OLG Celle – Az.: 14 U 9/18 – Urteil vom 08.05.2018
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 22. November 2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade teilweise geändert und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.614,15 € zu zahlen sowie der Beklagte zu 1 alleine verurteilt, an die Klägerin auf 1.614,15 € Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vom 30. September 2016 bis 1. Oktober 2016 zu zahlen, sowie die Beklagten zu 1 und zu 2 als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin auf 1.614,15 € Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vom 2. Oktober 2016 bis 4. Oktober 2016 zu zahlen und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin auf 1.614,15 € Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 5. Oktober 2016 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeden zukünftigen materiellen Schaden zu 30 % zu ersetzen, der ihr aus dem Verkehrsunfall vom 25. Januar 2016 entsteht.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Klägerin zu 70 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 30 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO)
I.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise, nämlich zur Hauptsache hinsichtlich einer Quote von 30 % und hinsichtlich der Zinsen im Hinblick auf Rechtshängigkeitszinsen begründet.
1. Die Beklagten haften dem Grunde nach als Gesamtschuldner für den Schaden der Klägerin aufgrund des Verkehrsunfalls vom 25. Januar 2016 auf dem Parkplatz des Supermarktes X in B. mit einer Haftungsquote von 30 % gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 4 VVG.
a) Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG liegen für beide Parteien vor, ebenso ist der Unfall für keine der Parteien ein Fall höherer Gewalt im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG.
b) Der Unfall war auch – wie das Landgericht zutreffend entschieden hat – für keine der Parteien unabwendbar im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG.
(1) Ein Verkehrsunfall ist unabwendbar, wenn dieser auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden kann (BGHZ 117, 337). Gefordert wird nicht absolute Unvermeidbarkeit, sondern ein an durchschnittlichen Verhaltensanforderungen gemessenes ideales, also überdurchschnittliches Verhalten (BGH NJW 1986, 183; OLG Koblenz NZV 2006, 201), welches sachgemäß, geistesgegenwärtig und über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinausgeht, wobei alle möglichen Gefahrenmomente zu berücksichtigen sind (BGH 113, 164).
(2) Daran gemessen war der Unfall für den Beklagten zu 1 nicht unabwendbar. Als Idealfahrer hätte – er im Rahmen der auch auf dem dortigen für den öffentlichen Verkehr frei zugänglichen Parkplatz geltenden Straßenverkehrsordnung (StVO) und daraus resultierender Verpflichtung zur ständigen Vorsicht und Rücksichtnahme gemäß § 1 Abs. 1 StVO sowie der Verpflichtung sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird (§ 1 Abs. 2 StVO) – durch einen (erneuten) Blick in den rechten Außenspiegel unmittelbar vor dem Anfahren erkannt bzw. erkennen können, dass die Fahrertür des Klägerfahrzeugs in den Raum der vom Beklagtenfahrzeug genutzten Parkbucht hineinragt und eine Kollision mit dem Anhängergespann aufgrund des nur geringen Seitenabstands und dem Ausschwenken des Anhängers nach rechts bei der beabsichtigten Bogenfahrt nach links droht und diese vermeiden können.
(3) Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Unfall für den Zeugen S. ebenfalls nicht unvermeidbar im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG. Zwar findet – wie das Landgericht zutreffend erkannt hat – § 14 Abs. 1 StVO auf Parkplätzen grundsätzlich keine unmittelbare Anwendung. Denn diese Vorschrift, die ein Höchstmaß an Sorgfalt von dem Aussteigenden verlangt, schützt den fließenden Verkehr (vgl. OLG Frankfurt, OLGR 2009, 850 ff.; König, in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 14 Rn. 5). Allerdings trifft den Aussteigenden auch auf Parkplätzen im Rahmen des allgemeinen Rücksichtnahmegebots nach § 1 Abs. 2 StVO die Pflicht, sich vor dem Türöffnen zu vergewissern, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer durch das Türöffnen geschädigt wird (König, a. a. O., § 14 Rn. 6). Dabei können auch auf öffentlichen Parkplätzen die strengen Sorgfaltsmaßstäbe, die im fließenden Verkehr gelten, jedenfalls sinngemäß herangezogen werden, sofern sich in einem bestimmten Verkehrsverhalten die besondere Gefährlichkeit gegenüber den übrigen Verkehrsteilnehmern niederschlagen kann. Aus diesem Grund hat auch der Ein- und Aussteigende auf öffentlichen Parkplätzen – anders als auf privaten Parkflächen, auf denen kein besonderer Fahrverkehr zu erwarten ist – besondere Vorsicht und Achtsamkeit walten zu lassen (LG Saarbrücken, Urteil vom 18. Dezember 2015 – 13 S 128/15 -, juris).
So liegt es aber hier: Der Zeuge S. hätte als Idealfahrer erkennen können, dass die Fahrertür des Klägerfahrzeugs über die Begrenzungslinie zwischen den Parkbuchten in die vom Beklagtenfahrzeug-Anhängergespann genutzte Parkbucht hineinragt und musste auch mit einem jederzeitigen Anfahren des Beklagtenfahrzeugs rechnen.
Soweit die Klägerin meint, ein Aussteigen sei dem Zeugen S. nur mittels Öffnen der Tür bis in den Raum der links danebenliegenden Parkbucht möglich gewesen und sich dieser deswegen schon nicht anders verhalten konnte, verhilft dies der Berufung nicht zum weiteren Erfolg. Denn es wäre dem Zeugen S. unbenommen gewesen, das Klägerfahrzeug entweder in einer anderen Parkbucht zu parken, bei der links daneben kein oder ein kleineres Fahrzeug, welches durch eine geöffnete Tür gefährdet werden konnte, stand oder das Klägerfahrzeug mit entsprechend größerem Abstand zur linken Parkbuchtbegrenzung zu parken.
Anders als die Klägerin meint, wurden durch das Öffnen der Fahrertür des Klägerfahrzeugs durch den Zeugen S. auch andere Verkehrsteilnehmer im Sinne des Rechtsgedankens von § 14 Abs. 1 StVO gefährdet, wie sich hier im Ergebnis an der stattgefundenen Kollision mit dem Beklagtenfahrzeug – mithin der Realisierung der Gefahr – zeigt.
c) Im Rahmen der nach § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG vorzunehmenden Haftungsabwägung hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Zunächst ist das Gewicht des jeweiligen Verursachungsbeitrages der Kfz-Halter zu bestimmen, wobei zum Nachteil der einen oder anderen Seite nur feststehende, d. h. unstreitige oder bewiesene Umstände berücksichtigt werden dürfen, die sich auch nachweislich auf den Unfall ausgewirkt haben (Heß in: Burmann/Heß/Hühnermann/ Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 25. Auflage 2018, § 17 StVG Rn. 12). In einem zweiten Schritt sind die beiden Verursachungsanteile gegeneinander abzuwägen.
(1) Der Klägerin fällt – wie das Landgericht zutreffend erkannt hat – ein Verstoß des Zeugen S. gegen die beim Türöffnen gebotene besondere Sorgfalt nach dem Rechtsgedanken aus § 14 Abs. 1 StVO zur Last, so dass die allgemeine von ihrem Pkw ausgehende Betriebsgefahr erheblich erhöht wurde. Auch wenn § 14 Abs. 1 StVO nicht speziell auf die Verkehrssituation von öffentlichen (Supermarkt-)Plätzen zugeschnitten ist, ist die Vorschrift – wie oben ausgeführt – dem Grunde nach anwendbar: Ein Autofahrer darf danach auf einem Parkplatz nur dann die linke Wagentür öffnen, wenn er sicher sein kann, dass andere Fahrzeuge nicht gefährdet werden. Dabei muss beim Ein- und Aussteigen ständig mit Ein- und Ausparkvorgängen gerechnet werden. Diese Situation erfordert besondere Umsicht durch eine vollständige Konzentration auf die gesamte Umgebung (OLG Frankfurt, Urteil vom 09.06.2009 – 3 U 211/08 -, juris). Der Zeuge Schäfer hat – wie vom Landgericht zutreffend nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erkannt – beim Aussteigen aus dem Klägerfahrzeug nicht die notwendige Vorsicht walten lassen, da er die Tür des Klägerfahrzeugs so weit geöffnet hatte, dass diese über die Parkbuchtbegrenzung nach links in den Raum der vom Beklagtenfahrzeug genutzten Parkbucht hineinragte.
Soweit die Klägerin meint, dass die Angaben des Sachverständigen zur Türöffnungsweite bzw. zu den Beschädigungen an der Fahrertür des Klägerfahrzeugs nicht belegt seien, bleibt dies ohne Erfolg. Der Sachverständige hat insoweit auf entsprechende Versuche verwiesen, wonach es nur ab einem hinreichend großen Türöffnungswinkel (nämlich i. d. R. oberhalb von 60 Grad) immer zu einem – dann reinen – Umschlagen der Tür komme. Bei Türöffnungswinkeln von unterhalb 15 Grad komme sich zu einem Abgleiten zwischen Tür und stoßendem Fahrzeug. Lediglich im dazwischenliegenden Bereich komme es zu einer Stauchung der Tür und in Abhängigkeit von Überdeckung und Lage zu den Grenzwerten zu einem überlagerten Umschlagen bzw. Abgleiten der Tür. Der Sachverständige hat darüber hinaus durch Versuche mit dem Klägerfahrzeug nachgewiesen, dass ein Aussteigen aus dem Klägerfahrzeug nur möglich ist, wenn die Tür zwischen 65 und 70 Zentimeter Öffnungsweite geöffnet werde. Insoweit ist der Schluss, dass die Fahrertür wenigstens 65 Zentimeter geöffnet gewesen sein muss, nachvollziehbar und steht auch im Einklang mit dem Schadensbild. Insoweit hat der Sachverständige ausgeführt, dass bei einem kleineren Öffnungswinkel es mangels entsprechender Überdeckung nicht zu einer Beschädigung an der Türinnenseite hätte kommen können. Dies ist im Hinblick auf die Bilddarstellung auf Seite 14 des Gutachtens – auch ohne weiteren Nachweis – nachvollziehbar.
Anders als die Klägerin meint, durfte der Zeuge S. auch nicht das Aussteigen der Zeugin S. abwarten. Denn gerade in dem Umstand, dass die Tür des Klägerfahrzeugs länger geöffnet war, hat sich das daraus resultierende Gefahrmoment erhöht.
Insoweit war es auch nicht ausreichend, dass der Zeuge S. die Tür herangezogen hatte, als er den Anfahrvorgang des Beklagtenfahrzeugs bemerkte, da diese nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme immer noch in den Raum der Parkbucht des Beklagtenfahrzeugs hineinragte. Soweit die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 1 sei unmittelbar, d. h. für den Zeugen S. ohne Vorwarnung angefahren, hätte dieser jedenfalls durch den Start des Motors des Zugfahrzeugs des Anhängers auf den beabsichtigten Ausparkvorgang aufmerksam werden können. Wie der Beklagte zu 1 dem Zeugen S. im Übrigen das Anfahren rechtzeitig und deutlich hätte ankündigen sollen, erschließt sich dem Senat nicht. Das Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers in die beabsichtigte Fahrtrichtung dürfte für den Zeugen S. nicht erkennbar gewesen sein. Die Betätigung der Fahrzeughupe ist bei einem Ausparkvorgang im Grundsatz nicht gestattet, § 16 StVO.
(2) Ohne Erfolg rügt die Klägerin, dass die Beklagten schon deswegen ein Mitverschulden an dem Unfall treffe, weil der Anhänger beim Ausfahren des Beklagtenfahrzeugs aus der Parkbucht nach rechts in den Bereich der Parkbucht des Klägerfahrzeugs ausgeschwenkt sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass das Heck des Anhängers des Beklagtenfahrzeugs allenfalls in den Bereich der Begrenzungslinie zwischen den beiden Parkbuchten ausgeschwenkt ist, der Anhänger über diese aber nicht hinübergelangt sei. Die Angaben des Sachverständigen P. waren insoweit schlüssig und nachvollziehbar. Diese bedurften auch keines wissenschaftlichen Nachweises zum Beweis der Angaben. Vielmehr erschließen sich die Angaben des Sachverständigen, wonach der zu Vergleichszwecken vom Sachverständigen untersuchte Anhänger aufgrund der größeren Länge um wenige Zentimeter mehr bei einer Kurvenfahrt ausschwenkt, als der am Unfall beteiligte Anhänger der Beklagten zu 2, aus sich heraus mit allgemeinen physikalischen Verständnis.
(3) Der Beklagte zu 1 hat jedoch gegen die sich aus dem allgemeinen Rücksichtnahmegebot nach § 1 Abs. 2 StVO bestehende Rückschaupflicht beim Ausfahren aus der Parklücke verstoßen. Dabei geht das Landgericht im Ansatz zutreffend davon aus, dass der Ausparkende im Rahmen der allgemeinen Sorgfaltspflicht verpflichtet ist, auch beim Ausparken darauf zu achten, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht zum Schaden kommen. An die Sorgfalt des Fahrers eines Fahrzeugs, der aus einer Parkbucht ausfahren will, sind dieselben Anforderungen zu stellen, wie an denjenigen, der in eine Parkbucht einfahren will. Dieser muss mit einem Ein- bzw. Aussteigen anderer Verkehrsteilnehmer jederzeit rechnen. Daher musste sich der Beklagte zu 1 vor dem Anfahren vergewissern, dass sich kein Verkehrsteilnehmer neben seinem Fahrzeug bzw. Anhänger befindet, welches durch den Anfahrvorgang gefährdet werden könnte.
Anders als das Landgericht meint, hatte der Beklagte zu 1 konkreten Anlass dafür, dass mit einem Türöffnen des Klägerfahrzeugs zu rechnen war. Denn der Zeuge S. hatte das Klägerfahrzeug – nach seinen Angaben – nur wenige Sekunden vor dem Öffnen der Fahrertür in die rechts neben dem Beklagtenanhänger liegende Parkbucht gefahren und dort abgestellt. Dieser Vorgang hätte vom Beklagten zu 1, der nach eigenen Angaben zuvor in die Seitenspiegel geschaut haben will, dann aber bemerkt werden müssen. Aber selbst wenn der Beklagte zu 1 den Parkvorgang des Klägerfahrzeugs nicht bemerkt hat, hätte er den Zeugen S. und die geöffnete Fahrertür des Klägerfahrzeugs jedenfalls durch Blick in den Seitenspiegel vor dem Anfahren wahrnehmen können. Denn die Tür stand bereits mehrere Sekunden offen. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Zeuge S. bereits aus dem Klägerfahrzeug ausgestiegen war und danach seiner Ehefrau beim Aussteigen helfen wollte, indem er den Fahrersitz nach vorne klappen wollte. Diese Vorgänge benötigen naturgemäß mehrere Sekunden Zeit. Wenn der Beklagte zu 1 also unmittelbar vor dem Anfahren Rückschau mittels Blick in die Seitenspiegel gehalten hätte, hätte er den Zeugen S. und die geöffnete Tür sehen können müssen. Nicht ausreichend wäre es, wenn der Beklagte zu 1 mittels Blick in die Seitenspiegel Rückschau hält und dann bis zum Anfahren erst einige Sekunden verstreichen lässt. Zwar ist es im Grundsatz richtig, dass der Anfahrende seine Aufmerksamkeit insbesondere nach vorne richten muss, da er sein Fahrzeug in diese Richtung bewegen will. Da aber – wie ausgeführt – auf Parkplätzen mit dem jederzeitigen Ein- und Aussteigen von anderen Verkehrsteilnehmern gerechnet werden muss, war – anders als beim Anfahren im fließenden Verkehr – die Kontrolle der Fahrzeugseiten des Fahrzeug-Anhängergespanns unmittelbar vor dem Anfahren notwendig.
(4) Die Abwägung der jeweils unfallursächlich gewordenen Umstände führt hier zu einer Haftung der Parteien von 70 zu 30 Prozent zu Lasten des Klägers; die Beklagten haften mithin für Schäden der Klägerin zu 30 %.
Grundsätzlich sind an die Sorgfalt des Fahrers eines Fahrzeugs, der auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz in eine rechtwinklig zur Durchfahrtrichtung angeordnete Parklücke ein- oder ausparken will, sowie an die Sorgfaltspflicht des Fahrers oder Mitfahrers eines neben dieser Parklücke abgestellten weiteren Fahrzeugs beim Aussteigen gleich hohe Anforderungen zu stellen, so dass in der Regel – ohne weitere, besondere Umstände im Einzelfall – bei einer Kollision des ein- oder ausparkenden Fahrzeugs mit einer teilweise geöffneten Fahrzeugtür eines geparkten Fahrzeugs eine hälftige Schadenaufteilung angemessen erscheint (OLG Frankfurt, Urteil vom 09. Juni 2009 – 3 U 211/08 -, juris).
Vorliegend sind aber auf Seiten der Klägerin besondere, den Haftungsanteil erhöhende, Umstände gegeben. Der Zeuge S. hatte die Fahrertür des Klägerfahrzeugs – wie oben ausgeführt – entgegen seinen Angaben so weit geöffnet, dass diese deutlich in den Raum der Parkbucht des Beklagtenfahrzeugs hineinragte. Dieses war auch unschwer für den Zeugen S. zu erkennen, wie sich aus dem Lichtbild auf Seite 18 des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen P. vom 28. Juli 2017 ergibt. Im Übrigen hatte der Zeuge S. nach seinen eigenen Angaben auf die Begrenzungslinien der Parkbuchten besonders geachtet, so dass er die dadurch entstehende Gefahr hätte erkennen können. Darüber hinaus war als weiterer gefahrerhöhender Umstand zu berücksichtigen, dass der Zeuge S. nach dem Aussteigen nicht sofort die Fahrertür wieder geschlossen hatte, sondern danach den Fahrersitz nach vorne klappen wollte, um der dahinter sitzenden Zeugin S. das Aussteigen zu ermöglichen. Dadurch hat der Zeuge die mit der geöffneten Tür bestehende Gefahr aufrechterhalten. Schließlich wiegt der Verstoß gegen die sich aus den Anforderungen nach §§ 1 Abs. 2, 14 Abs. 1 StVO ergebenden Sorgfaltsforderungen schon nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich schwer, da danach eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen ist.
Demgegenüber wiegt der Sorgfaltsverstoß des Beklagten zu 1 gegen § 1 Abs. 2 StVO, beim Anfahren die Fahrzeugseiten nicht hinreichend im Blick gehalten zu haben, weniger schwer.
Weiterhin sind die jeweiligen Betriebsgefahren der unfallbeteiligten Fahrzeuge zu berücksichtigen, wobei die Betriebsgefahr des Beklagten-Fahrzeugs-Anhängergespanns höher ist, als diejenige des Kläger-Pkw. Vorliegend hat sich die auf den Ausmaßen des Fahrzeug-Anhängergespanns und daraus ergebenden erhöhten Platzbedarf, schlechtere Manövrierbarkeit und schlechtere Sicht auch ausgewirkt.
Zusammenfassend rechtfertigt dies die oben genannte Haftungsquote von 70 zu 30 Prozent zu Lasten der Klägerin.
2. Unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 30 % steht der Klägerin der Höhe nach folgender Schadensersatzanspruch zu:
100 % 30 %
Nettoreparaturkosten 3.725,26 € 1.117,58 €
Wertminderung 200,00 € 60,00 €
Sachverständigenkosten 757,85 € 227,36 €
Kostenpauschale 25,00 € 7,50 €
Summe 4.708,11 € 1.412,44 €
Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich geführten Beweisaufnahme, hier den Angaben des Sachverständigen P. in seinem schriftlichen Gutachten vom 28. Juli 2017 sind die von der Klägerin geltend gemachten Reparaturkosten notwendig für eine fach- und sachgerechte Behebung des Fahrzeugschadens. Hinsichtlich des merkantilen Minderwerts ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, dass jedenfalls ein Minderwert von 200,00 € auch nach ordnungsgemäßer Reparatur verbleibe. Da das Klägerfahrzeug zum Unfallzeitpunkt auch noch keine 60 Monate alt war, war dieser auch zu ersetzen.
3. Der Klägerin steht bezüglich der Hauptforderung hingegen nur ein Anspruch auf Verzugszinsen gemäß § 288 Abs. 1 i. V. m. § 291 BGB ab Rechtshängigkeit zu.
Einen früheren Verzugsbeginn – hier ab 12. Februar 2016 – hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Insbesondere fehlt jeglicher Vortrag zu einer etwaigen verzugsbegründenden Mahnung der Beklagten.
Zinsbeginn ist hier mithin ab Zustellung, welche bei dem Beklagten zu 1 am 29. September 2016, bei der Beklagten zu 2 am 30. September 2016 und der Beklagten zu 3 am 4. Oktober 2016 erfolgt ist, so dass in entsprechender Anwendung von § 187 Abs. 1 BGB der Klägerin Zinsen gegen den Beklagten zu 1 alleine für den Zeitraum vom 30. September 2016 bis 1. Oktober 2016, gegen die Beklagten zu 1 und zu 2 als Gesamtschuldner für den Zeitraum vom 2. Oktober 2016 bis 4. Oktober 2016 und gegen alle Beklagten als Gesamtschuldner ab dem 5. Oktober 2016 zusteht. Die Zustellung an den Fahrer bzw. Versicherungsnehmer/Halter hat entgegen der Zustellung an den Kfz-Haftpflichtversicherer (dazu OLG Nürnberg, NJW 1974, 1950) keine verzugsbegründende Wirkung, § 425 Abs. 2 BGB (Looschelders in Staudinger, BGB (2017), § 425 Rn. 25).
4. Vorgerichtliche Anwaltskosten sind der Klägerin entsprechend einem Streitwert bis 1.500,00 € in Höhe von 201,71 € gem. §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG zu erstatten.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 ZPO.