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Quarantäne – Absonderung – Reise zu touristischen Zwecken Risikoländer

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg – Az.: OVG 11 S 122/20 – Beschluss vom 03.12.2020

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Zusammenfassung

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat am 03.12.2020 einen Antrag von Urlaubern zurückgewiesen, die eine einstweilige Anordnung gegen die Pflicht, sich nach einer Reise aus einem Risikogebiet für zehn Tage abzusondern, beantragt hatten. Die Antragsteller hatten argumentiert, dass ihre Quarantäne aufgrund von Inzidenzwerten im Heimatort und am Reiseziel nicht gerechtfertigt sei und dass sie psychisch belastend wäre. Das Gericht wies den Antrag zurück, da die Reise schon vor dem Inkrafttreten der Verordnung abgeschlossen sein würde und keine Notwendigkeit bestünde, die Quarantäne aufzuheben. Die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags wurden ebenfalls als gering eingestuft.

  • Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat am 03.12.2020 einen Antrag von Urlaubern abgelehnt, die eine einstweilige Anordnung gegen die Quarantänepflicht nach einer Reise aus einem Risikogebiet beantragt hatten.
  • Die Antragsteller planten eine Urlaubsflugreise nach Dubai vom 06.12.2020 bis zum 17.12.2020.
  • Die Verpflichtung, sich nach der Einreise für zehn Tage abzusondern, ergab sich aus § 1 Abs. 1 der Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 in Brandenburg (SARS-CoV-2-Quarantäneverordnung).
  • Die Antragsteller argumentierten, dass die Inzidenzwerte in Dubai geringer seien als in ihrem Heimatort und dass die Quarantäne psychisch belastend wäre.
  • Das Gericht wies den Antrag zurück, da die Reise schon vor dem Inkrafttreten der Verordnung abgeschlossen sein würde und keine Notwendigkeit bestünde, die Quarantäne aufzuheben.
  • Die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags wurden als gering eingestuft.
  • Die Antragsteller wurden verpflichtet, die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsteller, die im Landkreis des Landes Brandenburg leben und vom 6. Dezember 2020 bis zum 17. Dezember 2020 eine Urlaubsflugreise nach Dubai unternehmen wollen, wenden sich im Wege einstweiliger Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO gegen die Pflicht, sich nach ihrer Wiedereinreise für einen Zeitraum von zehn Tagen absondern zu müssen, gem. § 1 Abs. 1 der Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 in Brandenburg (SARS-CoV-2-Quarantäneverordnung – SARS-CoV-2-QuarV vom 4. November 2020 i.d.F. der Änderung v. 13. November 2020).

§ 1 SARS-CoV-2-QuarV lautet:

(1) Personen, die auf dem Land-, See- oder Luftweg aus dem Ausland in das Land Brandenburg einreisen und sich zu einem beliebigen Zeitpunkt in den letzten zehn Tagen vor der Einreise in einem Risikogebiet im Sinne des Absatzes 2 aufgehalten haben, sind verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in ihre Haupt- oder Nebenwohnung oder in eine andere, eine Absonderung ermöglichende Unterkunft zu begeben und sich für einen Zeitraum von zehn Tagen nach ihrer Einreise ständig dort abzusondern; dies gilt auch für Personen, die zunächst in ein anderes Land der Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Den in Satz 1 genannten Personen ist es in diesem Zeitraum nicht gestattet, Besuch von Personen zu empfangen, die nicht ihrem Haushalt angehören.

(2) Risikogebiet im Sinne von Absatz 1 Satz 1 ist ein Staat oder eine Region außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, für den oder die zum Zeitpunkt der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus besteht. Über die Einstufung als Risikogebiet entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat; die Einstufung wird mit Ablauf des ersten Tages nach ihrer Veröffentlichung durch das Robert Koch-Institut (https://www.rki.de/covid-19-risikogebiete) wirksam.

(3) Die von Absatz 1 Satz 1 erfassten Personen sind verpflichtet, unverzüglich nach der Einreise das zuständige Gesundheitsamt zu kontaktieren und auf das Vorliegen der Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 hinzuweisen. Die Verpflichtung nach Satz 1 ist zu erfüllen

Quarantäne - Absonderung - Reise zu touristischen Zwecken Risikoländer
(Symbolfoto: Von Hananeko_Studio/Shutterstock.com)

1. durch eine digitale Einreiseanmeldung unter https://www.einreiseanmeldung.de, indem die Daten nach Abschnitt I Nummer 1 Satz 1 der Anordnungen betreffend den Reiseverkehr nach Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag vom 29. September 2020 (BAnz AT 29.09.2020 B2) in der jeweils geltenden Fassung vollständig übermittelt werden und die erhaltene Bestätigung der erfolgreichen digitalen Einreiseanmeldung bei der Einreise mit sich geführt und auf Aufforderung dem Beförderer, im Fall von Abschnitt I Nummer 1 Satz 5 dieser Anordnungen der mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörde, vorgelegt wird oder

2. soweit in Ausnahmefällen eine Meldung nach Nummer 1 nicht möglich ist, durch die Abgabe einer Ersatzanmeldung nach dem Muster der Anlage 2 der Anordnungen betreffend den Reiseverkehr nach Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag (Aussteigekarte) in Schriftform an den Beförderer, im Falle von Abschnitt I Nummer 1 Satz 5 dieser Anordnungen an die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragte Behörde, oder

3. soweit in Ausnahmefällen eine Meldung nach den Nummern 1 und 2 nicht möglich ist, durch die unverzügliche Übermittlung einer Aussteigekarte in Schrift- oder Textform an das zuständige Gesundheitsamt.

(4) Die von Absatz 1 Satz 1 erfassten Personen sind ferner verpflichtet, beim Auftreten von Symptomen, die auf eine Erkrankung mit COVID-19 im Sinne der dafür jeweils aktuellen Kriterien des Robert Koch-Instituts (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html) hinweisen, das zuständige Gesundheitsamt hierüber unverzüglich zu informieren.

(5) Für die Zeit der Absonderung unterliegen die von Absatz 1 Satz 1 erfassten Personen der Beobachtung durch das zuständige Gesundheitsamt.

§ 3 SARS-CoV-2-QuarV lautet:

(1) Die Absonderung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 endet frühestens ab dem fünften Tag nach der Einreise, wenn eine Person über ein negatives Testergebnis in Bezug auf eine Infektion mit SARS-CoV-2-Virus auf Papier oder in einem elektronischen Dokument in deutscher, englischer oder französischer Sprache verfügt und sie dieses unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zehn Tagen nach der Einreise dem zuständigen Gesundheitsamt vorlegt. Die zu Grunde liegende Testung muss mindestens fünf Tage nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland vorgenommen worden sein und die Anforderungen des Robert Koch-Instituts erfüllen (https://www.rki.de/covid-19-tests). Das Testergebnis ist für mindestens zehn Tage nach der Einreise aufzubewahren.

(2) Personen mit verkürzter Absonderungsdauer nach Absatz 1 haben zur Durchführung eines Tests eine Ärztin oder einen Arzt oder ein Testzentrum aufzusuchen, wenn innerhalb von zehn Tagen nach der Einreise Symptome auftreten, die auf eine Erkrankung mit COVID-19 im Sinne der dafür jeweils aktuellen Kriterien des Robert Koch-Instituts hinweisen (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html).

(3) Die Absonderung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 wird für die Dauer, die zur Durchführung eines Tests nach Absatz 1 oder Absatz 4 erforderlich ist, ausgesetzt.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für die von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 3 erfassten Personen entsprechend.

Zur Begründung ihres Antrags machen die Antragsteller im Wesentlichen geltend:

Sie würden bei der Einreise nach Dubai einen aktuellen, negativen COVID-19-Test vorlegen. Der Vollzug der §§ 1 und 3 SARS-CoV-2-QuarV habe für die Antragsteller zur Folge, dass diese über das gesamte Weihnachtsfest keine Besuche von Verwandten empfangen dürften und selbst keine Besuche zu Verwandten unternehmen dürften. Es sei bereits fraglich, ob die SARS-CoV-2-QuarV auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage im Sinne der §§ 28 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG basiere. Jedenfalls aber sei die Annahme, die Antragsteller würden aufgrund ihres Aufenthaltes in Dubai als ansteckungsverdächtig qualifiziert werden, nicht haltbar. Die dortigen Inzidenzwerte betrügen nicht einmal 10% derjenigen im Landkreis . Die aktuellen Inzidenzzahlen in Dubai seien aus der offiziellen Mitteilung der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) auf deren Homepage ersichtlich, wonach der aktuelle 7-Tages-Inzidenzwert pro 100.000 Einwohner dort bei 12,7 liege; im Landkreis hingegen liege er bei 160. Insoweit liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, da sich pauschal alle Reiserückkehrer in Quarantäne begeben müssten, obwohl die im Heimatort der Antragsteller verbleibenden Bürger einem weitaus höheren Infektionsrisiko ausgesetzt seien. An den niedrigeren Fall- und Todeszahlen lasse sich ablesen, dass die Infektionsschutzmaßnahmen in den gesamten VAE umfangreicher und effektiver seien. Das von den Antragstellern ausgehende Infektionsrisiko sei daher niedriger als wenn sie zu Hause geblieben wären. Aufgrund der erheblichen psychischen Beeinträchtigungen durch die nun schon fast ein Jahr andauernde Pandemie sei eine Absonderung in der Weihnachtszeit besonders belastend und die Regelung daher unverhältnismäßig.

Die Antragsteller beantragen, im Wege einstweiliger Anordnung den Vollzug der § 1 und § 3 SARS-CoV-2-QuarV bis zu einer Entscheidung über einen noch zu erhebenden Normenkontrollantrag auszusetzen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO hat keinen Erfolg.

Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 Abs. 1 Bbg VwGG entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von anderen (nicht von Nr. 1 erfassten) im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften und damit auch über die angegriffenen Vorschriften der § 1 und § 3 SARS-CoV-2-QuarV.

1. Der Antrag ist bereits mangels Rechtsschutzinteresses der Antragsteller unzulässig. Denn die von den Antragstellern für den 17. Dezember 2020 geplante Wiedereinreise wird durch die von ihnen angegriffenen Verordnungsvorschriften nicht erfasst, weil diese gemäß § 5 S. 2 der Verordnung bereits mit Ablauf des 15. Dezember 2020 außer Kraft treten.

2. Der Antrag hätte aber auch sonst keinen Erfolg. Angesichts des Umstandes, dass der Erlass entsprechender Quarantäneregelungen auch für den Zeitraum ab 16. Dezember 2020 nicht ausgeschlossen ist und den Antragstellern dann – zumal aus dem Ausland – ein äußerst knappes Zeitfenster zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes zur Verfügung stünde, sowie im Hinblick darauf, dass die Antragsteller die Durchführung ihrer Urlaubsreise möglicherweise vom Ausgang des vorliegenden Verfahrens abhängig machen wollten, hält es der Senat für angezeigt, sich in der gebotenen Kürze auch zur Begründetheit des Antrags zu äußern.Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann.

Ergibt demnach die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der (einzulegende) Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsachenentscheidung unaufschiebbar ist.

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Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens im Zeitpunkt der Entscheidung über den Eilantrag nicht (hinreichend) abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, das Hauptsacheverfahren aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, das Normenkontrollverfahren aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. zum vorstehenden insgesamt: Senatsbeschluss vom 23. April 2020 – OVG 11 S 25/20 –, Rn. 4 – 7, juris; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09. April 2020 – 3 MR 4/20 –, Rn. 3 – 5, juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 30.03.2020 – 20 NE 20.632 –, juris Rn. 31 ff., jeweils unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015 – 4 VR 5.14 -, juris Rn. 12).

2.1. Hiernach ist der begehrte Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht dringend geboten. Es kann offen bleiben, ob sich die SARS-CoV-2-QuarV als voraussichtlich rechtmäßig erweist (dazu 2.1.1.), weil zumindest eine Folgenabwägung ergibt, dass sich der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht als dringend geboten erweist (dazu 2.1.2.).

2.1.1. Die Erfolgsaussichten sind offen. Die obergerichtliche Rechtsprechung ist insbesondere zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei einer Einreise aus einem vom Robert-Koch-Institut als internationales Risikogebiet ausgewiesenen Land anzunehmen ist, dass eine Person ansteckungsverdächtig im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG ist, uneinheitlich (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 30.10.2020 – 3 MR 51/20 -, Rn. 14 juris, sowie darauf bezugnehmend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 12. November 2020 – 8 B 2765/20.N –, Rn. 15 – 16, juris). Auch das BVerfG hat die Erfolgsaussichten eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die in der Hamburger CoronaVV 2 enthaltenen Quarantänebestimmungen als offen angesehen (Beschluss vom 18.06.2020 – 1 BvQ 69/20 -, juris). Eine hinreichend verlässliche Klärung ist angesichts der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit im Rahmen einer summarischen Prüfung nicht möglich und im Hinblick auf die gegenwärtige Unzulässigkeit des Antrags auch nicht geboten.

Der Senat hat bei summarischer Prüfung allerdings keine ernsthaften Zweifel daran, dass die Ausweisung von internationalen Risikogebieten grundsätzlich belastbar ist (vgl. dazu auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 30. November 2020 – 13 MN 520/20 –, Rn. 32, juris). Die Einstufung als Risikogebiet erfolgt nach gemeinsamer Analyse und Entscheidung durch das Bundesministerium für Gesundheit, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Einstufung als Risikogebiet basiert auf einer zweistufigen Bewertung. Zunächst wird festgestellt, in welchen Staaten/Regionen es in den letzten sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gab. In einem zweiten Schritt wird nach qualitativen und weiteren Kriterien festgestellt, ob z.B. für Staaten/Regionen, die den genannten Grenzwert nominell über – oder unterschreiten, dennoch die Gefahr eines erhöhten Infektionsrisikos vorliegt (Informationen zur Ausweisung internationaler Risikogebiete durch das Auswärtige Amt, BMG und BMI, Stand: 27. November 2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete_neu.html, zuletzt abgerufen am 3. Dezember 2020).

Im Gegensatz zu der Auffassung des Antragstellers drängt sich dem Senat eine mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarende Ungleichbehandlung zwischen Reiserückkehren aus internationalen Risikogebieten und Daheimgebliebenen, wie sie das OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 20. November 2020 (13 B 1770/20.NE, juris) angenommen hat, bei summarischer Prüfung allerdings nicht auf. Es ist insoweit schon nicht ohne weiteres von wesensgleichen Sachverhalten auszugehen. Der im Inland, speziell im Land Brandenburg, verbleibenden Bevölkerung sind touristische Reisen gegenwärtig aufgrund der diesbezüglich geltenden Beherbergungsverbote de facto versagt. Überdies gilt im Land Brandenburg die zahlreiche Einschränkungen, unter anderem Kontakteinschränkungen und Hygienegebote regelnde SARS-CoV-2-EindV vom 30. November 2020. Dass qualitativ Entsprechendes für das Urlaubsziel der Antragsteller, die Vereinigten Arabischen Emirate, ebenfalls zutrifft, haben die Antragsteller nicht vorgetragen und kann nicht ohne weiteres angenommen werden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der nationalen Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate eine Vereinbarung über besondere epidemiologische Vorkehrungen (Schutz- und Hygienekonzept) für einen Urlaub in diesem Risikogebiet getroffen wurden (vgl. dazu § 2 Abs. 5 Nr. 5a SARS-CoV-2-QuarV). Zudem unterscheidet sich das Bewegungs- und damit Kontaktprofil von Auslandsreisenden typischerweise von dem Daheimgebliebener. Durch die stärkere Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, öffentlicher Infrastruktur (Flughäfen, Beherbergungsbetriebe) und die bei Auslandsreisen oft eintretende Kontaktaufnahme mit Personen, die nicht dem alltäglichen Umfeld entstammen, ist das Verhalten von Auslandsreisenden typisierbar eher gefahrengeneigt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 30. November 2020 – 13 MN 520/20 –, Rn. 41, juris). Touristische Reisen sind regelmäßig davon geprägt, dass die Touristen sich zahlreiche Attraktionen vor Ort anschauen und dabei in Kontakt mit einer Vielzahl von Menschen kommen, was das Infektionsrisiko steigen lässt.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wie die Antragsteller vortragen, gegenwärtig nur 12,7 betragen würde, was im Übrigen bedeuten würde, dass die Kriterien für die Aufnahme in die Liste der Risikoländer nicht erfüllt wären. Vielmehr wurden nach den Daten der WHO (https://covid19.who.int/region/emro/country/ae, abgerufen am 2. Dezember 2020) in den letzten 7 Tagen dort 8784 Neuerkrankungen registriert, was bei einer Bevölkerungszahl von 9.890.400 Einwohnern zu einer 7-Tage-Inzidenz von 88,8 Fällen pro 100.000 Einwohner führt (https://www.corona-in-zahlen.de/weltweit/vereinigte%20arabische%20emirate/, ebenfalls abgerufen am 2. Dezember 2020). Der auf der von den Antragstellern zitierten Seite angegebene Wert bezieht sich auf den täglichen Durchschnitt innerhalb der letzten 7 Tage (vgl. https://fcsa.gov.ae/en-us/Pages/Covid19/UAE-Covid-19-Updates.aspx, dortige Angabe zu „Daily Cases“ unter „7 Day Rolling Averages) und ist deshalb, um eine 7-Tage-Inzidenz zu erhalten, mit 7 zu multiplizieren (was den mit den Angaben der WHO nahezu übereinstimmenden Wert von 88,9 ergibt). Im Land Brandenburg liegt die 7-Tage-Inzidenz gegenwärtig bei 94 Fällen pro 100.000 Einwohner (vgl. RKI, COVID-19, Fallzahlen Deutschland und weltweit https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html, abgerufen am 3. Dezember 2020) und damit nur geringfügig höher.

2.1.2. Im Rahmen der Folgenabwägung kommt eine vorläufige Außervollzugsetzung von § 1 und § 3 SARS-CoV-2-QuarV nach den oben dargelegten Maßstäben nicht in Betracht.

Erginge die einstweilige Anordnung nicht und hätte ein später zu erhebender Normenkontrollantrag Erfolg, müssten sich die Antragsteller bei der Rückkehr von ihrer touristischen Reise aus den VAE in häusliche Quarantäne begeben, wenn die VAE zu diesem Zeitpunkt vom Robert-Koch-Institut als Risikogebiet für eine Infektion mit dem Coronavirus eingestuft wären. Dies würde deren allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG) und die Freiheit ihrer Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) einschränken und könnte insbesondere während der Weihnachtsfeiertage eine beachtliche emotionale Belastung darstellen und zu Erschwernissen in der Alltagsbewältigung führen.

Würde der Senat die – unterstellt bei Wiedereinreise der Antragsteller noch geltende – Absonderungspflicht außer Vollzug setzen, bliebe der zu stellende Normenkontrollantrag in der Hauptsache aber ohne Erfolg, könnte der Antragsteller zwar vorübergehend die mit den Schutzmaßnahmen verbundenen Beeinträchtigungen vermeiden. Dies würde aber auch für alle anderen Personen gelten, die von Reisen auch in andere, teilweise sehr viel höhere Inzidenzwerte als die VAE ausweisende Risikogebiete zurückkehren. Dadurch würde aber ein durchaus wesentlicher Baustein der komplexen Pandemiebekämpfungsstrategie des Antragsgegners in seiner Wirkung deutlich reduziert, und dies in einem Zeitpunkt eines immer noch dynamischen Infektionsgeschehens. Die Möglichkeit, eine geeignete und erforderliche Schutzmaßnahme zu ergreifen und so die Verbreitung der Infektionskrankheit zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung, einem auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überragend wichtigen Gemeinwohlbelang, effektiver zu verhindern, bliebe hingegen zumindest zeitweise bis zu einer Reaktion des Verordnungsgebers (irreversibel) ungenutzt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 30. November 2020 – 13 MN 520/20 –, Rn. 47, juris)

Bei einer Gesamtschau überwiegt danach das staatliche Schutzinteresse gegenüber den Interessen der Antragsteller.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Da die angegriffene Regelung bereits mit Ablauf des 15. Dezember 2020 außer Kraft tritt, zielt der Antrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, so dass eine Reduzierung des Auffangstreitwerts für das Eilverfahren nicht veranlasst ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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