Fahrer haftet bei Unfall: Anscheinsbeweis bei Einfahrt in fließenden Verkehr
In einem Verkehrsunfallfall, bei dem ein Fahrer von einem Parkplatz in den fließenden Verkehr einbog und es zu einer Kollision kam, wurde die Klage des Fahrers abgewiesen. Das Gericht stellte fest, dass der Fahrer des klagenden Fahrzeugs die Hauptschuld trug, da er beim Einfahren in den fließenden Verkehr die nötige Sorgfalt nicht beachtet hatte. Das Urteil betont die Bedeutung der Einhaltung von Verkehrsregeln und Sorgfaltspflichten beim Einfahren in den fließenden Verkehr.
Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 O 280/13 >>>
✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Klage abgewiesen: Das Gericht lehnte den Schadensersatzanspruch des Klägers ab.
- Verletzung der Sorgfaltspflicht: Der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs verletzte beim Einfahren in den fließenden Verkehr seine Sorgfaltspflicht gemäß § 10 StVO.
- Anscheinsbeweis: Es wurde angenommen, dass der einfahrende Fahrer für den Unfall verantwortlich ist, da er in den fließenden Verkehr einbog.
- Beweislage: Der Kläger konnte den Anscheinsbeweis nicht widerlegen.
- Sachverständigengutachten: Das Gutachten bestätigte, dass der Unfall durch das Verhalten des klägerischen Fahrers verursacht wurde.
- Zeugenaussagen: Zeugen bestätigten die Einschätzung des Sachverständigen.
- Keine erhöhte Geschwindigkeit: Keine Beweise für überhöhte Geschwindigkeit des Fahrzeugs der Beklagten.
- Verantwortung: Letztlich lag die Hauptverantwortung für den Unfall beim Fahrer des klägerischen Fahrzeugs.
Falls Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden und rechtliche Unterstützung benötigen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir bieten eine individuelle Ersteinschätzung Ihres Falls an, um Ihnen eine erste Orientierung zu geben. Nutzen Sie die Möglichkeit, sich von unseren erfahrenen Anwälten beraten zu lassen und vereinbaren Sie noch heute einen Termin. Wir sind für Sie da, um Ihre rechtlichen Interessen zu wahren. → Jetzt Ersteinschätzung anfragen
Übersicht:
Verkehrsunfall auf Parkplatz – Juristische Aufarbeitung eines komplexen Falls
Am 6. März 2013 ereignete sich in Mühlheim an der Ruhr ein Verkehrsunfall, der juristisch weitreichende Folgen nach sich zog. Im Zentrum des Geschehens standen zwei Fahrzeuge: ein VW Touran, geführt vom Vater des Klägers, und ein VW Polo, gelenkt von einem Zeugen. Der Unfall ereignete sich, als der Fahrer des VW Touran von einem Parkplatz auf die H.straße 316 einbiegen wollte und dabei mit dem von links kommenden Polo kollidierte.
Streit um den Unfallhergang: Anscheinsbeweis und Sorgfaltspflichten
Der Kern des Streits bestand in unterschiedlichen Schilderungen zum Unfallhergang. Der Kläger behauptete, sein Vater habe beim Verlassen des Parkplatzes sowohl den von links als auch von rechts kommenden Verkehr beachtet. Die Beklagten hingegen argumentierten, dass der Touran-Fahrer unmittelbar vor dem Polo quer in den fließenden Verkehr eingefahren sei, was einen Verstoß gegen § 10 der Straßenverkehrsordnung (StVO) darstelle. Dieser Paragraph regelt das Verhalten beim Einfahren in den fließenden Verkehr und legt fest, dass dabei andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden dürfen.
Gerichtsentscheidung: Abwägung von Beweisen und Verantwortlichkeiten
Das Landgericht Duisburg wies die Klage des Touran-Fahrers ab. Trotz der Haftungsvoraussetzungen der Halterhaftung nach § 7 StVG, welche grundsätzlich gegeben waren, stellte das Gericht fest, dass die Haftung der Beklagten hinter der des Klägers zurücktritt. Maßgeblich für diese Entscheidung waren die Ergebnisse der Beweisaufnahme. Insbesondere die Ausführungen des Sachverständigen und die Zeugenaussagen stützten die Ansicht, dass der Touran-Fahrer die erhöhte Sorgfaltspflicht beim Einfahren in den fließenden Verkehr nicht beachtet hatte.
Juristische Feinheiten und die Rolle des Anscheinsbeweises im Verkehrsrecht
Interessant ist in diesem Fall die Rolle des Anscheinsbeweises. Dieser besagt, dass bei typischen Geschehensabläufen eine bestimmte Ursache angenommen wird, wenn der Betroffene nicht das Gegenteil beweisen kann. Im vorliegenden Fall ging das Gericht davon aus, dass der Fahrer des Touran beim Einfahren in den fließenden Verkehr die nötige Sorgfalt außer Acht gelassen hatte. Der Kläger konnte diesen Anscheinsbeweis nicht entkräften.
Das Urteil des LG Duisburg zeigt auf, wie komplex Verkehrsunfälle juristisch aufgearbeitet werden und welche Rolle dabei Beweismittel und rechtliche Prinzipien wie der Anscheinsbeweis spielen. Es verdeutlicht die Wichtigkeit der Einhaltung von Verkehrsregeln und der damit verbundenen Sorgfaltspflichten, insbesondere beim Einfahren in den fließenden Verkehr. In diesem spezifischen Fall führte die Nichtbeachtung dieser Pflichten zur Abweisung der Klage und zur Übernahme der Kosten des Rechtsstreits durch den Kläger.
✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt
Wie wird der Anscheinsbeweis im Falle eines Verkehrsunfalls, speziell bei einem Parkplatzunfall, angewendet?
Der Anscheinsbeweis ist ein juristisches Konzept, das in Situationen angewendet wird, in denen typische Geschehensabläufe auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hindeuten. Dies ist oft der Fall bei Verkehrsunfällen, insbesondere bei Auffahrunfällen, bei denen in der Regel ein Verschulden des Auffahrenden angenommen wird.
Bei Parkplatzunfällen kann der Anscheinsbeweis ebenfalls zur Anwendung kommen. Ein klassisches Beispiel ist der Fall, in dem ein Fahrzeug rückwärts aus einer Parklücke ausfährt und es zu einer Kollision kommt. In solchen Fällen spricht der erste Anschein dafür, dass der rückwärts Ausparkende den Unfall verschuldet hat. Dies liegt daran, dass der rückwärts Ausparkende nach § 10 Abs. 1 StVO jede Gefährdung des fließenden Verkehrs ausschließen muss.
Es ist jedoch möglich, den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Der Beschuldigte muss beweisen, dass das Geschehen vom üblichen Verlauf abwich. Wenn der Beschuldigte diesen Beweis erbringen kann, geht die Beweislast an die Gegenpartei über. Ein rückwärts Ausparkender könnte beispielsweise den Anscheinsbeweis erschüttern, indem er beweist, dass er bereits solange auf der bevorrechtigten Fahrbahn stand, dass sich der fließende Verkehr auf ihn einstellen konnte.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Anwendung des Anscheinsbeweises von den spezifischen Umständen des Einzelfalls abhängt und dass es Ausnahmen gibt. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) beispielsweise entschieden, dass bei einer Kollision auf einem Parkplatz, bei der beide Fahrzeuge rückwärts aus gegenüberliegenden Parkbuchten ausfahren, kein Anscheinsbeweis für ein Verschulden eines der Fahrer vorliegt.
Insgesamt ist die Anwendung des Anscheinsbeweises bei Parkplatzunfällen ein komplexes Thema, das von vielen Faktoren abhängt, einschließlich der spezifischen Umstände des Unfalls und der geltenden Rechtsprechung. Bei Unklarheiten oder Streitigkeiten ist es ratsam, rechtlichen Rat einzuholen.
Das vorliegende Urteil
LG Duisburg – Az.: 4 O 280/13 – Urteil vom 26.03.2015
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist für die Beklagten hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten
Tatbestand
Die Parteien sind durch einen Verkehrsunfall am 6.3.2013 um 17:45 Uhr in Mühlheim an der Ruhr in Höhe der H.straße 316 miteinander verbunden.
Der Kläger ist Halter und Eigentümer des an dem Unfall beteiligten Fahrzeuges VW Touran mit dem amtlichen Kennzeichen …. Die Beklagte zu 1 ist Eigentümerin und Halterin des ebenfalls am Unfall beteiligten Fahrzeuges VW Polo mit dem amtlichen Kennzeichen …. Dieses Kfz war am 6.3.2013 bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversichert.
Zum Zeitpunkt des Unfalls wurde das klägerische Fahrzeug von dem Zeugen Herrn …, dem Vater des Klägers, geführt. Ebenfalls im Auto befand sich die Mutter des Klägers, die Zeugin Frau …. Das Fahrzeug der Beklagten zu 1 wurde zum Unfallzeitpunkt von dem Zeugen … geführt.
Der Zeuge … verließ vor dem Unfall mit dem klägerischen Kfz ein auf der H.straße 316 befindliches Parkplatzgelände. Er beabsichtigte nach links abzubiegen. In der Folge kam es zu einer Kollision mit dem von links auf der H.straße herannahenden Kfz der Beklagten zu 1. Über den tatsächlichen Hergang des Unfalls herrschte zwischen den Parteien Streit.
Der Kläger behauptet, der Zeuge … habe die Parkplätze in Höhe der H.straße 316 verlassen und sei in die H.straße eingefahren. Hierbei habe er sowohl auf den von links wie auch von rechts kommenden Verkehr geachtet. Kurz vor der Kollision habe er die Vorfahrt eines von rechts kommenden Fahrschulwagens beachtet. Zu dieser Zeit habe der Zeuge … sich bereits mit dem klägerischen Kfz auf der Fahrbahn befunden, wobei sich das Kfz größtenteils auf dem gegenüberliegenden Fahrstreifen und zu einem kleinen Teil auf dem dem Zeugen … nächstgelegenen Fahrstreifen befunden habe. An dieser Stelle habe der Zeuge … in Wartestellung in etwa 10-15 Sekunden gestanden. Aus dieser Position habe er schließlich das Kfz der Beklagten zu 1 wahrgenommen. Dieses habe sich mit überhöhter Geschwindigkeit genähert und sei sodann in das Kfz des Zeugen … gefahren.
Der Kläger ist der Ansicht, dass der Zeuge … in der Unfallsituation als Kreuzungsräumer zu beurteilen sei. Der Unfall stelle für den Zeugen … ein unabwendbares Ereignis dar. Für den Zeugen … hingegen sei der Unfall jedoch vermeidbargewesen.
Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 6.154,62 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.4.2013 zu zahlen, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 603,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, dass der Zeuge … mit dem klägerischen Fahrzeug aus dem Parkplatz auf der H.straße unmittelbar vor dem mit nicht erhöhter Geschwindigkeit fahrenden Kfz der Beklagten zu 1, quer in den fließenden Verkehr eingefahren sei. Dann habe das klägerische Kfz kurz auf der Spur, die der Zeuge … mit dem Kfz der Beklagten zu 1 befuhr, gehalten. Das Fahrzeug sei jedoch deutlich weniger als 10-15 Sekunden an dieser Stelle gestanden
Die Beklagten sind der Ansicht, es läge daher seitens des Zeugen … ein Verstoß gegen § 10 StVO vor. Der Unfall stelle für den Fahrzeugführer des Kfz der Beklagten zu 1, dem Zeugen …, ein unabwendbares Ereignis dar.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen …und …, sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. ….
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg, weil sie unbegründet ist.
I.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 1 kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 6154,62 EUR zu. Ein solcher ergibt sich nicht aus § 7 StVG.
Zwar sind hier die Haftungsvoraussetzungen der Halterhaftung aus § 7 StVG gegeben, nach erfolgter Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer jedoch fest, dass die Haftung der Beklagten zu 1 hinter der des Klägers zurücktritt.
Die Beklagte zu 1 ist unstreitig die Halterin des an dem streitgegenständlichen Unfall beteiligten Kfz VW Polo. Ebenfalls unstreitig zwischen den Parteien ist, dass es zu einer Rechtsgutverletzung in Form einer Beschädigung des Kfz VW Touran seitens des Klägers durch den Unfall gekommen ist. Da das Kfz der Beklagten zu 1 zum Zeitpunkt des Unfalls im öffentlichen Verkehr bewegt wurde, befand es sich zudem in Betrieb im Sinne des § 7 StVG.
An einem Fall höherer Gewalt gemäß § 7 Abs. 2 StVG scheitert ein solcher Anspruch im Streitfall zudem nicht, was von der Beklagten zu 1 auch nicht geltend gemacht wird.
Jedoch ist ein Anspruch des Klägers deshalb ausgeschlossen, weil der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs, der Zeuge …, den Unfallschaden durch ein für den Fahrer des Kfz der Beklagten zu 1, den Zeugen … unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG oder jedenfalls ganz überwiegend verursacht und allein verschuldet hat, § 17 Abs. 2 StVG, so dass der Verursachungsbeitrag des Zeugen … im konkreten Fall allein die Betriebsgefahr – hinter dem Verursachungsbeitrag des Zeugen … zurücktritt, § 17 Abs. 1 StVG.
Verursachungs- und Verschuldensbeiträge des von den Parteien jeweils eingesetzten und folglich berechtigten Fahrers sind den Parteien jeweils selbst zuzurechnen, sodass dem Kläger die Verursachungs- und Verschuldensbeiträge des Zeugen … und der Beklagten zu 1 die Verursachungs- und Verschuldensbeiträge des Zeugen … zuzurechnen sind, § 18 Abs. 3 StVG.
In der erfolgten Beweisaufnahme haben die Beklagten bewiesen, dass der Zeuge … bei der Fahrt mit dem klägerischen Fahrzeug am Unfalltag beim Einfahren in den fließenden Verkehr straßenverkehrsrechtliche Sorgfaltspflichten verletzt hat. Dagegen ist dem Kläger der Beweis nicht gelungen, dass der Verursachungsbeitrag des Zeugen … über die bloße Betriebsgefahr des Fahrzeugs hinausging.
Der Kläger genügt seiner Darlegungs- und Beweislast mit der hier unstreitigen Behauptung, sein Kraftfahrzeug sei im Straßenverkehr durch einen Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 1 beschädigt worden. Nach dem eigenen klägerischen Vortrag traf den Zeugen … jedoch in der konkreten Unfallsituation eine erhöhte Sorgfaltspflicht, weil dieser aus dem ruhenden in den fließenden Verkehr wechselte. Diese Sorgfaltspflicht ergibt sich aus § 10 StVO. Gemäß dieser Vorschrift muss ein Verkehrsteilnehmer, der von einem Grundstück auf die Straße einfahren will, sich dabei so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Hier trifft die Beklagte zu 1 die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs durch eine nicht dem § 10 StVO entsprechende Fahrweise des Zeugen … wesentlich erhöht gewesen ist.
Diese Beweisführung wird jedoch durch eine Anscheinsbeweislage zu Gunsten der Beklagten zu 1 erleichtert. Wenn ein Fahrer, wie hier der Zeuge aus einem Grundstück auf die Fahrbahn einfährt, hat er sich dabei so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Wenn es in Zusammenhang mit dem Auffahren auf die Straße zu einer Gefährdung eines anderen Verkehrsteilnehmers und darüber hinaus zu einem Unfall kommt, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der in den fließenden Verkehr hineinfahrende Kraftfahrer die ihm obliegende gesteigerte Sorgfaltspflicht nicht beachtet hat (vgl. z.B. OLG Koblenz, Urteil vom 10.7.2006 – 12 U 449/05). Diesen Anscheinsbeweis konnte hier der Kläger nicht erschüttern. Diese Überzeugung stützt die Kammer im wesentlichen auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen P. vom 25.11.2014, sowie auf die Zeugenaussagen der Zeugen …, … und ….
Der Sachverständige P. kommt in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass der streitgegenständliche Unfall sich ereignete, weil der Zeuge … mit dem klägerischen Fahrzeug, nachdem er zunächst die Absicht hatte links in den fließenden Verkehr auf die Hingberstraße abzubiegen, diesen Entschluss aufgrund eines von rechts herannahenden Kfz änderte, nahezu mittig auf der Straße stehen blieb und dadurch dem Zeugen … ein plötzliches Hindernis bot, vor welchem der Zeuge … das Fahrzeug der Beklagten zu 1 nicht mehr rechtzeitig zum Stehen bringen konnte. Hierzu hat der Gutachter weiter ausgeführt, dass das Fahrzeug der Beklagten zu 1 in etwa 35-55 m entfernt gewesen ist, als der Zeuge … sich dazu entschloss in den fließenden Verkehr einzufahren. Aus diesem Grund war das Fahrzeug der Beklagten zu 1 bereits zu der Zeit, als der Zeuge … anfuhr für diesen sichtbar.
Die Angaben des Sachverständigen werden zudem durch die glaubhafte Aussage des Zeugen … bestätigt. So hat dieser angegeben, dass er das Auto des Klägers in etwa 30 m vor dem Aufprall das erste Mal gesehen hat. Diese Angabe deckt sich mit der Angabe des Sachverständigen. Auch beschreibt der Zeuge … den Ablauf des Unfalls, namentlich das Anfahren des Zeugen … und Stehenbleiben mittig auf der Straße, in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen. Zudem ist der Zeuge … auch glaubwürdig. Insbesondere konnte ein erhebliches eigenes Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreites nicht festgestellt werden.
Die Aussage der Zeugin … war unergiebig. So hat dieser angegeben, dass sie zur Zeit des Unfalls nach rechts geschaut habe. Dann habe es plötzlich einen Knall gegeben. Zum tatsächlichen Ablauf des Unfalls konnte die Zeugen folglich keine Angaben machen. Auch an den geschätzten Zeitraum, den das klägerische Kfz vor dem Unfall stehend auf der Straße verbracht hat konnte sie sich nicht mehr erinnern.
Laut Aussage des Zeugen … befand sich der Wagen der Beklagten zu 1 zu der Zeit als er in den fließenden Verkehr einfuhr noch in etwa 50 m von dem klägerischen Fahrzeug entfernt. Auch diese Angabe deckt sich noch mit den Angaben des Sachverständigen in dem Gutachten. Die Aussage des Zeugen … er habe sich mit dem klägerischen Kfz bereits 10-15 Sekunden stehend in der Mitte der Fahrspur befunden, wurde jedoch durch das Sachverständigengutachten widerlegt. Selbst wenn der Vortrag des Zeugen … bezüglich der Entfernung des Fahrzeuges der Beklagten zu 1 zutreffend wäre und dieses 50 m entfernt gewesen wäre, als der Zeuge … in den fließenden Verkehr einfuhr, so hätte das Kfz der Beklagten zu 1 für diese Entfernung nur ca. 3,6 Sekunden benötigt. Die Einschätzung des Zeugen … er habe sich mit dem klägerischen Fahrzeug 10-15 Sekunden stehend in der Mitte der Fahrbahn befunden ist demnach nach Überzeugung der Kammer unzutreffend. Vielmehr geht die Kammer nach Schluss der Beweisaufnahme davon aus, dass sich der Unfall so dargestellt hat, dass sich der Zeuge … mit dem klägerischen Fahrzeug primär auf den links kommenden Verkehr konzentriert hat, daraufhin in den fließenden Verkehr eingefahren ist und dann seine ursprüngliche Absicht, in einem Zuge nach links einzubiegen geändert hat, weil sich von rechts ein weiteres Fahrzeug näherte. Der Zeuge … konnte weder erwarten dass das klägerische Fahrzeug nicht sofort die von ihm befahrene Spur räumen würde, noch konnte er trotz erfolgter Vollbremsung das Fahrzeug der Beklagten zu 1 rechtzeitig zum Stillstand bringen. Der Zeuge … hätte beim Einfahren in den fließenden Verkehr nicht bloß auf den von links herannahenden Verkehr achten müssen, sondern sich auch vergewissern müssen, dass auch von rechts keine Fahrzeuge herannahen, die den Zeugen … dazu veranlassen könnten, den Einfahrvorgang in den fließenden Verkehr abzubrechen und mittig auf der Straße stehen zu bleiben um rechts herannahenden Fahrzeugen Vorfahrt zu gewähren. Da mithin ein Verstoß gegen § 10 StVO seitens des Zeugen … vorliegt, der dem Kläger zuzurechnen ist und dem Zeugen … ausweislich des Sachverständigengutachtens kein Verstoß gegen § 3 StVO vorzuwerfen ist, weil sich keinerlei Anzeichen für eine überhöhte Geschwindigkeit des Fahrzeuges der Beklagten zu 1 ergeben haben, tritt die bloße Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Beklagten zu 1 hier zurück.
II.
Auch steht dem Kläger gegen die Beklagte zu 2 kein Anspruch auf Zahlung von 6.154,62 EUR gemäß § 115 Abs. 1 S. 1 VVG zu. Zwar war das Kfz der Beklagten zu 1 zur Zeit des Unfalls bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversichert, es besteht jedoch aufgrund oben Gesagtem schon kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1, so dass auch ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2 ausscheidet.
III.
Da dem Kläger weder gegen die Beklagte zu 1 noch gegen die Beklagte zu 2 der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 6.154,62 EUR zusteht, steht ihm auch der geltend gemachte Zinsanspruch nicht zu.
IV.
Weil dem Kläger der geltend gemachte Anspruch gegen beide Beklagten nicht zusteht, hat er schließlich keinen Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 603,93 EUR.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 6.154,62 EUR festgesetzt.