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Nachbarrechtliche Ansprüche nach Grundstücksteilung

OLG Karlsruhe – Az.: 9 U 85/19 – Urteil vom 21.12.2021

I.

1. Die Parteien sind Nachbarn. Sie streiten über verschiedene Fragen, die sich aus der nachbarlichen Situation der beiderseitigen Grundstücke ergeben.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Flurstück Nr. 19/1 in B., die Beklagte ist Eigentümerin des Nachbargrundstücks Flurstück Nr. 19. Beide Grundstücke sind mit einem Wohnhaus bebaut. Beide Grundstücke werden durch eine Zufahrt von der M.straße erschlossen. Die Grundstücke befanden sich ursprünglich im Alleineigentum von P. K., dem verstorbenen Ehemann der Beklagten. Die Beklagte ist Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes; sie bewohnt weiterhin – nunmehr allein – das Wohnhaus auf dem Flurstück Nr. 19.

Im Jahr 1985 war das damals noch einheitliche Grundstück nur mit einem Wohnhaus bebaut. Die Beklagte und ihr verstorbener Ehemann machten sich damals Gedanken über die Rechtsnachfolge nach dem Tod beider Eheleute. Der verstorbene Ehemann teilte das Grundstück in zwei selbständige Grundstücke. Bei der Zerlegung wurde aus einem nicht bebauten Teil des ursprünglich einheitlichen Grundstücks das neue Flurstück Nr. 19/1 gebildet (vergleiche den Veränderungsnachweis Nr. 1985/3 in der Anlage B 1 nebst Fortführungsriss). Auf dem verbleibenden Restgrundstück Flurstück Nr. 19 stand das damals von beiden Eheleuten bewohnte Wohnhaus. In der Vorstellung der Eheleute sollte die Tochter U. H. nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück Flurstück Nr. 19 erhalten, während der gemeinsame Sohn J. K. das neue unbebaute Grundstück Flurstück Nr. 19/1 erhalten sollte mit der Möglichkeit, darauf selbst ein Wohnhaus zu errichten. In Vollzug dieser Vorstellungen vereinbarten die Beklagte und ihr Ehemann im Jahr 1988 in einem Erbvertrag für die Tochter U. H. ein Vorausvermächtnis beim Ableben des überlebenden Ehegatten hinsichtlich des Grundstücks Flurstück Nr. 19. Das Flurstück Nr. 19/1 – das im wesentlichen vom hinteren Teil des ursprünglich einheitlichen Grundstücks gebildet wurde – wendete der Ehemann der Beklagten in einem Schenkungsvertrag vom 16.04.1985 dem gemeinsamen Sohn J. K. zu. Dieser errichtete auf dem Grundstück ein Wohnhaus. Der Vater wirkte bei der Errichtung des Wohnhauses mit, insbesondere durch den Bauantrag, den er noch vor der Grundstücksteilung als Eigentümer des damals noch einheitlichen Grundstücks stellte.

Die Grundstücksteilung und die Schenkung des Grundstücks Flurstück Nr. 19/1 an den Sohn J. K. führten zu zwei Problemen für das auf dem Flurstück Nr. 19/1 errichtete Wohnhaus. Das Wohnhaus des Sohnes J. K. erhielt keine eigenständige Wasserversorgung. Vielmehr wurde die Frischwasserleitung für dieses Wohnhaus an die Wasserversorgung im Haus der Beklagten (auf dem Flurstück Nr. 19) angeschlossen, welches sich damals noch im Eigentum ihres Ehemannes befand. Eine Absicherung der Wasserversorgung im Grundbuch auf dem Flurstück Nr. 19 fand nicht statt. Eine weitere Besonderheit war die Erschließung des Flurstücks Nr. 19/1 von der M.straße. Die gemeinsame Zufahrt für beide Grundstücke von der M.straße wurde so gestaltet, dass dem hinteren Grundstück Flurstück Nr. 19/1 ein schmaler Grundstücksstreifen bis zur M.straße zugeschlagen wurde, mit der Idee, dass das Flurstück Nr. 19/1 auf diese Weise eine eigene Zufahrt von der M.straße erhielt (vergleiche zum Zuschnitt der beiden Grundstücke nach der Zerlegung den Fortführungsriss in der Anlage B 1). Auf dem Flurstück Nr. 19 befand sich – außer dem Wohnhaus – zum Zeitpunkt der Zerlegung außerdem ein Werkstattgebäude, das bis zum Nachbargrundstück heranreichte. Der für die Zufahrt des Grundstücks Flurstück Nr. 19/1 gebildete Grundstücksstreifen durchschneidet dieses Werkstattgebäude in einem Bereich, in dem sich ursprünglich eine zum Werkstattgebäude gehörende Garage befand. Zum Zeitpunkt der Zerlegung des Grundstücks hatten der verstorbene Ehemann der Beklagten und der Sohn J. K. die Vorstellung, dass die Garage abgerissen werden sollte, damit ein vollständig unbebauter Grundstücksstreifen als Zufahrt für das neugebildete Flurstück Nr. 19/1 genutzt werden konnte. Später änderten der Ehemann der Beklagten und der Sohn J. K. diese Planung. Die rückwärtige Wand der Garage wurde durchbrochen, so daß seitdem – bis heute – eine Zufahrt zu dem auf dem Grundstück Flurstück Nr. 19/1 errichteten Wohnhaus besteht, die eine Durchfahrt durch das Werkstattgebäude (ursprüngliche Garage) benutzt. Im vorderen Teil der Durchfahrt befindet sich noch ein Garagentor, während der rückwärtige Teil der Durchfahrt offen ist. Die Baugenehmigungsbehörde war mit dieser Lösung der Zufahrt zum Wohnhaus auf dem Flurstück Nr. 19/1 einverstanden. Der für die Zufahrt zum Wohnhaus gebildete Grundstücksstreifen des Flurstücks Nr. 19/1 stimmt allerdings nicht vollständig mit den Abmessungen der Durchfahrt durch das Werkstattgebäude überein. Ein kleinerer Teil der zur Durchfahrt benutzten ehemaligen Garage steht auch nach der Zerlegung weiter auf dem (verkleinerten) Flurstück Nr. 19.

Mit notariellem Vertrag vom 27.10.1992 verkaufte J. K. das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück Flurstück Nr. 19/1 an die Kläger (Anlage K 5). Die Nutzungsart wurde im Kaufvertrag mit „Hoffläche“ angegeben; das Wohnhaus war im Text des Kaufvertrages nicht erwähnt. Im § 3 des Kaufvertrages wurde ein Gewährleistungsausschluss vereinbart. Der Kaufvertrag enthielt keine Regelung und keine Hinweise zur Frischwasserversorgung, die über das Grundstück Flurstück Nr. 19 verlief. Außerdem enthielt der Kaufvertrag in § 3 verschiedene Verpflichtungen des Verkäufers zu Arbeiten am Wohnhaus und hinsichtlich der Gestaltung der Zufahrt. Schließlich enthielt der Kaufvertrag Regelungen zur Benutzung eines Dachraumes im ehemaligen Werkstattgebäude über der ehemaligen Garage durch die Käufer (Kläger) einerseits und die Eigentümer des Flurstück Nr. 19 andererseits.

Nach dem Tod des Ehemannes der Beklagten kam es zu verschiedenen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien. Diese hingen mit der Zufahrt zum Grundstück der Kläger durch die ehemalige Garage zusammen und mit der Frage, wo die Grenze des von den Klägern erworbenen Grundstücks gegenüber dem Nachbargrundstück der Beklagten zu ziehen war. Insbesondere machten die Kläger geltend, sie seien Eigentümer des zur Durchfahrt genutzten Teiles des ursprünglichen Werkstattgebäudes (ehemalige Garage) und sie seien – unabhängig von den im Fortführungsriss des Staatlichen Vermessungsamts angegebenen Maßen – Eigentümer einer Grundstücksfläche, die über den Fortführungsriss des Staatlichen Vermessungsamtes (Anlage B 1) hinausging. Die Beklagte machte geltend, die Kläger seien verpflichtet, für eine eigenständige Wasserversorgung zu sorgen, unabhängig vom Anschluss an die Wasserversorgung auf dem Grundstück der Beklagten Flurstück Nr. 19.

Mit ihrer Klage zum Landgericht haben die Kläger von der Beklagten eine Zustimmung zur Grundbuchberichtigung verlangt und im übrigen eine Feststellung der Grenzen der beiderseitigen Grundstücke. Die Dokumentation der Grenzen des Flurstücks Nr. 19/1 durch das Staatliche Vermessungsamt gebe die Grenzen des von den Klägern erworbenen Grundeigentums nicht zutreffend wieder. Vielmehr seien die Kläger sowohl im Bereich der offenen Zufahrt, als auch im Bereich der Durchfahrt durch das ehemalige Werkstattgebäude Eigentümer einer darüber hinausgehenden Grundstücksfläche. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Kläger seien lediglich Eigentümer des Flurstücks Nr. 19/1, dessen Grenzen aus der Dokumentation des Staatlichen Vermessungsamts ersichtlich seien. Außerdem hat die Beklagte verschiedene Ansprüche im Wege der Widerklage geltend gemacht.

Mit Urteil vom 17.05.2019 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Den Klägern stünden keine Eigentumsrechte an einer Grundstücksfläche zu, die außerhalb des von ihnen im Jahr 1992 erworbenen Flurstücks Nr. 19/1 liege. Auf die Widerklage der Beklagten hat das Landgericht die Kläger verurteilt,

a) es zu unterlassen die Wasserleitungen auf dem Grundstück der Beklagten in der M.straße 23 in B. zum Durchleiten von Wasser zu nutzen,

b) im Dachraum entlang der Grundstücksgrenze zu der Beklagten hin, entsprechend dem Katasternachweis vom 29.03.1985, eine Trennwand zu errichten,

c) die von ihnen an der Hauswand der Beklagten, M.straße 23 in B., angebrachte Außenbeleuchtung abzumontieren.

Das Landgericht hat ausgeführt, es gebe keine rechtliche Verpflichtung für die Beklagte, die Wasserzuleitung auf ihrem Grundstück Flurstück Nr. 19 zu dulden. Die Verpflichtung zur Errichtung einer Trennwand im ehemaligen Werkstattgebäude ergebe sich aus dem Kaufvertrag vom 27.10.1992. Das Garagen- und Werkstattgebäude stehe zwar – soweit es sich auf dem von den Klägern erworbenen Grundstücksstreifen befinde – teilweise im Eigentum der Kläger. Die von den Klägern angebrachte Außenbeleuchtung befinde sich jedoch an einem Teil des Gebäudes, der im Eigentum der Beklagten stehe, so daß die unberechtigt angebrachte Beleuchtung zu entfernen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Kläger. Sie halten die Entscheidung des Landgerichts aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen für fehlerhaft. Die Kläger halten an ihren erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüchen fest.

Die Kläger beanstanden die Ausführungen des Landgerichts zur Zuordnung der Eigentumsrechte der Parteien. Aus Erklärungen des verstorbenen Ehemannes der Beklagten im Jahr 1985 bei der Baubehörde und aus den Planungen zum Bau des Wohnhauses auf dem neu gebildeten Grundstück Flurstück Nr. 19/1 ergebe sich zwingend, daß die Beschreibung des Flurstücks Nr. 19/1 im Veränderungsnachweis des Staatlichen Vermessungsamts nicht gewollt gewesen sei. Es sei eine Zufahrt gewollt gewesen, bei der ein breiterer Grundstücksstreifen als Zufahrt zum rückwärtigen Grundstück gebildet werden sollte. Dementsprechend sei davon auszugehen, daß sowohl bei der Schenkung des neu gebildeten Grundstücks im Jahr 1985 vom verstorbenen Ehemann der Beklagten an J. K., als auch bei dem späteren Verkauf im Jahr 1992 an die Kläger, Eigentum über Grundstücksteile an die Kläger übertragen werden sollte, die über das Flurstück Nr. 19/1 hinausgingen. Anders wäre eine sinnvolle Gestaltung der Zufahrt zum Grundstück der Kläger nicht denkbar gewesen. Durch eine Vielzahl von Unterlagen werde diese Absicht der Beteiligten bestätigt. Die Widerklage der Beklagten sei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht begründet. Insbesondere müsse die Beklagte jedenfalls auf der Grundlage des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses dulden, dass die Frischwasserleitung zum Wohnhaus der Kläger weiter an die Wasserversorgung auf dem Grundstück der Beklagten angeschlossen bleibe.

Die Kläger beantragen:

1. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 17.06.2019 – Az. 6 0 348/17 – wird die Beklagte verurteilt, der Berichtigung des Grundbuches von D. des Amtsgerichts E., Blatt-Nr. 437, Im Bestandsverzeichnis, Flurstück 19/1, dergestalt zuzustimmen, dass als Größe der Hoffläche M.straße 23 A 829,92 qm eingetragen wird.

2. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 17.05.2019 – Az. 6 0 348/17 – wird festgestellt, dass die Kläger Eigentum erworben haben an der Garage mit einer Breite von 3,50 m und einer Gesamtfläche von 30,35 qm.

3. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 17.05.2019 – Az. 6 0 348/17 – wird festgestellt, dass die östliche Grenze des Zufahrtsweges zwischen dem im Eigentum des Klägers stehenden Grundstück Flurstück 19/1 und dem im Eigentum des Beklagten stehenden Grundstücks Flurstück 19 unter Zugrundelegung des Plans „Zufahrtsweg“, K25 und unter folgenden Erwägungen wie folgt verläuft:

a) Bereich der Garagengrundfläche:

Die Grenzlinie verläuft entlang der erforderlich statisch tragenden östlichen Garagenwand.

b) Bereich Zufahrtsweg südlich der Garage:

Die Grenzfortführung verläuft von der östlichen Garagenwand (a) zur M.straße, parallel zur westlichen Grenze mit einem Abstand von 3,67 m zum Flurstück Nr. 17.

c) Bereich Zufahrtsweg nördlich der Garage:

Die Grenzfortführung verläuft von der östlichen Garagenwand (a) in spitzem Winkel auf den Schnittpunkt der nördlichen Grenze des Flurstücks Nr. 19 mit der geradlinigen Verlängerung der östlichen Garageninnenwand, sichtbar am östlichen Plattenrand.

4. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 17.05.2019 – Az. 6 0 348/17 – wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1029,35 EURO vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

5. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 17.05.2019 – Az. 6 0 348/17 – wird die Widerklage der Beklagten vollumfänglich abgewiesen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts. Sie ergänzt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung der Kläger ist lediglich hinsichtlich der Widerklage teilweise begründet. Die Kläger sind nicht verpflichtet, eine Nutzung der Wasserleitungen auf dem Grundstück der Beklagten zum Durchleiten zu unterlassen. Vielmehr ist die Beklagte verpflichtet, die Wasserversorgung der Kläger durch den Anschluss und die Wasserleitungen auf ihrem Grundstück zu dulden. Im übrigen ist die Berufung nicht begründet.

1. Die Berufung der Kläger hat hinsichtlich des Klageantrags Ziffer 1 (Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs) keinen Erfolg.

a) Der Berichtigungsantrag ist zulässig. Er genügt dem Gebot der Bestimmtheit. Der Berichtigungsantrag ist anhand der Konkretisierung und Begründung in der Klageschrift vom 30.11.2017 – die in der Berufungsbegründung nicht verändert wird – auszulegen. Die Kläger sind im Grundbuch eingetragen als Eigentümer des Flurstücks Nr. 19/1 in B.. Lage, Grenzen und Größe dieses Flurstücks werden definiert durch den Veränderungsnachweis Nr. 1985/3 des Vermessungsamts nebst Fortführungsriss (Anlage B 1). Die Kläger sind der Auffassung, dass sie nicht nur Eigentümer dieses durch die Vermessung konkretisierten Grundstücks geworden sind, sondern daneben auch Eigentum an einer Teilfläche des Grundstücks Flurstück Nr. 19 erworben haben, für welches – vollständig – die Beklagte als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen ist. Die Teilfläche des Grundstücks Flurstück Nr. 19, für welche die Kläger das Eigentum beanspruchen, ist in der Klageschrift vom 30.11.2017, Seite 7, nebst der Flächenberechnung in der Anlage K 9 konkretisiert. Der Berichtigungsantrag ist mithin dahingehend zu verstehen, dass die Kläger der Auffassung sind, sie seien nicht nur Eigentümer des Flurstücks Nr. 19/1, sondern auch Eigentümer einer Teilfläche des Grundstücks Flurstück Nr. 19, wobei die Teilfläche in der Begründung der Klage nebst Flächenberechnung (Anlage K 9) konkretisiert ist. Mit dieser Maßgabe ist der Berichtigungsantrag der Kläger hinreichend bestimmt und damit zulässig. Für die Zulässigkeit des Antrags kommt es nicht darauf an, ob für einen Vollzug der Berichtigung im Hinblick auf § 28 GBO – neben der Zustimmung der Beklagten – noch weitere Voraussetzungen zu erfüllen wären.

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b) Der Berichtigungsantrag der Kläger ist nicht begründet. Denn sie sind entgegen ihrer Auffassung lediglich Eigentümer des Flurstücks Nr. 19/1. Sie sind hingegen – über die Grenzen dieses Flurstücks hinaus – nicht Eigentümer einer Teilfläche des Grundstücks Flurstück Nr. 19.

Das Eigentum an einem Grundstück wird gemäß § 873 Abs. 1 BGB durch Einigung (Auflassung) und Eintragung erworben. Die Kläger haben Grundeigentum erworben aufgrund des notariellen Vertrages vom 27.10.1992 (Anlage K 5). Das zu erwerbende Grundstück ist mit dem Flurstück Nr. 19/1 in diesem Vertrag genau bestimmt. Dementsprechend bezog sich die Auflassung der damaligen Vertragspartner ausschließlich auf dieses Grundstück. Das Grundbuchamt hat die Kläger zutreffend als Eigentümer des Flurstücks Nr. 19/1 eingetragen. Eine Auflassungserklärung über eine Teilfläche des Flurstücks Nr. 19, die Grundlage eines Eigentumserwerbs sein könnte, gibt es nicht.

c) Der Eigentumserwerb an einem Grundstück vollzieht sich ausschließlich anhand der Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch. Es spielt daher keine Rolle, welche Erklärungen der Verkäufer des Grundstücks, J. K., und sein verstorbener Vater P. K. im Jahr 1985 im Hinblick auf die Grundstücksteilung und im Hinblick auf den Bau des Wohnhauses auf dem Flurstück Nr. 19/1 gegenüber der Baubehörde abgegeben haben. Es spielt auch keine Rolle, welche Pläne in diesem Zusammenhang angefertigt wurden. Da für den Eigentumserwerb die Auflassungserklärung im notariellen Vertrag vom 27.10.1992 allein maßgeblich ist, kommt es auch nicht darauf an, welche Vorstellungen die Kläger und der Verkäufer J. K. von den Grenzen des Grundstücks in Vorgesprächen vor Abschluss des Vertrages hatten. Es ist rechtlich auch ohne Bedeutung, wie in der Gemeinde B. nach der Durchführung von Luftbildaufnahmen das Eigentum an den Grundsstücken auf angefertigten Skizzen angegeben wurde.

d) Die Rechtsprechung hat in Ausnahmefällen eine abweichende Beurteilung lediglich bei einer sogenannten falsa demonstratio zugelassen (vergleiche BGH, NJW 2002, 1038; OLG Hamm, NJW-RR 1992, 152). Eine versehentliche fehlerhafte Bezeichnung des Grundstücks im notariellen Vertrag kann im Einzelfall unschädlich sein, wenn feststeht, dass die Vertragspartner in Wahrheit ein anderes Grundstück übertragen wollten. In einem derartigen Fall genießt der wirkliche Wille der Vertragspartner den Vorrang vor einer fehlerhaften – oder ungenauen – Flurstück-Nr. im notariellen Vertrag (vergleiche BGH, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.). Allerdings kommt ein Vorrang des wirklichen Willens der Vertragspartner bei einer falsa demonstratio – im Hinblick auf den sachenrechtlichen Grundsatz der Bestimmtheit – nur dann in Betracht, wenn die vom Wortlaut des notariellen Vertrages abweichende Grundstücksfläche – oder Teilfläche -, die tatsächlich übertragen werden sollte, sich exakt feststellen lässt (vergleiche BGH,a.a.O.; OLG Hamm, NJW-RR 1992, 152, 153, Staudinger/Diehn, BGB, Neubearbeitung 2020, § 925 BGB, Randnummer 68 a.E.).

Eine solche exakte Bezeichnung der von den Klägern in Anspruch genommenen Teilfläche gab es zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Vertrages am 27.10.1992 nicht. Es gab keinen Veränderungsnachweis, der die von den Klägern begehrte Teilfläche konkretisiert hätte (vergleiche zu einer solchen Möglichkeit BGH, NJW 1988, 266). Es gab keine eindeutige visuelle Teilung der Teilfläche und es gab am 27.10.1992 keinen Plan mit eingetragenen Maßen, auf den die Vertragspartner wegen der von den Klägern angegebenen Teilfläche hätten Bezug nehmen können. Da bei Abschluss des Kaufvertrages im Jahre 1992 für einen Dritten nicht objektiv bestimmbar war, welche Teilfläche des Grundstücks Flurstück Nr. 19 – neben dem Flurstück Nr. 19/1 – von den Klägern erworben werden sollte, kommt eine vom Wortlaut abweichende Auslegung des zu übertragenden Grundstücks im notariellen Vertrag nicht in Betracht. Für die heutige sachenrechtliche Zuordnung der Grundstücke spielt es daher keine Rolle, ob die Kläger und der Verkäufer J. K. bei Abschluss des Kaufvertrages tatsächlich eine Vorstellung vom Vertragsgegenstand hatten, die von dem Flurstück Nr. 19/1 abwich, wie die Kläger behaupten.

2. Da die Kläger lediglich Eigentümer des katastermäßig festgestellten Grundstücks Flurstück Nr. 19/1 geworden sind – mit den im Fortführungsriss in der Anlage B 1 angegebenen Grenzen – ist auch der Klageantrag Ziffer 2 unbegründet. Die Kläger sind nicht Eigentümer einer Grundstücksfläche im Bereich der Garage von 3,50 Metern geworden.

3. Die Grenzen des Grundeigentums der Kläger ergeben sich aus der katastermäßigen Erfassung des Flurstücks Nr. 19/1 (siehe oben). Daher ist auch der Feststellungsantrag Ziffer 3 nicht begründet. Die Grenzen des Grundstücks ergeben sich aus dem Fortführungsriss des Flurstücks Nr. 19/1 und nicht aus den – weitergehenden – Formulierungen im Klageantrag Ziffer 3.

4. Da die Klageanträge Ziffer 1, Ziffer 2 und Ziffer 3 nicht begründet sind, gibt es auch keine Rechtsgrundlage für die Geltendmachung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (Antrag Ziffer 4).

5. Die Berufung der Kläger hat hingegen Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung im Rahmen der Widerklage in Ziffer 2 a) des erstinstanzlichen Urteils richtet. Die Kläger sind nicht verpflichtet, es zu unterlassen, die Wasserleitungen auf dem Grundstück der Beklagten zum Durchleiten von Wasser zu nutzen. Vielmehr ist die Beklagte verpflichtet, die Nutzung des Anschlusses in ihrem Haus und die Durchleitung auf ihrem Grundstück zum Grundstück der Kläger zu dulden.

a) Der Widerklageantrag und die Verurteilung in Ziffer 2 a) des Urteils des Landgerichts sind dahingehend zu interpretieren, dass es allein um die Frischwasserzuleitung für das Grundstück der Kläger geht, und nicht etwa um Abwasserleitungen. Dies ergibt sich aus den schriftsätzlichen Ausführungen beider Parteien zu diesem Antrag.

b) Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Duldung der Nutzung der Wasserleitung aus einem Notleitungsrecht in entsprechender Anwendung von § 917 BGB. Die Rechtsausführungen des Landgerichts zu dieser Frage im erstinstanzlichen Urteil sind nicht zu beanstanden. Es gibt auch keine Regelungen im Baden-Württembergischen Nachbarrecht auf welche sich die Kläger stützen könnten.

c) Die Beklagte ist jedoch – entgegen der Auffassung des Landgerichts – zur Duldung der Frischwasserleitung für das Grundstück der Kläger unter dem Gesichtspunkt des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses verpflichtet.

aa) Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann zu Rechten und Pflichten im Verhältnis von Grundstücksnachbarn führen. Der Bundesgerichtshof hat daraus Rücksichtnahmepflichten im Rahmen des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses entwickelt. Eine solche Pflicht zur Rücksichtnahme ist zwar mit Rücksicht auf die nachbarrechtlichen Sonderregelungen (im Bürgerlichen Gesetzbuch und in nachbarrechtlichen Vorschriften der Bundesländer) eine Ausnahme. Sie kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Wenn diese Voraussetzung vorliegt, ist die Ausübung eines Anspruchs aus  § 1004 Abs. 1 BGB – den die Beklagte geltend macht – unter Berücksichtigung vorrangiger Interessen des Störers ausnahmsweise unzulässig (vergleiche BGH, NJW 2003, 1392 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Ein solcher Ausnahmefall kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine Parzellierung eines ursprünglich einheitlichen Grundstücks dazu geführt hat, dass die Wasserversorgung eines Grundstücks über ein anderes Grundstück verläuft (vergleiche für eine Abwasserentsorgung BGH, a.a.O.). Entscheidend für die Duldungspflicht der Beklagten ist eine umfassende Interessenabwägung (vergleiche BGH a.a.O.; BGH NJW-RR 2019, 78).

bb) Im vorliegenden Fall erscheint eine Duldungspflicht der Beklagten nach Treu und Glauben zwingend geboten. Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Wasserzuleitung und unter Berücksichtigung der Interessen der Kläger einerseits und der Beklagten andererseits wäre es unter den Gesichtspunkten von Treu und Glauben nicht hinnehmbar, wenn die Kläger verpflichtet wären, die Frischwasserzuleitung über das Grundstück der Beklagten nicht mehr zu nutzen, und sich einen eigenen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung verschaffen müssten. Die Umstände des vorliegenden Falles sind mit dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31.01.2003 zugrundelag (BGH, NJW 2003, 1392), vergleichbar. Im Einzelnen:

  • Das Problem der Wasserversorgung des klägerischen Grundstücks ist entstanden aufgrund einer Parzellierung der Grundstücke, welche der verstorbene Ehemann der Beklagten vorgenommen hat. Die Beklagte ist alleinige Erbin und Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Ehemannes. Im Rahmen der Abwägung gemäß § 242 BGB sind ihr daher die Nachteile zuzurechnen, die ihr verstorbener Ehemann bei der Parzellierung im Jahr 1985 geschaffen hat.
  • Die Probleme wurden bei der Bebauung des Flurstücks Nr. 19/1 1985/1986 nicht berücksichtigt. Die Frischwasserzuleitung wurde an die Wasserversorgung im Wohnhaus auf dem Flurstück Nr. 19 angeschlossen, ohne die Wasserversorgung des Wohnhauses auf dem Flurstück Nr. 19/1 in irgendeiner Weise im Grundbuch oder durch eine schuldrechtliche Vereinbarung abzusichern.
  • Beim Erwerb des Flurstücks Nr. 19/1 von J. K., dem Sohn des verstorbenen Ehemannes der Beklagten, wurde das Problem der Wasserversorgung nicht gesehen. Der notarielle Vertrag enthält keine Hinweise, Regelungen oder Feststellungen zur Wasserversorgung des erworbenen Grundstücks. Ein privatschriftlicher Vorvertrag vom 18.10.1992 (Anlage K 50) enthielt eine Bestätigung des Verkäufers, dass das Grundstück voll erschlossen sei. Dies war rechtlich hinsichtlich der Frischwasserzuleitung unzutreffend, da es keine rechtliche Absicherung für die Zuleitung über das Nachbargrundstück Flurstück Nr. 19 gab.
  • Die Frage, ob den Klägern beim Grundstückserwerb im Jahr 1992 bekannt war, dass die Wasserzuleitung über das Nachbargrundstück führte, ist für die Abwägung im Rahmen von § 242 BGB nicht erheblich. Die Frage wäre nur dann von Bedeutung, wenn die Kläger daraus den rechtlichen Schluss gezogen hätten, dass sie jederzeit mit einem Verlangen des Nachbarn rechnen mussten, die Wasserzuleitung zu beseitigen. Dafür spricht nichts. Ohne rechtliche Vorkenntnisse konnten die Kläger die Folgen einer fehlenden rechtlichen Absicherung der Wasserzuleitung über das Nachbargrundstück kaum erkennen. Auch der beurkundende Notar hat mit den Vertragsparteien im Jahr 1992 die mit der Erschließung zusammenhängenden Rechtsfragen ausweislich der vorliegenden Urkunde offenbar nicht erörtert, obwohl die Parzellierung der Grundstücke – mit sich daraus ergebenden naheliegenden Rechtsfragen – aus den Umständen für ihn ersichtlich war.
  • Es ist davon auszugehen, dass ein Anschluss des klägerischen Grundstücks an die öffentliche Wasserversorgung (nur für die Frischwasserzuleitung) jedenfalls nicht weniger als 40.000 EURO kosten würde. Es wäre eine Wasserleitung über eine Strecke von über 80 Meter erforderlich. Ohne zusätzliche Erschwernisse wurden die Kosten von einem Ingenieurbüro mit 400 EURO brutto pro Meter angesetzt (vergleiche die Anlage K 73, II 120). Im vorliegenden Fall kommen zusätzliche Kosten hinzu durch das Aufgraben und Wiederverschließen der gepflasterten Hoffläche und durch den Umstand, dass die Wasserleitung durch das Garagengebäude geführt werden müsste, so daß die Kosten im Rahmen einer Schätzung nicht unter 40.000 EURO liegen dürften.
  • Dem erheblichen wirtschaftlichen Nachteil für die Kläger bei Notwendigkeit einer neuen Wasserzufuhr stehen keine nennenswerten Nachteile für die Beklagte gegenüber bei Duldung der bestehenden Wasserleitung über ihr Grundstück. Nachteile für die Nutzung ihres Grundstücks oder für die Möglichkeiten ergänzender Baumaßnahmen auf ihrem Grundstück sind nicht vorgetragen. Sollten sich in der Zukunft bei einer bestimmten Baumaßnahme auf dem Grundstück der Beklagten dennoch Probleme ergeben, kann sich im Hinblick auf Treu und Glauben die Frage stellen, ob und inwieweit sich die Kläger eventuell mit bestimmten Veränderungen der Leitungsführung auf dem Grundstück der Beklagten einverstanden erklären müssen.
  • Für eine Duldungspflicht der Beklagten spricht vor allem, dass sie und ihr verstorbener Ehemann für lange Zeit (1992 – 2017) die Wasserzuleitung zum Grundstück der Kläger ohne Beanstandungen hingenommen haben. Nach dieser Zeit mussten die Kläger nicht mehr mit Beanstandungen rechnen, zumal sich an den örtlichen Bedingungen und möglichen Nachteilen für die Beklagte nichts geändert hat.

cc) Die Einwendungen der Beklagten gegen ihre Verpflichtung aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis haben keinen Erfolg. Die Entscheidung des BGH vom 13.07.2018 (NJW-RR 2019, 78) steht der Entscheidung des Senats nicht entgegen. In dem am 13.07.2018 entschiedenen Fall des Bundesgerichtshofs gab es einen wesentlichen Unterschied zum vorliegenden Fall. Im zitierten Fall des Bundesgerichtshofs war der Käuferin beim Erwerb des betreffenden Grundstücks das Problem der Wasserversorgung bekannt. Im notariellen Kaufvertrag hatte die Käuferin das Risiko übernommen, dass sie möglicherweise in der Zukunft für eine eigenständige Wasserversorgung sorgen musste, wenn der Nachbar in der Zukunft eine Versorgung über das Nachbargrundstück nicht mehr dulden sollte. Eine solche vertragliche Risikoregelung gibt es im vorliegenden Fall nicht. Daher würde es Treu und Glauben widersprechen, wenn die Kläger – für sie unerwartet – mit erheblichen Kosten für eine eigenständige Wasserversorgung sorgen müssten.

Auch der vom Bundesgerichtshof am 08.02.2013 entschiedene Fall (NJW-RR 2013, 650) steht der Abwägung des Senats nicht entgegen. In der Entscheidung vom 08.02.2013 ging es um die Frage, ob und inwieweit der Käufer einer Doppelhaushälfte sich dauerhaft darauf verlassen durfte, dass eine für beide Doppelhaushälften bestehende gemeinsame Heizungsanlage in Zukunft bestehen bleiben würde. Da Heizungsanlagen in der Regel nach einer gewissen Zeit mit erheblichen Investitionen erneuert werden müssen, ist es – ohne konkrete rechtliche Vereinbarungen – nicht selbstverständlich, dass sich an den Verhältnissen im Hinblick auf die Nutzung der Heizung nichts ändert. Daher lassen sich die Erwartungen und Vorstellungen des Käufers in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.02.2013 nicht mit den berechtigten Erwartungen und Vorstellungen der Kläger im Hinblick auf die Frischwasserversorgung im vorliegenden Fall vergleichen.

d) Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Leitungen auf dem Grundstück der Beklagten, soweit sie ausschließlich der Wasserversorgung des klägerischen Grundstücks dienen, im Eigentum der Kläger stehen (vergleiche BGH, Urteil vom 13.07.2018 – V ZR 308/17 -, Randnummer 25, zitiert nach JURIS). Die Frage, ob Beeinträchtigungen der Beklagten durch die Duldung der Wasserleitungen der Kläger auf ihrem Grundstück das zumutbare Maß übersteigen – mit der Möglichkeit eines Entgeltanspruchs gegen die Kläger – ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits (ebenso BGH, NJW 2003, 1392, 1393).

6. Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen ihre Verpflichtung wenden, im Obergeschoss des Garagengebäudes eine Trennwand herzustellen. Die Verpflichtung ergibt sich aus § 3 letzter Absatz des notariellen Vertrages vom 27.10.1992. Es handelt sich dabei um eine vertragliche Verpflichtung zugunsten Dritter, so daß die Beklagte als Eigentümerin des Nachbargrundstücks diesen Anspruch geltend machen kann. Die damaligen Vertragspartner hatten bei Abschluss des Kaufvertrages vom 27.10.1992 eine bestimmte Vorstellung über die Art und Weise wie das Obergeschoss des Garagengebäudes genutzt werden sollte. Mit dieser Vorstellung hing die zu errichtende Trennwand im Obergeschoss zusammen. Der Umstand, dass sich das gesamte ehemalige Werkstattgebäude – einschließlich der ehemaligen Garage – im Eigentum der Beklagten befindet (dazu siehe unten 7.), steht der Verpflichtung der Kläger zur Errichtung einer Trennwand im Obergeschoss des Gebäudes nicht entgegen. Das gilt nach Sinn und Zweck der Vereinbarung im Kaufvertrag vom 27.10.1992 jedenfalls dann, wenn die Beklagte als Gebäudeeigentümerin weiterhin mit einer Nutzung einer Teilfläche über der Durchfahrt durch die Kläger einverstanden ist, wovon nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien auszugehen ist.

7. Auch die Verurteilung der Kläger zur Demontage der Außenbeleuchtung an der Hauswand der Beklagten (Ziffer 2 c) im Urteil des Landgerichts) ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a) Mit der Außenbeleuchtung im Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung ist eine Lampe gemeint, welche die Kläger im rückwärtigen Teil der Durchfahrt durch das Werkstattgebäude an der Innenwand angebracht haben. Und zwar ist – vom hinteren Teil des Grundstücks aus gesehen – die Lampe an der linken Innenwand gemeint (vergleiche hierzu die Lichtbilder in der Anlage K 10 und K 11).

b) Die Kläger sind zur Demontage der Lampe gemäß § 1004 Abs. 1 BGB verpflichtet. Die ohne Zustimmung der Beklagten angebrachte Lampe beeinträchtigt das Eigentum der Beklagten. Denn das gesamte Werkstattgebäude einschließlich der Innenwände der Durchfahrt steht im Alleineigentum der Beklagten. Zwar spricht manches dafür, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Durchfahrt der Kläger mit Kraftfahrzeugen durch das in ihrem Eigentum stehende Gebäude zu dulden (die Frage ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits). Daraus ergibt sich jedoch keine Befugnis der Kläger, Veränderungen an Gebäudeteilen, wie beim Anbringen einer Lampe, vorzunehmen.

c) Das gesamte Werkstattgebäude, einschließlich der später zur Durchfahrt umgebauten Garage, stand bis 1985 vollständig auf dem Grundstück Flurstück Nr. 19, so daß der verstorbene Ehemann der Beklagten Alleineigentümer des Gebäudes war. Die Grundstücksteilung im Jahr 1985 hat nichts daran geändert, dass das gesamte Werkstattgebäude wesentlicher Bestandteil des Grundstücks Flurstück Nr. 19 blieb und daher – nach dem Tod des Ehemannes – im Alleineigentum der Beklagten steht.

aa) Die Zuordnung des Gebäudeeigentums zum Grundstück der Beklagten ergibt sich aus §§ 93, 94 Abs. 1 BGB. § 93 BGB bestimmt, dass an einem Gebäude grundsätzlich ein einheitliches Eigentum besteht, und zwar auch dann, wenn das Gebäude auf mehreren Grundstücken steht, die verschiedenen Eigentümern gehören (vergleiche grundlegend BGH, NJW 1975, 1553; BGH, Urteil vom 15.02.2008 – V ZR 222/06 -, Randnummer 14, zitiert nach JURIS). Zweck der Regelung in § 93 BGB ist es, dass dem Gesichtspunkt einer natürlich wirtschaftlichen Einheit von Gebäuden der Vorrang gegeben werden soll vor einer unterschiedlichen Zuordnung von Gebäudeteilen in Abhängigkeit von einer Grundstücksabgrenzung. Diese Grundsätze geltend auch dann, wenn ein Gebäude, welches ursprünglich auf einem einheitlichen Grundstück stand, nach einer Grundstücksteilung auf zwei verschiedenen Grundstücken steht (vergleiche BGH, NJW 1975, 1553; BGH, NJW 2002, 54). Das Gebäude ist wesentlicher Bestandteil desjenigen Grundstücks, welchem es bei einer natürlichen Betrachtung zuzuordnen ist (BGH, WuM 2003, 701). Die Zuordnung des Eigentums von Teilen eines einheitlichen Gebäudes zu verschiedenen Grundstücken kommt nur dann ausnahmsweise in Betracht, wenn die Grenzziehung zu einer Trennung des Gebäudes in zwei wirtschaftlich selbständige Einheiten führt (BGH, WuM 2003, 701, Randnummer 11). Dabei findet eine vertikale Teilung einzelner Räume hinsichtlich der Eigentumszuordnung grundsätzlich nicht statt (vergleiche BGH, NJW 1988, 1078; BGH, Urteil vom 15.02.2008 – V ZR 222/06, Randnummer 12, 14, zitiert nach JURIS). Die Regelung in § 905 BGB (Begrenzung des Eigentums) spielt entgegen der Auffassung der Kläger für die Frage des Gebäudeeigentums keine Rolle. § 905 BGB hat für die Rechte eines Grundstückseigentümers nur insoweit Bedeutung, als es um den Luftraum über dem Grundstück geht und um den Erdkörper unter der Grundstücksoberfläche.

bb) Von diesen Grundsätzen ausgehend ist das gesamte Werkstattgebäude – einschließlich der Garage/Durchfahrt nebst Raum im Obergeschoss – nach der Grundstücksteilung im Jahr 1985 gemäß § 93 BGB im Eigentum des Eigentümers des Flurstücks Nr. 19 verblieben. Maßgeblich für die Eigentumszuordnung sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Grundstücksteilung im Jahr 1985. Spätere Veränderungen der Nutzung haben für die Zuordnung des Gebäudeeigentums keine Bedeutung. Es kommt auch nicht darauf an, welche Vorstellungen und Absichten die Beteiligten mit der Grundstücksteilung verbunden haben. Vielmehr ist auf eine objektive Betrachtung abzustellen, welchem Grundstück das Gebäude bei einer natürlichen Betrachtung zuzuordnen ist (vergleiche BGH, WuM 2003, 701; BGH, NJW 1975, 1553, 1555).

Zum Zeitpunkt der Grundstücksteilung im Jahr 1985 war das fragliche Gebäude ein einheitliches Werkstattgebäude mit einer Garage und Lagerräumen im Obergeschoss. Die Garage diente der Lagerung von Gegenständen und Geräten für die Werkstatt. Bei einer natürlichen Betrachtungsweise gab es im Jahr 1985 keine unterschiedlichen – und selbständigen – Teile des Gebäudes, die einer unterschiedlichen Nutzung dienten. Zum Zeitpunkt der Grundstücksteilung hatte das Werkstattgebäude keine erkennbare Funktion für eine Nutzung im Zusammenhang mit dem geplanten Bau des Wohnhauses auf dem rückwärtigen Teil des Grundstücks. Unter diesen Umständen konnte die Grundstücksteilung nicht zu einer Aufteilung des Gebäudeeigentums führen. Insbesondere kommt gemäß § 93 BGB – entgegen der Auffassung des Landgerichts – keine Aufteilung in Betracht entsprechend der neugebildeten Grundstücksgrenze, die den Raum der Durchfahrt und den darüberliegenden Raum im Obergeschoss durchschneidet (siehe oben). Da der deutlich größere Teil des Werkstattgebäudes auf dem Grundstück Flurstück Nr. 19 steht, ist dieses das Stammgrundstück, dem das Eigentum am gesamten Gebäude zuzuordnen ist.

cc) Der Senat hat im Hinblick auf den Beseitigungsanspruch der Beklagten gemäß § 1004 Abs. 1 BGB lediglich die Eigentumszuordnung des Gebäudes zu prüfen. Welche Rechtsfolgen sich für die Parteien ansonsten in ihrem nachbarschaftlichen Verhältnis aus dem Überbau eines Teiles des Gebäudes ergeben, ist vom Senat nicht zu prüfen. Ebenso sind vom Senat die Einzelheiten eines Durchfahrtsrechts der Kläger durch die ehemalige Garage (gemäß § 917 BGB und/oder aus in Betracht kommenden schuldrechtlichen Gesichtspunkten) nicht festzulegen.

8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

9. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die für die Entscheidung des Senats maßgeblichen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt.

 

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