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Fahrzeugbeschädigung durch heruntergefallenen Ast auf Fahrzeug – Schadensersatz

Verkehrssicherungspflicht: Supermarkt nicht haftbar für heruntergefallenen Ast

In dem Urteil des Amtsgerichts Köln, Az.: 126 C 275/22, vom 08.05.2023, wurde die Klage einer Fahrzeugbesitzerin gegen einen Supermarktbetreiber abgewiesen. Die Klägerin forderte Schadensersatz für ihr Fahrzeug, das durch einen herabfallenden Ast auf dem Parkplatz des Supermarktes beschädigt wurde. Sie argumentierte, dass der Supermarktbetreiber seine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe, indem er die Bäume auf seinem Gelände nicht ausreichend auf Stand- und Bruchsicherheit untersucht hatte. Das Gericht entschied jedoch, dass der Supermarktbetreiber nicht verkehrssicherungspflichtig für den Bereich war, von dem der Ast fiel, und wies die Klage daher ab. Die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten der Streithilfe wurden der Klägerin auferlegt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 126 C 275/22 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Das Gericht hat die Klage gegen den Supermarktbetreiber abgewiesen, da dieser nicht verkehrssicherungspflichtig für den Bereich war, von dem der Ast fiel.
  2. Die Klägerin machte Schadensersatzansprüche geltend, nachdem ihr Fahrzeug durch einen herabfallenden Ast beschädigt wurde, während es auf dem Parkplatz des Supermarktes abgestellt war.
  3. Die Klägerin behauptete, der Supermarktbetreiber habe seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem er die Bäume nicht ausreichend untersucht hatte.
  4. Der Supermarktbetreiber argumentierte, dass er nicht für den Bereich verantwortlich sei, in dem sich die Pappeln befanden, und daher nicht verkehrssicherungspflichtig war.
  5. Das Gericht folgte dieser Argumentation und entschied, dass der Supermarktbetreiber keine Verkehrssicherungspflicht für die Bäume hatte, da er keine Kontrolle über diesen Bereich ausübte.
  6. Die Klägerin trug die Kosten des Rechtsstreits und der Streithilfe.
  7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, mit der Möglichkeit der Vollstreckungsabwehr durch Sicherheitsleistung.
  8. Die Klägerin hatte ursprünglich auch gegen eine andere Partei geklagt, nahm diese Klage jedoch zurück und richtete ihre Ansprüche ausschließlich gegen den Supermarktbetreiber.

Verkehrssicherungspflicht für Bäume – Rechtliche Pflichten und Haftungsrisiken

Bäume prägen unser Stadtbild und erfreuen uns mit ihrer Schönheit und ihrem Schatten. Allerdings können sie auch eine Gefahrenquelle darstellen, wenn sie nicht ordnungsgemäß gepflegt werden. Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet Eigentümer dazu, dafür zu sorgen, dass von Bäumen keine Gefahr für Dritte ausgeht. Dazu gehören regelmäßige Kontrollen, Pflegemaßnahmen und gegebenenfalls Fällungen. Die Verletzung dieser Pflicht kann im Schadensfall zu erheblichen Haftungsansprüchen führen.

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Im Fokus des Rechtsstreits stand ein Vorfall, bei dem das Fahrzeug einer Klägerin durch einen herabfallenden Ast beschädigt wurde, während es auf dem für Kunden ausgewiesenen Parkplatz eines Supermarktes in Köln abgestellt war.

Schaden durch Bäume
Wer trägt die Verantwortung? Verkehrssicherungspflicht und Bäume im öffentlichen Raum (Symbolfoto: ArtMediaWorx /Shutterstock.com)

Die Klägerin erhob daraufhin Schadensersatzansprüche gegen die Betreiberin des Supermarktes, indem sie argumentierte, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Die Verkehrssicherungspflicht beinhaltet die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um Schäden an Personen und Sachen zu verhindern, die durch Gefahrenquellen auf dem eigenen Gelände entstehen könnten.

Verantwortung und Haftung bei Baumunfällen

Die Klägerin machte geltend, dass die Pappeln, von denen der Ast herabfiel, sich in unmittelbarer Nähe des Parkplatzes befanden und somit eine direkte Gefahr für die parkenden Fahrzeuge darstellten. Sie behauptete weiter, dass die Bäume jahrelang vernachlässigt worden seien, was durch Aussagen eines Mitarbeiters des Supermarktes untermauert wurde, der angab, mehrfach erfolglos auf die Notwendigkeit des Baumschnitts hingewiesen zu haben. Die Klägerin sah in der mangelnden Kontrolle und Pflege der Bäume einen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht der Beklagten.

Die Verteidigungsstrategie des Supermarktbetreibers

In ihrer Verteidigung wies die Beklagte zu 2) jegliche Verantwortung für die Verkehrssicherungspflicht von sich. Sie argumentierte, dass nicht sie, sondern der Eigentümer der Gesamtfläche, repräsentiert durch einen Streithelfer, für die Bäume und somit auch für die Verkehrssicherungspflicht verantwortlich sei. Die Beklagte stellte klar, dass zwischen den verschiedenen Grundstücksteilen, auf denen der Supermarkt und die Parkplätze einerseits und die Pappeln andererseits lagen, unterschieden werden müsse. Darüber hinaus bestritt sie, dass es im Vorfeld des Vorfalls Anzeichen für eine drohende Gefahr durch die Bäume gegeben habe.

Richterliche Bewertung der Verkehrssicherungspflicht

Das Gericht legte in seiner Urteilsfindung besonderen Wert auf die genaue Zuordnung der Verkehrssicherungspflicht. Es stellte fest, dass die Verantwortlichkeit für gefährliche Sachen oder Situationen, wie in diesem Fall die potenzielle Gefahr durch umstürzende Bäume, grundsätzlich demjenigen obliegt, der die tatsächliche Kontrolle über die Gefahrenquelle ausübt. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Beklagte zu 2) in diesem spezifischen Fall nicht als Adressatin der Verkehrssicherungspflicht angesehen werden kann, da sie weder die Bestimmungsmacht über die Bäume hatte noch in der Lage war, auf diese einzuwirken.

Urteil und Schlussfolgerungen

Die Klage wurde abgewiesen, und das Gericht entschied, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits sowie die Kosten der Streithilfe zu tragen hat. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der klaren Zuweisung von Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit der Verkehrssicherungspflicht. Es verdeutlicht, dass die Haftung für Schäden, die durch natürliche Gefahrenquellen wie Bäume entstehen, von der tatsächlichen Kontrolle und Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Gefahrenquelle abhängt.

Die Entscheidung des Gerichts betont die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der Verkehrssicherungspflicht und weist darauf hin, dass nicht automatisch der Grundstückseigentümer oder der Betreiber angrenzender Einrichtungen haftbar gemacht werden kann, sondern dass die tatsächliche Kontrolle über die Gefahrenquelle ausschlaggebend ist.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Wie wird die Haftung bei Schäden durch natürliche Gefahrenquellen wie Bäume geregelt?

Die Haftung bei Schäden durch Bäume wird durch die sogenannte Verkehrssicherungspflicht geregelt. Diese Pflicht verlangt von Baumbesitzern, dass sie alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um Schäden Dritter zu verhindern. Die rechtliche Grundlage dafür bildet § 823 Absatz 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Verkehrssicherungspflicht

Die Verkehrssicherungspflicht bedeutet, dass der Baumbesitzer regelmäßig prüfen muss, ob von seinen Bäumen potentielle Gefahren ausgehen. Dazu gehören beispielsweise marode und überhängende Äste. Wenn der Baumbesitzer dieser Pflicht nicht nachkommt und ein Schaden entsteht, kann er dafür haftbar gemacht werden.

Regelmäßige Baumkontrollen

Baumkontrollen sind Pflicht und dienen dazu, mögliche Gefahrenquellen zu identifizieren. Die Häufigkeit der Kontrollen sollte vom Standort, vom Zustand des Baumes und von den Sicherheitserwartungen des Verkehrs abhängig gemacht werden. Bei jungen und gesunden Bäumen können die Kontrollen beispielsweise zweijährlich stattfinden, während alte oder vorgeschädigte Bäume einen jährlichen Kontrollrhythmus benötigen.

Haftung bei höherer Gewalt

Wenn ein Schaden durch höhere Gewalt, wie zum Beispiel einen Sturm, verursacht wird und der Baum regelmäßig kontrolliert wurde, besteht in der Regel kein Haftungsanspruch gegen den Baumbesitzer. Dies wird als ein naturgegebenes Risiko eingestuft, das hinzunehmen ist.

Haftung bei Astbruch gesunder Bäume

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Besitzer nicht für Schäden haftet, die durch natürlichen Astbruch gesunder Bäume entstanden sind. Dies gilt als ein naturgegebenes Risiko, das nicht der Verkehrssicherungspflicht unterliegt.

Übertragung der Verkehrssicherungspflicht

Die Verkehrssicherungspflicht kann grundsätzlich übertragen werden, zum Beispiel an einen Mieter oder Pächter. Allerdings bleibt der Baumbesitzer in der Verantwortung, zu prüfen, ob die übertragene Pflicht auch tatsächlich wahrgenommen wird.

Zusammengefasst ist der Baumbesitzer verpflichtet, seine Bäume regelmäßig zu kontrollieren und notwendige Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu ergreifen. Kommt es zu einem Schaden durch einen Baum, hängt die Haftung davon ab, ob der Baumbesitzer seiner Verkehrssicherungspflicht nachgekommen ist und ob der Schaden durch höhere Gewalt oder durch einen gesunden Baum verursacht wurde. In diesen Fällen besteht in der Regel keine Haftung.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 823 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Schadensersatzpflicht bei der Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder eines sonstigen Rechts. Im vorliegenden Fall ist er relevant für die Beurteilung, ob die Beklagte durch das Nichtbeschneiden der Bäume eine Verletzung dieser Schutzgüter der Klägerin verursacht hat.
  • § 280 Abs. 1 BGB: Er begründet die Pflicht zum Schadensersatz wegen Pflichtverletzung innerhalb eines Schuldverhältnisses. Im Kontext des Urteils wird geprüft, ob die Beklagte ihre vertraglichen Pflichten verletzt hat, indem sie es unterließ, die Bäume auf ihrem Grundstück zu kontrollieren und zu pflegen.
  • § 1006 BGB: Dieser Paragraph erleichtert den Beweis des Eigentums an beweglichen Sachen durch den Besitz. Er wurde herangezogen, um die Eigentumsverhältnisse am beschädigten Fahrzeug der Klägerin zu klären.
  • § 263 ZPO (Zivilprozessordnung): Er regelt die Zulässigkeit eines Beklagtenwechsels im laufenden Verfahren. Das Gericht fand diesen Wechsel sachdienlich, um einen weiteren Rechtsstreit zu vermeiden und die Klage gegen den tatsächlich verantwortlichen Betreiber zu richten.
  • §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO: Diese Vorschriften betreffen die vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen und die Sicherheitsleistung, die für die Abwendung der Vollstreckung hinterlegt werden muss. Sie waren relevant für die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit des Urteils.
  • § 91 Abs. 1, 101 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO: Diese Paragraphen betreffen die Kostenentscheidung in einem Rechtsstreit. Im vorliegenden Urteil basiert darauf die Entscheidung, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits und der Streithilfe zu tragen hat.


Das vorliegende Urteil

AG Köln – Az.: 126 C 275/22 – Urteil vom 08.05.2023

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten der Streithilfe trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten zu 2) Schadensersatzansprüche geltend, nachdem das von der Klägerin auf dem Gelände der Beklagten zu 2) abgestellte Fahrzeug von einem herabfallenden Ast beschädigt wurde.

Die Beklagte zu 2) betreibt auf dem Grundstück der Liegenschaft, H.-straße 0, XXXXX I., einen Supermarkt. Dieses Grundstück ist in zwei Teilbereiche aufgeteilt, wobei an den von der Beklagten zu 2) betriebenen Supermarkt nebst Parkplatz ein Teilbereich angrenzt, auf dem sich Pappeln befinden.

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Am 18.02.2022 kaufte die Klägerin bei der Beklagten zu 2) ein. Die Klägerin stellte das von ihr gefahrene Fahrzeug, Typ C., T., auf dem Parkplatz der Beklagten zu 2) ab, welcher für Kunden des Supermarktes als Parkfläche ausgewiesen ist.

Nachdem die Klägerin ihren Einkauf beendet hatte, bemerkte sie, dass das Fahrzeug durch einen herabgefallenen Ast bestätigt worden war. Gemeinsam mit dem Leiter des Supermarktes sowie einem weiteren Angestellten wurde sodann eine Schadensmeldung aufgenommen. Die Klägerin ließ in der Folge von der Firma K. einen Kostenvoranschlag erstellen. Der Kostenvoranschlag weist einen Reparaturschaden i.H.v. 4.157,55 EUR netto aus.

Mit Schreiben vom 24.02.2022 wies die Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 2) Ansprüche der Klägerin zurück. Nachdem die Klägerin ihre Ansprüche über ihre nunmehrigen Prozessbevollmächtigten gegenüber der Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 2) geltend machte, wies diese Ansprüche der Klägerin mit Schreiben vom 02.03.2022 erneut zurück.

Die Klägerin behauptet, der den Schaden aufnehmende Zeuge S. X., ein Mitarbeiter der Beklagten zu 2), habe erklärt, dass die streitgegenständlichen Bäume, von welchen der Ast abgebrochen ist, jahrelang nicht beachtet worden seien. Er habe bereits mehrfach erfolglos darauf hingewiesen, dass die Bäume beschnitten werden müssten.

Sie ist der Ansicht, die Beklagte zu 2) habe gegen die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verstoßen, indem sie die Bäume auf ihrem Gelände nicht oder jedenfalls nicht ausreichend auf deren Stand- und Bruchsicherheit untersucht habe, um Schäden an Personen und Sachen zu verhindern, welche den von ihr eröffneten öffentlichen Bereich, einschließlich des Besucherparkplatzes, nutzen. Die Gefahr des Abbruches von Totholz wäre im Rahmen einer ordnungsgemäßen Baumkontrolle aufgefallen.

Die Klägerin verfolgte die Erstattung des im Kostenvoranschlag ausgewiesenen Reparaturschadens nebst einer Unfallnebenkostenpauschale i.H.v. 25 EUR mit der hiesigen Klage zunächst gegenüber der Beklagten zu 1) weiter. Nachdem sie mit Schriftsatz der Beklagten vom 15.08.2022 darauf hingewiesen wurde, dass Betreiberin der streitgegenständlichen Parkfläche nicht die Beklagte zu 1) ist, sondern die Beklagte zu 2), hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 07.11.2022 die Klage gegenüber der Beklagten zu 1) zurückgenommen und gegen die Beklagte zu 2) erhoben. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) und zu 2) haben dem Parteiwechsel zugestimmt.

Die Klägerin beantragt nunmehr sinngemäß, die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 4.182,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.03.2022 zu zahlen,

Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie außerprozessuale Rechtsanwaltskosten i.H.v. 540,50 EUR zu zahlen.

Die Beklagte zu 2) beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 2) bestreitet die Eigentümerstellung der Klägerin im Hinblick auf das beschädigte Fahrzeug mit Nichtwissen.

Sie behauptet, Eigentümer der gesamten Verkehrsfläche nebst den darauf befindlichen Bäumen sei der Streithelfer, Herr Y. E.. Die M. sei Pächterin des Teilbereichs des Grundstücks, auf welchen sich die Parkplätze befinden. Der Bereich auf welchem sich die Pappeln befindlich sind, sei nicht verpachtet. Zwischen der G., der Rechtsvorgängerin der Firma M. und der N., der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2), sei im Jahre 1988 ein Mietvertrag über die streitgegenständliche Fläche abgeschlossen worden. Ausweislich des abgeschlossenen Mietvertrages seien keine Verkehrssicherungspflichten betreffend der streitgegenständlichen Pappeln auf die Beklagte zu 2) übertragen worden. Dementsprechend sei die Beklagte zu 2) auch für die streitgegenständlichen Bäume nicht verkehrssicherungspflichtig.

Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Beklagte zu 2) verkehrssicherungspflichtig sei, sei ihr ein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht nicht vorzuwerfen. Es habe keinerlei Anzeichen für einen Astabbruch gegeben. Krankheitsanzeichen der Bäume seien nicht festzustellen gewesen. Die Bäume seien äußerlich gesund gewesen. Ursächlich für das Herabfallen des Astes seien vielmehr am streitgegenständlichen Tag herrschende Windgeschwindigkeiten von bis zu 11 Beaufort gewesen.

Mit Schriftsatz vom 11.11.2022 (Bl. 101) verkündete die Beklagte zu 2) Herrn Y. E. den Streit. Dieser trat mit Schriftsatz vom 27.04.2023 (Bl. 260) dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten zu 2) bei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der durchgeführte Beklagtenwechsel jedenfalls sachdienlich und damit zulässig, § 263 ZPO. Denn der Beklagtenwechsel führte dazu, dass ein weiterer Rechtsstreit gegen die Beklagte zu 2) vermieden wurde. Darüber hinaus war der Streitgegenstand identisch.

Die Klage ist allerdings unbegründet. Dabei hat das Gericht zwar keinen Anlass gesehen, an der Aktivlegitimation der Klägerin zu zweifeln, da insoweit zugunsten der Klägerin bereits § 1006 BGB einschlägig ist. Die Klägerin übte unstreitig im Zeitpunkt des Unfallgeschehens den Besitz über das streitgegenständliche Fahrzeug aus. Das pauschale Bestreiten der Beklagten zu 2) der Eigentumsstellung mit Nichtwissen verfängt insoweit im Ergebnis nicht.

Der Klägerin steht gleichwohl unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gegen die Beklagte zu 2) zu. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht der Beklagten zu 2) betreffend der streitgegenständlichen Pappeln.

Zutreffend weist die Klägerin im Ausgangspunkt darauf hin, dass eine Haftung der Beklagten zu 2) nicht lediglich aus Deliktsrecht in Betracht kommt, sondern grundsätzlich auch aus § 280 Abs. 1 BGB. Die insoweit in Frage stehenden vertraglichen Schutzpflichten entsprechen inhaltlich den Verkehrssicherungspflichten gemäß § 823 Abs. 1 BGB, weshalb die hierzu entwickelten Grundsätze anwendbar sind (BGH, NJW 2008, 3778; OLG München, Urteil vom 3.2.2009 – 5 U 5270/0).

Derjenige, der eine Gefahrenlage schafft oder eröffnet, ist grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (vgl. OLG München, Urteil vom 3.2.2009 – 5 U 5270/08 mit Verweis auf BGH, VersR 2002, 247; BGH, NJW-RR 2005, 251 = VersR 2005, 279; BGH, NJW 2008, 3775). Die Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren, ohne dass jede Schädigung ausgeschlossen werden müsste. Haftungsbegründend wird eine Gefahr dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Gefahren, die über das übliche Risiko bei der Sachnutzung hinausgehen, vom Benutzer nicht vorhersehbar und für ihn nicht ohne Weiteres erkennbar sind, ist in geeigneter und angemessener Weise zu begegnen (BGH, NJW 2008, 3778; NJW 2008, 3775).

Zu den von einem Grundstück ausgehenden Gefahren, vor denen Dritte zu schützen sind, gehören auch Bäume, die infolge Durchmorschung oder Windbruch umzustürzen drohen (vgl. BeckOGK/Spindler BGB § 823 Rn. 468). Wer die Verfügungsgewalt über ein Grundstück ausübt, hat dafür zu sorgen, dass der dort vorhandene Baumbestand im Rahmen des Zumutbaren und nach forstwissenschaftlichen Erkenntnissen gegen Windbruch und Windwurf, insbesondere gegen Umstürzen auf Grund fehlender Standfestigkeit gesichert ist, soweit davon Gefahr für Dritte ausgeht, z.B. bei Verkehrswegen zugeordneten Bäumen (vgl. AG Bremen, Urteil vom 20.4.2007 – 7 C 1/07 m.w.N.)

Voraussetzung für eine Haftung aufgrund der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht ist in jedem Fall, dass die in Anspruch genommene Person tatsächlich auch Adressat eben dieser Verkehrssicherungspflicht ist. Die Verantwortlichkeit für gefährliche Sachen lässt sich grundsätzlich unter Rückgriff auf den in den §§ 833, 836-838 BGB zum Ausdruck gebrachten allgemeinen Rechtsgedanken bestimmen. Adressat ist hiernach nicht automatisch der Eigentümer einer Sache, sondern derjenige, der die Bestimmungsmacht über sie innehat (HK-BGB/Ansgar Staudinger, 11. Aufl. 2021, BGB § 823 Rn. 68 m.w.N.). Derjenige, der die Gefahrenquelle geschaffen hat oder diese beherrscht, ist für die Einhaltung der daraus fließenden Verkehrspflichten verantwortlich. Auf die sachenrechtliche Lage kommt es nicht an, sondern auf die tatsächlich mögliche Einwirkung auf die Gefahrenquelle und ihre Zuordnung hinsichtlich Kosten und Nutzen (vgl. BeckOGK/Spindler BGB § 823 Rn. 432). Der Verpflichtete muss für den Bereich der Gefahrenquelle verantwortlich sein und in der Lage sein, die zur Gefahrenabwehr erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Beklagte zu 2) vorliegend nicht die Adressatin der in Frage stehenden Verkehrssicherungspflicht.

Unstreitig teilt sich die hier streitgegenständliche Verkehrsfläche in zwei Teile auf. Dabei handelt es sich zum einen um den Teil, auf dem die Beklagte zu 2) den Supermarkt betreibt und zu diesem Zweck ihren Kunden Parkplätze zur Verfügung stellt. Zum anderen handelt es sich um den Teil, auf dem die Pappeln befindlich sind, von dem ein Ast abgebrochen ist. Dass die Beklagte zu 2) hinsichtlich des Grundstücksteils, auf dem sich die Pappeln befinden, die Bestimmungsmacht hat und tatsächlich die Möglichkeit der Einwirkung auf die von den Bäumen ausgehenden Gefahren besteht, hat die Klägerin noch nicht einmal behauptet.

Sie trägt insoweit vielmehr vor, die Verkehrssicherungspflicht der Beklagten zu 2) betreffend des streitgegenständlichen Grundstücksbereichs ergäbe sich einzig und alleine und originär aufgrund des Umstandes, dass die Beklagte zu 2) für den von ihr betriebenen Betrieb die gegenständliche Fläche wissentlich und willentlich zur Betreibung ihres Geschäftes dem allgemein zugänglichen Publikumsverkehr eröffnet habe. Mit der Eröffnung des gegenständlichen Parkplatzbereiches für ihre Zwecke habe die Beklagte zu 2) eine Gefahrenlage geschaffen.

Dies verfängt im Ergebnis indes nicht. Denn die – hier realisierte Gefahr – geht vorliegend nicht von dem von der Beklagten zu 2) betriebenen Parkplatz aus, sondern von den Bäumen auf dem angrenzenden Grundstücksteil. Eine Sachherrschaft der Beklagten zu 2) ist insoweit indes nicht ersichtlich. Dass und in welcher Weise die Beklagte zu 2) auf die von diesem Grundstücksteil ausgehenden Gefahren Einfluss nehmen konnte, hat die Klägerin auch in Anbetracht des Vortrages in der Klageerwiderung vom 15.08.2022 betreffend der vertraglichen Verhältnisse der Beteiligten nicht näher dargelegt. Es ist insbesondere auch nicht ersichtlich, welche Möglichkeiten die Beklagte zu 2) gehabt haben soll, um ein Herabstützen des Astes zu verhindern. Die Gefahr, die von den Bäumen auf dem angrenzenden Grundstücksteil ausging, hat die Beklagte zu 2) nicht beherrscht. Die Beklagte zu 2) hätte keinesfalls ohne Einverständnis des Streithelfers auf die Pappeln einwirken dürfen. Durch die Beschädigungen am Fahrzeug der Klägerin hat sich daher auch keine Gefahr realisiert, die die Beklagte zu 2) als Betreiberin der Parkfläche geschaffen oder eröffnet hat. Adressat der hier in Frage stehenden Verkehrssicherungspflicht ist daher vorliegend der Streithelfer, nicht die Beklagte zu 2).

Ob die Beklagte zu 2) vorliegend eine ordnungsgemäße Kontrolle der Bäume vorgenommen hat, bedarf daher keiner Entscheidung, da sie bereits nicht Adressatin der Verkehrssicherungspflicht war.

Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.

Der im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 20.03.2023 beantragte Schriftsatznachlass war nicht zu gewähren. Das Gericht hat insoweit lediglich zu erkennen gegeben, inwieweit es die zwischen den Parteien streitige Frage der Adressatenstellung der Verkehrssicherungspflicht beurteilt. Es handelt sich erkennbar nicht um einen Aspekt, den die Parteien übersehen haben oder für unerheblich gehalten haben. Eine weitergehende Stellungnahmemöglichkeit war daher nicht erforderlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, 101 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 4.182,50 EUR

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