vom 30.01.07 ist ein Betrag in Höhe von 130,66 EUR offen.
Im durchgeführten Mahnverfahren ist unter „I. Hauptforderung“ folgender Text aufgenommen:
„Entgeltforderung gemäß Telekom-Rechnung gem. Nummer der Rechnung o.ä. – … (hier steht im Urteil die Buchungskontonummer des Beklagten) vom 23.02.07“
Als Forderungsbetrag wird dann der auch im Verfahren weiter verfolgte Betrag i….v. 953,20 EUR genannt.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte sei unter Berücksichtigung der Gutschrift vom 23.02.07 zur Zahlung des gesamten offenen Betrages in Höhe von 976,21 EUR (953,20 EUR Hauptforderung zzgl. 23,01 EUR Nebenkosten / Sperrkosten) verpflichtet.
Eine Kündigung des Beklagten sei nicht eingegangen.
Die Forderungen seien darüber hinaus nicht verjährt.
Im Mahnverfahren sei das Buchungskonto des Beklagten angegeben worden, weshalb davon auszugehen sei, dass sich im Mahnverfahren nicht eine einzelne Rechnungsnummer, sondern unter Bezugnahme auf alle Forderungen zu diesem Buchungskonto, alle offenen Rechnungen geltend gemacht worden seien. Das im Mahnverfahren angegebene Rechnungsdatum beziehe sich somit auf den Zeitpunkt, bis zu welchem die Forderungen geltend gemacht worden seien. Es sei nicht erforderlich, alle einzelnen Rechnungsdaten im Mahnbescheid anzugeben, dies sei auch nicht möglich.
Die Klägerin beantragt daher:
1. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 953,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.07 sowie 23,01 EUR Nebenkosten zu bezahlen.
2. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 130,50 EUR außergerichtliche Rechts-verfolgungskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt, Klagabweisung.
Er trägt vor, er habe mit Geschäftsaufgabe am 30.09.06 die Telefonanschlüsse bei der Klägerin wirksam gekündigt. Er habe den Telefonanschluss ab dem 30.09.06 auch nicht mehr genutzt.
Er ist außerdem der Auffassung, die Forderungen aus dem Jahre 2006 seien verjährt. Im Mahnverfahren sei als Forderungsgrund eine Rechnung vom 23.02.07 genannt worden, dies sei jedoch eine Gutschrift in Höhe von 79,04 EUR vor. Forderungen aus dem Jahre 2006 seien daher verjährt, da im Mahnverfahren diese Rechnungen nicht wie erforderlich individualisiert worden seien.
Das Gericht hat mündlich verhandelt im Termin vom 10.06.2010. Auf das Sitzungsprotokoll wird hingewiesen. Bezug wird genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet.
Der Klägerin stehen gegenüber dem Beklagten aus dem ursprünglich bestehenden Telefondienstauftragsverhältnis Forderungen in Höhe von 130,66 EUR zu. In entsprechender Höhe war der Klage stattzugeben, im Übrigen war sie abzuweisen.
Die Forderung in Höhe von 130,66 EUR ergibt sich aus der Rechnung vom 30.01.2007, sie ist letztlich der Höhe nach zwischen den Parteien unstreitig.
Soweit sich der Beklagte darauf beruft, er habe den Vertrag mit der Klägerin zum 30.09.06 ordnungsgemäß fristlos gekündigt, ist er darauf hinzuweisen, dass zum einen nachvollziehbare Kündigungsgründe fehlen und zum anderen die Klägerseite den Zugang der Kündigung bestritten hat, ohne dass der Beklagte in der Folgezeit hierzu weiteren Vortrag getätigt hätte.
Es kann daher im vorliegenden Verfahren nicht als bewiesen angesehen werden, dass die Kündigungserklärung des Beklagten der Klägerin überhaupt zuging. Mangels eines entsprechenden nachgewiesenen Zugangs blieb der Vertrag zwischen den Parteien jedoch unverändert bestehen, blieb der Beklagte zur Bezahlung der entsprechenden Entgelte grundsätzlich verpflichtet, damit auch zur Bezahlung der Rechnung vom 30.01.07 über 130,66 EUR. Eine Verjährung dieser Forderung ist nicht eingetreten, wird von Beklagtenseite auch nicht vorgetragen.
Die übrigen Forderungen der Klägerin ergeben sich aus Rechnungen aus dem Jahre 2006. Diese sind verjährt.
Die Forderungen aus dem Jahre 2006 waren mit Ablauf des Jahres 2009 verjährt, §§ 195,199 BGB; das am 29.09.08 begonnene, am 29.12.08 fortgeführte Mahnverfahren führte nicht zu einer Hemmung der Verjährung bezüglich dieser Rechnungen.
Ein Mahnbescheid hemmt den Lauf der Verjährung nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend individualisiert worden ist. Er muss durch seine Kennzeichnung von anderen so unterschieden und abgrenzt werden, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein und der Schuldner erkennen kann, welcher Anspruch durch den Mahnbescheid geltend gemacht wird, damit er beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich zur Wehr setzen will (BGH, X ZR 103/05, Urteil vom 06.11.2007, BeckRS 2007, 65248 und BGH, XI ZR 312/99, Urteil vom 17.10.2000, BeckRS 2000, 30137214) – dies ist vorliegend nicht geschehen.
Vorliegend hat die Klägerin im Mahnverfahren zwar die Buchungskontonummer des Beklagten angegeben, wobei durchaus die Auffassung vertreten werden kann, dass mit der Angabe der Buchungskontonummer grundsätzlich alle unter dieser Nummer erfassten Rechnungen in das Mahnverfahren eingeführt werden, jedoch hat die Klägerseite neben der Buchungskontonummer ausdrücklich auch eine Rechnung vom 23.02.2007 erwähnt. Mit dieser weiteren Individualisierung musste der Beklagte davon ausgehen, dass die Klägerseite hier lediglich diese eine Rechnungsnummer, die Rechnung unter diesem einen Datum geltend macht, gerade kein Zeitraum und keine sonstigen Rechnungen im Mahnverfahren erfasst sind. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, mit dem eine „Rechnung vom…..“ und keine „Rechnungen bis….“ geltend gemacht werden.
Diese Rechnung vom 23.02.2007 (Gutschrift über 79,04 EUR) war damit aus Sicht des Beklagten Gegenstand des Mahnverfahrens, die übrigen, zum großen Teil noch aus dem Jahre 2006 stammenden Rechnungen jedoch gerade nicht.
Dabei spielt es auch keine Rolle, dass die Rechnung vom 23.02.07 eine Gutschrift zu Gunsten des Beklagten darstellte, die naturgemäß nicht mit einer Klage gegenüber dem Beklagten geltend gemacht werden kann. Die hier durch die Klägerseite geschaffene Verwirrung kann nicht zum Vorteil der Klägerin dahingehend aufgelöst werden, dass dann alle offenen Forderungen im Mahnbescheid erfasst werden.
Auch der Umstand, dass der im Mahnverfahren geltend gemacht Zahlbetrag nicht mit der Rechnung vom 23.02.07 übereinstimmte, führt zu keiner anderen Bewertung. Soweit erkennbar hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt vorgerichtlich ihre offenen Forderungen dem Beklagten gegenüber zusammengefasst geltend gemacht; dieser blieb also darüber im Unklaren, wie sich der geltend gemacht Betrag letztlich zusammensetzte.
Bei einer Mehrzahl von Forderungen, wie dies im vorliegenden Fall gegeben ist, ist grundsätzlich jede einzelne Forderung zu bezeichnen (BGH Urteil vom 06.11.2007, a. a. O.) was technisch im Mahnverfahren durchaus möglich ist. Nur so wird für den Schuldner die Möglichkeit eröffnet, die Berechtigung der geltend gemachten Forderungen zu prüfen und so eine Grundlage für die Entscheidung zu gewinnen, ob und in welchem Umfang er sich gegebenenfalls gegen diese verteidigen will.
Damit bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass die Forderungen aus dem Jahre 2006 nicht in unverjährter Zeit geltend gemacht wurden, die entsprechende Klage war damit abzuweisen.
Offen blieb lediglich noch die Forderung vom 30.01.2007 über 130,66 EUR. In diesem Umfange war der Klage stattzugeben, im Übrigen war sie abzuweisen. Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 286, 288 BGB, 92, 713 ZPO.