GmbH-Gesellschafter haftet für nichterfüllte Einlage seines Rechtsvorgängers
In einem Rechtsfall des Landgerichts Essen wurde entschieden, dass ein ehemaliger GmbH-Gesellschafter und Geschäftsführer zur Nachzahlung einer nicht erfüllten Stammeinlage von 5.000 Euro an die GmbH verurteilt wird. Trotz seines Austritts aus der GmbH haftet er weiterhin für seine ursprünglichen Verpflichtungen. Dieses Urteil betont die fortlaufende Haftung von Gesellschaftern gegenüber der GmbH, auch nach dem Verkauf ihrer Anteile.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil
- Das Landgericht Essen verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 5.000 Euro nebst Zinsen und Kosten.
- Der Beklagte war ehemaliger Geschäftsführer und Gründungsgesellschafter der GmbH.
- Der Fall betrifft die Nachzahlung einer nicht vollständig geleisteten Stammeinlage von insgesamt 10.000 Euro.
- Der Beklagte verkaufte seinen Geschäftsanteil, ohne die volle Einlage zu leisten.
- Der Insolvenzverwalter forderte die ausstehende Einlage für die insolvente GmbH ein.
- Der Beklagte haftet trotz Verkaufs seines Anteils weiter für die nicht erfüllte Einlageverpflichtung.
- Der Gerichtsstand wurde durch das Europäische Gerichtsstandrecht bestimmt.
- Das Urteil zeigt die Bedeutung der Haftung von Gesellschaftern in einer GmbH.
Übersicht:
Haftung bei nichterfüllten Einlagen in GmbHs
Das Thema der nichterfüllten Einlagen bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) ist ein essenzieller Aspekt des Gesellschaftsrechts. Es beleuchtet die Verantwortlichkeiten und Haftungsrisiken von GmbH-Gesellschaftern, insbesondere in Bezug auf ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft. Diese Thematik wird besonders relevant, wenn es um die Frage der Haftung der Rechtsvorgänger geht, also jener Personen, die ihre Anteile an der GmbH verkauft oder übertragen haben. In solchen Fällen steht häufig zur Debatte, inwieweit diese ehemaligen Gesellschafter für ausstehende Einlagen haftbar gemacht werden können.
Diese Problematik wird noch komplexer, wenn der Aspekt der Insolvenz ins Spiel kommt. Hierbei stellt sich die Frage, wie die Ansprüche eines Insolvenzverwalters gegenüber ehemaligen Gesellschaftern rechtlich zu bewerten sind. Ein konkretes Urteil in diesem Kontext kann präzise Einblicke in die rechtlichen Feinheiten dieser Materie bieten und zeigt auf, wie die Gerichte in solchen Fällen entscheiden. Lesen Sie weiter, um zu erfahren, wie ein deutsches Gericht in einem spezifischen Fall geurteilt hat, der diese komplizierten Rechtsfragen umfasst.
Der Fall der nichterfüllten Einlage und Haftung bei GmbHs
Im Zentrum des Urteils des Landgerichts Essen steht der Fall einer nichterfüllten Einlage eines GmbH-Gesellschafters. Konkret geht es um die Frage, ob und in welchem Umfang ein ehemaliger Gesellschafter für eine nicht geleistete Stammeinlage haftet, nachdem er seine Anteile verkauft hat. Der Beklagte, einst Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer, hatte einen Teil seiner Einlageverpflichtungen nicht erfüllt und seine Anteile später verkauft. Der Kläger, ein Insolvenzverwalter der betroffenen GmbH, forderte die Nachzahlung der ausstehenden Einlage von 12.500 Euro.
Rechtliche Auseinandersetzung und Urteilsfindung
Der Fall wurde vor dem Landgericht Essen verhandelt, wobei die internationale Zuständigkeit eine Rolle spielte, da der Beklagte seinen Wohnsitz in Österreich hatte. Die rechtliche Herausforderung lag in der Interpretation der Haftung des ehemaligen Gesellschafters für nicht erfüllte Einlagen nach dem Verkauf seiner Anteile. Das Gericht stützte sich dabei auf verschiedene Paragrafen des GmbH-Gesetzes, insbesondere auf die §§ 16, 22 und 24 GmbHG, welche die Haftung von Gesellschaftern für Einlageverpflichtungen regeln.
Haftung des ehemaligen Gesellschafters und Urteil des Gerichts
Das Gericht entschied, dass der Beklagte für einen Teil der Forderung, nämlich 5.000 Euro, haftet. Diese Entscheidung basierte auf § 22 Abs. 1 GmbHG, der die Haftung des letzten und aller früheren Rechtsvorgänger für nicht erfüllte Einlagen festlegt. Interessanterweise wurde die Haftung auf diesen Betrag beschränkt, da der Beklagte nur für die Einlage haftet, die er selbst nicht geleistet hatte, und nicht für die gesamte ausstehende Summe.
Konsequenzen und Abschlussbetrachtungen
Dieses Urteil verdeutlicht die rechtlichen Pflichten und Haftungsrisiken von GmbH-Gesellschaftern. Es zeigt, dass ehemalige Gesellschafter auch nach dem Verkauf ihrer Anteile für ihre früheren Verpflichtungen einstehen müssen. Das Urteil hat somit weitreichende Implikationen für die Praxis des Gesellschaftsrechts, insbesondere im Kontext von Insolvenzfällen. Es unterstreicht die Bedeutung einer vollständigen Erfüllung von Einlageverpflichtungen durch GmbH-Gesellschafter und dient als wichtiger Referenzpunkt für ähnliche Fälle in der Zukunft.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Was versteht man unter einer nichterfüllten Einlage eines GmbH-Gesellschafters und welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich daraus?
Eine nichterfüllte Einlage eines GmbH-Gesellschafters bezieht sich auf die Situation, in der ein Gesellschafter seine vertraglich vereinbarte Stammeinlage nicht oder nicht vollständig erbringt. Die Stammeinlage ist der Beitrag, den ein Gesellschafter zur Gründung einer GmbH leisten muss und der Teil des Stammkapitals der Gesellschaft ist.
Die rechtlichen Konsequenzen einer nichterfüllten Einlage können erheblich sein. Grundsätzlich kann sich ein Gesellschafter von seiner Verpflichtung zur Leistung der Einlage nicht befreien. Selbst durch eine Übertragung des Geschäftsanteils an einen Dritten wird der Gesellschafter von seiner Verpflichtung zur Einlageleistung nicht endgültig frei.
Wenn ein Gesellschafter seine Einlage nicht erbringt, kann er die Anteile verlieren. Dieser Prozess wird als Kaduzierung bezeichnet. Das Kaduzierungsverfahren ist im § 21 des GmbH-Gesetzes (GmbHG) geregelt und erfordert die Einhaltung strenger Voraussetzungen, insbesondere des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
Darüber hinaus kann der Gesellschafter, der seine Einlage nicht wirksam erbringt, auch außerhalb der Insolvenz den Verlust der betroffenen Anteile befürchten. Im Falle einer Insolvenz könnte der Insolvenzverwalter die noch offene Bareinlage einfordern.
Es ist auch wichtig zu beachten, dass die Haftung für eine nicht erfüllte Einlageverpflichtung nicht nur den ausgeschlossenen Gesellschafter betrifft, sondern auch den letzten und jeden früheren Rechtsvorgänger des Ausgeschlossenen unter den Voraussetzungen des § 22 GmbHG.
Schließlich kann eine nichterfüllte Einlage die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister erheblich verzögern oder sogar verhindern.
Wie wird die Haftung eines ehemaligen GmbH-Gesellschafters für nicht erfüllte Einlagen nach dem Verkauf seiner Anteile rechtlich behandelt?
Die Haftung eines ehemaligen GmbH-Gesellschafters für nicht erfüllte Einlagen nach dem Verkauf seiner Anteile wird durch verschiedene rechtliche Bestimmungen geregelt. Gemäß § 22 des GmbH-Gesetzes (GmbHG) wird ein Gesellschafter, der alle seine Geschäftsanteile überträgt und damit seine Stellung als Gesellschafter aufgibt, nicht automatisch von der Haftung entlassen. Sein Rechtsnachfolger, also der Erwerber der Geschäftsanteile, kann ebenfalls haftbar gemacht werden.
Wenn ein Gesellschafter seine Einlageverpflichtungen nicht erfüllt, kann ein sogenanntes Kaduzierungsverfahren eingeleitet werden. Dieses Verfahren bezeichnet den Zwangsausschluss von Anteilseignern einer GmbH, die mit ihren Zahlungen auf ihre Kapitalbeteiligung in Verzug sind (§ 21 GmbHG). Nach überwiegend vertretener Auffassung haften alle Personen, die nach Fälligkeit des Einlageanspruchs Gesellschafter waren, auch wenn diese zwischenzeitlich ihren Anteil bereits verkauft haben.
Es ist jedoch zu beachten, dass die Haftung nach § 24 GmbHG nur diejenigen trifft, die nach Vorliegen aller Voraussetzungen des § 24 GmbHG als Gesellschafter eingetragen waren. Daher ist es wichtig, dass die Eintragung der Gesellschaft und der Gesellschafter in das Handelsregister korrekt und zeitnah erfolgt.
Im Falle einer Insolvenz der GmbH kann der Insolvenzverwalter Forderungen gegen die Gesellschafter wegen nicht, nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß erfolgter Einzahlung des Kapitals geltend machen. Diese Forderungen sind Teil der Insolvenzmasse und ausschließlich vom bestellten Verwalter geltend zu machen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein ehemaliger Gesellschafter einer GmbH auch nach dem Verkauf seiner Anteile für nicht erfüllte Einlagen haften kann. Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der genauen Umstände des Anteilsverkaufs und der finanziellen Situation der GmbH. Es ist daher ratsam, rechtlichen Rat einzuholen, um die spezifischen Risiken und Verpflichtungen in solchen Situationen zu verstehen.
Das vorliegende Urteil
LG Essen – Az.: 6 O 83/22 – Urteil vom 11.08.2022
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.02.2021 sowie 29,90 Euro außergerichtliche Kosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.07.2022 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 40 % und der Kläger zu 60 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Es bleibt dem Kläger nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter die Nachzahlung einer Stammeinlage in Höhe von 12.500,00 EUR von dem Beklagten.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der … GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Die Schuldnerin stellte einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der am 16.04.2020 bei Gericht einging (K1, Bl. 183 d.A.). Das Amtsgericht … eröffnete infolgedessen das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 05.06.2020 und ernannte den Kläger zum Insolvenzverwalter (K1, Bl. 183 ff. d.A.).
Mit Gesellschaftsvertrag vom 07.05.1999 wurde die Schuldnerin gegründet und mit einem Stammkapital von 25.000,00 EUR ausgestattet. Der Beklagte war ein Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der Schuldnerin (K2-5, Bl. 186 ff. d.A.). Ausweislich Nr. II der Gründungsurkunde (K3, Bl. 188 ff. d.A.), § 3 der Satzung (K4, Bl. 192 ff.) und der Gesellschafterliste (K5, Bl. 201 ff.) übernahmen zunächst ein Herr … H. eine Stammeinlage in Höhe von von 15.000,00 EUR und der Beklagte eine Stammeinlage in Höhe von 10.000,00 EUR. Ausweislich der Nr. IV des Schreibens des Beklagten an das AG … vom 07.05.1999 hatten … H. 7.500,00 EUR und der Beklagte 5.000,00 EUR auf die Stammeinlagen eingezahlt (K5, Bl. 201 ff. d.A.). Weitere Zahlungen auf die Stammeinlage erfolgten nicht. Mit notariellem Vertrag vom 23.10.2019 verkaufte der Beklagte seinen Geschäftsanteil in Höhe von 10.000,00 EUR an … H. und trat ihn auch an besagten Herrn H. ab. Der Beklagte schied am 23.10.2019 als Gesellschafter aus (K6-7, Bl. 205 ff. d.A.).
Mit Schreiben vom 12.06.2020, 28.01.2021 und 17.09.2021 forderte der Kläger zunächst erfolglos Zahlung in Höhe von 12.500,00 EUR von Herrn H. (K8-9, Bl. 212 ff. d.A., K11, Bl. 218 f. d.A.), der ausweislich einer Information der Creditreform zahlungsunfähig geworden war (K10, Bl. 215 ff. d.A.). Mit Einschreiben vom 02.12.2021 wurde Herr H. seines Geschäftsanteils an der Schuldnerin gemäß § 21 Abs. 2 GmbHG für verlustig erklärt (K13, Bl. 222 d.A.).
Mit Schreiben vom 28.01.2021 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 15.02.2021 erfolglos zur Zahlung in Höhe der Klageforderung auf (K15, Bl. 225 f. d.A.).
Der Kläger meint, er habe Anspruch auf Zahlung von Stammkapital aus § 16 Abs. 2 GmbHG und § 22 Abs. 1 GmbHG in Höhe von 12.500,00 EUR gegen den Beklagten. Ferner seien ihm die Kosten für zwei Auskünfte des Einwohnermeldeamts in Höhe von jeweils 14,95 EUR zu erstatten, die zur Bestimmung der aktuellen Anschrift erforderlich gewesen seien (K16-17, Bl. 227 f. d.A.).
Der Kläger hat den Antrag angekündigt, den Beklagten kostenfällig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an ihn – den Kläger – 12.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Februar 2021 sowie 29,90 EUR außergerichtliche Kosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte ist trotz ordnungsgemäßer Ladung, zugestellt am 13.07.2022 unter der Anschrift des Beklagten in Österreich (Bl. 235 d.A.), in der mündlichen Verhandlung vom 11.08.2022 nicht erschienen. Der Kläger hat sodann beantragt, gegen den Beklagten Versäumnisurteil im oben genannten Umfang zu erlassen.
Entscheidungsgründe
Auf den Antrag des Klägers war der Beklagte gemäß § 331 Abs. 1 ZPO im Wege des (Teil-)Versäumnisurteils zu verurteilen, denn er war im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11.08.2022 trotz ordnungsgemäßer und rechtzeitig am 13.07.2022 zugestellter Ladung im Sinne von § 335 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (Bl. 234 f. d.A.) zum Termin nicht erschienen. Es war jedoch gemäß § 331 Abs. 2 Hs. 1 ZPO nur im tenorierten Umfang dem Antrag nach zu erkennen, denn nur soweit rechtfertigt das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers den Klageantrag. Im Übrigen war die Klage nach § 331 Abs. 2 Hs. 2 ZPO (durch sog. unechtes Versäumnisurteil) abzuweisen.
Die Klage ist zulässig, aber teilweise begründet.
Im Einzelnen:
A. Zulässigkeit
Die Klage ist zulässig.
I.
Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG.
II.
Das angerufene Landgericht Essen ist auch gemäß Art. 7 Nr. 1 lit. a EUGVVO örtlich zuständig.
Da der Beklagte seinen Wohnsitz in Österreich, mithin einem anderen Land der Europäischen Union hat, richtet sich die örtliche Zuständigkeit vorliegend nach der Verordnung EU Nr. 1215/2012, die nach Artikel 1 Abs. 1 bei Zivil- und Handelssachen anzuwenden ist.
1.
Artikel 1 Abs. 2 lit. b), demzufolge die EUGVVO bei Konkursen keine Anwendung findet, ist nicht einschlägig. Es handelt sich hier nämlich nicht um eine Klage, die unmittelbar aus dem Insolvenzverfahren hervorgegangen ist und in einem engen Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren steht; insbesondere handelt es sich nicht um eine Insolvenzanfechtungsklage, die der Insolvenzverwalter im Falle der Insolvenz erheben kann, sondern um einen Anspruch der Gesellschaft gegen die Gesellschafter auf Leistung der vereinbarten Stammeinlage aus §§ 16, 22 GmbHG (vgl. bzgl. § 64 S. 2 GmbHG a.F.: OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2009 – 17 U 152/08, BeckRS 2010, 12145; bzgl. § 30 GmbHG: OLG Koblenz, Urteil vom 11.01.2001 – 6 U 1199/98, NZI 2002, 56; bzgl. § 11 Abs. 2 GmbHG: OLG Rostock, Urteil vom 04.06.2014 – 1 U 51/11, BeckRS 2014, 14847). Der hier geltend gemachte Anspruch steht nicht in dem erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang mit der Durchführung eines Insolvenzverfahrens.
2.
Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes befindet sich im Bezirk des Landgerichts Essen. Im Hinblick auf den Gerichtsstand des Erfüllungsortes regelt Art. 7 Nr. 1 lit. a EUGVVO Folgendes: „Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden: 1. a) wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre“.
a)
Der Kläger macht Ansprüche aus einem Vertrag geltend. Vertrag ist jede freiwillige gegenüber einer anderen Person eingegangene Verpflichtung (Geimer, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., EuGVVO, Art. 7 Rn. 30; EuGH, Urteil vom 17.09.2002 – C-334/00, NJW 2002, 3159). Vorliegend werden vermeintliche Pflichten des Beklagten aus dem Gesellschaftsvertrag geltend gemacht, den dieser freiwillig im o.g. Sinne abgeschlossen hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 02.06.2003 – II ZR 134/02, NJW 2003, 2609).
b)
Zu klagen ist vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, Art. 7 Nr. 1 lit. a EUGVVO. Es kommt auf den materiellen Anspruch an, der Gegenstand des Streits ist. Anknüpfungspunkt für die internationale und örtliche Zuständigkeit ist die Primärverpflichtung, welche den Gegenstand der Klage bildet (Geimer, in: Zöller, a.a.O. Rn. 7; EuGH, Urteil vom 15.01.1987 – Rs 266/65, NJW 1987, 1131). Die hier geltend gemachte Verpflichtung ist die Zahlung der Stammeinlage des Gesellschafters an die Gesellschaft. Solche Forderungen der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter sind am Sitz der Gesellschaft zu erfüllen (Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 269 Rn. 12; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2009 – 17 U 152/08, BeckRS 2010, 12145; OLG Koblenz, Urteil vom 11.01.2001 – 6 U 1199/98, NZI 2002, 56; OLG Rostock, Urteil vom 04.06.2014 – 1 U 51/11, BeckRS 2014, 14847). Der Sitz der Gesellschaft befindet sich ausweislich des Handelsregisterauszug in (K2, Bl. 56 d.A.), mithin ausweislich Nr. 96 der Anlage 1 zu § 21 Justizgesetz NRW im Bezirk des hiesigen Landgerichts.
III.
Der Kläger ist auch prozessführungsbefugt. Infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Kläger als Insolvenzverwalter befugt, über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen der Schuldnerin zu verfügen, § 80 Abs. 1 InsO.
B. Begründetheit
Die Klage ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang teilweise begründet.
I.
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung in Höhe von lediglich 5.000,00 EUR gegen den Beklagten aus § 22 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 80 Abs. 1 InsO.
Für eine von dem ausgeschlossenen Gesellschafter nicht erfüllte Einlageverpflichtung haftet gegenüber der Gesellschaft nach § 22 Abs. 1 GmbHG auch der letzte und jeder frühere Rechtsvorgänger des Ausgeschlossenen, der im Verhältnis zu ihr als Inhaber des Geschäftsanteils gilt.
1. Kaduzierung
Vorausgesetzt ist folglich zunächst, dass ein Gesellschafter nach § 21 GmbHG ausgeschlossen ist. Nach Abs. 1 sind hierfür eine verzögerte Einzahlung und eine erneute Aufforderung zur Zahlung binnen einer zu bestimmenden Nachfrist unter Androhung seines Ausschlusses mit dem Geschäftsanteil, auf welchen die Zahlung zu erfolgen hat, erforderlich. Die Aufforderung kann mittels eingeschriebenen Briefes erfolgen und die Nachfrist müsste mindestens einen Monat betragen.
Eine verzögerte Einzahlung ist gegeben, denn sowohl die Einlage des Gesellschafters H. in Höhe von 7.500,00 EUR als auch die Einlage im Hinblick auf den von dem Beklagten erworbenen Geschäftsanteil in Höhe von 5.000,00 EUR wurde bisher nicht geleistet (K3-5, Bl. 188 ff. d.A.).
Auch forderte der Kläger zuletzt mit Schreiben vom 17.09.2021 die Zahlung der Einlage (K11, Bl. 218 f. d.A.). Hierbei drohte er den Ausschluss mit dem Geschäftsanteil an. Ferner wurde in diesem Schreiben, das dem Herrn H. unter dem 18.09.2021 zuging, eine Frist bis zum 29.10.2021 gesetzt. Diese war folglich über einen Monat lang. Dieses Schreiben wurde auch per Einschreiben mit Rückschein versandt (K11 und 12, Bl. 218 ff. d.A.).
Da folglich die Voraussetzungen des Abs. 1 vorlagen, erklärte der Kläger wirksam gemäß § 21 Abs. 2 GmbHG nach erfolglosem Ablauf der Frist mittels eingeschriebenen Briefs vom 02.12.2021 den säumige Gesellschafter H. seines Geschäftsanteils und der geleisteten Teilzahlungen zugunsten der Gesellschaft verlustig. Dies hat zur Folge, dass der Gesellschafter H. nach § 21 Abs. 3 GmbHG weiterhin für den rückständigen Betrag haftet. Dies ist, da er mittlerweile die Anteile des Beklagten übernommen hat, ein Betrag in Höhe von insgesamt 12.500,00 EUR.
2.
Nach § 22 Abs. 1 GmbHG haftet der Gesellschaft auch der letzte Rechtsvorgänger für die Einlage, mithin der Beklagte.
3.
Die Beschränkung der Haftung nach § 22 Abs. 2 GmbHG auf solche Beträge, die vom Rechtsnachfolger nicht zu erlangen sind, gilt nach dem klaren Wortlaut nur für frühere Rechtsvorgänger und nicht für den letzten Rechtsvorgänger (vgl. Abs. 1 und 2; vgl. H. Jaeger, in: BeckOK GmbHG, 52. Edit., § 22 Rn. 9).
4.
Die Haftung aus § 22 GmbHG beschränkt sich dem Umfang nach jedoch auf 5.000,00 EUR.
Denn in Höhe von 5.000,00 EUR hat der Beklagte, die auf seinen Geschäftsanteil anfallende Einlageverpflichtung nicht erfüllt.
Der Beklagte haftet jedoch nicht nach § 22 GmbHG für die weiteren geltend gemachten 7.500,00 EUR, weil er insoweit in Beziehung zu dem kaduzierten Geschäftsanteil kein Rechtsvorgänger im Sinne dieser Vorschrift ist. Nach § 22 Abs. 1 GmbHG haftet für eine von dem ausgeschlossenen Gesellschafter nicht erfüllte Einlageverpflichtung der Gesellschaft auch der letzte und jeder frühere Rechtsvorgänger des Ausgeschlossenen, der im Verhältnis zu ihr als Inhaber des Geschäftsanteils gilt. Rechtsvorgänger im Sinne des § 22 GmbHG ist indes nur derjenige, bei dem diese Voraussetzungen vor der Kaduzierung nach § 21 GmbHG in Bezug auf den später kaduzierten Geschäftsanteil gegeben sind (BGH, Urteil vom 19.05.2015 – II ZR 291/14, DNotZ 2015, 860 m.w.Nw.). Das war bei dem Beklagten im Hinblick auf diese Geschäftsanteile niemals der Fall. Denn dieser Geschäftsanteil befand sich seit dem Zeitpunkt der Gründung im Vermögen des Herrn H.
5.
Die Ausschlussfrist von fünf Jahren des Abs. 3 ist noch nicht abgelaufen. Sie beginnt mit dem Tag, ab welchem der Rechtsnachfolger (H.) im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt. Die Abtretung der Geschäftsanteile von dem Beklagten an den Kläger erfolgte erst 2019.
II.
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen (weiteren) Anspruch auf Zahlung von 7.500,00 EUR aus § 24 GmbHG. Beklagte haftet deshalb nicht nach § 24 GmbHG, weil er kein übriger Gesellschafter im Sinne dieser Vorschrift ist.
Nach § 24 GmbHG haben die übrigen Gesellschafter den Fehlbetrag aufzubringen, soweit eine Stammeinlage im Kaduzierungsverfahren weder von den Zahlungspflichtigen eingezogen noch durch den Verkauf des Geschäftsanteils gedeckt werden kann. Übriger Gesellschafter i.S. des § 24 GmbHG ist derjenige, der im Zeitpunkt der Fälligkeit der betreffenden Stammeinlagerate noch Gesellschafter ist (BGH, Urteil vom 19.05.2015 – II ZR 291/14, DNotZ 2015, 860; BGH, Urteil vom 13.05.1996 – II ZR 275/94, BGHZ 132, 390, 393 ff.).
Der Beklagte ist nicht im Zeitpunkt der Fälligkeit der gegen seinen Mitgesellschafter gerichteten Einlageforderung Gesellschafter der Schuldnerin. Die Satzung der Schuldnerin enthielt keine Fälligkeitsbestimmung. Der Restbetrag der Einlage wird in Ermangelung einer abweichenden Satzungsbestimmung erst dann fällig, wenn die Gesellschafter deren Einforderung beschließen (§ 46 Nr. 2 GmbHG) und der Geschäftsführer den Betrag einfordert (vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2015, a.a.O., Rn. 10; BGH, Urteil vom 29.06.1961 – II ZR 39/601, WM 1961, 855). Einen Einforderungsbeschluss für die noch offene Resteinlageforderung haben die Gesellschafter der Schuldnerin nicht gefasst und der Beklagte ist bereits mit dem 23.10.2019 als Gesellschafter aus der Schuldnerin ausgeschieden.
III.
Der Kläger hat ferner keinen Anspruch auf Zahlung in Höhe von weiteren 7.500,00 EUR gegen den Beklagten aus §§ 16 Abs. 2, 14 S. 1 und 2 GmbHG.
Gemäß § 16 Abs. 2 GmbHG haftet der Erwerber neben dem Veräußerer für Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem der Erwerber gemäß Absatz 1 Satz 1 im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt,.
1.
Nach § 14 S. 1 und 2 GmbHG ist auf jeden Geschäftsanteil eine Einlage zu leisten, deren Höhe sich nach dem bei der Errichtung der Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag festgesetzten Nennbetrag des Geschäftsanteils richtet. Vorliegend wurde eine Stammeinlage des Beklagten in Höhe von 10.000,00 EUR vereinbart, worauf der Beklagte lediglich 5.000,00 EUR zahlte (K5, Bl. 201 ff. d.A.). Der weiterergehende Betrag in Höhe von 5.000,00 EUR wurde bisher unstreitig nicht gezahlt.
2.
Ein über 5.000,00 EUR hinausgehender Anspruch auf Zahlung der Einlagen des Gesellschafters H., in Höhe von weiteren 7.500,00 EUR ergibt sich aus § 16 Abs. 2 GmbHG nicht. Dieser regelt nur den Fortbestand der Haftung des Gesellschafters für eigene Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem der Erwerber gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt. Anhaltspunkte für eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung dahin, dass der Veräußerer für fremde, im maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht fällige Einlageschulden haften soll, sind nicht ersichtlich (BGH, Urteil vom 19.05.2014 – II ZR 291/14, Rn. 19). Der Schutzzweck der Vorschrift, der darauf gerichtet ist, dass sich der Gesellschafter seiner Haftung für die fälligen, von ihm der Gesellschaft geschuldeten Einlageleistungen nicht durch Veräußerung seines Anteils entziehen können soll, verbietet eine Ausdehnung der Haftung des Veräußerers auf fremde Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt, in dem der Erwerber im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, nicht fällig sind (BGH, a.a.O.).
3.
Der Zahlungsanspruch der Gesellschaft gegen den Beklagten in Höhe von 5.000,00 EUR ist durch das Ausscheiden des Beklagten aus der Gesellschaft nicht untergegangen. Dies ergibt sich auch aus § 16 Abs. 2 GmbHG demzufolge für Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem der Erwerber (hier Herr H) im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, der Erwerber neben dem Veräußerer haftet. Sie haften als Gesamtschuldner (MüKoGmbHG/Heidinger GmbHG § 16 Rn. 24).
4.
Jedoch war der vorbenannte Betrag – und damit auch kein weiterer Betrag von 7.500,00 EUR – nicht rückständig im Sinne des § 16 Abs. 2 GmbHG. Rückständig im Sinne des Absatz 2 sind die bis zum Zeitpunkt der Eintragung des neuen Gesellschafters in die Gesellschafterliste (§§ 16 Abs. 1 S. 1, 40 GmbHG) fällig gewordenen und noch nicht erfüllten Leistungen auf den Geschäftsanteil (MüKoGmbHG/Heidinger, 4. Aufl., GmbHG § 16 Rn. 215). Die vorbenannten Einlagepflichten in Höhe von 5.000,00 EUR und 7.500,00 EUR waren jedoch noch nicht fällig geworden. Die Satzung der Schuldnerin enthielt keine Fälligkeitsbestimmung. Der Restbetrag der Einlage wird in Ermangelung einer abweichenden Satzungsbestimmung erst dann fällig, wenn die Gesellschafter deren Einforderung beschließen (§ 46 Nr. 2 GmbHG) und der Geschäftsführer den Betrag einfordert (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 10). Einen Einforderungsbeschluss für die noch offene Resteinlageforderung haben die Gesellschafter der Schuldnerin nicht gefasst und der Beklagte ist bereits mit dem 23.10.2019 als Gesellschafter aus der Schuldnerin ausgeschieden.
5.
Dem Kläger war insoweit auch keine Stellungnahmefrist zu gewähren, da eine solche laut Protokoll nicht gewünscht war.
IV. Nebenforderungen
Der Kläger hat infolge der Zahlungsaufforderung vom 28.01.2021 unter Fristsetzung zum 15.02.2021 auch Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.02.2021. Infolge dieses Verzugs sind auch die Kosten der zwei EMA-Anfragen in Höhe von insgesamt 29,90 EUR aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB sowie Rechtshängigkeitszinsen hieraus nach §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.07.2020 (PZU vom 13.07.2022, Bl. 235 d.A.) erstattungsfähig.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht für den Kläger auf §§ 708 Nr. 2 ZPO und für den Beklagten auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.