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Rechtsgeschäftliche Urkunden – Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit

Darlehensrückzahlung trotz behaupteter Abweichung vom Vertragstext

In einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg (Az.: 10 U 54/21) wurde über die Rückzahlung eines Darlehens zwischen einer Klägerin und einer beklagten Ingenieurin in Höhe von insgesamt 15.750 Euro entschieden. Bei diesem Fall war umstritten, ob tatsächlich ein Darlehensvertrag als Grundlage für die Zahlungen zwischen den Parteien vorlag oder ob eine vom schriftlichen Darlehensvertrag abweichende Vereinbarung getroffen wurde. Die beklagte Ingenieurin hatte behauptet, die Zahlung von 15.000 Euro sei als Vorschusszahlung für bereits erbrachte Bauleistungen zu verstehen. Sie konnte jedoch nicht beweisen, dass trotz der Unterzeichnung des als Darlehensvertrag bezeichneten Schriftstücks eine abweichende Vereinbarung getroffen wurde.

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Darlehensvertrag zwischen Baugrundstückbetreiberin und Ingenieurin

Die Klägerin betrieb ein Bauvorhaben, für das die beklagte Ingenieurin Bauleistungen erbrachte. Im Verlauf der Zusammenarbeit zahlte die Klägerin Beträge für Material und einer Geothermieanlage der Klägerin. Die Parteien unterzeichneten ein als „Darlehensvertrag“ bezeichnetes Schriftstück über ein Darlehen von 15.000 Euro mit einem jährlichen Zinssatz von 5 %, und die Klägerin zahlte die vereinbarte Summe von 15.000 Euro an die Beklagte. Die Beklagte zahlte zwar jährlich Zinsen auf das Darlehen, aber eine Rückzahlung des eigentlichen Darlehens erfolgte nicht.

Behauptung einer abweichenden Vereinbarung durch die Beklagte

Die beklagte Ingenieurin behauptete, dass die Klägerin statt eines Darlehensvertrages lediglich eine Akontozahlung für bereits getätigte Leistungen und Materialien vereinbart habe. Nach ihrer Darstellung sollte die Zahlung von 15.000 Euro bei der endgültigen Abrechnung des Bauvorhabens berücksichtigt werden. Das Oberlandesgericht Brandenburg konnte jedoch keine ausreichenden Beweise für diese behauptete abweichende Vereinbarung finden und ging daher von einem gültigen Darlehensvertrag aus.

Anspruch auf Rückzahlung und Zinsen durch das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigt

Das Oberlandesgericht Brandenburg entschied, dass die Klägerin einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens in Höhe von 15.000 Euro gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB hat. Es wurde angenommen, dass trotz des bestrittenen Darlehensvertrags tatsächlich ein solcher Vertrag zwischen den Parteien geschlossen wurde. Demzufolge hat die Klägerin auch Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen in Höhe von 750 Euro.

Das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 02. Juni 2021 wurde somit bestätigt und die Berufung der Beklagten abgewiesen.

[…]


Das vorliegende Urteil

OLG Brandenburg – Az.: 10 U 54/21 – Urteil vom 15.09.2022

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 02.06.2021, Az. 2 O 34/19, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Cottbus ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 16.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt, gestützt auf eine behauptete Darlehensgewährung an die Beklagte, von dieser die Zahlung von 15.750 Euro.

Die Beklagte ist Inhaberin des ### Ingenieurbüros ###. Sie war im Jahr 2013 mit Bauleistungen an einem Bauvorhaben der Klägerin in der ###-Straße ### in ### befasst, wobei die Einzelheiten dieser Zusammenarbeit zwischen den Parteien umstritten sind.

Im Zuge der Zusammenarbeit an dem Bauvorhaben zahlte die Klägerin an die Beklagte auf deren Rechnung (Anlage K 2a Bl. 65 d.A.) am 23./24. Mai 2013 für einen PowerVolt Hybridkollektor 32.986,80 Euro und am 10./11. September 2013 (K 2 c Bl. 67 d.A.) für ein Montagesystem an der Geothermieanlage der Klägerin 6.943,50 Euro.

Am 9. Dezember 2013 unterzeichneten die Beklagte und der Geschäftsführer der Klägerin ein als „Darlehensvertrag“ bezeichnetes Schriftstück (Anlage 1, Bl. 40 d.A.) über ein der Beklagten zu gewährendes „Darlehen“ in Höhe von 15.000 Euro mit Zinsen von jährlich 5 %, mithin 750 Euro. Im Anschluss zahlte die Klägerin die im Vertrag bestimmte Summe von 15.000 Euro an die Beklagte.

In den Jahren 2014 bis 2017 unterzeichneten die Parteien jeweils am 9. Dezember einen im Wesentlichen mit dem „Darlehensvertrag“ aus dem Jahr 2013 gleichlautenden „Darlehensvertrag“ über 15.000 Euro (Anlage 4 ff., Bl. 43 ff. d.A.). Neben der Zahlung der 15.000 Euro auf den „Darlehensvertrag“ aus dem Jahr 2013 erfolgten jedoch keine weiteren Zahlungen in dieser Höhe von der Klägerin an die Beklagte. Der im Jahr 2017 unterzeichnete „Darlehensvertrag“ sah eine Rückzahlung des Betrags von 15.000 Euro spätestens am 9. Dezember 2018 vor. Eine weitere Verlängerung des „Darlehensvertrags“ erfolgt nicht. Die Beklagte zahlte die erhaltene Summe von 15.000 Euro gleichwohl nicht zurück.

Die Beklagte zahlte ferner ab dem Jahr 2014 bis zum Jahr 2017 mit dem Überweisungszweck „Zinsen-Darlehen“ jährlich einen Betrag von 750 Euro an die Klägerin. Die Klägerin ihrerseits zahlte auf jährliche Abrechnungen der Beklagten in Höhe von 750 Euro netto für „Bauberatung zum BV“ „###-Straße ###“ (Anlage 2, Bl. 41 d.A.) einen Betrag von 892,50 Euro (brutto von 750 Euro).

Die Klägerin hat behauptet, dass sie mit der Beklagten mit dem Vertrag vom 09. Dezember 2013 einen Darlehensvertrag geschlossen habe, der dann durch die jährlich folgenden Darlehensvereinbarungen jeweils verlängert worden sei. Insofern müsse berücksichtigt werden, dass die Beklagte jedes Jahr die vereinbarten Zinsen von 750 Euro an sie überwiesen habe und bei der Überweisung jeweils „Zinsen-Darlehen“ angegeben habe. Hinzu komme, dass die Parteien jeweils am 9. Dezember die jährliche Verlängerung der Darlehen vorgenommen hätten. Die Identität der Abschlussdaten bestätige, dass es sich insgesamt um ein Darlehen und zwar aus dem Jahr 2013 handele, dessen Laufzeit letztmalig mit Vertrag aus dem Jahr 2017 verlängert worden sei. Die jährlichen Zinszahlungen sowie die jährlichen Verlängerungen des Darlehensvertrags bestätigten auch ihren Vortrag, dass ein Darlehen zwischen den Parteien vereinbart worden sei. Die Verlängerung der Laufzeit der Darlehensverträge gehe überdies auf einen Vorschlag der Beklagten und deren Ehemann zurück, die jeweils kurz vor Fälligkeit der Rückzahlung um Verlängerung ersucht hätten.

Grund für dieses im Jahr 2013 gewährte Darlehen seien finanzielle Engpässe auf Seiten der Beklagten gewesen, die nur mit einzelnen Bauarbeiten an dem in der ###-Straße gelegenen Bauvorhaben beauftragt gewesen sei. Die Beklagte habe Lieferungen von hydraulischen Weichen für das Bauvorhaben benötigt, diese vom Lieferanten aber nicht ohne Sicherheiten erhalten. Zur Finanzierung dieser Weichen habe der Darlehensvertrag zwischen den Parteien gedient. Die Beklagte habe dann jedoch ihre Arbeiten nicht mehr fortgesetzt und auch keine Materialien geliefert.

Da die Beklagte die Darlehensvaluta unstreitig nicht zurückgezahlt habe, obwohl die Rückzahlung bis zum 9. Dezember 2018 fällig gewesen sei, müsse sie, die Klägerin, den Betrag von 15.000 Euro nunmehr klageweise geltend machen. Da die Beklagte auch die vereinbarten Zinsen von 5 % für das Jahr 2017/2018, beginnend ab 9.Dezember 2017, unstreitig nicht beglichen hat, mache sie auch den sich daraus ergebenden Betrag von 750 Euro (5 % aus 15.000) geltend.

Die Beklagte hat behauptet, dass sie mit der Klägerin im Jahr 2012 durch einen mündlichen Bauvertrag über die Errichtung eines Erdwärmespeichers und einer Photovoltaikanlage an dem in der ###-Straße ### in ### gelegenen Bauvorhaben der Klägerin verbunden gewesen sei. Sie habe auch schon Leistungen erbracht und Materialien bestellt. Der Geschäftsführer der Klägerin habe dann jedoch eine Unterbrechung des Bauvorhabens im Jahr 2013 angeordnet. Sie, die Beklagte, die bereits Material in einer Größenordnung von 15.000 Euro bestellt habe, habe die Klägerin um entsprechende Bezahlung gleichsam im Sinne einer Akonto-Rechnung gebeten. Die Klägerin habe Zahlung zugesagt, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Parteien einen Darlehensvertrag schlössen. Die Zahlung der 15.000 Euro solle dann bei der endgültigen Abrechnung des Bauvorhabens mit berücksichtigt werden. Sie, die Beklagte, sei froh gewesen, überhaupt Geld zu erhalten, und habe deshalb den Darlehensvertrag unterzeichnet. Es sei jedoch klar gewesen, dass es sich nicht um ein Darlehen gehandelt habe.

Insgesamt lasse das Vorgehen der Klägerin nur den Schluss zu, dass sie sie um ihren Werklohn in Höhe von 15.000 Euro habe prellen wollen. Es habe auch kein Anlass bestanden, sich mit einem Darlehen zu binden, da sich die Parteien überhaupt nicht näher kannten. Im Gegenteil habe sie die Klageerhebung als Kündigung des Bauvertrags aus dem Jahr 2012 verstanden und könne daher die erbrachten Leistungen inklusive Materialleistungen in Höhe von 11.533,45 Euro (26.533,43 Euro – 15.000 Euro) abrechnen (Bl. 37 d.A., Rechnung vom 25. Februar 2019, K 3, Bl. 70 d.A.).

Im Übrigen werde die Einrede der Verjährung erhoben. Selbst wenn es sich um ein Darlehen gehandelt hätte, wäre Fälligkeit nach dem Vertrag aus dem Jahr 2013 am 09. Dezember 2014 eingetreten.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen und erstinstanzlichen Anträge wird ergänzend auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat der auf Zahlung von 15.750 Euro gerichteten Klage gegen die Beklagte stattgegeben. Im Hinblick auf die Rückzahlung von 15.000 Euro stehe der Klägerin ein Anspruch aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag zu. Der unstreitig abgeschlossene Darlehensvertrag sei von den Parteien bis letztlich zum 9. Dezember 2018 prolongiert worden. Dies sei von der Beklagten nicht bestritten worden. Daher greife auch die Verjährungseinrede nicht. Die Beklagte habe auch nicht dargelegt, dass es sich bei dem prolongierten Darlehensvertrag um ein bloßes Scheingeschäft gehandelt habe.

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Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Das Landgericht habe bei seiner rein formalen Betrachtungsweise übersehen, dass die Interessen der Parteien offensichtlich nicht auf den Abschluss eines Darlehensvertrags ausgerichtet gewesen seien. Insbesondere habe sich das Landgericht nicht mit ihrer deutlich plausibleren Darstellung auseinandergesetzt, die Zahlung der 15.000 Euro sei als Akontozahlung für bereits erbrachte Bauleistungen zu verstehen. Es sei auch kein Grund ersichtlich, weshalb sie mit der Klägerin einen Darlehensvertrag hätte abschließen sollen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 02. Juni 2021 in dieser Sache aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Kosten des Verfahrens für beide Instanzen und hinsichtlich beider Beklagter der Klägerin aufzuerlegen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen. Das Landgericht sei zutreffend von einem Darlehensvertrag ausgegangen. Zwar seien die Parteien auch über einen Bauvertrag verbunden gewesen. Insofern habe die Beklagte jedoch noch nicht einmal darlegen können, dass irgendeine Leistung abrechnungsfähig erbracht sei und in einer wie auch immer gearteten Beziehung zu dem Darlehensvertrag stehen könne.

Der Senat hat gemäß Beschluss vom 30. Juni 2022 (Bl. 267 ff. d.A.) Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen ###. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 4. August 2022 (Bl. 284 ff d.A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte die geltend gemachten Zahlungsansprüche zu.

1. Die Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung aus dem zwischen den Parteien vereinbarten Darlehen gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB in Höhe von 15.000 Euro zu.

a) Der Zahlung der 15.000 Euro von der Klägerin an die Beklagten lag eine Darlehensvereinbarung zwischen den Parteien zu Grunde. Zwar folgt das entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht schon daraus, dass der Abschluss einer Darlehensvereinbarung unstreitig wäre. Denn die Beklagte hat auch erstinstanzlich mehrfach vorgebracht, dass sie zwar einen Darlehensvertrag unterzeichnet habe, aber davon ausgegangen sei, dass eine Vorschusszahlung in Höhe von 15.000 Euro vereinbart worden sei. Damit hat sie den Abschluss eines Darlehensvertrags hinreichend bestritten. Allerdings konnte die Beklagte nicht beweisen, dass sie trotz der auch durch sie erfolgten Unterzeichnung des als Darlehensvertrag bezeichneten Schriftstücks dennoch eine vom schriftlichen Darlehensvertrag abweichende Vereinbarung abgeschlossen hat.

Da die Beklagte einen vom Urkundstext abweichenden Geschäftsinhalt behauptet, trägt sie die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Parteien keinen Darlehensvertrag abgeschlossen haben (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 1999 – V ZR 353/97 -; BGH, Urteil vom 23. Februar 1956 – II ZR 207/54 -, BGHZ 20, 109-112, Rn. 14). Nach ständiger Rechtsprechung besteht für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit. Die Partei, die sich auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände – sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zwecke der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) – beruft, trifft die Beweislast für deren Vorliegen (vgl. RG, Urteil vom 13. Juni 1902 – VII 126/02 -, RGZ 52, 23-27; BGH, Urteil vom 10. Juli 1998 – V ZR 360/96 -).

Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung setzt allerdings voraus, dass der Geschäftsinhalt durch den Urkundstext bestimmt werden kann; unklar Bleibendes kann keine Vermutung für eine bestimmte Erklärung begründen (BGH, Urteil vom 5. Juli 2002 – V ZR 143/01, NJW 2002, 3164 f. mwN; BGH, Beschluss vom 11. Mai 2017 – I ZB 63/16 -). Diese Voraussetzungen für ein Eingreifen der Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung sind erfüllt: der Vertragstext regelt alle für die Durchführung des Darlehens erforderlichen Vereinbarungen. Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber gemäß § 488 BGB verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist seinerseits verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen. Diese Voraussetzungen regelt die von den Parteien am 9. Dezember 2013 unterzeichnete und mit „Darlehensvertrag“ überschriebene Vereinbarung allesamt (Anlage 1, Bl. 40 d.A.). Die danach darlegungs- und beweisbelastete Beklagte konnte nicht beweisen, dass die Parteien dennoch eine andere Vereinbarung als einen Darlehensvertrag abgeschlossen haben.

Die persönlich angehörte Beklagte hat ausgeführt, dass nicht sie, sondern ihr Ehemann, der Zeuge ###, mit dem Geschäftsführer der Klägerin über den Darlehensvertrag gesprochen habe. Sie selbst habe ihren Mann zuvor gedrängt, einen Vorschuss für Bauleistungen vom Geschäftsführer der Klägerin in Höhe von 25.000 Euro anzufordern. Ihr Mann habe ihr dann berichtet, dass der Steuerberater der Klägerin Zahlungen nur als Darlehen an die Beklagte befürwortet habe. Da geäußert worden sei, dass der Darlehensvertrag unterzeichnet werden müsse, wenn das Geld überhaupt fließen solle, habe sie nach Rücksprache mit ihrem Mann dann den Vertrag unterschrieben.

Damit ergeben sich aus der Schilderung der Beklagten keine Anhaltspunkte dafür, dass im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Darlehensvertrags von den Parteien tatsächlich der Abschluss eines anderen Vertrags gewollt war. Denn auch die Beklagte hat geschildert, dass sie zwar das Ziel hatte, einen Vorschuss zu verlangen, dies aber nicht durchgesetzt werden konnte und sie dann der Unterzeichnung des Darlehensvertrags zugestimmt hat.

Diese Schilderung der Beklagten steht im Einklang mit der Aussage ihres Ehemannes, des Zeugen ###. Zwar hat der Zeuge eingangs seiner Aussage sehr bestimmt geäußert, dass es aus seiner Sicht keinen Darlehensvertrag gebe. Auf die konkreten Umstände bei der Unterzeichnung des Darlehensvertrags im Jahr 2013 angesprochen, hat er jedoch geschildert, dass er zwar eine Vorschusszahlung von der Klägerin erhalten wollte, deren Geschäftsführer aber geäußert habe, dass das Geld nur bei Unterschrift unter dem Darlehensvertrag fließen werde. So sei es dann geschehen, der Zeuge habe sich aber erpresst gefühlt.

Damit haben weder die Beklagte noch ihr Ehemann Umstände geschildert, die den Rückschluss darauf zulassen könnten, sie hätten mit dem Geschäftsführer der Beklagten bei Unterzeichnung des Darlehensvertrags eine vom Wortlaut des Textes abweichende Vereinbarung getroffen. Soweit beide den Darlehensvertrag innerlich abgelehnt haben sollten, bleibt dies gemäß § 116 Abs. S. 1 BGB unbeachtlich. Auch ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Beklagte bei Unterschrift unter den Darlehensvertrag im Sinne von § 118 BGB davon ausging, der Geschäftsführer der Klägerin werde ihre Vorbehalte gegenüber dem Abschluss eines Darlehensvertrags erkennen. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Klägerin damit einverstanden gewesen sein könnte, den Abschluss des Darlehensvertrags gemäß § 117 Abs. 1, 2 BGB nur zum Schein vorzunehmen.

Soweit der Zeuge ### geschildert hat, er habe sich erpresst gefühlt, sind keine Indizien vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass sich der Geschäftsführer der Klägerin beim Beharren auf der Darlehensvereinbarung etwa durch Erpressung oder Nötigung strafbar gemacht haben könnte. Hinzu kommt, dass auch die Beklagte und ihr Ehemann ein überzeugendes Motiv für die Unterzeichnung der Darlehensvereinbarung geschildert haben. Denn sie waren auf das Geld angewiesen und die Klägerin wollte es nur gegen Unterzeichnung der Darlehensvereinbarung gewähren.

Hinzu kommt, dass die Schilderung des persönlich angehörten Geschäftsführers der Klägerin ebenfalls keine gewichtigen Zweifel am Abschluss einer Darlehensvereinbarung hervorgerufen hat. Vielmehr hat der Geschäftsführer der Klägerin die Geschehensabläufe über die ersten Kontakte der Parteien, die Darlehensvereinbarung und den Umgang damit zusammenhängend, in sich stimmig und auch auf Nachfragen widerspruchsfrei schildern können.

Der Senat hat ergänzend die Begleitumstände bei Abschluss der Darlehensvereinbarung berücksichtigt, aber auch dabei haben sich keine durchgreifenden Indizien ergeben, die den Abschluss einer Darlehensvereinbarung widerlegen könnten. So erscheint zwar zunächst nur schwer nachvollziehbar, dass die Parteien jährlich einen neuen Darlehensvertrag ohne Hinweis auf die zuvor abgeschlossenen Verträge und die nur einmal ausgezahlten Darlehensvaluta abgeschlossen haben. Allerdings hat der Geschäftsführer der Klägerin lebensnah geschildert, dass er sich schon den Ursprungsvertrag aus dem Internet beschafft habe und diesen einfach immer weiter verwenden wollte, ohne tiefere Änderungen im Vertragstext vorzunehmen. Auch diese Erklärung ist plausibel, so dass die jährlich erfolgte Unterzeichnung des gleichlautenden Darlehensvertragstextes dem Abschluss eines Darlehensvertrags nicht entgegensteht. Dies gilt umso mehr, als dass auch die Beklagte jährlich neu die Darlehensverträge unterzeichnet hat, ohne auf ihr vermeintlich abweichendes Verständnis einer Vorschusszahlung hinzuweisen.

Gegen das Vorliegen eines Darlehens spricht zwar, dass die Beklagte einerseits eine jährliche Zinszahlung von 750 Euro getätigt hat, die Klägerin aber andererseits in nahem zeitlichen Zusammenhang jeweils für vermeintliche Bauberatungsleistungen der Beklagten einen Betrag von 750 Euro netto gezahlt hat. Diese Zahlungsvorgänge könnten darauf hindeuten, dass die Beklagte tatsächlich keine Zinsen zahlen sollte und daher möglicherweise auch kein Darlehensvertrag abgeschlossen worden ist. Der Zeuge ### hat dazu auch ausgesagt, dass es solche abgerechneten Bauberatungsleistungen überhaupt nicht gegeben habe. Allerdings hat der persönlich angehörte Geschäftsführer der Klägerin geschildert, dass mit dieser Vorgehensweise die während der gesamten Zusammenarbeit der Parteien angefallenen Planungsleistungen der Beklagten sukzessive beglichen werden sollten, da die Beklagte kein Geld zur Begleichung des jährlichen Zinses gehabt habe. Diese Darstellung der Klägerin erscheint zumindest nachvollziehbar, weil die Klägerin auch nach der Schilderung des Zeugen ### eine noch sehr neue und erst einmal zuvor errichtete Anlagenkonstruktion verwirklichen wollte und es daher naheliegt, dass auch Planungsleistungen angefallen sind. Daher lässt auch die jährliche Zahlung von Zinsen einerseits und von vergleichbar hohen Beträgen für Beratungsleistungen andererseits nicht den Rückschluss zu, dass es sich nicht um einen Darlehensvertrag gehandelt haben könnte.

Für den Abschluss einer Darlehensvereinbarung spricht dabei auch, dass die Parteien unstreitig noch vor Abschluss der Darlehensvereinbarung anderweitig abgerechnet haben und auf die Rechnung der Beklagten (Anlage K 2a Bl. 6 5d.A.) am 23./24. Mai 2013 für einen PowerVolt Hybridkollektor 32.986,80 Euro und am 10./11. September 2013 (K 2 c Bl. 67) für ein Montagesystem an der Geothermieanlage der Klägerin 6.943,50 Euro gezahlt hat. Daher war für die Beklagten bei Unterzeichnung der Darlehensvereinbarung erkennbar, dass ersichtlich eine andere Vorgehensweise als zuvor bei der Begleichung von Rechnungen durch die Klägerin gewählt worden ist.

Damit kann auch in der Gesamtschau der Schilderungen der Parteien, der Aussage des Zeugen ### und der sonstigen Indizien keine Überzeugung gebildet werden, dass die Parteien etwas anderes als einen Darlehensvertrag abschließen wollten. Dies geht zu Lasten der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten.

b) Auch die weiteren Voraussetzungen für den geltend gemachten Zahlungsanspruch sind erfüllt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagten ein Betrag in Höhe von 15.000 Euro von der Klägerin zur Verfügung gestellt worden ist. Auch ist nach dem Vertrag vom 9. Dezember 2017 jedenfalls zum 9. Dezember 2018 Fälligkeit gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB eingetreten.

c) Die erhobene Verjährungseinrede hat keinen Erfolg. Die Parteien haben das Darlehen jährlich nahtlos durch die Unterzeichnung eines Darlehensvertrags verlängert. Daher ist Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs erstmals zum 9. Dezember 2018 eingetreten, weil der Darlehensvertrag vom 9. Dezember 2017 eben dieses Datum bestimmt. Die Verjährung begann damit Ende 2018 und beträgt gemäß § 195 BGB 3 Jahre. Bei Einleitung des Mahnverfahrens Ende 2018 lag daher keine Verjährung vor. Angesichts der nahtlosen Verlängerung des Darlehens Jahr für Jahr ist auch kein Anhaltspunkt ersichtlich, der die Auffassung der Beklagten stützen könnte, das jährlich neue Darlehensverträge abgeschlossen worden sein könnten.

2. Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Zinsen von jährlich 5 %, also 750 Euro gemäß § 488 Abs. 2 BGB zu. Die Parteien haben einen Darlehensvertrag vereinbart und die Zinshöhe mit 5 % bestimmt. Da die Zinsen für das Jahr 2017/2018 geltend gemacht werden, konnte bei Einleitung des Mahnverfahrens 2018 noch keine Verjährung eingetreten sein.

3. Soweit die Beklagte zudem eine ihr vermeintlich zustehende Forderung in Höhe von 11.533,45 Euro aus dem Bauvorhaben erwähnt hat, ist diese bereits nicht erheblich in der Rechtsstreit eingeführt. Auf das Bestreiten der Klägerin fehlt darüber hinaus jede nähere Vortrag zum Inhalt der Rechnung (Bl. 37 d.A., Rechnung vom 25. Februar 2019, K 3, Bl. 70 d.A.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Darlehensrecht (§§ 488 ff. BGB): Im vorliegenden Fall steht die Frage im Raum, ob zwischen den Parteien ein Darlehensvertrag abgeschlossen wurde. Der Klägerin zufolge wurde der Beklagten ein Darlehen über 15.000 Euro gewährt, welches die Beklagte bis zum 9. Dezember 2018 zurückzahlen sollte. Die Beklagte bestreitet dies und behauptet, es handele sich um eine Akontozahlung für Bauleistungen. Das Gericht hat in dem Fall die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit einer rechtsgeschäftlichen Urkunde herangezogen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Darlehensvertrag abgeschlossen wurde.
  2. Beweislast (§ 286 ZPO): Die Beweislast in diesem Fall liegt bei der Beklagten, da sie behauptet, dass es sich bei der Zahlung um eine Akontozahlung für Bauleistungen und nicht um ein Darlehen handelt. Die Beklagte muss daher nachweisen, dass die Parteien einen abweichenden Geschäftsinhalt vereinbart haben. Das Gericht hat die Beweise der Beklagten geprüft und ist zu dem Schluss gekommen, dass diese nicht ausreichen, um die Vermutung der Richtigkeit des Darlehensvertrags zu widerlegen.
  3. Urkundenrecht (§§ 415 ff. ZPO): Das Gericht hat die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit von rechtsgeschäftlichen Urkunden herangezogen, um dem Vorbringen der Beklagten entgegenzutreten. Die Beklagte hat die Beweislast dafür, dass der schriftliche Darlehensvertrag nicht die tatsächliche Vereinbarung der Parteien widerspiegelt. Da die Beklagte ihrer Beweislast nicht gerecht wurde, hat das Gericht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunden aufrechterhalten und die Klage daher stattgegeben.
  4. Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB): Das Gericht hat den Darlehensvertrag und das Vorbringen der Parteien im Lichte der §§ 133 und 157 BGB ausgelegt. Dabei hat das Gericht die objektive Erklärungstheorie angewandt und den vom Darlehensvertrag abweichenden Geschäftsinhalt der Beklagten erörtert. Nach Prüfung der Umstände und der Beweise kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Darlehensvertrag tatsächlich die Vereinbarung der Parteien wiedergibt.

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