Urteil: Nutzungsausfall und Versicherungsschutz bei Firmenwagen-Unfall
Das Landgericht Düsseldorf verurteilte die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von Schadensersatz an die Klägerin, einschließlich einer Nebenforderung für anwaltliche Tätigkeit, nachdem ein Verkehrsunfall die Nutzung ihres gewerblich genutzten Pkw beeinträchtigte. Das Gericht wies sowohl die Klage in anderen Teilen als auch die Widerklage ab, mit detaillierter Bewertung der Beweislage und der Verantwortlichkeiten der Unfallbeteiligten.
Übersicht:
- Urteil: Nutzungsausfall und Versicherungsschutz bei Firmenwagen-Unfall
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- ➜ Der Fall im Detail
- ✔ Häufige Fragen – FAQ
- Was ist eine Nutzungsausfallentschädigung?
- Unter welchen Voraussetzungen kann eine Nutzungsausfallentschädigung geltend gemacht werden?
- Wer zahlt die Nutzungsausfallentschädigung im Falle eines Unfalls?
- Wie wird die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung berechnet?
- Was ist zu tun, wenn die Versicherung die Zahlung der Nutzungsausfallentschädigung ablehnt?
- Welche Dokumente und Nachweise sind für den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung erforderlich?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- Das vorliegende Urteil
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Die Beklagten müssen der Klägerin 1.503,89 Euro sowie weitere Kosten für anwaltliche Tätigkeiten und Zinsen zahlen.
- Die Klägerin, als Leasingnehmerin des beschädigten Fahrzeugs, wurde ermächtigt, Wertminderung und Schadensansprüche im eigenen Namen geltend zu machen.
- Der Unfall führte zur Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung, was zukünftig erhöhte Prämien für die Klägerin bedeutet.
- Ein Teil der Schadensersatzforderungen, einschließlich einer Wertminderung des Fahrzeugs, wurde anerkannt, andere Teile der Klage wurden abgewiesen.
- Die Beweisaufnahme durch das Gericht konnte nicht klären, ob der Widerbeklagte oder der Beklagte zu 1 den entscheidenden Spurwechsel durchführte.
- Das Gericht folgte der Schilderung des Unfallhergangs der Klägerin und vermutete das Verschulden beim Beklagten zu 1, basierend auf dem Straßenverkehrsgesetz.
Entschädigung für entgangene Nutzungsmöglichkeiten
Bei gewerblich genutzten Fahrzeugen kann eine Beschädigung durch einen Unfall nicht nur Reparaturkosten, sondern auch erhebliche Nutzungsausfallschäden zur Folge haben. Gerade für Unternehmen, deren Mitarbeiter auf die Nutzung von Firmenfahrzeugen angewiesen sind, bedeutet eine vorübergehende Außerbetriebnahme eine Einschränkung der betrieblichen Abläufe.
Aus diesem Grund sieht das Gesetz vor, dass Geschädigte Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung haben können. Dies gilt sowohl für Privatpersonen als auch für Gewerbetreibende, deren Fahrzeuge einer regelmäßigen wirtschaftlichen Nutzung unterliegen. Die Rechtsprechung hat in den letzten Jahren Kriterien entwickelt, wann solche Entschädigungsansprüche geltend gemacht werden können.
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➜ Der Fall im Detail
Der Fall: Nutzungsausfallentschädigung für gewerblich genutzten Pkw nach Verkehrsunfall
Im Februar 2011 kam es in Düsseldorf zu einem Verkehrsunfall, bei dem ein von der Klägerin geleaster BMW 740d und ein Transporter der Marke Mercedes Benz Sprinter, geführt vom Beklagten zu 1, kollidierten. Die Klägerin, Halterin und Leasingnehmerin des BMWs, sah sich gezwungen, ihre Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, was zu erhöhten Versicherungsprämien führte. Infolge des Unfalls und der daraus resultierenden Reparaturen konnte der BMW fünf Tage lang nicht genutzt werden, was für die Klägerin einen Nutzungsausfall bedeutete.
Juristische Auseinandersetzung und Forderungen
Die Klägerin forderte zunächst außergerichtlich die Übernahme der Reparaturkosten in Höhe von 7.434,45 Euro von der Beklagten zu 2, was abgelehnt wurde. Daraufhin erhob sie Klage auf Zahlung der Reparaturkosten, zusätzlichen Nutzungsausfallschaden, Wertminderung des Fahrzeugs sowie vorprozessuale Anwaltskosten. Die Klage bezog sich auf mehrere Ansprüche, einschließlich eines Rabattverlusts, der durch die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung entstehen würde.
Gerichtsentscheidung zum Schadensersatz
Das Landgericht Düsseldorf sprach der Klägerin in seinem Urteil vom 28. Februar 2014 teilweise Schadensersatz zu. Die Beklagten wurden gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 1.503,89 Euro sowie zur Übernahme der Kosten für vorprozessuale anwaltliche Tätigkeit in Höhe von 413,90 Euro verurteilt. Zusätzlich wurde festgestellt, dass die Beklagten die Hälfte des Rabattverlustes zu ersetzen haben, der durch die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung resultiert.
Begründung der gerichtlichen Entscheidung
Das Gericht begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass die Klägerin prozessführungsbefugt sei und die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft erfüllt seien. Es wurde bestätigt, dass die Klägerin durch die Geschäftsbedingungen ihrer Leasinggeberin ermächtigt wurde, Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Die Beklagten konnten sich nicht von der Vermutung des Verschuldens nach § 18 Abs. 1 StVG befreien, da nicht eindeutig geklärt werden konnte, wer den entscheidenden Spurwechsel vorgenommen hatte.
Rechtliche und finanzielle Folgen der Entscheidung
Die Entscheidung unterstreicht die Verantwortung der Fahrzeugführer für die Einhaltung der Verkehrsregeln und die daraus resultierenden rechtlichen Verpflichtungen bei Verkehrsunfällen. Die Beklagten tragen neben den unmittelbaren Schadensersatzzahlungen auch Teile der Gerichts- und außergerichtlichen Kosten. Das Urteil betont die Bedeutung einer korrekten Schadensabwicklung und die Konsequenzen, die eine missachtete Verkehrsordnung für alle Beteiligten haben kann.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Was ist eine Nutzungsausfallentschädigung?
Eine Nutzungsausfallentschädigung ist ein finanzieller Ausgleich, der einem Fahrzeughalter zusteht, wenn sein Fahrzeug aufgrund eines unverschuldeten Unfalls nicht genutzt werden kann. Der rechtliche Hintergrund ist, dass ein Fahrzeug einen geldwerten Vermögensbestandteil darstellt und der vorübergehende Entzug der Nutzungsmöglichkeit einen ersatzfähigen Schaden verursacht.
Voraussetzungen für den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung sind der Nutzungswille und die Nutzungsmöglichkeit. Das bedeutet, der Geschädigte hätte das Fahrzeug im Zeitraum des Ausfalls tatsächlich genutzt, wenn es nicht beschädigt gewesen wäre, und er ist auch in der Lage dazu, es zu nutzen (also nicht z.B. im Krankenhaus oder Urlaub).
Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung richtet sich nach der Fahrzeugklasse und dem Alter des Fahrzeugs und liegt laut aktueller Tabelle zwischen 23 und 175 Euro pro Tag. Sie wird für die Dauer der Reparatur oder bis zur Wiederbeschaffung eines Ersatzfahrzeugs bei Totalschaden gezahlt, in der Regel bis zu 14 Tage.
Besonders relevant ist die Nutzungsausfallentschädigung bei gewerblich genutzten Fahrzeugen, da hier jeder Ausfalltag direkte wirtschaftliche Verluste bedeuten kann. Allerdings muss hier je nach Einsatzzweck des Fahrzeugs entweder der konkrete Gewinnausfall nachgewiesen oder eine pauschalierte Nutzungsausfallentschädigung geltend gemacht werden.
Unter welchen Voraussetzungen kann eine Nutzungsausfallentschädigung geltend gemacht werden?
Um als Geschädigter Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung zu haben, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es liegt ein unverschuldeter Unfall vor, bei dem der Geschädigte keine Mitschuld trägt. Der Unfallverursacher haftet alleine.
- Das Fahrzeug des Geschädigten ist so stark beschädigt, dass es nicht mehr fahrbereit bzw. verkehrssicher ist und repariert werden muss oder es liegt ein Totalschaden vor.
- Es besteht ein Nutzungswille seitens des Geschädigten. Das bedeutet, er hätte das Fahrzeug genutzt, wenn es nicht beschädigt gewesen wäre. Bei Privatfahrzeugen wird der Nutzungswille in der Regel vermutet.
- Es besteht eine Nutzungsmöglichkeit. Der Geschädigte ist grundsätzlich in der Lage, das Fahrzeug zu nutzen und wird nicht z.B. durch einen Krankenhausaufenthalt oder Urlaub daran gehindert. Ist ein Familienmitglied auf das Fahrzeug angewiesen, besteht die Nutzungsmöglichkeit trotzdem.
- Das Fahrzeug fällt für die Dauer der Reparatur oder bis zur Wiederbeschaffung eines Ersatzfahrzeugs bei Totalschaden tatsächlich aus. Ein fiktiver Nutzungsausfall ohne konkrete Reparatur oder Ersatzbeschaffung wird nicht entschädigt.
Liegen diese Voraussetzungen vor, kann der Geschädigte für die Zeit des Ausfalls eine Nutzungsausfallentschädigung von der gegnerischen Haftpflichtversicherung verlangen. Die Höhe richtet sich nach Fahrzeugtyp und -alter und liegt laut Tabelle zwischen 23 und 175 Euro pro Tag.
Wer zahlt die Nutzungsausfallentschädigung im Falle eines Unfalls?
Die Nutzungsausfallentschädigung wird in der Regel von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers gezahlt, wenn der Geschädigte unverschuldet in einen Unfall verwickelt wurde und sein Fahrzeug deshalb vorübergehend nicht nutzen kann.
Wichtige Voraussetzungen dafür sind:
- Der Unfall wurde allein durch den Unfallgegner verursacht, der Geschädigte trägt keine Mitschuld.
- Das Fahrzeug des Geschädigten ist so stark beschädigt, dass es repariert werden muss oder es liegt ein Totalschaden vor.
- Der Geschädigte hätte das Fahrzeug genutzt, wenn es nicht beschädigt gewesen wäre (Nutzungswille).
- Der Geschädigte ist grundsätzlich in der Lage, das Fahrzeug zu nutzen (Nutzungsmöglichkeit).
Trägt der Geschädigte eine Mitschuld am Unfall, wird die Nutzungsausfallentschädigung entsprechend gekürzt. Bei Alleinschuld besteht kein Anspruch gegenüber der gegnerischen Versicherung.
In Fällen, in denen der Geschädigte selbst den Unfall verursacht hat, springt unter Umständen die eigene Vollkaskoversicherung ein, sofern eine solche abgeschlossen wurde. Allerdings deckt die Kaskoversicherung in der Regel nur Sachschäden ab, keine Vermögensschäden wie die Nutzungsausfallentschädigung. Ob und in welcher Höhe die Vollkasko hier zahlt, hängt von den konkreten Versicherungsbedingungen ab.
Wie wird die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung berechnet?
Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung wird anhand der sogenannten Nutzungsausfalltabelle (auch EurotaxSchwacke-Tabelle genannt) berechnet. Dabei spielen folgende Faktoren eine entscheidende Rolle:
- Fahrzeugklasse: In der Tabelle sind über 40.000 Fahrzeugmodelle in 11 Klassen (A bis L) eingeteilt, je nach Modell, Ausstattung, Motorisierung und Marktwert des Fahrzeugs. Für jede Klasse ist ein Tagessatz zwischen 23€ (Klasse A) und 175€ (Klasse L) festgelegt.
- Fahrzeugalter: Bei Fahrzeugen, die über 5 Jahre alt sind, wird die Entschädigung eine Klasse niedriger angesetzt, bei Fahrzeugen über 10 Jahre um zwei Klassen niedriger als in der Tabelle angegeben.
- Ausfalldauer: Die Anzahl der Ausfalltage wird mit dem Tagessatz der jeweiligen Fahrzeugklasse multipliziert. Die Ausfalldauer entspricht in der Regel der Reparaturdauer laut Gutachten oder der Zeit bis zur Wiederbeschaffung eines Ersatzfahrzeugs bei Totalschaden.
Beispiel: Fällt ein 3 Jahre alter VW Golf (Klasse C) für 10 Tage aufgrund eines Unfallschadens aus, ergibt sich eine Nutzungsausfallentschädigung von 10 Tagen x 35 €/Tag = 350 €.
Der Geschädigte muss die Nutzungsausfallentschädigung selbst bei der gegnerischen Versicherung geltend machen und dabei Angaben zum Fahrzeug, Unfalldatum, Reparaturdauer und Bankverbindung machen. Ein Kfz-Gutachter kann die Eingruppierung des Fahrzeugs und die zu erwartende Entschädigungshöhe ermitteln.
Was ist zu tun, wenn die Versicherung die Zahlung der Nutzungsausfallentschädigung ablehnt?
Wenn die gegnerische Versicherung die Zahlung der Nutzungsausfallentschädigung nach einem unverschuldeten Unfall ablehnt, haben Sie folgende Möglichkeiten:
- Widerspruch einlegen: Legen Sie schriftlich Widerspruch gegen die Ablehnung ein und begründen Sie, warum Ihnen die Entschädigung zusteht. Verweisen Sie dabei auf die einschlägige Rechtsprechung und fügen Sie Belege wie das Gutachten bei.
- Versicherungsombudsmann einschalten: Wenn die Versicherung bei ihrer Ablehnung bleibt, können Sie sich an den unabhängigen und kostenlosen Versicherungsombudsmann wenden. Dieser prüft den Fall und seine Entscheidung kann dazu führen, dass die Versicherung doch noch zahlen muss.
- Anwalt beauftragen: Schalten Sie einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Anwalt ein. Dieser kann Ihre Ansprüche gegenüber der Versicherung durchsetzen, notfalls auch gerichtlich. Bei einem unverschuldeten Unfall muss die gegnerische Versicherung auch die Anwaltskosten tragen.
- Klage einreichen: Bleibt die Versicherung weiterhin bei der Ablehnung, bleibt nur noch der Klageweg. Mit anwaltlicher Unterstützung können Sie vor Gericht Ihre Ansprüche einklagen und die Nutzungsausfallentschädigung erstreiten.
Wichtig ist, sich nicht vorschnell mit einer Ablehnung abzufinden, sondern hartnäckig zu bleiben und notfalls rechtliche Schritte einzuleiten. Ein Anwalt für Verkehrsrecht ist dabei oft eine wertvolle Unterstützung, um zu Ihrem Recht zu kommen.
Welche Dokumente und Nachweise sind für den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung erforderlich?
Wenn die gegnerische Versicherung die Zahlung der Nutzungsausfallentschädigung nach einem unverschuldeten Unfall ablehnt, haben Sie folgende Möglichkeiten:
- Widerspruch einlegen: Legen Sie schriftlich Widerspruch gegen die Ablehnung ein und begründen Sie, warum Ihnen die Entschädigung zusteht. Verweisen Sie dabei auf die einschlägige Rechtsprechung und fügen Sie Belege wie das Gutachten bei.
- Versicherungsombudsmann einschalten: Wenn die Versicherung bei ihrer Ablehnung bleibt, können Sie sich an den unabhängigen und kostenlosen Versicherungsombudsmann wenden. Dieser prüft den Fall und seine Entscheidung kann dazu führen, dass die Versicherung doch noch zahlen muss.
- Anwalt beauftragen: Schalten Sie einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Anwalt ein. Dieser kann Ihre Ansprüche gegenüber der Versicherung durchsetzen, notfalls auch gerichtlich. Bei einem unverschuldeten Unfall muss die gegnerische Versicherung auch die Anwaltskosten tragen.
- Klage einreichen: Bleibt die Versicherung weiterhin bei der Ablehnung, bleibt nur noch der Klageweg. Mit anwaltlicher Unterstützung können Sie vor Gericht Ihre Ansprüche einklagen und die Nutzungsausfallentschädigung erstreiten.
Wichtig ist, sich nicht vorschnell mit einer Ablehnung abzufinden, sondern hartnäckig zu bleiben und notfalls rechtliche Schritte einzuleiten. Ein Anwalt für Verkehrsrecht ist dabei oft eine wertvolle Unterstützung, um zu Ihrem Recht zu kommen.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
§ 249 BGB – Schadensersatz in Natur Regelt den Ersatz des durch den Unfall entstandenen Schadens, wozu die Reparaturkosten und der Nutzungsausfall zählen. Die Klägerin forderte den Ersatz der Reparaturkosten und Nutzungsausfallentschädigung basierend auf dieser Vorschrift.
§ 7 StVG – Haftung bei Betrieb eines Kraftfahrzeugs Bestimmt die Haftung des Halters eines Fahrzeugs bei Schäden, die durch den Betrieb verursacht wurden. Relevant für die Feststellung der Schuldverteilung im vorliegenden Unfall.
§ 18 StVG – Verschuldensvermutung Legt fest, dass bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug eine Verschuldensvermutung gegen den Fahrer besteht, die der Beklagte nicht widerlegen konnte.
§ 823 BGB – Schadensersatzpflicht Grundlage für die Haftung bei fahrlässig oder vorsätzlich zugefügten Schäden. Im Kontext des Falls sind die zivilrechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten hierunter zu subsumieren.
§ 286 ZPO – Beweislast und Beweiswürdigung Regelt die Beweisführung und -würdigung im Gerichtsverfahren, was für die Beurteilung des Falles und der Schadensersatzforderungen wesentlich ist, insbesondere bei den divergierenden Schilderungen des Unfallhergangs.
§ 253 Abs. 2 BGB – Immaterieller Schaden Erlaubt den Ersatz immaterieller Schäden unter bestimmten Voraussetzungen, was im Kontext der Nutzungsausfallentschädigung für die Nichtverfügbarkeit des Fahrzeugs relevant sein könnte.
Das vorliegende Urteil
LG Düsseldorf – Az.: 6 O 217/11 – Urteil vom 28.02.2014
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.503,89 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.03.2011 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin die Hälfte des Rabattverlusts zu ersetzen, der künftig dadurch entsteht, dass die Klägerin aus Anlass des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 11.02.2011 in Düsseldorf ihre Vollkaskoversicherung bei der H-AG, Vertragsnummer Y, in Anspruch genommen hat.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin als Nebenforderung für vorprozessuale anwaltliche Tätigkeit 413,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.07.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen 46 % die Klägerin selbst, 46 % die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner und 8 % die Widerklägerin.
Die außergerichtlichen Kosten des Widerbeklagten zu 2) und der Widerbeklagten zu 3) trägt die Widerklägerin.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und zu 2) trägt jeweils 50 % die Klägerin. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die Klägerin gegen die Beklagten zu 1) und 2) nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1) oder die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Widerklägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin oder der Widerbeklagte zu 2) oder die Widerbeklagte zu 3) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist Halterin und Leasingnehmerin eines BWM 740d mit dem amtlichen Kennzeichen … , das bei der Widerbeklagten zu 3) haftpflichtversichert ist. Der Widerbeklagte zu 2) befuhr am 11.02.2011 gegen 18:05 Uhr mit dem Fahrzeug der Klägerin die dreispurige K-T-Straße in Düsseldorf in stadtauswärtiger Fahrtrichtung. Das klägerische Fahrzeug kollidierte mit dem vom Beklagten zu 1) gesteuerten und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Transporter Mercedes Benz Sprinter 313 mit dem amtlichen Kennzeichen … . Die Widerklägerin ist Halterin und Eigentümerin des Transporters.
In der polizeilichen Unfallanzeige wurde der Unfallhergang nach Angaben der Unfallbeteiligten so geschildert, dass der Widerbeklagte zu 2) mit seinem Pkw den linken von drei Fahrstreifen befuhr und der Beklagte zu 1) rechts neben dem Widerbeklagten zu 2) auf dem mittleren von drei Fahrstreifen fuhr. Im Kreuzungsbereich habe der Widerbeklagte zu 2) vom linken auf den mittleren Fahrstreifen gewechselt und dabei den neben ihn fahrenden Transporter des Beklagten zu 1) übersehen. Auf den Inhalt der Unfallanzeige vom 11.02.2011, Bl. 31ff. d.A., wird Bezug genommen. Das gegen den Widerbeklagten zu 2) ursprünglich eingeleitete Bußgeldverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 02.05.2011 eingestellt.
Die Klägerin forderte die Beklagte zu 2) mit anwaltlichem Schreiben vom 18.02.2011 u.a. zur Zahlung der Nettoreparaturkosten in Höhe von 7.434,45 Euro auf. Mit Schreiben vom 11.03.2011 wurde eine außergerichtliche Schadensregulierung von den Beklagten endgültig und ausdrücklich abgelehnt. Die Klägerin nahm daraufhin ihre Vollkaskoversicherung in Anspruch. Der BMW befand sich für die Dauer von fünf Tagen in der Werkstatt zur Reparatur. Die Selbstbeteiligung der Klägerin an der Schadensregulierung betrug 300,00 Euro. Durch die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung erhöht sich künftig die Prämie der Klägerin.
Ferner fielen Sachverständigengebühren in Höhe von 707,78 Euro (netto) an. Ausweislich des von der Klägerin außergerichtlich eingeholten Gutachtens des TÜV Nord war für das von ihr gehaltene Fahrzeug eine Wertminderung von 1.100,00 Euro zu verzeichnen. Nach den Geschäftsbedingungen der C GmbH als Eigentümerin und Leasinggeberin war die Klägerin verpflichtet, auf das Fahrzeug bezogene Ansprüche aus einem Schaden im eigenen Namen geltend zu machen. E GmbH erklärte mit Schreiben vom 15.02.2011 im Namen der C GmbH ihr Einverständnis damit, dass unfallbedingte Kosten an die Klägerin als Leasingnehmerin ausgezahlt werden können.
Am Fahrzeug der Widerklägerin entstand ein Schaden in Höhe von 1.294,61 Euro netto zuzüglich einer Kostenpauschale von 25 Euro, insgesamt 1.319,61 Euro. Die Widerbeklagte zu 3) regulierte die Hälfte dieses Betrages.
Die Widerklägerin forderte die Widerbeklagte zu 3) mit Schreiben vom 27.06.2011 zur vollständigen Regulierung auf, was mit Schreiben vom 27.06.2011 endgültig abgelehnt wurde.
Die Klägerin behauptet, der Widerbeklagte zu 2) habe die mittlere Fahrspur befahren. Der Beklagte zu 1) sei mit überhöhter Geschwindigkeit von mind. 60-70 km/h gefahren. Er habe sein Fahrzeug plötzlich und völlig unerwartet auf die vom Widerbeklagten zu 2) befahrene Spur gelenkt, wodurch es zur Kollision der beiden Fahrzeuge gekommen sei, Die unfallaufnehmenden Polizeibeamten seien nicht bereit gewesen, die Unfallschilderung des Widerbeklagten zu 2) bezüglich des behaupteten Befahrens der mittleren Fahrspur und der überhöhten Geschwindigkeit des Beklagten zu 1) aufzunehmen. Der Klägerin sei ein Nutzungsausfallschaden in Höhe von 175,00 Euro für 5 Tage, insgesamt 875,00 Euro entstanden. Jedem Mitarbeiter der Klägerin sei ein spezieller Firmenwagen zugewiesen gewesen; der Widerbeklagte zu 2) sei auf die Nutzung des beschädigten Wagens angewiesen gewesen.
Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 3.007,78 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.03.2011 zu zahlen; festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihr den Rabattverlust zu ersetzen, der künftig dadurch entsteht, dass sie aus Anlass des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 11.02.2011 in Düsseldorf ihre Vollkaskoversicherung bei der Vertragsnr. Y in Anspruch genommen hat; die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie als Nebenforderung für vorprozessuale anwaltliche Tätigkeit 603,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2011 zu zahlen.
Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Widerklägerin beantragt, die Klägerin und die Widerbeklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 659,81 Euro nebst 115,67 Euro für vorprozessuale anwaltliche Tätigkeit nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.06.2011 zu zahlen.
Die Klägerin und die Widerbeklagten zu 2) und 3) beantragen, die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagten und die Widerklägerin behaupten, der Widerbeklagte zu 2) habe die Jülicher T-Straße auf der linken von drei Fahrspuren befahren. Rechts daneben auf der mittleren Fahrspur habe sich der Beklagte zu 1) befunden. Der Widerbeklagte zu 2) sei anstatt auf der linken Spur zu bleiben und wie vorgeschrieben links abzubiegen geradeaus über die ununterbrochene Linie gefahren und gegen das von dem Beklagten zu 1) geführte Fahrzeug gestoßen. Diesen Sachverhalt habe der Widerbeklagte zu 2) auch gegenüber den unfallaufnehmenden Polizeibeamten eingeräumt. Die Beklagten bestreiten mit Nichtwissen, dass die Leasinggeberin die Klägerin zum Einzug einer Wertminderung ermächtigt hat.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 22.03.2012 durch Vernehmung des Zeugen U und Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10.01.2014 und das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. J vom 04.10.2012 und die Ergänzungsgutachten vom 16.01.2013 und vom 16.03.2013 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Die Widerklage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
I.
1. Die Klage ist zulässig. Hinsichtlich der geltend gemachten Wertminderung ist die Klägerin als Leasingnehmerin prozessführungsbefugt infolge gewillkürter Prozessstandschaft. Danach kann die Klägerin ausnahmsweise ein fremdes Recht in eigenem Namen geltend machen, wenn sie von der materiellen Rechtsinhaberin hierzu bevollmächtigt wurde, sie ein eigenes rechtliches Interesse an der Durchsetzung des Anspruchs hat und die Beklagten hierdurch keine Nachteile erleiden. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die Bevollmächtigung ergibt sich nach schlüssigen Vortrag der Klägerin aus den Geschäftsbedingungen der C GmbH als Eigentümerin des Fahrzeugs. Das rechtliche Interesse der Klägerin folgt daraus, dass der Ausgleich der Wertminderung von maßgeblicher Bedeutung für das Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Leasinggeberin ist. Die Beklagten sind durch das Auftreten der Klägerin in gewillkürter Prozessstandschaft auch nicht benachteiligt. Die Klägerin ist durch Schreiben vom 15.02.2011 zur Einziehung und gerichtlichen Geltendmachung der Wertminderung zur Leistung an sich ermächtigt worden. Eine Auslegung des Begriffs der unfallbedingten Kosten ergibt, dass davon alle Schadenspositionen, also auch eine Wertminderung umfasst sind.
2. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 1.503,89 Euro gegen den Beklagten zu 1) aus §§ 18 Abs. 1, 3, 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 StVG.
a) Der Beklagte zu 1) hat als Fahrzeugführer bei Betrieb des Transporters der Widerklägerin das von der Klägerin geleaste Fahrzeug beschädigt. Unstreitig ist durch die Kollision ein Sachschaden entstanden.
Das Verschulden des Beklagten zu 1) wird gem. § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG vermutet. Der Beklagte zu 1) konnte sich nicht durch den Beweis fehlenden Verschuldens entlasten. Ein Fahrer ist entlastet, wenn er nachweist, dass er die gewöhnliche verkehrserforderliche Sorgfalt angewandt hat (OLG Hamm, Urteil vom 10. 3. 2000 – 9 U 128/99, NZV 2000, 376). Der Beklagte zu 1) konnte nicht beweisen, dass sich der Unfall nach seiner Version ereignet hat und vom Widerbeklagten zu 2) durch einen Spurwechsel von der linken auf die mittlere Fahrspur verursacht wurde.
Es war vorliegend nicht aufklärbar, ob der Widerbeklagte zu 2) oder der Beklagte zu 1) den Spurwechsel durchführte. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten dargestellt, dass es N Kenntnis der Endstellungen der Fahrzeuge und Lichtbilder des Unfallstellenbereichs unmittelbar nach dem Zusammenstoß an Anknüpfungstatsachen zur Ermittlung des Kollisionsorts fehlt. Aus den Fahrzeugbeschädigungen konnte lediglich ein Kollisionswinkel zwischen 5 und 10 Grad abgeleitet werden. Weder die vom Beklagten zu 1) geschilderte Unfallvariante noch die der Klägerin, wonach der Beklagte zu 1) das sich auf der mittleren Fahrspur befindliche Fahrzeug rechts überholt und die Kollision durch einen plötzlichen Spurwechsel auf die mittlere Fahrspur herbeigeführt habe, kann ausgeschlossen werden. Unter Zugrundelegung der Sichtverhältnisse der Beteiligten war ebenfalls keine Unterscheidung zwischen den Unfallvarianten möglich.
Auch die Vorlage von Lichtbilddateien mit höherer Auflösung vom klägerischen PKW hat nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in seinen Ergänzungsgutachten nicht zu einer abweichenden Einschätzung geführt. Die darauf erkennbaren Kontaktspuren deuteten auf eine Anstreifrichtung von hinten nach vorne hin. Eine eindeutige Zuordnung war nicht möglich, weil zwischenzeitlich Veränderungen am BMW vorgenommen worden waren. Die Anstreifrichtung beider Unfallschilderungen verlaufe aus technischer Sicht von hinten nach vorne, so dass dieser Aspekt nicht entscheidend war.
Auch aus der Unfallanzeige erfolgt keine Entlastung des Beklagten. In der Unfallanzeige wurde der Unfallhergang übereinstimmend mit den Angaben des Beklagten zu 1) geschildert, wobei angegeben wurde, dass der Hergang nach Angaben der Unfallbeteiligten aufgenommen wurde. Der Widerbeklagte zu 2) bestreitet, gegenüber dem aufnehmenden Polizeibeamten – dem Zeugen U -diese Angaben gemacht zu haben und behauptet, der Zeuge habe sich geweigert, die klägerische Version des Unfalls aufzunehmen.
Aus der Unfallanzeige folgt weder ein Schuldanerkenntnis des Widerbeklagten zu 2) noch eine Beweislastumkehr. Die Unfallanzeige wurde nur vom Zeugen U und nicht vom Widerbeklagten zu 2) unterschrieben; es mangelt an einer rechtsverbindlichen Erklärung des Widerbeklagten zu 2) zur Unfallverursachung. Eine Beweislastumkehr dergestalt, dass den Erklärenden die Beweislast für die Unrichtigkeit des Anerkannten trifft, kommt nur bei einem von beiden Unfallbeteiligten unterschriebenen Unfallbericht in Betracht (OLG Dresden, Teilurteil vom 09.12.2009 – 7 U 949/09, BeckRS 2010, 12329). Der Zeuge U hat in der Tabelle auf Seite 2 der Unfallanzeige bei dem Widerbeklagten zu 2) die Bemerkung „Ich war im richtigen Fahrstreifen“ aufgenommen, die zudem gegen ein Einig sein der Parteien am Unfallort spricht. Denn nach der darauffolgenden Schilderung in der Unfallanzeige soll sich der Widerbeklagte zu 2) auf dem linken Fahrstreifen befunden haben, während der Widerbeklagte zu 2) selbst vorträgt, auf dem mittleren von drei Fahrstreifen gefahren zu sein.
b) Die Klägerin haftet dem Grunde nach selbst aus § 7 Abs. 1 StVG. Beim Betrieb des von ihr gehaltenen Fahrzeug ist unstreitig ein Sachschaden am Fahrzeug der Widerklägerin entstanden.
Der Unfall war für die Klägerin nicht unabwendbar J.S.d. § 17 Abs. 3 StVG. Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch äußerst mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Hierzu gehört ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus, gemessen an den durch durchschnittlichen Verkehrsanforderungen eines Idealfahrers (BGH, Urteil vom 28.05.1985 – VI ZR 258/83, NJW 1986, 183, 184). Insoweit ist jede Partei darlegungs- und beweisbelastet für die Umstände, die zu einer Unvermeidbarkeit für sie führen. Die Klägerin konnte nicht beweisen, dass der Unfall für den Widerbeklagten zu 2) unabwendbar war. Die Unaufklärbarkeit des Unfallhergangs geht insoweit zu ihren Lasten.
Die Abwägung der gegenseitigen Verursachungsbeiträge gemäß § 18 Abs. 3, 17 Abs. 2, 1 StVG ergibt, dass eine hälftige Haftungsverteilung angemessen ist. Zu berücksichtigen sind dabei die von beiden Fahrzeugen ausgehende Betriebsgefahr und unstreitige bzw. zugestandene und bewiesene Umstände (BGH, Urteil vom 21. 11. 2006 – VI ZR 115/05, NJW 2007, 506, 507). Jede Partei hat dabei die Umstände zu beweisen, die das Verschulden des anderen belegen und aus denen sie für die nach § 17 Abs. 1, 2 StVG vorzunehmende Abwägung günstige Rechtsfolgen herleiten will (BGH, Urteil vom 13.02.1996 – VI ZR 126/95, NZV 1996, 231).
Vorliegend ist es der Klägerin nicht gelungen, einen Verschuldensanteil des Beklagten zu 1) zu beweisen. Es steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte zu 1) den Unfall durch ein rechtes Überholen des Widerbeklagten zu 2) und darauffolgenden plötzlichen Spurwechsel verursacht hat. Der Zeuge U hat bei seiner Vernehmung bekundet, dass er sich an den Verkehrsunfall und die Angaben der Beteiligten nicht mehr erinnern könne. Die Aussage des Zeugen ist hinsichtlich der Frage, ob der Widerbeklagte zu 2) bei Aufnahme des Unfallhergangs durch den Zeugen U der Unfallanzeige abweichende Angaben machte, nicht ergiebig.
Ein Verschuldensanteil des Widerbeklagten zu 2) wurde vom Beklagten zu 1) nicht bewiesen. N Anknüpfungstatsachen ist der Unfallhergang unaufklärbar. Aus der polizeilichen Unfallanzeige, deren Richtigkeit der Widerbeklagte zu 2) bestreitet, folgt nach obigen Erwägungen keine Beweislastumkehr.
Damit bleibt die Betriebsgefahr einziger Anknüpfungspunkt für eine Abwägung. Diese ist bei beiden unfallbeteiligten Fahrzeugen gleich hoch anzusetzen. Bei dem vom Beklagten zu 1) geführten Transporter handelt es sich um das größere Fahrzeug. Es sind keine Umstände ersichtlich, die darauf schließen lassen, dass sich die Größe des Transporters bei der gleichgerichteten Fahrt ausgewirkt hat.
c) Im Hinblick auf die Schadenshöhe sind unstreitig eine Selbstbeteiligung der Klägerin in Höhe von 300,00 Euro durch Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung, eine Auslagenpauschale in Höhe von 25 Euro und Sachverständigengebühren in Höhe von 707,78 Euro entstanden.
An dem von der Klägerin gehaltenen Fahrzeug ist eine Wertminderung in Höhe von 1.100,00 Euro durch den Unfall eingetreten. Dies ergibt sich unstreitig aus dem von der Klägerin vorgelegten privaten Sachverständigengutachten. Der Beklagte zu 1) hat den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin mit Schriftsatz vom 02.09.2011 nicht mehr bestritten und damit gem. § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden. Die Klägerin ist nach obigen Ausführungen zur Geltendmachung der Wertminderung aktivlegitimiert. Die Bevollmächtigung ergibt sich aus den Geschäftsbedingungen des Leasingvertrags. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin wurde von den Beklagten nach entsprechendem Beweisangebot der Klägerin nicht mehr bestritten und gilt damit gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Die Klägerin war durch Schreiben vom 15.02.2011 zur Einziehung und gerichtlichen Geltendmachung der Wertminderung zur Leistung an sich ermächtigt. Angesichts der Vorlage des Schreibens durch die Klägerin war ein Bestreiten durch die Beklagten mit Nichtwissen nicht zulässig und damit wie ein Nichtbestreiten zu werten.
Der Klägerin ist ein Schaden durch unfallbedingten Ausfall des Fahrzeugs in Höhe von 875,00 Euro entstanden. Die Klägerin konnte hier den Schaden abstrakt berechnen. Ein abstrakter Nutzungsausfall ist zunächst nur dann ersatzfähig, wenn eine grundsätzlich vorrangige konkrete Schadensermittlung nicht möglich ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.07.2009 – 5 U 147/07, NJW-RR 2010, 687). Die Klägerin hat kein Ersatzfahrzeug angemietet, so dass Mietwagenkosten nicht zur Schadensberechnung herangezogen werden konnten. Auch Vorhaltekosten eines Reservefahrzeugs konnten nicht angesetzt werden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin Reservefahrzeuge vorhielt und die Vorhaltung im Hinblick auf fremdverschuldete Ausfälle messbar erhöht war (BGH, Urteil vom 10.01.1978 – VI ZR 164/75, NJW 1978, 812, 813).
Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer abstrakten Nutzungsausfallentschädigung für einen gewerblich genutzten Pkw liegen vor. Der zeitweise Ausfall des BMW war für die Klägerin mit einem fühlbaren wirtschaftlichen Nachteil verbunden. Es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass bei dem Ausfall eines unternehmerisch genutzten Fahrzeugs der betriebliche Ablauf spürbar behindert wird. Dabei ist der Verzicht auf einen Mietwagen kein zwingendes Gegenindiz. Ein fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil würde nur ausscheiden, wenn der Klägerin ein zumutbares Ersatzfahrzeug für ihren Geschäftsführer zur Verfügung gestanden hätte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.04.2001 – 1 U 132/00, BeckRS 2008, 15711). Dies war nach obigen Ausführungen nicht der Fall. Der pauschale Hinweis der Beklagten, dem Widerbeklagten zu 2) habe selbst für den Fall, dass jedem Mitarbeiter der Klägerin ein spezieller Firmenwagen zugewiesen gewesen sei, ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt werden können, reicht insoweit nicht aus, um die Vermutung zu widerlegen. Denn die Klägerin hatte – insoweit unstreitig – vorgetragen, dass sie nicht über einen allgemeinen Fuhrpark verfüge.
Nutzungswille und Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs werden von den Beklagten nicht in Abrede gestellt. Die Dauer der Nutzungsausfallzeit betrug ausweislich der Werkstattbescheinigung über die Reparaturdauer fünf Tage. Die Höhe des Ersatzbetrages ist anhand der Tagessätze der Tabelle „Sanden/Danner/Küppersbusch, Nutzungsausfallentschädigung 2011“ zu bemessen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.04.2001 – 1 U 132/00, BeckRS 2008, 15711). Danach beträgt der Nutzungswert pro Tag für einen BMW 740d mit einem Fahrzeugalter von bis zu 5 Jahren 175,00 Euro, was bei 5 Tagen eine Nutzungsausfallentschädigung von 875,00 Euro ergibt.
Aus den einzelnen Schadenspositionen folgt ein Gesamtschaden in Höhe von 3.007,78 Euro. Bei der Haftungsquote des Beklagten zu 1) von 50 % ist dieser zu Schadensersatz in Höhe von insgesamt 1.503,89 Euro (Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 Euro, Auslagepauschale in Höhe von 12,50 Euro, Sachverständigengebühren in Höhe von 353,89 Euro (netto), Nutzungsausfall in Höhe von 437,50 Euro und Wertminderung in Höhe von 550,00 Euro) verpflichtet.
Ein Anspruch auf Ersatz von Verzugszinsen in Höhe von 5 %-Punkten seit dem 14.03.2011 ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 Abs. 1 BGB nach Mahnung der Beklagten zu 2) mit anwaltlichem Schreiben vom 18.02.2011. Die Forderung des Schadens ohne Kürzung auf die Haftungsquote der Beklagten steht der Wirksamkeit der Mahnung nicht entgegen. Die Beklagten mussten das Schreiben als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen und konnten auch davon ausgehen, dass die Klägerin auch zur Annahme einer quotenmäßig herabgesetzten Leistung bereit war. Die Mahnung gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung setzt auch den Schädiger in Verzug (OLG Nürnberg, Urteil vom 30.04.1974 – 7 U 5/74, NJW 1974, 1950).
d) Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) in gleicher Höhe ergibt sich aus § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG J.V.m. §§ 18 Abs. 1, 3, 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 StVG. Der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) haften gem. § 115 Abs. 1 S. 4 VVG als Gesamtschuldner.
3. Der Feststellungsantrag der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet. Die Beklagten sind der Klägerin gesamtschuldnerisch verpflichtet, die Hälfte des Rabattverlusts zu ersetzen, der künftig durch die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung aus Anlass des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls entsteht.
Die Feststellungsklage ist zulässig. Eine Leistungsklage ist hier nicht vorrangig, weil sich der Schaden im Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung befand und noch nicht vollständig beziffert werden konnte (BGH, Urteil vom 30.03.1983 – VIII ZR 3/82, NJW 1984, 1552, 1554). Höhere Versicherungsprämien oder ein Rabattverlust sind grundsätzlich ersatzfähig. Die Haftung der Beklagten als Gesamtschuldner ergibt sich dem Grunde nach aus obigen Ausführungen mit einer Quote von 50 %. Die Klägerin durfte nach dem Schreiben der Beklagten zu 2) vom 11.03.2011, mit dem eine außergerichtliche Schadensregulierung endgültig und ausdrücklich abgelehnt wurde, ihre Kaskoversicherung in Anspruch nehmen.
4. Ein Ersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten als Gesamtschuldner bezüglich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich in Höhe von 413,90 Euro aus §§ 18 Abs. 1, 3, 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 StVG J.V.m. §§ 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG. Insoweit war nach der Haftungsquote ein Gegenstandswert von 4.471,23 Euro anzusetzen. Der Anspruch auf Ersatz der Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5 %-Punkten folgt aus §§ 291, 288 BGB nach Zustellung der Klage an die Beklagten am 08.07.2011 ab dem 09.07.2011 gem. § 187 Abs. 1 BGB analog.
II.
Die Widerklage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Zulässigkeit der Widerklage steht nicht von vornherein entgegen, dass die Widerklägerin zuvor am Prozess nicht beteiligt war. Die Widerklage eines Dritten, der nicht Partei des Rechtsstreits ist, kann selbst in zweiter Instanz zulässig sein, wenn diese sachdienlich ist (OLG Schleswig, Beschluss vom 14.02.1992 – 6 U 54/88, MDR 1992, 406; OLG Hamburg, Beschluss vom 26.02.2003 – 13 U 60/98, BeckRS 2003, 30308962). Sachdienlichkeit ist hier zu bejahen. Klage und Widerklage beruhen auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt. Die Entscheidung über die Widerklage führt keinen neuen Prozessstoff in das Verfahren ein. Die Erwägungen für die Zulassung einer sachdienlichen Widerklage durch Dritte in der Berufungsinstanz gelten erst recht, wenn man berücksichtigt, dass die Widerklage vorliegend schon mit der Klageerwiderung erhoben wurde.
2. Die Widerklägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 659,81 Euro gegen die Klägerin und die Widerbeklagten zu 2) und 3). Entsprechend obigen Erwägungen haftet die Klägerin in Höhe einer Haftungsquote von 50 % aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 StVG. Gleiches gilt für den Anspruch aus §§ 18 Abs. 1, 3, 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 StVG gegen den Widerbeklagten zu 2) und aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 StVG J.V.m. § 115 Abs. 1 S.1 Nr. 1, S. 4 VVG gegen die Widerbeklagte zu 3). Die Widerbeklagte zu 3) hat den Schaden der Widerklägerin bereits zur Hälfte reguliert. Weitergehende Ansprüche der Widerklägerin bestehen nicht. Gleiches gilt auch für die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. N eines Anspruchs scheidet auch die Geltendmachung von Verzugszinsen aus.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 91, 92, 100 Abs. 1, 4 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 7.755,52 EUR festgesetzt.