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Parken auf abschüssiger Straße – Sicherheitsvorkehrungen

OVG Lüneburg

Az.. 5 LA 50/12

Beschluss vom 02.04.2013


Gründe

Der Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg.

Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind nicht erfüllt.

Ernstliche Zweifel sind erst dann zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrages und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zu Tage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 25.4.2008 – 5 LA 154/07).

Gemessen daran bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung entschieden, dass der Kläger gemäß § 75 Abs. 1 BBG verpflichtet ist, der Beklagten den Schaden zu ersetzen, der bei dem Verkehrsunfall am 13. August 2010 an ihrem Fahrzeug entstanden ist.

Soweit der Kläger demgegenüber der Ansicht ist, er habe den Verkehrsunfall nicht grob fahrlässig verursacht, teilt der Senat diese Auffassung aus den von dem Verwaltungsgericht zutreffend benannten Gründen nicht. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, indem er nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss, oder indem er die einfachsten, ganz nahe liegenden Überlegungen nicht anstellt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14.8.2012 – 5 LA 220/11 -, juris Rn. 10). Legt man dies zugrunde, ist dem Kläger ein grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Seinen eigenen Angaben in der Kfz-Schadensmeldung zufolge hat er das von ihm geführte Fahrzeug auf einer erheblich 5en Straße abgestellt und lediglich durch das Anziehen der Handbremse gesichert. Die sowohl nach den einschlägigen Dienstvorschriften der Beklagten als auch gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 StVO erforderliche doppelte Sicherung des abgestellten Fahrzeugs mittels Handbremse und Einlegen eines Ganges hat der Kläger ausweislich der Schadensmeldung nicht vorgenommen. Damit hat er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in einem Maß verletzt, das objektiv und subjektiv den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit rechtfertigt (vgl. aus der Rechtsprechung der Zivilgerichte ebenso OLG Karlsruhe, Urteil vom 8.3.2007 – 19 U 127/06 -, juris). Ob darüber hinaus Keile hätten mitgeführt und verwendet werden müssen, ist – darin ist dem Kläger Recht zu geben – mindestens zweifelhaft, angesichts der obigen Ausführungen jedoch unerheblich.

Soweit der Kläger meint, es sei nicht nachgewiesen, dass er die erforderliche doppelte Sicherung unterlassen habe, hält der Senat diesen Einwand – wie bereits das Verwaltungsgericht – für eine Schutzbehauptung. In der Schadensmeldung hat der Kläger lediglich das Anziehen der Handbremse, nicht aber das Einlegen eines Ganges beschrieben. Dabei spricht nicht das Geringste dafür, dass der Kläger, dem die Bedeutung dieser Angaben bei dem Ausfüllen des Formulars bewusst sein musste, eine der beiden wesentlichen Sicherungsmaßnahmen vergessen haben könnte.

Zudem streitet – auch darin ist dem Verwaltungsgericht beizupflichten – die Lebenserfahrung entscheidend gegen die Annahme, dass zwei unabhängig voneinander wirkende Sicherungsmaßnahmen bei korrekter Betätigung – ohne jeglichen Anhaltspunkt für einen technischen Defekt – gleichzeitig versagen. Insofern kann sich die Beklagte auf den Beweis des ersten Anscheins für das Fehlen einer doppelten Sicherung berufen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 8.3.2007, a. a. O., juris Rn. 9; vgl. zur Anwendbarkeit der Grundsätze des Anscheinsbeweises im Beamtenrecht nur Nds. OVG, Beschluss vom 20.2.2009 – 5 LA 155/07 -, juris Rn. 4 m. w. N.). Diesen Anscheinsbeweis hat der Kläger nicht erschüttert. Für seine Behauptung, die Polizei habe am Unfallort festgestellt, dass das Fahrzeug ordnungsgemäß gesichert gewesen sei, hat er keinerlei Beleg beigebracht. Es wäre ein Leichtes gewesen, eine Kopie der Unfallaufnahme zur Akte zu reichen, wenn sich daraus dem Kläger günstige Feststellungen ergeben würden.

Der Senat folgt auch nicht der Ansicht des Klägers, sein Fehlverhalten erscheine deshalb in einem milderen Licht, weil es sich bei dem Abstellen eines Fahrzeugs um ein Verhalten handele, das täglich tausendfach vorkomme und das er seit Jahrzehnten unbeanstandet vornehme. Soweit der Kläger damit geringeren Sorgfaltsanforderungen bei alltäglichen Vorgängen das Wort reden wollte, wäre eine dahingehende Rechtsauffassung ersichtlich fernliegend. Sollte der Einwand indes darauf bezogen sein, dass es sich um ein so genanntes Augenblicksversagen gehandelt habe, entlastet dies den Kläger ebenfalls nicht. Das Vorliegen eines Augenblicksversagens stellt keinen ausreichenden Grund dar, den Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit herabzustufen, wenn – wie hier – die objektiven Merkmale der groben Fahrlässigkeit gegeben sind. Eine Vielzahl der Fälle unbewusster Fahrlässigkeit, insbesondere bei Regelverstößen im Straßenverkehr, beruht gerade darauf, dass der Handelnde für eine kurze Zeit unaufmerksam ist und das an ihn gerichtete Gebot oder Verbot übersieht. Dass der Verkehrsteilnehmer an die erhöhte Gefahr oder an die gebotene Verhaltensalternative nicht gedacht hat, ist typisch für Fälle der unbewussten Fahrlässigkeit und schließt für sich allein die Möglichkeit einer groben Fahrlässigkeit noch nicht aus. Vielmehr müssen weitere, in der Person des Handelnden liegende besondere Umstände hinzukommen, die den Grund des momentanen Versagens erkennen und in einem milderen Licht erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 8.7.1992 – IV ZR 223/91 -, juris Rn. 13). Solche Umstände sind jedoch weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache dann, wenn sie eine grundsätzliche, fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Das ist nur dann zu bejahen, wenn die Klärung der Frage durch die im erstrebten Berufungsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts geboten erscheint (Nds. OVG, Beschluss vom 1.10.2008 – 5 LA 64/06 -, juris Rn. 14).

Gemessen daran genügt die pauschale Behauptung des Klägers, der Fall habe grundsätzliche Bedeutung, weil es sich um einen Sachverhalt handele, wie er sich jeden Tag in Deutschland zehntausende Male abspiele, schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Hinzu kommt, dass die Rechtssache keine Fragen mit grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass fehlende Sicherungsmaßnahmen den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigen können. Alles Weitere hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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