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Motorraddiebstahl – Beweis- und Darlegungspflicht für Diebstahl

 

Oberlandesgericht Köln

Az.: 9 U 34/04

Urteil vom 28.10.2005

Vorinstanz: Landgericht Köln, Az.: 24 O 122/03


Unter Abänderung des am 22.01.2004 verkündeten Urteils der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 24 O 122/03 – wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 7.800,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2003 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

– abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO –

Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Kläger hat aus dem Versicherungsverhältnis der Parteien einen Anspruch gegen die Beklagte auf Entschädigung wegen des Diebstahls seines Motorrades Suzuki GSX R 750 am 21.11.2002 in Höhe von 7.800,- €.

Es ist davon auszugehen, dass das Motorrad des Klägers durch einen Diebstahl abhanden kam, denn der Kläger hat durch seine Anhörung Tatsachen bewiesen, die eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Diebstahls ergeben. Tatsachen, die die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalls begründen, stehen demgegenüber nicht fest.

Bei der Diebstahlsversicherung gelten aufgrund der vertraglichen Risikoverteilung Beweiserleichterungen. Der Versicherungsnehmer braucht zunächst nur Tatsachen zu beweisen, aus denen sich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Diebstahls ergibt (BGH, VersR 1984, 29). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Diebstahls ist gegeben, wenn Tatsachen feststehen, die das äußere Bild eines Diebstahls ergeben. Bei der Kraftfahrzeugversicherung genügt dazu, dass der Versicherungsnehmer beweist, dass das versicherte Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und später dort nicht mehr aufgefunden wurde (BGH, VersR 1995, 909). Gelingt dem Versicherungsnehmer der Beweis von Tatsachen, die das äußere Bild eines Diebstahls ergeben, ist von einem solchen auszugehen, wenn nicht Tatsachen feststehen, aus denen sich die erhebliche Gefahr einer Vortäuschung des Diebstahls ergibt. Entsprechende Tatsachen sind erforderlichenfalls von dem Versicherer zu beweisen (BGH VersR 1984, 29). Sofern dem Versicherungsnehmer im Hinblick auf das äußere Bild eines Diebstahls keine oder nicht genügende Beweismittel zur Verfügung stehen, kann die gemäß § 286 ZPO notwendige Überzeugung dem Gericht durch die persönliche Anhörung des Versicherungsnehmers vermittelt werden (BGH VersR 1991, 917). Die Anhörung des Versicherungsnehmers nach § 141 ZPO hat zu erfolgen, wenn nicht Tatsachen feststehen, aus denen sich erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers ergeben (BGH VersR 1996, 575).

Entsprechende Tatsachen sind erforderlichenfalls von dem Versicherer zu beweisen (BGH VersR 1998, 488).

Der Kläger, dem sonst keine Beweismittel zur Verfügung stehen, hat die notwendige Überzeugung von dem Vorliegen des äußeren Bildes eines Diebstahls durch seine persönliche Anhörung vermittelt.

Die persönliche Anhörung des Klägers ist zur Überzeugungsbildung geeignet, denn Tatsachen, aus denen sich Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit ergeben, sind von der Beklagten nicht beweisen worden. Die Beklagte hat insbesondere nicht bewiesen, dass der Kläger falsche Angaben zu dem Unfall im Sommer 2000 machte, was ihn unglaubhaft erscheinen ließe. Weder die vor dem Landgericht noch die vor dem Senat durchgeführte Beweisaufnahme hat ergeben, dass sich der Unfall nicht wie von dem Kläger geschildert oder nicht unfreiwillig ereignete.

Soweit der Zeuge H zunächst in Abweichung von dem Kläger angegeben hat, dass das Motorrad des Klägers nach dem Anstoß noch 30 bis 40 Meter gefahren sei, lässt sich eine relevante Unstimmigkeit dem nicht entnehmen, denn der Zeuge hat seine Angabe gegen Ende seiner Vernehmung durch das Landgericht berichtigt.

Ebenso wenig lässt sich der fehlenden Erinnerung des Zeugen H zu einer Benutzung seines Handys durch den Kläger oder den abweichenden Angaben zu dem Zeitpunkt des Wiedertreffens mit dem Kläger mit der notwenigen Sicherheit entnehmen, dass der Kläger und der Zeuge H falsche Angaben zu dem Unfallgeschehen machten. Es ist nicht weniger wahrscheinlich, dass der Zeuge H nach der vergangenen Zeit nicht mehr über eine zuverlässige Erinnerung verfügte.

Auch bezüglich der Angaben zu dem von dem Zeugen H gefahrenen Motorradtyp sind erhebliche Unstimmigkeiten nicht hinreichend sicher zu erkennen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Vortrag des Klägers, dass der Zeuge H die angegebene Maschine des Typs BMW erst kurz vorher gekauft hatte und zuvor eine Suzuki fuhr, falsch ist, sind nicht ersichtlich. Auch den Bekundungen des Zeugen Q ist nicht mit der notwenigen Sicherheit zu entnehmen, dass der Kläger falsche Angaben machte.

Dass der Kläger und der Zeuge H sich entgegen ihren Angaben bereits vor dem Unfall kannten, hat die Beweisaufnahme vor dem Senat nicht ergeben. Die von der Beklagten dazu benannten Zeugen konnten das nicht bestätigen. Nach den Bekundungen der Zeuginnen I und B spricht vielmehr einiges dafür, dass die von dem von der Beklagten eingeschalteten Ermittler M dazu vermerkten Angaben nicht zuverlässig sind.

Der danach als glaubwürdig anzusehende Kläger hat bei seiner persönlichen Vernehmung glaubhaft bekundet, dass er das Motorrad abends vor dem Haus, in dem seine Wohnung lag, abstellte und es dort am folgenden Morgen nicht mehr vorfand. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger dabei in betrügerischer Weise falsche Angaben gemacht hat, ergeben sich weder aus dem Inhalt seiner Angaben noch nach dem persönlichen Eindruck bei seiner Vernehmung.

Tatsachen, die die Annahme der erheblichen Gefahr der Vortäuschung des Versicherungsfalls begründen, hat die Beklagte nicht bewiesen. Es gilt insofern das Gleiche wie im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Klägers.

Die Beklagte ist nicht gemäß §§ 7 I Abs. 2 AKB, 6 Abs. 3 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei. Es ist zwar problematisch, dass der Kläger der von der Beklagten mit dem Schreiben vom 07.01.2003 geäußerten Aufforderung, weitere Fragen zu beantworten und Belege vorzulegen, nicht nachkam, stattdessen sein Prozessbevollmächtigter mitteilte, dass der Kläger nach der Vorlage des Gutachtens dazu nicht mehr gehalten sei. Im Hinblick darauf, dass offenbar eine Verkennung der Sach- und Rechtslage durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers erfolgte, ist aber das nach der Relevanzrechtsprechung für die Leistungsfreiheit der Beklagten erforderliche erhebliche Verschulden des Klägers nicht gegeben.

Die Höhe des dem Kläger zustehenden Entschädigungsanspruchs ergibt sich aus dem Wertgutachten des Sachverständigen Q unter Berücksichtigung des von dem Kläger wegen der bis zu dem Versicherungsfall vergangenen Zeit errechneten Abzugs. Der Sachverständige hat bei seiner Vernehmung durch das Landgericht bekundet, dass im Hinblick auf die etwaig unterbliebene Mitteilung des vorausgegangenen Unfalls die Wertbestimmung nicht zu relativieren sei. Den von dem Kläger mit etwa 25 % vorgenommenen Wertabzug sieht der Senat gemäß § 287 ZPO in Anbetracht des Zeitraums zwischen der Begutachtung und dem Diebstahl als angemessen an.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 7.800,- €

 

 

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