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Reiseveranstalterhaftung: Sturz beim Aussteigen aus einem Transferbus

AG Rostock, Az.: 47 C 225/10, Urteil vom 13.08.2010

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin fordert Schadenersatz aufgrund eines Unfalls während einer Urlaubsreise.

Die Klägerin hatte bei der Beklagten eine Pauschalreise mit dem Kreuzfahrtschiff der Beklagten XXX vom 19.02.2010 bis 26.02.2010 gebucht. Mittels Transferbusses wurde sie in das Hafengelände zum Anlegeplatz der XXX in Dubai gebracht. Beim Verlassen des Busses stürzte die Klägerin, ihrer bestrittenen Behauptung nach über eine Schwelle auf dem Parkplatz. Auf diesem hielten sich dicht gedrängt sehr viele Personen auf. Die Schwelle ist gelb gestrichen.

Reiseveranstalterhaftung: Sturz beim Aussteigen aus einem Transferbus
Symbolfoto: Goodluz/Bigstock

Bei dem Sturz zog sich die Klägerin Schürfwunden an der Nase zu. Außerdem hatte sie nach dem Sturz starke Kopfschmerzen. Mit der Klage fordert sie ein Schmerzensgeld für erlittene Verletzungen sowie für entgangene Urlaubsfreuden in Höhe von 500,00 € sowie Schadenersatz für eine strittige Beschädigung von Brillengläsern in Höhe von 455,00 €.

Die Klägerin behauptet, sie sei unmittelbar nach dem Verlassen des Transferbusses über eine dort befindliche Parkschwelle gestürzt. Hierbei sei ihre Brille stark zerkratzt worden. Aufgrund der Zerkratzungen hätten die Brillengläser erneuert werden müssen. Dies habe Kosten in Höhe von 455,00 € verursacht.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 955,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2010 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 155,30 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet den Sturz über die Parkschwelle mit Nichtwissen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Für den Sturz der Klägerin und deren Folgen ist die Beklagte nicht verantwortlich.

Einen Reiseveranstalter trifft eine vertragliche und eine deliktische Schadensersatzhaftung, wenn er seine zum Schutz der Sicherheit der Reisenden bestehenden Verkehrssicherungspflicht verletzt. Diese erstrecken sich nicht nur auf den Bereich der vertraglich geschuldeten Reiseleistungen, sondern erfassen auch Einrichtungen, die aus Sicht des Reisenden als integraler Bestandteil eines Reiseelements erscheinen (Eckert, Die Anforderungen der Rechtsprechung an die Verkehrssicherungspflicht der Reiseveranstalter und ihre Auswirkungen auf die Haftung RRa 2007, 113, 120). Vorliegend bestand jedoch keine Verpflichtung der Beklagten, auf die auf dem Parkplatz im Hafengelände Dubai befindlichen gelben Schwellen hinzuweisen bzw. diese gesondert abzusichern.

Die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht hat zum Inhalt, dass bei der Ausübung eines Gewerbes diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen sind, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der jeweiligen Berufsgruppe für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind. Für die deliktische Haftung des Reiseveranstalters ist von Bedeutung, welche rechtlichen Verpflichtungen ihm hierzu obliegen. Er übernimmt gem. seinem Angebot die Planung und Durchführung der Reise, er haftet insoweit für deren Erfolg und trägt grundsätzlich die Gefahr des Nichtgelingens. Deshalb darf der Reisende darauf vertrauen, dass der Veranstalter alles zur erfolgreichen Durchführung der Reise erforderliche unternimmt. Der Reiseveranstalter ist somit für die Sicherheit der von ihm vermittelten Unterkünfte und Transportmittel selbst mitverantwortlich, mag auch die Verkehrssicherungspflicht in erster Linie dem Betreiber oder Beförderer treffen (BGH NJW 2006, 3268; BGHZ 103, 298).

Eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, ist nicht erreichbar. Der Pflichtige muss deshalb nicht für alle denkbaren entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Es genügen diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Der Dritte ist aber nur vor den Gefahren zu schützen, die er selbst, ausgehend von der sich ihm konkret darbietenden Situation bei Anwendung der von ihm in dieser Situation zu erwartenden Sorgfalt erfahrungsgemäß nicht oder nicht rechtzeitig erkennen oder vermeiden kann, nicht auch vor Gefahren, die jedem vor Augen stehen und vor denen er sich ohne weiteres selbst schützen kann (Palandt/Sprau BGB 69. Aufl., § 823 Rn. 51).

Hier verwirklichte sich durch den Sturz der Klägerin deren allgemeines Lebensrisiko. Auch wenn der Parkplatz beim Verlassen des Busses voller Personen war bzw. Gedränge geherrscht haben sollte, hätte es der Klägerin oblegen, darauf zu achten, wohin sie tritt. Dies gehört zu der allgemeinen von jedem zu erwartenden Aufmerksamkeit, egal wo und aus welchem Grund sich eine Person aufhält bzw. bewegt. Auch evtl. Urlaubsfreude, -aufregung oder -erwartungen entbinden den Reisenden nicht von einem solchen Aufmerksamkeitserfordernis. Zudem stellen Schwellen, Kanten oder Absätze auf einem Parkplatz nichts ungewöhnliches dar. Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass die streitgegenständliche Schwelle durch gelbe Farbe bereits deutlich vom Erdboden abgehoben und gekennzeichnet war.

Zusammenfassend ist der Unfall allein auf die Unaufmerksamkeit der Klägerin selbst zurückzuführen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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