OLG Hamm – Az.: 18 U 35/18 – Urteil vom 10.01.2019
Auf die Berufung der Klägerin wird die Beklagte unter teilweiser Abänderung des am 5.3.2018 verkündeten Urteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn verurteilt, an die Klägerin 27.759,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.6.2017 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte, jedoch mit Ausnahme etwaiger durch die Anrufung des Landgerichts Karlsruhe entstandener Mehrkosten; die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Die Klägerin nahm zunächst den Ehemann der jetzigen Beklagten, K. I., als ihren Vertragspartner auf Rückzahlung von Provisionen in Anspruch. Dem lag ein von der Klägerin formulierter „Kooperationsvertrag“ zugrunde, der K. I. als „Verbundpartner“ bezeichnete; auf der letzten Seite des Vertrags befindet sich unter dem Datum des 4.4.2013 und über dem handschriftlich eingesetzten Namen „K. I.“ eine Unterschrift, die möglicherweise „I“ lautet. Der Klägerin wurde später eine „Zusatzerklärung zum Kooperationsvertrag“ zugeleitet, in der es hieß, K. I. erkläre seine ausdrückliche Zustimmung dazu, dass die Klägerin die Courtagen auf das „hinterlegte Konto“ Nr. ########00bei der Volksbank Q, deren Inhaberin Frau N. I. sei, ausbezahlen darf. Die „Zusatzerklärung“ enthält unter ihrem Text links und rechts zwei Unterschriftszeilen. Dort befinden sich, über den in Druckschrift genannten Namen „K. I.“ und „N. I.“, zwei handschriftliche Unterschriftszüge. Dieses Konto hatte die Beklagte auf Bitten ihres Schwiegersohns C. J. eröffnet, dem sie auch Kontovollmacht eingeräumt und Kontounterlagen überlassen hatte. Der der Klägerin gegenüber unter dem Namen des K. I. agierende J reichte von ihm akquirierte Anträge auf Abschluss von Versicherungen ein. Die Klägerin zahlte Provisionen vorschüssig aus; nach ihrer Darstellung flossen diese Zahlungen in näher dargelegter Höhe auf das Konto der Beklagten.
Die Klägerin hat zunächst behauptet, sie habe mit dem Ehemann der Klägerin den „Kooperationsvertrag“ geschlossen. Zwischen dem 30.4.2013 und dem 15.7.2013 habe er Provisionen in Höhe von 31.045,28 EUR überwiesen erhalten. K. I. habe auch – neben der Beklagten – die „Zusatzvereinbarung zum Kooperationsvertrag“ unterzeichnet.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte ihr als Inhaberin des Kontos, mit der aufgrund der Zusatzvereinbarung vom 16.7.2013 ein eigenständiges Vertragsverhältnis bestehe, auf Rückzahlung der Courtagen, soweit diese infolge von Stornierungen entfallen seien. Die Summe der rechtsgrundlos ausgezahlten Abschluss- und Bestandscourtagen belaufe sich per 22.12.2014 auf 27.759,03 EUR.
Die Klägerin, deren zunächst gegen K. I. (allein) gerichtete Klage das Landgericht Karlsruhe abgewiesen hat, hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 27.759,03 EUR nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit sowie die vorgerichtlichen Kosten der Inanspruchnahme ihres Prozessbevollmächtigten in Höhe von 452,40 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat bestritten, dass ein Vertragsverhältnis zwischen ihrem Ehemann und der Klägerin zustande gekommen sei. Sie hat ferner behauptet, ihrem Schwiegersohn C. J. Kontovollmacht eingeräumt und ihm „die Kontenkarten“ überlassen zu haben; Einblick in das Konto habe sie hinfort nicht mehr gehabt. Sie hat gemeint, ein Anspruch aus Bereicherungsrecht bestehe nicht, denn die Überweisungen auf das Konto stellten Leistungen an den Vertragspartner der Klägerin dar, nicht aber an sie. Sie hat sich ferner auf Verjährung berufen und dazu die Auffassung vertreten, die Klägerin habe bereits im Laufe des Jahres 2013 sämtliche Umstände gekannt, die etwaige Rückzahlungsansprüche begründet hätten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil Ansprüche aus einer Leistungskondiktion gegenüber der Beklagten nicht bestünden und daher auch ein Rückgriff auf § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB („in sonstiger Weise“) ausscheide.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter. Sie bekräftigt ihre Auffassung, dass die Beklagte mit den Zahlungen auf ihr Konto Leistungen erhalten habe. Es bestehe keine andere Situation als bei Fehlüberweisungen. Überdies habe das Landgericht versäumt, § 311 Abs. 3 BGB zu prüfen. Zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits sei mit der Zurverfügungstellung des Kontos ein Schuldverhältnis entstanden. Damit habe sie zugleich dafür Sorge getragen, die wahre Identität des Partners des Kooperationsvertrags weiterhin zu verschleiern.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Paderborn vom 5.3.2018 die Beklagte zu verurteilen, an sie 27.759,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Kosten der Inanspruchnahme ihres Prozessbevollmächtigten in Höhe von 452,40 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass der Fall einer „Fehlüberweisung“ nicht vergleichbar sei. Eine Leistung an sie, die Beklagte, sei nicht erbracht worden. Eine Rechtsbeziehung zwischen ihr und der Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Sie habe mit ihrem Schwiegersohn auch nicht „kollusiv“ zusammengewirkt.
Die Klägerin bekräftigt, die Beklagte habe mit ihrem Verhalten „dafür Sorge getragen“, dass „der wahre Berechtigte und Verpflichtete (Herr J)“ nicht von ihr „erkannt werden konnte“. Dieses Verhalten erfülle den Tatbestand des § 826 BGB, weil die Beklagte die wirtschaftliche Situation ihres Schwiegersohns gekannt und gewusst habe, dass gegen ihn keine (Rückzahlungs-)Ansprüche durchzusetzen sein würden.
Sie meint, die Beklagte hafte durchaus als Bereicherungsschuldnerin, wenn der Vortrag der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 31.7.2017 – wonach sie für ihren Schwiegersohn das Konto eröffnet und ihm dessen Führung überlassen habe, ihr Ehemann hingegen nicht als Vertragspartner der Klägerin anzusehen sei – zugrunde gelegt werde. Diesen Vortrag mache sie sich hilfsweise zu Eigen.
Die Beklagte behauptet auf Nachfrage des Senats, das Konto sei zum 2.7.2014 aufgelöst worden; es habe kein (Haben-)Saldo mehr darauf bestanden, auch nicht zum 1.1.2017.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen. Die Beklagte ist angehört worden; wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat, nachdem sie sich die Behauptung der Beklagten (hilfsweise) zu Eigen gemacht hat, auch in der Sache Erfolg. Ihr steht ein Anspruch auf Zahlung des verlangten Betrages aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB zu.
I.
Die Beklagte hat Zahlungsansprüche gegen die Volksbank Q zumindest in Höhe der Klageforderung erworben.
1.
Auf das Konto der Beklagten bei der Volksbank Q sind Zahlungen der Klägerin (zumindest) in Höhe von 31.045,28 EUR geflossen.
Den diesbezüglichen Vortrag hat die Klägerin durch eine schriftliche Stellungnahme der Bank vom 17.5.2017 (Anl. K7) belegt. Darin bestätigt sie den Eingang der seitens der Klägerin angefragten Gutschriften vom 30.4.2013 in Höhe von 855,36 EUR, vom 16.5.2013 in Höhe von 9.769,37 EUR, vom 3.6.2013 in Höhe von 2.496,51 EUR, vom 17./20.6.2013 in Höhe von 10.260,95 EUR und vom 1.7.2013 in Höhe von 7.663,09 EUR. Die Beklagte hätte, wenn sie diese Zahlungseingänge weiterhin bestreiten wollte, näher vortragen müssen, warum es gleichwohl nicht zum Zahlungseingang auf dem Konto gekommen ist. Daran ändert es nichts, dass die „Zusatzerklärung zum Kooperationsvertrag“ (Anl. K5), mit der die Zustimmung zur Vornahme von Provisionszahlungen auf das Konto der Beklagten erklärt wurde, erst das Datum des 16.7.2013 aufweist. Es liegt auf der Hand, dass die Klägerin bereits vor Kenntnisnahme dieses Schriftstücks Überweisungen auf das betreffende Konto vorgenommen hatte, und zwar auch insoweit bereits auf Veranlassung des unter dem Namen K. I. agierenden Schwiegersohns der Beklagten.
2.
Mit dem Eingang der Gutschriften ist die Beklagte als Kontoinhaberin um Auszahlungsansprüche gegenüber der Bank in entsprechender Höhe bereichert worden.
a)
Soweit die Beklagte vorträgt, sie habe selbst über die Gutschriften nicht verfügen können, weil sie ihrem Schwiegersohn eine Kontovollmacht erteilt und ihm den – faktisch – alleinigen Zugriff auf das Konto überlassen habe, ändert dies nichts daran, dass sie selbst mit der jeweiligen Gutschrift eine Forderung gegen die Bank und damit jedenfalls zunächst „etwas“ im bereicherungsrechtlichen Sinn erlangt hatte.
b)
Die Beklagte kann dem Eintritt der Bereicherung in Höhe der Klageforderung auch nicht entgegenhalten, die Zusammensetzung der Klageforderung (27.759,03 EUR) sei nicht nachvollziehbar und mit dem Zahlenwerk der Klägerin nicht in Einklang zu bringen.
Der klageweise geltend gemachte Betrag von 27.759,03 EUR setzt sich aus Rückbelastungen infolge der Stornierung von insgesamt 17 Versicherungen zusammen, wie die Klägerin in der Klageschrift im Einzelnen dargelegt hat. Hinzu kommen Mahngebühren in Höhe von insgesamt 30,00 EUR und Zinsen in Höhe von 122,07 EUR. Den von der Klägerin vorgelegten Provisionsabrechnungen ist weiterhin zu entnehmen, dass dem Konto der Beklagten zunächst für 13 dieser Verträge Provisionen in einer die jeweilige Rückforderung nicht unterschreitenden Höhe gutgeschrieben worden waren, und zwar im Rahmen der soeben genannten fünf Gutschriftsbeträge (die „Brutto-Provisionen“ wurden nach Kürzung um die Stornoreserve und um einen Abzug in Höhe von rund 2,22 % für „VSV“ gutgeschrieben). Bezüglich vier der stornierten Versicherungen (es handelt sich um die Verträge der Versicherungsnehmer E./B. L., D./T. O. und F. U. gem. Provisionsabrechnung vom 15.7.2013) ist es jedoch nicht zur Ausführung der Provisionsüberweisung auf das Konto der Beklagten gekommen, wie sich den Aufstellungen der Klägerin selbst entnehmen lässt (es handelt sich um den in der Provisionsabrechnung vom 15.7.2013 enthaltenen Gesamtbetrag von 7.820,66 EUR; der Vermerk der Nichtüberweisung findet sich z.B. in der Aufstellung Anl. K2).
Gleichwohl kann sich die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit nicht auf diesen Umstand berufen. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind nicht die vorschüssigen Provisionszahlungen an einen Vertragspartner der Klägerin und die Stornierungen vermittelter Versicherungen, sondern allein der Empfang von Gutschriften auf dem Konto der Beklagten.
Aus diesem Grund ist es auch nicht von Belang, dass sich die Klageforderung – rechnerisch – auch aus Mahngebühren und einer Zinsbelastung zusammensetzt, für die die Beklagte selbst nicht einzustehen hat. Entscheidend ist allein, dass die Summe der Gutschriften auf dem Konto oberhalb des Betrags liegt, den die Klägerin von ihr verlangt.
II.
Ein Grund für diese Bereicherung der Beklagten bestand nicht; namentlich hatte die Beklagte keinerlei (eigene) Zahlungsansprüche gegenüber der Klägerin.
Auf die Frage, ob der Schwiegersohn der Beklagten selbst Ansprüche aus seiner Tätigkeit gegen die Klägerin hatte, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil die Klägerin mit ihren Überweisungen solche Ansprüche nicht befriedigen wollte.
Abgesehen davon hatte J auch keinerlei Anspruch auf Provisionszahlung, weil ein Handelsvertretervertrag zwischen der Klägerin und ihm nicht zustande gekommen ist. Seine Tätigkeit für die Klägerin führte im Übrigen weder zu Ansprüchen aus § 354 HGB noch zu solchen aus §§ 677ff. BGB oder § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB. Bereicherungsansprüche des J gegenüber der Klägerin scheitern schon wegen § 814 BGB, weil ihm bei Vornahme seiner Tätigkeit bekannt war, ohne Rechtsgrund zu handeln.
III.
Die Beklagte haftet der Klägerin gem. § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB auf Herausgabe dieser Bereicherung bzw. auf Wertersatz (§ 818 Abs. 1 BGB) in Höhe der Buchungen.
1.
Dieser Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten ist nicht durch einen Anspruch aus sog. Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB) „gesperrt“.
Die Klägerin wollte weder aus eigener noch aus der Sicht der Beklagten mit den Überweisungen Leistungen an sie oder an C. J. erbringen, sondern ausschließlich an ihren – vermeintlichen – Vertragspartner K. I., der jedoch „nichts erlangt“ hat, weil er nicht (Mit-)Inhaber des Kontos war.
2.
In Fällen einer „Leistung kraft Anweisung“, wie sie hier jedenfalls bei äußerlicher Betrachtung vorliegt (die Klägerin wurde von dem ihr gegenüber als Vertragspartner agierenden J angewiesen, die Provisionen auf ein Konto der Beklagten zu überweisen), vollzieht sich der Bereicherungsausgleich zwar grundsätzlich innerhalb des jeweiligen fehlerhaften Leistungsverhältnisses.
Doch gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos. Vielmehr ist der Leistende auf einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch – aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB – gegen den Empfänger verwiesen, wenn es an einer wirksamen Anweisung fehlt und diese dem – aus Sicht des Leistenden – Anweisenden auch nicht zuzurechnen ist. Wird der Leistende solchermaßen durch eine Anweisung eines Dritten veranlasst, die dem – vermeintlich – Anweisenden auch nicht zugerechnet werden kann, muss dessen bereicherungsrechtliche Inanspruchnahme ausscheiden, weil sie unbillig wäre. Stattdessen ist der Empfänger der Leistung der Nichtleistungskondiktion ausgesetzt, und zwar auch dann, wenn er das Fehlen einer wirksamen Anweisung nicht kannte. Ein Fall fehlender und nicht zurechenbarer Anweisung stellt auch etwa die Vorlage eines (ver-)fälschten Überweisungsauftrags durch einen Dritten dar (z.B. BGH, Urt. vom 29.4.2008, Az. XI ZR 371/07, NJW 2008, S. 2331, Tz. 10, 11; s.a. BGH, Urt. vom 31.1.2018, Az. VIII ZR 39/17, NJW 2018, S. 1079, Tz. 32).
Ein solche Situation lag hier vor: Die „Weisung“, Zahlungen auf das Volksbank-Konto der Beklagten vorzunehmen, die in Gestalt der „Zusatzvereinbarung“ erfolgte, aber bereits zuvor verlautbart worden sein muss, weil die Klägerin von sich aus keine Überweisungen auf das Konto der Beklagten vorgenommen hätte, ist ihr lediglich unter dem Namen des K. I., tatsächlich aber vom Schwiegersohn der Beklagten erteilt worden, der mit der Klägerin nicht in einem Vertragsverhältnis stand. K. I. hatte diese Täuschung über die Identität des Partners des Kooperationsvertrags und des Autors der Anweisung auch nicht veranlasst.
3.
Die Beklagte kann sich nicht auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen.
Sie trägt vor, nie von den Guthaben auf dem genannten Konto profitiert zu haben, die ausschließlich durch ihren Schwiegersohn verbraucht worden seien. Dieser Darstellung ist die Klägerin auch nicht entgegengetreten.
Die Entreicherung scheitert jedoch an § 819 Abs. 1 BGB. Denn die Beklagte ist so zu behandeln, als habe sie den Mangel des rechtlichen Grundes „bei dem Empfang“ gekannt oder ihn später erfahren.
Zwar ist davon auszugehen, dass die Beklagte selbst weder von den Gutschriften noch über deren Rechtsgrundlosigkeit im Verhältnis zu ihrem Schwiegersohn etwas wusste. Doch findet in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB eine Zurechnung der Kenntnis des Vertreters statt (BGH, Urt. vom 25.3.1982, Az. VII ZR 60/81, NJW 1982, 1585; BGH, Urt. vom 23.1.2014, Az. III ZR 436/12, NJW 2014, S. 1294; Münchener Komm. BGB/Schwab, 7. Aufl., § 819 Rn. 8). J, der von der Beklagten mit der Führung des Kontos bevollmächtigt worden war, wusste seinerseits, dass er keinerlei Ansprüche aus seiner Tätigkeit für die Klägerin erwerben konnte, weil er sie bei Abschluss des Kooperationsvertrags über seine Identität getäuscht hatte, und dass die von der Klägerin vorgenommenen Überweisungen daher rückabzuwickeln waren.
4.
Die Bereicherungsansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten sind nicht verjährt.
Gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt der Beginn der regelmäßigen Verjährung auch voraus, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Bezüglich eines Bereicherungsanspruchs gegen die Beklagte ist damit Kenntnis (oder grob fahrlässige Unkenntnis) auch davon erforderlich, dass eine Weisung des (vermeintlichen) Vertragspartners, die Auszahlungen auf das Konto der Beklagten vorzunehmen, gar nicht vorlag. Diese Kenntnis erwarb die Klägerin jedoch erst im Laufe des Rechtsstreits.
Die Erweiterung der Klage gegen die Beklagte hat die Verjährung eines solchen Anspruchs rechtzeitig gehemmt.
IV.
Die Nebenforderung ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
V.
Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 452,40 EUR besteht nicht.
Der Anspruch ist weder der Höhe noch dem Grunde nach näher dargelegt; er ergibt sich offensichtlich lediglich aus einer vorgerichtlichen Tätigkeit dem vormaligen Beklagten K. I. gegenüber, und zwar im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Provisionsrückforderungen, nicht eines Bereicherungsanspruchs.
Konsequenterweise hat die Klägerin diese Forderung zunächst auch nicht gegenüber der Beklagten erhoben (Klagerweiterung vom 1.6.2017).
C.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 97 Abs. 2, 281 Abs. 3 ZPO.
Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen, weil sie ausweislich des unangefochtenen Tatbestands des Urteils des Landgerichts Paderborn in der ersten Instanz bei der Behauptung geblieben ist, den Kooperationsvertrag mit K. I. geschlossen zu haben; K. I. und die Beklagte hätten auch die „Zusatzvereinbarung“ unterzeichnet. Auf dieser Tatsachengrundlage ist die Klage zu Recht abgewiesen worden. Erst in der Berufungsinstanz hat die Klägerin auf Nachfrage klargestellt, sich den Vortrag der Beklagten, wonach ihr Schwiegersohn der Klägerin gegenüber unter dem Namen K. I. agiert und auch die „Zusatzvereinbarung“ erstellt und unterschrieben zu haben, zu Eigen zu machen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung verlangen eine Befassung des Bundesgerichtshofs nicht.
Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BGH – I ZA 4/19).