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Notarielle Urkunde mit Eigentumsübertragung mehrerer Grundstücke – Streitwert

Erfolgreicher Widerspruch gegen separate Kostenberechnung bei Eigentumsübertragung mehrerer Grundstücke

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt entschied am 10.05.2023 im Beschluss Az.: 12 Wx 19/23, dass die Beschwerde der Beteiligten zu 1 erfolgreich war. Die vorausgegangenen Beschlüsse des Amtsgerichts Halle (Saale) – Grundbuchamt – sowie die Kostenrechnung wurden aufgehoben. Es ging um die Frage, ob für die Eintragung der Eigentumsübertragung von insgesamt 14 Eigentumswohnungen in Halle (Saale) separate Kostenansätze berechnet werden dürfen oder ob eine gebündelte Kostenrechnung auf Basis der gesamten Gegenstandswerte zu erstellen ist. Das Gericht entschied, dass die Kosten nur einmal aus dem zusammengerechneten Wert aller betroffenen Grundstücke erhoben werden dürfen, da die Eintragungsanträge in derselben notariellen Urkunde enthalten waren und am selben Tag beim Grundbuchamt eingegangen sind.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 12 Wx 19/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt hat mit seinem Beschluss vom 10.05.2023 entschieden, dass die Kosten für die Eigentumsumschreibung von 14 Eigentumswohnungen in Halle (Saale) nicht separat, sondern nur einmal aus dem gesamten Gegenstandswert berechnet werden dürfen.
  • Die Entscheidung betont die Bedeutung der Einheitlichkeit von Eintragungsanträgen, die in derselben notariellen Urkunde enthalten sind und am selben Tag eingereicht werden, für die Kostenberechnung.
  • Die Beschwerde gegen die separate Kostenberechnung des Amtsgerichts Halle (Saale) – Grundbuchamt – wurde somit zugunsten der Beschwerdeführerin entschieden.
  • Die Notarin hatte mit den Eintragungsanträgen gemäß § 15 Abs. 2 GBO gehandelt, die Anträge bezogen sich jedoch auf ein gemeinsames Dokument, die notarielle Urkunde, was eine zusammengefasste Kostenberechnung rechtfertigt.
  • Die Entscheidung klärt die Anwendung der Vorbemerkung Ziffer 1.4 der Anlage 1 zum GNotKG bezüglich der Kostenprivilegierung bei Eintragungsanträgen, die in derselben Urkunde enthalten sind und am selben Tag beim Grundbuchamt eingehen.

Eigentumsübertragung von Grundstücken: Die rechtlichen Finessen

Die Übertragung von Grundeigentum ist ein komplexer rechtlicher Prozess, der eine sorgfältige Beachtung erfordert. Eine notarielle Urkunde bildet dabei das Herzstück der Transaktion und gewährleistet die Rechtssicherheit aller Beteiligten. Doch die notarielle Beurkundung ist nur ein Aspekt der zahlreichen rechtlichen Herausforderungen, die mit der Grundstücksübertragung einhergehen.

Um den Eigentumsübergang rechtlich einwandfrei zu vollziehen, bedarf es einer präzisen Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und einer sorgfältigen Prüfung aller relevanten Aspekte. Dazu gehören insbesondere die Auflassung als zentraler Akt der Eigentumsübertragung sowie die anschließende Eintragung ins Grundbuch. Die notarielle Urkunde dient hierbei als ausschlaggebender Nachweis für die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts und schützt sowohl den Erwerber als auch den Veräußerer vor rechtlichen Fallstricken.

Im Zentrum des Falls steht die Übertragung von Eigentumsrechten an insgesamt 14 Eigentumswohnungen in Halle (Saale), die durch eine notarielle Urkunde vom 23. September 2022 besiegelt wurde. Die Eheleute N., zusammen mit ihren drei Kindern, gründeten die Beteiligte zu 1) und brachten diese Immobilien in die neu gegründete Gesellschaft ein. Das rechtliche Prozedere umfasste die Antragstellung zur Löschung etwaiger Belastungen in den Grundbüchern sowie die notwendige Umschreibung der Eigentumsverhältnisse.

Notarielle Urkunde und Eigentumsübertragung: Ein komplexer Vorgang

Die Übertragung der Eigentumsrechte erforderte eine detaillierte Bearbeitung durch das Grundbuchamt, das auf Basis der eingereichten Unterlagen und der notariellen Urkunde handelte. Die Notarin legte dabei nicht nur die Gründungsurkunde vor, sondern auch alle erforderlichen Dokumente für die Eigentumsumschreibung und die Bewilligung zur Löschung der eingetragenen Belastungen. Dieser Vorgang zog eine Kostenrechnung nach sich, die auf einem Gegenstandswert von 93.938,68 Euro basierte und insgesamt 442,80 Euro betrug. Die Kostenrechnung umfasste Gebühren für die Eigentumsumschreibung, die Pfandfreigabe sowie die Löschung des Grundpfandrechtes.

Rechtliche Auseinandersetzung um Kostenrechnung

Die Beteiligte zu 1) legte gegen die Kostenrechnung und die damit verbundenen Kostenansätze Erinnerung ein, da sie der Auffassung war, dass es sich um eine kostenrechtlich privilegierte Eintragung handele. Ihrer Meinung nach hätte lediglich eine Gebühr aus den zusammengerechneten Gegenstandswerten erhoben werden dürfen. Die Erinnerung wurde jedoch vom Amtsgericht Halle (Saale) – Grundbuchamt – abgelehnt, mit der Begründung, dass für die Kostenprivilegierung die Eintragungsanträge in einem Dokument hätten gestellt werden müssen.

Kern der juristischen Herausforderung

Das rechtliche Dilemma entstand aus der Interpretation, was als „ein Dokument“ im Sinne der Kostenprivilegierung zu verstehen ist. Die Beteiligte zu 1) argumentierte, dass alle materiellen Erklärungen in der notariellen Urkunde enthalten seien und somit von einem Eintragungsantrag in demselben Dokument ausgegangen werden müsse. Dies wurde vom Amtsgericht jedoch anders gesehen, das annahm, dass 14 separate Anträge gestellt wurden, die jeweils als eigenständige Dokumente behandelt werden müssten.

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt setzt neue Maßstäbe

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt hob in seinem Beschluss vom 10. Mai 2023 die Entscheidungen des Amtsgerichts auf und wies das Grundbuchamt an, eine neue Kostenrechnung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu erstellen. Das Gericht stellte klar, dass die Gebühr gemäß Nr. 14110 KV GNotKG nur einmal aus dem zusammengerechneten Wert sämtlicher betroffener Grundstücke erhoben werden dürfe. Die Eintragungsanträge in der notariellen Urkunde vom 23. September 2022 seien als „ein Dokument“ zu betrachten, was die Kostenprivilegierung begründet.

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt bestätigt mit seinem Urteil, dass bei der Zusammenfassung von Eintragungsanträgen in einer notariellen Urkunde die Kosten für die Eigentumsumschreibung aller betroffenen Grundstücke nur einmalig aus dem gesamten Gegenstandswert erhoben werden dürfen.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Wie wird eine Eigentumsübertragung von Grundstücken rechtlich vollzogen?

Die rechtliche Übertragung von Eigentum an Grundstücken in Deutschland erfolgt in zwei wesentlichen Schritten: der Auflassung und der Eintragung im Grundbuch.

Auflassung

Die Auflassung ist die notariell beurkundete Einigung zwischen Verkäufer und Käufer über den Eigentumsübergang des Grundstücks. Sie ist ein sogenanntes dingliches Rechtsgeschäft und gemäß § 925 BGB erforderlich, um das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen.

Eintragung im Grundbuch

Nach der Auflassung muss die Eigentumsübertragung im Grundbuch eingetragen werden, um rechtswirksam zu sein. Das Grundbuch ist ein amtliches Verzeichnis, das die Eigentumsverhältnisse an Grundstücken und Immobilien dokumentiert. Die Eintragung im Grundbuch erfolgt auf Antrag beim zuständigen Grundbuchamt und bewirkt den rechtlichen Eigentumsübergang gemäß § 873 BGB.

Besonderheiten

  • Die Auflassung ist bedingungsfeindlich, das heißt, sie kann nicht unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung erklärt werden.
  • In der Praxis wird oft eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen, um den Anspruch des Käufers auf Eigentumsübertragung zu sichern. Dies schützt den Käufer vor einer anderweitigen Verfügung des Verkäufers über das Grundstück.
  • Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgt in der Regel erst nach vollständiger Kaufpreiszahlung. Der Notar stellt den Umschreibungsantrag an das Grundbuchamt erst, wenn alle erforderlichen Unterlagen und Bestätigungen vorliegen.

Vollzug der Auflassung

Der Vollzug der Auflassung kann auch dann noch erfolgen, wenn besondere Umstände eintreten, wie zum Beispiel der Tod des Veräußerers vor der Eigentumsumschreibung. In einem solchen Fall kann die Auflassung an die Alleinerbin nach dem Tod des Erblassers noch in das Grundbuch eingetragen werden.

Zusammenfassend ist die Eigentumsübertragung von Grundstücken ein formbedürftiger Prozess, der die notarielle Beurkundung der Auflassung und die Eintragung im Grundbuch erfordert. Diese Schritte stellen sicher, dass der Eigentumsübergang rechtlich einwandfrei und für alle Beteiligten transparent und nachvollziehbar ist.

Welche Rolle spielt die notarielle Beurkundung bei der Übertragung von Immobilieneigentum?

Die notarielle Beurkundung spielt eine entscheidende Rolle bei der Übertragung von Immobilieneigentum, da sie eine gesetzliche Voraussetzung für die Wirksamkeit des Eigentumsübergangs ist. Die Auflassung, also die Einigung zwischen Verkäufer und Käufer über den Eigentumsübergang, muss notariell beurkundet werden, um rechtlich bindend zu sein. Dies ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unter § 925 geregelt. Die notarielle Beurkundung dient dabei als Nachweis der Einigung und ist erforderlich, um die Eigentumsübertragung im Grundbuch eintragen zu lassen.

Die notarielle Beurkundung hat mehrere Funktionen:

  • Rechtssicherheit: Sie stellt sicher, dass die Vertragsparteien über die rechtlichen Konsequenzen ihrer Vereinbarung aufgeklärt sind und dass die Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
  • Beweisfunktion: Die Beurkundung dient als offizieller und unanfechtbarer Beweis für die getroffenen Vereinbarungen zwischen den Parteien.
  • Schutzfunktion: Sie schützt die Beteiligten vor übereilten Entscheidungen, da der Notar die Identität der Parteien prüft und ihre Willenserklärungen dokumentiert.
  • Vollzugsfunktion: Der Notar überwacht die Abwicklung des Kaufvertrags, einschließlich der Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch, die den Käufer vor weiteren Verfügungen des Verkäufers schützt, und stellt sicher, dass der Kaufpreis erst nach Eintragung der Vormerkung gezahlt wird.
  • Informationsfunktion: Der Notar informiert die Beteiligten über ihre Rechte und Pflichten und berät sie hinsichtlich der steuerlichen und finanziellen Aspekte der Transaktion.

Zusammengefasst ist die notarielle Beurkundung ein unverzichtbarer Bestandteil des rechtlichen Prozesses der Eigentumsübertragung von Immobilien in Deutschland, der Transparenz und Rechtssicherheit für alle Beteiligten gewährleistet.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  1. § 15 Abs. 2 GBO (Grundbuchordnung): Regelt die Antragstellung für Eintragungen im Grundbuch. Im vorliegenden Urteil war der Antrag der Notarin auf Eigentumsumschreibung und Löschung eingetragener Belastungen zentral, da er die rechtliche Grundlage für die Umsetzung der in der notariellen Urkunde dokumentierten Eigentumsübertragung bildet.
  2. Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 Satz 1 der Anlage 1 zum GNotKG (Gerichts- und Notarkostengesetz): Betrifft die kostenrechtliche Behandlung von Eintragungen im Grundbuch. Spezifiziert, unter welchen Umständen für die Eintragung mehrerer Grundstücke für denselben Eigentümer eine privilegierte Gebührenberechnung erfolgt. Dieser Aspekt war für die Bestimmung der korrekten Kostenrechnung im verhandelten Fall relevant.
  3. § 13 Abs. 1 GBO: Definiert die formalen Anforderungen an Eintragungsanträge im Grundbuch. Die Interpretation dieses Paragraphen war entscheidend für die Frage, ob die von der Notarin gestellten Anträge als einheitliches Dokument im Sinne der Kostenprivilegierung zu betrachten sind.
  4. § 81 Abs. 6 GNotKG: Ermächtigt das Gericht, über Beschwerden gegen kostenrechtliche Entscheidungen durch ein Mitglied des Gerichts als Einzelrichter zu entscheiden. Dieser Paragraph bildete die rechtliche Grundlage für die Entscheidungsfindung des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt.
  5. Nr. 14110 KV GNotKG: Bestimmt die Gebühren für die Eintragung von Eigentumsänderungen im Grundbuch. Die Anwendung dieser Vorschrift auf den Gesamtwert aller betroffenen Grundstücke war ein zentraler Streitpunkt.
  6. § 81 Abs. 8 GNotKG: Regelt, dass unter bestimmten Umständen keine Kostenentscheidung erforderlich ist. Im konkreten Fall war dies relevant, da das Gericht keine neue Kostenentscheidung bezüglich der Gebührenrechnung treffen musste, sondern lediglich die Aufhebung der ursprünglichen Kostenrechnung anordnete.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 19/23 – Beschluss vom 10.05.2023

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) werden der Beschluss des Amtsgerichts Halle (Saale) – Grundbuchamt – vom 21. März 2023, soweit er hinsichtlich des Grundbuchs von H. Blatt … 10 ergangen ist, und die Kostenrechnung vom 17. Januar 2023 aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, eine Kostenrechnung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu erlassen.

Gründe

I.

Mit notarieller Urkunde vom 23. September 2022 der Notarin J. O. in M. gründeten die Eheleute N. mit ihren drei Kindern die Beteiligte zu 1). Die Eheleute N. brachten zusätzlich insgesamt 14 in Halle (Saale) gelegene Eigentumswohnungen in die neu gegründete Beteiligte zu 1) ein, Anlage II zur notariellen Urkunde vom 23. September 2022. Die Vereinbarung zur Einbringung von Eigentumswohnungen enthielt zugleich den Antrag, etwaig eingetragene Belastungen in den Abteilungen II und III der jeweiligen Grundbücher vorbehaltlich der Verfügbarkeit von Löschungsunterlagen löschen zu lassen, § 2 Ziffer 5 der Anlage II, sowie die beurkundeten Eintragungen vorzunehmen.

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Mit Antrag gemäß § 15 Abs. 2 GBO vom 23. November 2022, bei Gericht eingegangen am 10. Januar 2023, reichte die Notarin zum hiesigen Grundbuchblatt eine beglaubigte Abschrift der Gründungsurkunde vom 23. September 2022 sowie die weiter erforderlichen Unterlagen für die Eigentumsumschreibung sowie die Bewilligung der Löschung der eingetragenen Belastungen für das dort näher bezeichnete Eigentum ein. Sie verwies auf den ebenso am selben Tag gestellten Antrag hinsichtlich des Blatt … 19 des Grundbuches von Halle.

Das Amtsgericht Halle (Saale) – Grundbuchamt – nahm die beantragten Eintragungen vor und erstellte mit Datum vom 17. Januar 2023 eine Kostenrechnung, welche auf insgesamt 442,80 Euro valutiert und von einem Gegenstandswert von 93.938,68 Euro ausgeht. Gegenstand des Kostenansatzes waren eine 1,0 Gebühr für die Eigentumsumschreibung, eine 0,3 Gebühr für die Pfandfreigabe und eine 0,5 Gebühr für die Löschung des Grundpfandrechtes.

Gegen diesen Kostenansatz – und die weiteren 13 Kostenrechnungen zu den Grundbuchblättern 24419, 28174, 2410, 27410, 23361, 19277, 14814, 24417, 28173, 15788, 27642, 27532, 27408 und 15786 – erhob die Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 6. Februar 2023 Erinnerung. Als Begründung führte sie aus, dass es sich um eine kostenrechtlich privilegierte Eintragung im Sinne der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 Satz 1 der Anlage 1 zum GNotKG handele und nur eine Gebühr aus den zusammengerechneten Gegenstandswerten hätte erhoben werden dürfen.

Die Beteiligte zu 2) ist der Erinnerung entgegengetreten. Der Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Amtsgericht Halle (Saale) – Grundbuchrechtspflegerin – zur Entscheidung vorgelegt. Diese hat die Erinnerung mit Beschluss vom 21. März 2023 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass zwar alle Anträge am selben Tag eingegangen seien, die betroffenen Grundbücher alle bei demselben Gericht geführt würden und dieselbe Eigentümerin habe eingetragen werden sollen. Allerdings seien 14 verschiedene Anträge eingegangen. Für die Kostenprivilegierung wäre es erforderlich gewesen, die Eintragungsanträge in einem Dokument zu stellen. Die Notarin habe indes 14 unterschiedliche Anträge im Sinne des § 13 Abs. 1 GBO gestellt, weshalb die Privilegierung entfalle. Bei dem „Dokument“ im Sinne der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 Satz 1 der Anlage 1 zum GNotKG handele es sich um den Eintragungsantrag und nicht um die notarielle Urkunde.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1) mit ihrer Beschwerde vom 11. April 2023 mit der Begründung, dass sämtliche materiellen Erklärungen in der notariellen Urkunde enthalten seien und deshalb von einem Eintragungsantrag in demselben Dokument auszugehen sei.

Der Beschwerde hat das Amtsgericht Halle (Saale) – Grundbuchamt – mit Beschluss vom 19. April 2023 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht Naumburg zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es auf den Beschluss vom 21. März 2023 verwiesen.

II.

Die nach §§ 79, § 81 Abs. 3 und 5 Sätze 1 und 4 GNotKG, § 10 Abs. 1 FamFG zulässige Beschwerde der Kostenschuldnerin hat in der Sache Erfolg, wobei das Gericht gemäß § 81 Abs. 6 GNotKG über die Beschwerde durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet.

Das Amtsgericht Halle (Saale) – Grundbuchamt – hat zu Unrecht den Gegenstandswert von 93.938,68 Euro für die Eigentumsumschreibung, die Pfandfreigabe und die Löschung des Grundpfandrechtes zugrunde gelegt.

Es hätte die Gebühr gemäß Nr. 14110 KV GNotKG aller am 10. Januar 2023 eingegangen Anträge auf Eigentumsumschreibung der Beschwerdeführerin nur einmal aus dem zusammengerechneten Wert sämtlicher betroffener Grundstücke erheben dürfen und nicht – wie geschehen – 14 getrennte Kostenansätze vornehmen dürfen.

Gemäß Vorbemerkung Ziffer 1.4 der Anlage 1 zum GNotKG wird die Gebühr dann aus den zusammengerechneten Werten der Grundstücke einmal erhoben, wenn derselbe Eigentümer bei mehreren Grundstücken über die das Grundbuch bei demselben Amtsgericht geführt wird eingetragen werden soll, die Eintragungsanträge in demselben Dokument enthalten und am selben Tag beim Grundbuchamt eingegangen sind.

Hier sind die Eintragungsanträge im Sinne der Vorbemerkung in demselben Dokument enthalten, nämlich der notariellen Urkunde vom 23. September 2022. Zwar hat die Notarin mit Schreiben jeweils vom 23. November 2022, eingegangen am 10. Januar 2023, insgesamt 14 ähnlich lautende Schreiben an das Amtsgericht Halle (Saale) – Grundbuchamt – übersandt und jeweils gemäß § 15 GBO einen Eintragungsantrag bezüglich eines konkret bezifferten Blattes des Grundbuches gestellt, weshalb dies allein zugrunde gelegt kein Eintragungsantrag in demselben Dokument darstellt. Allerdings sind die eigenen Eintragungsanträge der Gesellschafter der Beteiligten zu 1) unter § 2 Ziffer 2, 4 und 5 der Anlage II zum notariellen Vertrag zu berücksichtigen, die sich gesammelt auf alle 14 Eigentumsumschreibungen beziehen und in demselben Dokument enthalten sind.

Diese Eintragungsanträge der Gesellschafter sind maßgeblich, auch wenn die Notarin jeweils auch ausdrücklich einen eigenen Eintragungsantrag gestellt hat. Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass bei Anträgen sowohl der Beteiligten in der notariellen Urkunde als auch des Notars gemäß § 15 Abs. 2 GBO zwei Anträge vorliegen (OLG Hamm, Beschluss vom 1. März 1988, 15 W 336/86, OLGZ 1988, 260 (261); Demharter, a. a. O., § 31 Rn. 9). Hier hat die Notarin sogar ausdrücklich Bezug auf die eigenen Eintragungsanträge der Erschienenen genommen, indem sie § 2 Ziffer 2 der Anlage II des notariellen Vertrages in Bezug genommen hat. Die eigenen Anträge der Beteiligten sind als selbstständig gestellt zu berücksichtigen. Dass diese in demselben Dokument gestellt sind, liegt auf der Hand.

Unklarheiten ergeben sich nicht daraus, dass sich Notarin in unterschiedlichen Anschreiben auf unterschiedliche Ziffern des § 2 der Anlage II zum notariellen Vertrag bezieht. Die insgesamt in der gemeinsamen Urkunde enthaltenen Anträge der Beteiligten sind umfassend und erschöpfend zu berücksichtigen.

Dabei ergibt sich aus der Gesetzesbegründung auch nicht, dass „dasselbe Dokument“ im Sinne der Vorbemerkung Ziffer 1.4 der Anlage 1 zum GNotKG nicht auch die notarielle Urkunde selbst sein kann. Im Gegenteil, in der BT-Drs. 18/04201 heißt es, dass „durch die umfassende Formulierung „Dokument“ […] nicht nur Eintragungsanträge in notariellen Urkunden erfasst [werden]“. Daraus ist zu schließen, dass jedenfalls Eintragungsanträge in notariellen Urkunden erfasst werden sollen, der Anwendungsbereich der Kostenprivilegierung darüber hinaus ausgedehnt werden soll. Es soll den Notaren auch die Möglichkeit eröffnet werden, gemäß § 15 Abs. 2 GBO mit einem Eintragungsantrag in einem Dokument vorzugehen, wenn die Eintragungsbewilligungen tatsächlich in mehreren Urkunden enthalten sind (vgl. Korintenberg/Wilsch, 22. Aufl. 2022, GNotKG KV Vorbemerkung 1.4 Rn. 55). Dabei ist sich die Kommentierung – soweit ersichtlich – einig, dass „das Dokument“ die Urkunde selbst oder auch ein Vorlageschreiben, z. B. des Notars gemäß § 15 Abs. 2 GBO, sein kann (Korintenberg/Wilsch, 22. Aufl. 2022, GNotKG KV Vorbemerkung 1.4 Rn. 55; BeckOK KostR/Uhl, 41. Ed. 1.4.2023, GNotKG § 69 Rn. 7; Bormann/Diehn/Sommerfeldt/Gutfried, 4. Aufl. 2021, GNotKG KV Vorb. 1.4 KV Rn. 21; Toussaint/Kawell, 53. Aufl. 2023, GNotKG § 69 Rn. 4).

Soweit in der Kommentierung eine Antragszusammenfassung durch den Notar angemahnt wird, wie das Amtsgericht an sich zutreffend ausgeführt hat, führt dies nicht dazu, dass in derselben Urkunde enthaltene eigene Anträge der Beteiligten zu 1) unberücksichtigt bleiben können.

Soweit neben der Eigentumsumschreibung auch die Pfandfreigabe und die Löschung eines Grundpfandrechtes beantragt war, vgl. insoweit auch § 2 Ziffer 5 der Anlage II des notariellen Vertrages, gelten vorstehende Grundsätze gemäß Vorbemerkung Ziffer 1.4 Abs. 3 Satz 2 der Anlage 1 zum GNotKG entsprechend.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 81 Abs. 8 GNotKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

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