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Reiseveranstalter – Verkehrssicherungspflicht auf Einrichtungen des Vertragshotels

BUNDESGERICHTSHOF

Az.: X ZR 142/05

Urteil vom 18.07.2006

Vorinstanzen:

LG Köln, Az.: 8 O 264/04, Urteil vom 17.03.2005

OLG Köln, Az.: 16 U 25/05, Urteil vom 12.09.2005


Leitsätze:

Die Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters erstreckt sich auch auf solche Einrichtungen des Vertragshotels, die er im Reisekatalog nicht erwähnt hat, sofern sie aus der Sicht des Reisenden als Bestandteil der Hotelanlage erscheinen. Dies gilt auch, wenn der Hotelbetreiber für die Benutzung der Einrichtung ein gesondertes Entgelt erhebt.


In dem Rechtsstreit hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2006 für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. September 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Klägerin zu 1, die eigene Ansprüche und abgetretene Ansprüche ihres Ehemanns geltend macht, und ihre beiden minderjährigen Söhne begehren von der beklagten Reiseveranstalterin wegen des Unfalltodes des dritten Sohns des Ehepaares und Bruders der Kläger zu 2 und 3 Schadensersatz und Schmerzensgeld für ihre psychischen Beeinträchtigungen.

Die Klägerin buchte für sich, ihren Ehemann, und die drei Kinder – die am 6. April 1990 geborenen Zwillinge P. und E. und den ein Jahr älteren T. – im Januar 2001 bei der Beklagten, die die Firma … Reisen betreibt, eine Pauschalreise in ein auf der griechischen Halbinsel … gelegenes Hotel vom 26. Juli bis 9. August 2001 zum Preis von 6.927,– DM.

Inmitten des Hotelkomplexes befand sich eine große Wasserrutsche, die in der Beschreibung des Hotels im Katalog der Beklagten nicht erwähnt war.

Der Hotelier hatte sie erst nach der im Januar 2001 erfolgten Fertigstellung des Katalogs errichtet und zu Beginn der Saison in Betrieb genommen. Die Wasserrutsche war von einem niedrigen Gitterzaun umgeben. Der Zugang erfolgte über eine ansteigende Rampe, die auf eine 9 m hoch gelegene Plattform führte, wo ein Hotelangestellter das vom Hotelier erhobene Benutzungsentgelt von umgerechnet 9,– € pro Tag kassierte bzw. kontrollierte und von wo vier unterschiedlich ausgestaltete und gewendelte lange Rutschen hinunter in ein etwa 9 x 10 m großes Auffangbecken führten, an dessen gegenüberliegender Wand eine Ausstiegstreppe lag. In der Wand unter den Enden der Rutschen befanden sich unter Wasser die Öffnungen von mehreren Absaugrohren mit einem Durchmesser von jeweils 12 cm, durch die das Wasser aus dem Becken wieder hinauf zum Einstieg der Rutschen gepumpt wurde. Diese Rohröffnungen waren nicht mit Abdeckgittern versehen. Der Hotelier hatte für die Anlage keine Baugenehmigung eingeholt und die Anlage nicht von der zuständigen Behörde abnehmen lassen. Auch die Beklagte hatte die Wasserrutsche keiner Sicherheitsprüfung unterzogen.

Am 1. August 2001 benutzten die Söhne der Klägerin mit Erlaubnis der Eltern diese Wasserrutsche. Der elfjährige P. geriet mit dem rechten Arm, der bis zur Schulter angesaugt wurde, in ein Ansaugrohr, konnte sich nicht befreien und ertrank. Die zur Beaufsichtigung des Beckens eingesetzte zweite Hotelangestellte war zu dieser Zeit entweder abwesend oder bemerkte den Vorfall nicht. Wiederbelebungsversuche, an denen der Vater teilnahm, hatten keinen Erfolg.

Der Hotelier, sein für den Betrieb der Wasserrutsche verantwortlicher Sohn und die Aufsichtskraft wurden drei Jahre später durch ein griechisches Gericht wegen fahrlässiger Tötung, der Hotelier außerdem wegen Bauens ohne Baugenehmigung, jeweils zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, die für den Hotelier in eine Geldstrafe umgewandelt und für die beiden anderen Verurteilten zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Die Klägerin zu 1, ihr Ehemann und die Kläger zu 2 und 3 leiden infolge des Todes von P. an posttraumatischen Belastungsstörungen mit Krankheitswert, die der ärztlichen Behandlung bedürfen.

Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Erstattung materiellen Schadens in Höhe von 3.054,84 €, ein angemessenes Schmerzensgeld für jedes Familienmitglied in der Größenordnung von 20.000,– € abzüglich der vom Haftpflichtversicherer der Beklagten bereits freiwillig geleisteten geringeren Beträge sowie schließlich die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle Schäden.

Landgericht und Berufungsgericht haben neben dem materiellen Schadensersatz ein Schmerzensgeld von jeweils 20.000,– € zugesprochen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Die Haftung der Beklagten ergebe sich aus §§ 823 Abs. 1, 847 BGB a.F.

Die Beklagte habe schuldhaft die sie als Reiseveranstalterin treffende Verkehrssicherungspflichten verletzt. Sie sei verpflichtet gewesen, die Wasserrutsche nach Inbetriebnahme auf etwaige Sicherheitsmängel zu überprüfen. Ein Reiseveranstalter müsse alle sicherheitsrelevanten Teile der Hotelanlage vor Vertragsschluss und in regelmäßigen Abständen während der Vertragsdauer durch einen sachkundigen und pflichtbewussten Beauftragten auf Sicherheitsrisiken hin überprüfen, und zwar auch Einrichtungen des Leistungsträgers, die zwar nur gegen gesonderte Vergütung zu benutzen, aber für die jeweilige Urlaubsart durchaus typisch und so in den Betrieb des Leistungsträgers integriert seien, dass sie sich bei natürlicher Betrachtungsweise aus der Sicht eines durchschnittlichen Reisenden als Teil seines Leistungsangebots darstellten.

Das müsse für eine Freizeiteinrichtung wie die vorliegende, die integraler und wesentlicher Bestandteil des Hotelkomplexes sei, auch gelten, wenn sie im Katalog nicht gesondert erwähnt werde. Denn anderenfalls hätte es ein Reiseveranstalter in der Hand, sich seiner Überprüfungspflicht für möglicherweise riskante Einrichtungen des Leistungsträgers durch ein bloßes Nichterwähnen im Katalog zu entziehen. Falls dem Reiseveranstalter eine Feststellung von Risiken noch nicht möglich sei oder er eine Haftung nicht übernehmen wolle, bleibe es ihm unbenommen, seine Kunden unmissverständlich darüber zu informieren, dass die Einrichtung trotz des gegenteiligen Eindrucks nicht Teil seines Leistungsangebots sei.

Die Pflichtverletzung der Beklagten sei für den Unfalltod des Kindes kausal gewesen, das wegen der fehlenden Abdeckung des Absaugrohrs ums Leben gekommen sei. Diesen Mangel hätte ein geschulter Mitarbeiter, auf dessen Wissensstand es ankomme, feststellen können und müssen. Der prüfende Mitarbeiter habe sich jedenfalls über die Einhaltung der örtlichen Sicherheitsvorschriften und eine etwaige behördliche Abnahme zu unterrichten. Die Beklagte hätte nach dem Bekanntwerden des Risikos die Herstellung eines genehmigungsfähigen und für Benutzer der Anlage risikofreien Zustands veranlassen müssen. Notfalls hätte sie ihre Kunden über den Zustand der Anlage aufklären müssen, wobei eine Vermutung dafür spreche, dass das Kind bzw. seine Eltern dann von einer Benutzung der Anlage abgesehen hätten.

Weder das Kind noch die Eltern treffe ein Mitverschulden.

Die vom Landgericht zuerkannte Höhe des Schmerzensgeldes sei nicht zu beanstanden.

II.

Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Wesentlichen stand.

1.

Zweckmäßiger Weise haben Landgericht und Berufungsgericht sich nur mit deliktischen Schadensersatzansprüchen befasst. Nach neuem Schadensersatzrecht wäre in erster Linie ein reisevertraglicher Ersatzanspruch wegen eines Reisemangels zu prüfen (§§ 651 f, 651 c Abs. 1 BGB), der mit der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht zusammenfallen kann (OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 59; Führich, Reiserecht, 5. Aufl., Rdn. 425). Dieser vertragliche Anspruch ist nach § 253 Abs. 2 BGB im Falle einer Gesundheitsverletzung auch auf Schmerzensgeld gerichtet. Letztere Vorschrift ist aber erst am 1. August 2002 in Kraft getreten und nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB auf den vorliegenden Unfall, der sich am 1. August 2001 ereignete, noch nicht anzuwenden. Nach dem alten Schadensersatzrecht in der bis zum 31. Juli 2002 geltenden Fassung gab es einen Schmerzensgeldanspruch nur im Falle einer unerlaubten Handlung (§ 847 BGB a.F.).

2.

Die deliktischen Schadensersatzansprüche der Kläger, die deutschem Recht unterliegen, weil der Ersatzpflichtige und die Verletzten zur Zeit des schädigenden Ereignisses den Sitz der Hauptverwaltung bzw. ihren Wohnsitz in Deutschland hatten (Art. 40 Abs. 2 EGBGB), sind aus §§ 823 Abs. 1, 844 Abs. 1 i.V.m. 847 Abs. 1 BGB a.F. begründet.

a) Die Beklagte haftet zwar nicht für das deliktische Verschulden des Hoteleigentümers und seiner Mitarbeiter, weil diese Personen mangels der erforderlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit nicht ihre Verrichtungsgehilfen im Sinne des § 831 BGB waren (BGH, Urt. v. 25.02.1988 – VII ZR 348/86, BGHZ 103, 298, 303). Sie ist für die der Klage zugrunde liegenden Schäden jedoch selbst deliktsrechtlich verantwortlich. Diese beruhen auf einer Verletzung der sie treffenden Verkehrssicherungspflicht.

(1) Die Beklagte war verpflichtet, die Verkehrssicherheit der Wasserrutschenanlage zu überprüfen.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft den Reiseveranstalter bei der Vorbereitung und Durchführung der von ihm veranstalteten Reisen eine eigene Verkehrssicherungspflicht. Bei der Ausübung eines Gewerbes sind diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der jeweiligen Berufsgruppe für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind.

Für die deliktsrechtliche Haftung des Reiseveranstalters wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten ist von Bedeutung, welche rechtlichen Verpflichtungen ihm obliegen (BGHZ 103, 298, 304; v. 14.12.1999 – X ZR 122/97, NJW 2000, 1188; v. 12.03.2002 – X ZR 226/99, NJW-RR 2002, 1056). Der Reiseveranstalter übernimmt gemäß seinem Angebot die Planung und Durchführung der Reise, haftet insoweit für deren Erfolg und trägt grundsätzlich

die Gefahr des Nichtgelingens. Deshalb darf der Reisende darauf vertrauen, dass der Veranstalter alles zur erfolgreichen Durchführung der Reise Erforderliche unternimmt. Dazu gehört nicht nur die sorgfältige Auswahl der Leistungsträger, insbesondere der Vertragshotels, sondern der Reiseveranstalter muss diese auch überwachen. Somit ist er für die Sicherheit der Hotels selbst mitverantwortlich, mag auch die Verkehrssicherungspflicht in erster Linie den Betreiber treffen. Nimmt ein Reiseveranstalter ein Hotel unter Vertrag, so muss er sich zuvor vergewissern, dass es einen ausreichenden Sicherheitsstandard bietet. Ist das Vertragshotel einmal für in Ordnung befunden worden, so befreit dies den Veranstalter nicht von der Pflicht, es regelmäßig durch einen sachkundigen und pflichtbewussten Beauftragten daraufhin überprüfen zu lassen, ob der ursprüngliche Zustand und Sicherheitsstandard noch gewahrt ist (BGHZ 103, 298, 305 f.).

bb) An diesen Grundsätzen gemessen war die Beklagte zu einer Sicherheitsprüfung der Wasserrutsche verpflichtet. Denn in der maßgeblichen Sicht der Reisenden (BGH NJW 2000, 1188) stellte sich die Wasserrutsche als Bestandteil der Hotelanlage dar. Dies ergibt sich aus den tatrichterlichen Feststellungen des Landgerichts und des Berufungsgerichts, dass die Rutschenanlage im Innenbereich zwischen den beiden Gebäudereihen stand, die der Unterkunft der Gäste dienen, sich in der Nähe der anderen vom Hotel angebotenen Spiel- und Sportmöglichkeiten befand (Meerwasser-Swimmingpool, Kinderspielplatz, Tennisplatz) und ein integraler und wesentlicher Bestandteil des Hotelkomplexes war. Dem steht nicht entgegen, dass die Wasserrutsche mit einem niedrigen Metallzaun umgeben war. Die Eingitterung ließ den Aufgang zur Plattform der Rutsche frei und taugte schon deshalb nicht dazu, die Rutsche aus der Hotelanlage auszugliedern. Im Übrigen war das Gitter auch weder nach dem Vortrag der Kläger, es habe der Gefahrensicherung gedient, noch nach dem Vortrag der Beklagten, es habe die Entgeltzahlung sichern sollen, dazu bestimmt, eine die Rutsche von der Hotelanlage trennende Funktion zu erfüllen.

Der Pflicht der Beklagten, die Verkehrssicherheit der Wasserrutsche zu prüfen, steht nicht entgegen, dass die Wasserrutsche in dem – vor ihrer Errichtung fertiggestellten – Katalog der Beklagten nicht erwähnt war. Dieser Umstand führte zwar dazu, dass die Beklagte ihren Kunden keine funktionstüchtige Rutsche schuldete und somit ein etwaiger Wiederabbau oder eine Sperrung der Rutsche keinen Reisemangel bewirkt hätte, aufgrund dessen die Kunden reisevertragliche Gewährleistungsansprüche hätten erheben können. Umfang und Gegenstand der Leistungspflichten des Reiseveranstalters sind jedoch von der Reichweite seiner Verkehrssicherungspflicht zu unterscheiden. Die Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters ist nicht auf diejenigen Hoteleinrichtungen beschränkt, deren Vorhandensein er schuldet, sondern erstreckt sich grundsätzlich auf die ganze Hotelanlage mitsamt allen tatsächlich vorhandenen dazugehörigen Einrichtungen. Dies ergibt sich aus dem Grundgedanken der Verkehrssicherungspflicht, dass derjenige, der eine Gefahrenlage für Dritte schafft, grundsätzlich verpflichtet ist, eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern, indem er in seinem Verantwortungsbereich die zumutbaren Maßnahmen zur Gefahrenabwehr trifft (BGH, Urt. v. 15.07.2003 – VI ZR 155/02, NJW-RR 2003, 1459). Der Reiseveranstalter hat seine Kunden in das Vertragshotel hineingeführt und ist somit dafür verantwortlich, dass sie sich, wie es das Recht jedes Hotelgastes ist, in der ganzen Anlage frei bewegen und alle ihnen zusagenden Einrichtungen benutzen. Deshalb ist der Reiseveranstalter für die Sicherheit sämtlicher den Reisenden zur Verfügung stehender Hoteleinrichtungen verantwortlich.

Keinesfalls muss der Reisende aus der Nichterwähnung einer Hoteleinrichtung im Katalog des Reiseveranstalters schließen, dass der Veranstalter diese aus seinem Leistungsangebot ausschließen und dafür keine Verantwortung übernehmen will. Denn für die Nichterwähnung kommen aus der Sicht des Reisenden verschiedene andere und näherliegende Gründe in Betracht, sei es, dass der Veranstalter eine Einrichtung für nicht der Erwähnung wert erachtet (z.B. ein Lesezimmer oder einen Ski-Abstellraum), sei es, dass die Einrichtung, wie im vorliegenden Fall, bei Redaktionsschluss für den Katalog noch nicht fertiggestellt war. Die Beschreibung des Hotels im Katalog erhebt in den Augen des Reisekunden keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er kommt nicht auf den Gedanken, dass der Veranstalter für Hoteleinrichtungen, die vorhanden, aber nicht in der Beschreibung erwähnt sind, seine Haftung ausschließen will.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des erkennenden Senats, mit dem er eine Leistungs- und Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters hinsichtlich eines vom Leistungsträger angebotenen Ausritts mit der Begründung bejaht hat, dass zur Bestimmung der Leistungsverpflichtungen des Reiseveranstalters der Reiseprospekt heranzuziehen sei und der Reiseveranstalter nicht nur dafür Sorge tragen müsse, dass die in der Reisebeschreibung angebotenen Sportmöglichkeiten überhaupt vorhanden seien, sondern auch dafür, dass die zur Ausübung der angebotenen Sportarten erforderlichen Einrichtungen für den Reisenden geeignet seien (NJW 2000, 1188, juris-Rdn. 9-12). Damit ist nur (positiv) der Kreis der Gefahrenquellen beschrieben, für den der Veranstalter schon aufgrund seiner eigenen Erklärungen einzustehen hat.

Der Entscheidung lässt sich jedoch nicht umgekehrt (negativ) entnehmen, dass eine eigene Prüfungspflicht schon dann entfällt, wenn die Leistung oder Einrichtung im Katalog nicht aufgeführt ist. Sie enthält daher keinen Grundsatz des Inhalts, dass eine Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters nur hinsichtlich solcher Leistungen in Frage kommt, die in der Reisebeschreibung genannt sind. Im vorliegenden Fall braucht nicht entschieden zu werden, ob bei solchen Zusatzangeboten, die den Reisenden aus dem Bereich der Hotelanlage herausführen, wie z.B. Ausflüge oder Ausritte, die Erwähnung im Katalog eine Voraussetzung der Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters ist. Bei Einrichtungen, die ein Bestandteil der Hotelanlage sind, ist dies jedenfalls nicht der Fall.

Unerheblich für die Verkehrsicherungspflicht ist weiter, dass der Hotelbetreiber für die Benutzung ein gesondertes Entgelt verlangte. Dies entsprang ersichtlich dem Bestreben der Hotelleitung, die Kosten der Anlage nicht unterschiedslos auch auf solche Gäste umzulegen, welche die Rutsche gar nicht nutzen wollten, sondern nur diejenigen Gäste heranzuziehen, welche die Anlage tatsächlich in Anspruch nahmen, ebenso wie für andere Sonderleistungen – die abendliche Benutzung der Tennisplätze bei Flutlicht und die Kinderbetreuung – laut Katalog eine Gebühr zu entrichten war. Dass ein Benutzungsgeld für kostenträchtige Einrichtungen erhoben wird, hat nichts mit der Frage zu tun, ob die betreffende Einrichtung zur Hotelanlage und damit zu den der Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters unterliegenden Bereich gehört.

Die Beklagte war deshalb verpflichtet, die Verkehrssicherheit der Wasserrutsche zu prüfen.

(2) Diese Verkehrssicherungspflicht hat die Beklagte schuldhaft verletzt.

Sie hat unstreitig keinerlei Überprüfung der Wasserrutsche vorgenommen, obwohl deren Errichtung und Inbetriebnahme ihrer örtlichen Reiseleiterin bekannt war und obwohl ihr eine zumutbare Prüfmaßnahme zu Gebote stand.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind bisher nur allgemein gehaltene Richtlinien zu Art und Umfang der vom Reiseveranstalter zu ergreifenden Prüfmaßnahmen entwickelt worden. Im Einzelfall hängen Art und Umfang der gebotenen Kontrolle, deren Unterlassung den Fahrlässigkeitsvorwurf begründet, von den jeweiligen besonderen Umständen ab und unterliegen der tatrichterlichen Würdigung, die mit der Revision nur beschränkt anfechtbar ist (BGHZ 103, 298, 305 ff.; Urt. v. 19.01.1993 – XI ZR 76/92, NJW 1993, 1066).

Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob dieser beschränkten revisionsrechtlichen Anfechtbarkeit die Feststellung des Berufungsgerichts standhält, einem geschulten Mitarbeiter der Beklagten hätte sich trotz fehlenden technischen Sachverstandes aufdrängen müssen, dass das Wasser im Becken der Rutsche im Wege eines Kreislaufssystems über Pumpen auch wieder abgesaugt wurde, dass es deswegen Absaugstellen geben musste und dass deren Überprüfung angezeigt war, und er hätte bei der sodann vorzunehmenden genauen Überprüfung das Fehlen der notwendigen Abdeckgitter vor den Absaugrohren festgestellt. Offenbleiben kann auch die sich in diesem Zusammenhang stellende Frage, ob der prüfungsbeauftragte Mitarbeiter, so wie er z.B. die Treppen und Flure, die Aufzüge, Zimmer und Balkone selbst betreten und überprüfen musste (BGHZ 103, 298, 308), die Wasserrutsche persönlich hätte erproben müssen.

Denn jedenfalls ist die weiter vom Berufungsgericht vertretene Ansicht rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte sich zumindest beim Hotelbetreiber danach hätte erkundigen müssen, ob die Anlage von der zuständigen Behörde genehmigt und abgenommen worden war.

Dazu war sie umso mehr verpflichtet, als es sich bei der Wasserrutsche, wie sich augenscheinlich aus den bei den Akten befindlichen Lichtbildern ergibt, um eine schon wegen ihrer Höhe und ihrer Kurven nicht ungefährliche technische Konstruktion handelte.

Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob die Beklagte sich im Falle einer bejahenden Antwort mit der örtlichen Baugenehmigung und -abnahme hätte zufriedengeben dürfen (vgl. die Bedenken in BGHZ 103, 298, 305). Da davon ausgegangen werde muss, dass Baugenehmigung und Bauabnahme aufgrund eines geordneten behördlichen Verfahrens und nicht ohne eine fachliche Prüfung der Rutschenanlage erteilt worden wären, war die Erkundigung danach jedenfalls ein geeigneter und erforderlicher erster Prüfungsschritt. Schon dessen Versäumung begründet den Vorwurf der schuldhaften Pflichtverletzung.

b) Dass die Beklagte die gebotene Sicherheitsprüfung der Wasserrutsche versäumte, war auch kausal für den Tod des Kindes und damit für die psychischen Beeinträchtigungen der Eltern und Brüder, die durch diesen Tod herbeigeführt wurden. Bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, die typischen Gefährdungen entgegenwirken sollen, ist der Beweis des ersten Anscheins geboten, wenn sich in dem Schadensfall gerade diejenige Gefahr verwirklicht, der durch die Auferlegung bestimmter Verhaltenspflichten begegnet werden soll (BGH, Urt. v. 14.12.1993 – VI ZR 271/92, NJW 1994, 945). So lag es hier, wo die Fragepflicht des Reiseveranstalters nach der Baugenehmigung und Bauabnahme für die Wasserrutsche verhindern sollte, dass Reisende durch deren Benutzung zu Schaden kamen. Der Beweis des ersten Anscheins kann nur durch feststehende Tatsachen entkräftet werden, welche die Möglichkeit eines anderen Geschehensverlaufs ernsthaft in Betracht kommen lassen (BGH aaO). Diesen Gegenbeweis hat die Beklagte nicht angetreten. Sie hat nicht einmal dargelegt, dass dann, wenn die Beklagte die fehlende Baugenehmigung und -abnahme entdeckt und gerügt hätte, der Hotelier das Baugenehmigungsverfahren nicht nachgeholt und dann die Bauaufsichtsbehörde nicht für die Anbringung von Schutzgittern vor den Absaugöffnungen gesorgt hätte.

c) Da nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen die durch den Tod des Kindes psychisch vermittelten seelischen Beeinträchtigungen der Eltern und Brüder Krankheitswert haben, also pathologisch fassbar sind und deshalb eine eigene Gesundheitsbeschädigung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen, und da sie für die Beklagte vorhersehbar waren, stehen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urt. v. 11.05.1971 – VI ZR 78/70, BGHZ 56, 163; v. 04.04.1989 – VI ZR 97/88, NJW 1989, 2317; v. 30.04.1996 – VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 344) den Klägern die geltend gemachten Schmerzensgeldansprüche dem Grunde nach zu.

d) Zu Recht hat das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Eltern und/oder des Kindes an dem tödlichen Unfall verneint. Seine Ansicht, die Eltern des Kindes hätten ihre Aufsichtspflicht nicht vernachlässigt, weil sie darauf hätten vertrauen dürfen, dass die Wasserrutsche, die gerade für Kinder im Alter von elf und zwölf Jahren attraktiv war, für diese Kinder keine lebensgefährlichen Gefahrenstellen aufweisen würde, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Hinsichtlich eines etwaigen Mitverschuldens des Kindes, das gegebenenfalls den Angehörigen zugerechnet werden müsste (BGHZ 56, 163, 169 f.), bestehen schon Bedenken, ob für den unbewiesenen Fall, dass das Kind seine Hand in das Rohr gesteckt haben sollte, überhaupt ein Mitverschulden angenommen werden dürfte. Auf diese Bedenken kommt es indes nicht an. Denn jedenfalls ist die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass ein etwaiges Mitverschulden des Kindes aufgrund des natürlichen kindlichen Spiel- und Entdeckungstriebes ganz hinter dem Verschulden des Reiseveranstalters zurücktreten würde, der keine Sicherheitsprüfung der gerade für Kinder gedachten Anlage vornahm, rechtlich nicht zu beanstanden.

e) Schließlich lässt auch die von Landgericht und Berufungsgericht vorgenommene Bemessung des Schmerzensgeldes, die Aufgabe des hierbei durch § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters ist (BGH, Urt. v. 12.05.1998 – VI ZR 182/97, BGHZ 138, 388, 341), keinen Rechtsfehler erkennen.

Sie ist von der Revision auch nicht angegriffen worden.

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