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Reisemangel – Bisse und Stiche durch Bettwanzen

LG Hannover – Az.: 1 O 148/18 – Urteil vom 08.04.2019

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt auf 5.362,36 €.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte eigene sowie abgetretene Ansprüche aus einem Reiseverhältnis geltend.

Der Kläger buchte für sich und seine Ehefrau, die Zeugin xxxx, bei der Beklagten eine Flugpauschal-Reise auf die Malediven für die Zeit vom 20.08. bis 01.09.2016 mit Unterkunft im „Superior Beach Bungalow“ zum Preis von insgesamt 5.800 € (vgl. Reiseunterlagen Anlage K 1, Anlagenband).

Mit der vorliegenden Klage verlangt er die Rückzahlung eines Teils des Reisepreises wegen einer 80 %-igen Minderung sowie Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.000 € pro Person. Hierzu behauptet der Kläger, er und seine Ehefrau hätten Stiche/Bisse von Bettwanzen erlitten. Dies hätten sie auch bereits am 24.08.2016 und nochmals am 25.08.2016 an der Rezeption des Hotels moniert, nämlich, jeweils in der Nacht zuvor gestochen oder gebissen worden zu sein und unter Juckreiz aufgrund ausgebildeter Quaddeln und Bläschen zu leiden. Der Hotelmanager habe dies für Moskitostiche oder Sandflohbisse gehalten. Das von ihnen gekaufte Mittel habe keine Wirkung gezeigt. In sämtlichen Nächten in diesem ersten Zimmer hätten sie diese Stiche oder Bisse davongetragen. Auf die – unstreitige – Kontaktaufnahme zu der Reiseleiterin am 27.08.2016 wurden die Matratzen der Betten ausgewechselt, wobei im Streit steht, ob sie auch den Austausch des Bettzeuges und der -bezüge forderten, dies ihnen aber verwehrt worden sei. Der Kläger behauptet weiter, die eingewechselten Matratzen seien nicht neu gewesen, sondern aus einer feuchten Hütte geholt worden. Die Bisse/Stiche hätten in den Folgenächten (gleichwohl) nicht aufgehört. Dass es sich um Bettwanzen-Stiche/-Bisse handele, sei nach Auffassung des Klägers anhand der Lichtbilder Anlagen K 2 und K 12 zu erkennen, hinsichtlich der er behauptet, dass diese am 30.08. und 02.09.2016 gefertigt worden seien (hierzu verweist er auf die Aufstellung Anlage K 12). Eine Erholung sei aufgrund ihrer Beschwerden in dem Urlaub nicht möglich gewesen; wegen der Einzelheiten der damit verbundenen behaupteten Mängel wird auf die Klageschrift Seite 5 f. (Bl. 7 f. d.A.) verwiesen.

Am 30.08.2016 zogen der Kläger und seine Begleitung unstreitig in ein anderes Hotelzimmer um. Nach Rückkehr in Deutschland suchten die beiden einen Arzt auf, der am 02.09.2016 Folgendes bescheinigte:

„…liegt nach seinem / ihrem Urlaub ein massiver Bettwanzenbissbefund am ganzen Körper vor.“ (Anlage K 4).

Daneben erhielten sie eine Tetanusversorgung und eine Behandlung mit Antibiotika. Wegen der Einzelheiten der behaupteten ärztlichen Behandlung und dem damit einhergehendem Aufwand wird insbesondere auf die Klageschrift verwiesen.

Hinsichtlich der geltend gemachten Erstattung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren vertritt der Kläger die Ansicht, dass es zur Verfolgung seiner Interessen erforderlich gewesen sei, einen Rechtsanwalt mit der zunächst vorgerichtlichen Vertretung zu beauftragen; zudem sei die Angelegenheit übermäßig schwierig / aufwendig gewesen, weshalb eine 1,5-fache Geschäftsgebühr angemessen sei. Schließlich verlangt er die Zahlung von 150 € aufgrund seiner Selbstbeteiligung zur Rechtsschutzversicherung.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.212,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.10.2016 sowie weitere 150 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (15.09.2018) zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die X + Y R. – S. -GmbH, R.platz 0, 65XXX W… 505,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (15.09.2018) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte nimmt in Abrede, dass es sich um Bettwanzen gehandelt habe, die die Beschwerden bei dem Kläger und der Zeugin xxxx verursacht hätten. Es sei schon vom zeitlichen Ablauf her unwahrscheinlich; vielmehr dürfte es sich um Moskitostiche gehandelt haben. Die Fotos seien erst nach Reiseende gefertigt und daher zum Nachweis nicht geeignet und auch die Bestätigung des Herrn Dr. K. letztlich nicht brauchbar / verwertbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst in Bezug genommenen Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Dem Kläger stehen aus eigenem und abgetretenem Recht keine Ansprüche aufgrund eines Reisemangels (§ 651c BGB a.F.) zu. Ein solcher steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest und lässt sich auch (jedenfalls) nicht (mehr) nachweisen.

Reisemangel - Bisse und Stiche durch Bettwanzen
(Symbolfoto: Von Africa Studio/Shutterstock.com)

Soweit die Beschwerden des Klägers und seiner Begleitung von Ungeziefer stammten, das sich im Hotelzimmer/-bett aufhielt, und dort gewöhnlicherweise (also unter Berücksichtigung des dortigen Klimas und der landestypischen Gegebenheiten) nicht hätte sein dürfen, kann dies – zwar – einen Reisemangel darstellen. Eben dies ist vorliegend aber nicht festzustellen. Weder die zum Beweis vorgelegten Lichtbilder noch das Zeugnis des sie nach Rückkehr behandelnden Arztes Dr. xxxx sind geeignet, einen Nachweis dafür zu erbringen, dass die erlittenen Stiche/Bisse von Bettwanzen stammten und daher in den Verantwortungsbereich des Hotels fallen könnten; sie sind darüber hinaus nicht geeignet, einen hinreichenden Anhaltspunkt (Anknüpfungstatsache) für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu darzustellen.

Die Fotos, aus denen nach der Beschreibung des Klägers im Einzelnen (vgl. hierzu die Aufstellung Anlage K 12) die jeweils betroffenen Körperstellen erkennbar seien, sind nach dem Vortrag des Klägers durchweg erst am 30.08.2016 (also am letzten Tag des Aufenthaltes) und am 02.09.2016 (also nach Reiseende) gefertigt worden. Auf die entsprechende Nachfrage des Gerichts bezüglich des Fertigungsdatums der Lichtbilder der Anlage K 2 (vgl. Ladungsverfügung vom 11.09.2018, Bl. 13 d.A.) hat der Kläger – als Antwort – die Aufstellung Anlage K 12 vorgelegt. Danach ist davon auszugehen (namentlich trägt der Kläger hierzu nichts anderes vor), dass auch diese Bilder (nämlich auch die der Anlage K 2) nicht während der Reise bzw. erst kurz vor Beendigung des Aufenthaltes im Hotel gefertigt wurden. Wie sich also die Wunden/Quaddeln/Stiche am 23./24.08.2016 und in den Tagen danach gestaltet haben, ob diese auch genauso aussahen, wie auf diesen Lichtbildern erkennbar oder ggf. weitere Bisse/Stiche von anderen Insekten dazugekommen sein können (oder davor vorhanden waren), ist danach nicht zu verifizieren. Aufgrund dessen ist auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens (eines Mediziners oder ggf. (auch) eines Biologen oder etwa eines auf Tropenkrankheiten spezialisierten Arztes) nicht angezeigt.

Hinzukommt (aber dies eben nicht ausschließlich), dass auch der zeitliche Ablauf – Ankunft am 20.08.2016 und erste Anzeichen erst am Morgen des 24.08.2016 – nicht dafür spricht, dass es sich um Bettwanzen handelte oder allgemein um Ungeziefer im Bett des Klägers und der Zeugin. Jedenfalls lässt sich aus dem behaupteten Ablauf nicht zwingend auf Bettwanzen schließen; es mag möglich bleiben, ist aber nicht gewiss und auch kein Indiz. Die insoweit verbleibenden Ungewissheiten gehen zu Lasten des Klägers.

Ebenso führt die Darstellung des sie später behandelnden Arztes Dr. K. nicht zu dem Schluss, dass ein Sachverständigengutachten einzuholen ist. Woher Herr Dr. xxxx seine Vermutungen hatte bzw. wie er zu seinen Feststellungen gelangte, ist nicht ersichtlich. Er hat den Kläger und die Zeugin erst nach Reiseende behandelt und erst dann die Wunden/Quaddeln gesehen. Wie sich die Verletzungen aber während der Reise gestalteten, wann diese konkret und in welcher Form auftauchten etc., konnte er wiederum – denklogisch – nicht feststellen. Vor Ort haben der Kläger und die Zeugin xxxx nach dem Vortrag des Klägers jedenfalls keinen Arzt aufgesucht, der die Diagnose des Bettwanzenbefalls gestellt habe. Auf die damit verbundenen (Beweis-) Schwierigkeiten hat sie das Gericht nochmals ausdrücklich hingewiesen (vgl. Protokoll vom 07.03.2019, Seite 1, Bl. 61 d.A.).

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass sie eine Beweiserhebung nicht allein dann unterlassen darf, wenn sie einen Vortrag (nur) für unwahrscheinlich halte. Auch wird die – von der Beklagten hervorgehobene und als untypisch deklarierte – zeitliche Abfolge zwischen Ankunft und den ersten Beschwerden nicht als ausschlaggebend erachtet (s.o.). Denn möglich bleibt aus Sicht des Gerichts durchaus, dass die Stiche/Bisse auf Bettwanzen zurückgeführt werden könnten. Das Gericht berücksichtigt denn auch, dass sowohl die Frage des zeitlichen Ablaufs als auch die äußeren Anzeichen am Körper und deren Herkunft allein der Würdigung der erhobenen Beweise überlassen zu bleiben haben. Vorliegend fehlen aber schon Ansatzpunkte für die Einholung eines – hier nur in Betracht kommenden – Sachverständigengutachtens, nämlich die maßgeblichen Anknüpfungstatsachen, weil die Lichtbilder erst am Ende der Reise / nach Reiseende gefertigt wurden (s.o.).

Entgegen der Ansicht des Klägers ist die vorliegende Fallgestaltung auch nicht mit der identisch, die dem OLG Celle zur Entscheidung vorlag (Urteil vom 26.03.2015, 11 U 249/14, vom Kläger vorgelegt mit Anlage K 15). Dort hatten die Anspruchsteller nämlich sowohl während der Reise gefertigte Lichtbilder von ihren Verletzungen vorgelegt, als auch solche von dem Ungeziefer; diese boten sodann zureichende Anhaltspunkte zur Verifizierung der Insektenart. Anders liegt der Fall aber, wie oben ausgeführt, hier.

Danach scheiterten auch die geltend gemachten Ansprüche auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren und der Selbstbehalt zur Rechtsschutzversicherung.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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