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Maklervertrag – Ausschluss des Widerrufsrechts bei Provisionsschuldvereinbarung in Notarvertrag

LG Limburg, Az.: 3 S 29/16, Urteil vom 05.08.2016

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Dillenburg vom 25.01.2016 – Az.: 5 C 171/15 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.927,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückzahlung von Maklercourtage in Anspruch.

Maklervertrag - Ausschluss des Widerrufsrechts bei Provisionsschuldvereinbarung in Notarvertrag
Symbolfoto: Von kan_chana /Shutterstock.com

Die Klägerin suchte eine Eigentumswohnung zum Kauf. In dem Internetportal ….de stieß sie auf ein Inserat der Beklagten über eine Eigentumswohnung in H. . Der Kaufpreis sollte 112.000,00 Euro betragen. Weiter war eingetragen: „Courtage für Käufer: 3% des Kaufpreises zzgl. 19% MwSt“. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K5 zur Klageschrift (BI. 11 d.A.) verwiesen. Die Klägerin nahm per E-Mail Kontakt mit der Beklagten auf. Deren Geschäftsführerin schickte der Klägerin per E-Mail ein Exposé. Schließlich trafen sich die Klägerin und die Geschäftsführerin der Beklagten in deren Geschäftsräumen. Die Einzelheiten des Gesprächs sind streitig. Es fand danach am 20.09.2014 ein Besichtigungstermin statt. Hierbei überreichte die Geschäftsführerin der Beklagten der Klägerin ein schriftliches Exposé, das einen Hinweis auf die zu zahlende Maklercourtage enthielt. Am 29.09.2014 fand ein weiterer Besichtigungstermin statt. Die Geschäftsführerin der Beklagten sicherte zu, dass sämtliche sichtbaren Mängel des Objekts durch den Verkäufer behoben würden. Auf die Frage, warum das Laminat wellig sei, entgegnete sie, dass man sich wegen dieser kleinen Stellen sicherlich mit den Verkäufern einig werden könne. Dass es einige Jahre zuvor einen Wasserschaden gab, wurde nicht erwähnt. Zu keinem Zeitpunkt erfolgte eine Widerrufsbelehrung an die Klägerin. Schließlich schloss die Klägerin mit den Eheleuten E. einen notariellen Kaufvertrag ab (Anlage B2 zu Klageerwiderung, BI. 44 ff. d.A.). Dieser enthielt unter anderem die folgenden Regelungen:

„§4

Rechte des Käufers bei Mängeln, Erschließung

3. Sachmängel

Das Kaufobjekt (Sonder- und Gemeinschaftseigentum) sind in gebrauchtem Zustand und wurden vom Käufer nach eigenen Angaben vor der Beurkundung eingehend besichtigt.

a) Haftungsausschluss

Das Sondereigentum und der Anteil am Gemeinschaftseigentum werden verkauft wie sie stehen und liegen, d. h. unter Ausschluss sämtlicher Rechte und Ansprüche des Käufers wegen sichtbarer oder unsichtbarer Sachmängel. …

Der Verkäufer erklärt bei der Besichtigung keine Mängel festgestellt zu haben, welche der Verkäufer kraft vertraglicher Vereinbarung noch beseitigen muss.

§ 10

Maklerprovision

 

1. Mit der Vermittlung des Kaufvertrages war die … Immobilien UG (haftungsbeschränkt) in … als Makler betraut.

2. Der Käufer erkennt an, der vorgenannten Immobiliengesellschaft für die Vertragsvermittlung eine Provision in Höhe von 3.927,00 Euro inkl. Mehrwertsteuer zu schulden.

Die Provision ist zinslos fällig nach Rechnungslegung.

3. Dem Makler soll eine Abschrift der Urkunde erteilt werden.“

Die Klägerin zahlte an die Beklagte die Maklercourtage von 3.927,00 Euro. Mit Schreiben vom 08.12.2014 erklärte die Klägerin den „Rücktritt“ vom Maklervertrag und forderte die Beklagte zur Rückzahlung der Maklercourtage bis zum 30.09.2014 auf (Anlage K1 zur Klageschrift, Bl. 6 d.A.). Mit Sachreiben vom 20.12.2014 setzte sie eine Zahlungsfrist bis zum 05.01.2015. In der Wohnung musste aufgrund des Wasserschadens das Laminat entfernt und ersetzt werden.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Vertrag sei entweder durch Übersendung des Exposés oder anlässlich der Besichtigungstermine abgeschlossen worden. Es handele sich daher entweder um einen Fernabsatzvertrag oder einen außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrag. Die Maklerklausel des Kaufvertrages stelle lediglich ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar, das durch den Widerruf des Maklervertrags obsolet werde. Weiter hat sie die Ansicht vertreten, die Beklagte habe jedenfalls entsprechend § 654 BGB aufgrund der Angaben bei den Besichtigungen ihren Anspruch verwirkt.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.927,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.01.2015 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe bei dem Gespräch in den Geschäftsräumen der Beklagten einen Alleinauftrag unterschrieben, der jedoch verloren gegangen sei und deshalb nicht vorgelegt werden könne.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Klägerin sei zur Rückforderung gemäß § 355 Abs. 3 BGB berechtigt, weil sie wirksam widerrufen habe. Der Vertrag sei im Fernabsatz geschlossen worden. Die Klägerin habe ein Angebot auf Abschluss eines Maklervertrages abgegeben zu der im Internet veröffentlichten Courtage durch ihre E-Mail abgegeben, das die Beklagte mit der Zusendung des Exposés der E-Mail angenommen habe. Das Widerrufsrecht sei nicht gemäß § 354 Abs. 4 BGB mit dem vollständigen Erbringen der Dienstleistung erloschen, weil die Klägerin nicht ausdrücklich zugestimmt habe, hierdurch ihr Widerrufsrecht zu verlieren. Die Maklerklausel begründe kein eigenes Forderungsrecht. Für die Wirksamkeit dieser Klausel sei gerade das Bestehen des Maklervertrages zwingende und logische Voraussetzung, an der es jedoch wegen des wirksamen Widerrufs fehle.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie wendet sich gegen den durch das Amtsgericht angenommenen Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Außerdem handele es sich bei der Maklerklausel um einen Vertrag zu Gunsten Dritter.

 

Die Beklagte beantragt, das am 25.10.2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Dillenburg, Az. 5 C 171/15, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil. Für die Annahme eines Vertrags zu Gunsten Dritter gebe es in dem Wortlaut der Maklerklausel keine Grundlage.

Das Rechtsmittel der Berufung ist an sich statthaft (§ 511 ZPO) und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).

In der Sache hat es Erfolg.

Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Maklercourtage.

Der Klägerin steht kein Rückgewähranspruch aus § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB zu. Es kann dahinstehen, ob vor dem ersten Besichtigungstermin bereits ein Maklervertrag bestanden hat und ob dieser durch den Austausch von E-Mails oder in den Geschäftsräumen der Beklagten zustande gekommen ist. Ein eventuell bestehendes Widerrufsrecht ist durch die Maklerklausel in § 10 des notariellen Kaufvertrags ausgeschlossen. Die Anerkennung der mit den anspruchsbegründenden Tatsachen genannten Provisionsschuld durch die Klägerin stellt ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar. Es hat zur Folge, dass die Klägerin als Schuldnerin mit Einwänden tatsächlicher und rechtlicher Natur ausgeschlossen ist (vgl. Gehrlein, in: BeckOK-BGB, 39. Ed. § 781 Rn. 10). Hierzu gehört auch das Widerrufsrecht. Auf die Frage der Belehrungspflichten des Notars in diesem Zusammenhang kommt es hier nicht an. Dass die Klausel allein im Interesse der Beklagten in den Vertrag aufgenommen worden ist, führt nicht zur Annahme eines treuwidrigen Verhaltens (§ 242 BGB). Denn dies war für die Vertragsparteien offensichtlich und sie haben dennoch den notariellen Vertrag mit dieser Klausel abgeschlossen. Die Klägerin kann die Maklercourtage nicht im Wege der Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) zurückverlangen. Sie hat diese mit rechtlichem Grund geleistet. Die Beklagte hat ihren Anspruch nicht entsprechend § 654 BGB verwirkt. Ein Ausschluss des Maklerlohns ist – über den Wortlaut der Norm hinaus – nur anzunehmen, wenn der Makler die Treuepflicht gegenüber seinem Auftraggeber vorsätzlich, wenn nicht arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt hat und deshalb den Maklerlohn nach allgemeinem Rechts- und Billigkeitsempfinden nicht verdient hat. Nur in Fällen so schwerer Treuepflichtverletzung ist die Annahme der Verwirkung des Maklerlohns auch dann gerechtfertigt, wenn dem Auftraggeber kein oder nur ein geringer. Schaden entstanden oder jedenfalls der Nachweis eines bestimmten Schadens nicht möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 05.02.1962, Az.: VII ZR 248/60, juris, Rn. 17).

So liegt jedoch der Fall hier nicht. Bereits aufgrund des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses kann die Klägerin nicht einwenden, ihr sei die Beseitigung von Mängeln durch die Verkäufer versprochen worden. Denn sie hat der Maklerklausel zugestimmt, obwohl sie in dem Vertrag ausdrücklich erklärt hat, dass keine Mängel mehr durch den Verkäufer zu beseitigen sind. In Bezug auf die von der Klägerin vermisste Aufklärung über den Wasserschaden hat die Geschäftsführerin der Beklagten die Treuepflicht gegenüber der Klägerin nicht leichtfertig in einer Weise verletzt, dass sie den Maklerlohn nicht mehr verdient. Die Klägerin hatte die Wellen in dem Laminat wahrgenommen und hätte selbst nach der Ursache fragen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Schuldnerschutzanordnungen unterbleiben, weil die Voraussetzungen, nach denen ein Rechtsmittel stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen (§§ 713,544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO).

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO). Vorliegend handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung zu der Auslegung einer bestimmten Klausel auf Grundlage der ständigen Rechtsprechung.

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