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Pflichtverletzung bei Reisevermittlungsvertrag – Einbehaltung Reiseunterlagen für Bausteinreise

LG Osnabrück – Az.: 2 S 349/18 – Urteil vom 10.04.2019

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 14.9.2018 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.117,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin in Höhe von 15 % und die Beklagte in Höhe von 85 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 2 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung des zwischen den Parteien bestehenden Reisevermittlungsvertrages, §§ 675, 280,249 BGB.

Die Beklagte hätte der Klägerin die Reiseunterlagen herausgeben müssen, nachdem diese vom gebuchten Flug zurückgetreten war und die Reisekosten abzüglich des für Steuern und Gebühren errechneten Betrages gezahlt hatte. Ein Zurückbehaltungsrecht stand ihr nicht zu.

Die Klägerin war von dem Flug, den sie sich von der Beklagten hatte vermitteln lassen und für den ausweislich der Reiseunterlagen der T. Ticketshop in H. als Veranstalter fungierte, am 01.09.2017 zurückgetreten.

Pflichtverletzung bei Reisevermittlungsvertrag - Einbehaltung Reiseunterlagen für Bausteinreise
(Symbolfoto: Viktoriia Hnatiuk/Shutterstock.com)

Da Steuern und Gebühren eines Fluges unstreitig nur zu zahlen sind, wenn die Reise tatsächlich angetreten wird, schuldete die Klägerin diesen Reiseanteil nicht mehr. Sie war daher nicht verpflichtet, diesen Betrag zu zahlen, als am 30.09.2017 der restliche Reisepreis fällig wurde.

Die Beklagte kann der Klägerin nicht entgegenhalten, dass sie selbst bereits am 04.02.2017 den kompletten Reisepreis (inklusive Steuern und Gebühren) an T. gezahlt hatte bzw. T. vereinbarungsgemäß an diesem Tag den Reisepreis vom Konto der Beklagten abgebucht hatte und nunmehr wegen der Insolvenz der Fluggesellschaft Air Berlin die Rückzahlung verweigert.

Zum einen führt eine etwaige Abrede zwischen der Beklagten und T. über eine frühzeitige Abbuchung der Beträge nicht dazu, dass der von der Klägerin zu zahlende Reisepreis vor dem 30.09.2017 fällig geworden wäre. Eine vor diesem Datum getätigte Zahlung war von der Klägerin nicht geschuldet. Wenn die Klägerin vor Fälligkeit die Reise stornierte und damit die Zahlung von Steuern und Gebühren entfiel, ist es nicht der Risikosphäre der Klägerin zuzurechnen, wenn die Beklagte – mag sie im Innenverhältnis zu T. dazu verpflichtet gewesen sein oder nicht – auch diesen Kostenanteil bereits vorab an T. gezahlt hatte.

Zum anderen fungierte ausweislich der getroffenen Vereinbarungen T. als Veranstalter für die Flugreise. Aus Sicht der Klägerin war daher insoweit T. ihr Vertragspartner. Ein etwaiges Insolvenzrisiko der Air Berlin dürfte daher T. als Veranstalter der Reise treffen und weder die Klägerin als Reisende noch die Beklagte als Vermittlerin.

Soweit die Beklagte bestreitet, dass der von der Klägerin für Steuern und Gebühren errechnete Betrag zutreffend sei, ist dies unerheblich. Sie hat der Klägerin keine Auskunft über den entsprechenden Kostenanteil erteilt, sodass die Klägerin selbst diesen Preisanteil im Rahmen einer Internetrecherche ermittelt hat. Wenn die Beklagte der Ansicht gewesen wäre, dieser Betrag sei der Höhe nach unzutreffend, wäre sie im Rahmen ihrer vertraglichen Pflichten gehalten gewesen, der Klägerin den zutreffenden Preis zu benennen, um dieser die Möglichkeit zu geben, etwaige Preisdifferenzen noch zu zahlen. Das hat die Beklagte jedoch nicht getan, sondern stattdessen die Herausgabe der kompletten Reiseunterlagen bis zur Zahlung des Gesamtpreises verweigert. Dazu war sie nicht berechtigt.

Die Klägerin hat die Kosten nachgewiesen, die durch die Verweigerung der Herausgabe der Reiseunterlagen entstanden sind. Danach sind für die neue Buchung des Mietwagens 529,00 € und für die neue Buchung der Unterkunft 588,00 € an Kosten entstanden, insgesamt mithin 1.117,00 €. Diesen Betrag kann sie von der Beklagten als Schadensersatz erstattet verlangen.

Dagegen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der vorprozessualen Rechtsanwaltskosten. Die Klägerin hat bereits unmittelbar nach Stornierung des Fluges einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der die Beklagte bereits unter dem 07.09.2017 angeschrieben hatte. Zu diesem Zeitpunkt war die Beklagte weder zur Herausgabe der Reiseunterlagen aufgefordert noch hatte sie diese verweigert. Die vorprozessualen Rechtsanwaltskosten waren jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden und können nicht mehr kausal auf die Pflichtverletzung der Beklagten zurückgeführt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91,92 ZPO. Trotz des Obsiegens in der Hauptsache war die Bildung einer Kostenquote geboten, da die Klägerin im Rechtsstreit teilweise unterlegen war. Das Unterliegen bezieht sich zwar auf eine nicht streitwertrelevante Forderung, die allerdings etwa 15 % bezogen auf den fiktiven Gesamtstreitwert ausmacht, so dass eine Berücksichtigung angemessen erschien.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff.10, 711, 713 ZPO.

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