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Rückerstattung Reservierungsgebühr für Grundstück

LG Köln – Az.: 2 O 292/19 – Urteil vom 26.08.2021

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 10.000 EUR zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. Februar 2019 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen dieser zu 24%, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 48% und die Beklagte zu 2) darüber hinaus zu 28%.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger zu 33%. Im Übrigen trägt sie der Beklagte zu 1) selbst.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt der Kläger zu 18%. Im Übrigen trägt sie die Beklagte zu 2) selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Beklagten zu 1) und 2) waren Eigentümer der Immobilie „B 0 in 00000 L“, die sie zum Verkauf anboten. Am 4.11.2018 besichtigte der Kläger die Immobilie. Nach der Besichtigung begaben sich der Kläger und die Beklagten zu 1) und 2) auf die Terrasse des Objekts, wo der Kläger sein Kaufinteresse bekundete. Die Parteien einigten sich auf einen Kaufpreis von 1.200.000 EUR und auf eine Reservierungsgebühr in Höhe von 10.000 EUR. Die Einzelheiten sind streitig.

Am 6.11.2018 übersandte der Kläger den Beklagten einen von ihm selbst formulierten Text (K 1, Bl 11), den er als Reservierungsvereinbarung bezeichnete, in der es unter anderem heißt:

„Der Käufer verpflichtet sich eine Reservierungsgebühr in Höhe v. EUR 10.000 für den Kauf des Anwesens […] zu hinterlegen.

Sollte bis zum 31.12.2018 kein Kauf zum vereinbarten Preis v. 1.200.000 EUR erfolgen verfällt diese Reservierungsgebühr zu Gunsten des Verkäufers.

Bei rechtzeitigem Kauf wird die Gebühr auf den vereinbarten Kaufpreis angerechnet. […]“

Der Kläger bat die Beklagten um Unterzeichnung und Rücksendung der Vereinbarung und kündigte an, er werde sodann selbst unterschreiben.

Ferner teilte der Kläger den Beklagten in einer weiteren Email mit, dass seine finanzierende Bank weitere Unterlagen und Anforderungen stelle. Dabei forderte er die Beklagten auf, eine Baugenehmigung und einen genehmigten Bauplan sowie den Nachweis der Brandversicherung vorzulegen. Weiterhin sollte ein Termin vereinbart werden, in dem die Bank das Objekt besichtigen könne.

Die Beklagten schickten dem Kläger den Nachweis der Brandversicherung und die Reservierungsvereinbarung einige Tage später unterzeichnet zurück.

Außerdem sandte der Beklagte zu 1) dem Kläger am 16.11.2018 ein Schreiben der Stadt Köln mit dem Inhalt, dass eine Bauakte zum streitgegenständlichen Objekt nicht existiere.

Nach Aufforderung des Beklagten zu 1) übersandte der Kläger nach dem 16.11.2018 die von ihm unterzeichnete Reservierungsvereinbarung an die Beklagten zurück.

Erst danach überwies er an die Beklagten zu 1) und 2) die Reservierungsgebühr in Höhe von 10.000 EUR und beauftragte den Notar am 3.12.2018, wegen des Hauskaufs tätig zu werden. Dabei teilte er dem Notar mit, dass es sich um einen „vollkommen normalen Verkauf“ handele, dessen einzige Besonderheit darin bestehe, dass 10.000 EUR als Reservierungsgebühr bezahlt wurden und diese auf den Kaufpreis anzurechnen seien.

Der Reservierungsvertrag wurde nicht notariell beurkundet.

Die Parteien vereinbarten einen Termin zur notariellen Beurkundung des Kaufvertrags für den 20.12.2018. Diesen Termin verlegte der Kläger ohne vorherige Rücksprache mit den Beklagten auf den 7.1.2019. Die Verlegung teilte er ihnen mit Mail vom 6.12.2018 (A 5, Bl 44) mit.

Auch dieser Termin fand jedoch nicht statt. Der Kläger sagte ihn mit Mail vom 3.1.2019 (K 5, Bl 16) ab und teilte Änderungswünsche zum Vertragsinhalt mit. Ende Januar 2019 oder Anfang Februar 2019 scheiterten die Kaufvertragsverhandlungen endgültig. Mit Mail vom 1. Februar 2019 forderte der Kläger die Beklagten zur Rückzahlung des Reservierungsbetrags unter Fristsetzung zum 15. Februar 2019 auf.

Unter dem 11. Februar 2019 stellte der Notar dem Kläger 4.943,26 EUR für das Beurkundungsverfahren in Rechnung (K 8, Bl 20). Diese ließ er dem Kläger zustellen, wofür Kosten von 10,11 EUR entstanden (K 9, Bl 21).

Mit notariellem Vertrag vom 8. März 2019 veräußerten die Beklagten das Objekt an einen Dritten.

Der Kläger ist der Ansicht, die Reservierungsvereinbarung sei wegen Formnichtigkeit unwirksam, und zudem sei der Abbruch der Vertragsverhandlungen durch die Beklagten zu 1) und 2) zu vertreten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

1. wie erkannt,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn weitere 4.953,37 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen ein jeder für sich, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 1) und 2) behaupten, der Kläger habe die Vertragsverhandlungen absichtlich behindert, um sich vom Kauf zu lösen. Sie sind der Ansicht, der Kläger habe die Frist zum Abschluss des Kaufvertrages mutwillig verstreichen lassen, indem er ohne Grund und – unstreitig – ohne Absprache mit den Verkäufern den Notartermin einfach verschoben habe.

Sie behaupten, der Kläger habe sie am 4.11.2018 „inständig gebeten“, alle Verkaufsaktivitäten einzustellen und ihnen hierfür eine „Sicherheitsleistung“ angeboten. Der Beklagte zu 1 habe darauf hingewiesen, es bedürfe einer notariellen Beurkundung. Darauf habe der Kläger erklärt, er sei ein Ehrenmann und würde sich nie auf einen Formmangel berufen.

Die Beklagten zu 1) und 2) sind der Ansicht, es handele sich bei der Reservierungsvereinbarung um ein formloses Vertragsstrafeversprechen. Der Kläger habe ohnehin auf den Einwand der Formunwirksamkeit ausdrücklich verzichtet.

Des Weiteren sei die Vereinbarung formwirksam zustande gekommen. Der Kaufvertrag und die Reservierungsvereinbarung bildeten keine Einheit. Vielmehr habe die Reservierungsvereinbarung gerade für den Fall gelten sollen, dass nachfolgend ein Kaufvertrag nicht zustande komme. Die Vereinbarung habe auch keinen Druck auf den Kläger ausgeübt.

Der Beklagte zu 1 ist der Ansicht, die Reservierungsgebühr von 10.000 EUR sei in Relation zum Kaufpreis so gering, dass sei keinen Druck zum Erwerb der Immobilie habe ausüben können, zumal es der Kläger in der Hand gehabt habe, diese Summe später sogar als Anzahlung auf den Kaufpreis rückvergütet zu erhalten. Der Kläger und das Gericht übersähen gänzlich, wie die Gegenleistung der Verkäufer im Rahmen der Reservierungsvereinbarung zu merkantilisieren sei. Alle Aufwendungen für zehn Besichtigungstermine seien wertlos geworden.

Die Beklagte zu 2 erklärt hilfsweise die Aufrechnung mit einem angeblichen Schadensersatzanspruch in Höhe von 12.200 EUR. Hierzu verweist sie auf eine mit dem Kläger im Dezember 2018 geschlossene Vereinbarung (Anlage 9, Bl 163), wonach dieser sich ihr gegenüber verpflichtete, die Kosten einer von ihr angemieteten Ersatzwohnung zu erstatten, wenn der Kauf des Objekts durch Umstände, die von ihm zu verantworten sind, nicht zustande komme.

Hierzu behauptet die Beklagte zu 2, sie habe noch im Dezember 2018 eine Wohnung in Köln-Rodenkirchen zu einer monatlichen Warmmiete von 1.525 EUR angemietet. Eine adäquate Ersatzwohnung habe sie erst zum November 2020 gefunden. Aufgrund der Vereinbarung mit dem Kläger schulde ihr dieser den Ersatz der Miete zumindest für den Zeitraum Januar bis August 2019, demnach in Höhe von 12.200 EUR.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Rückerstattung der bereits von ihm gezahlten Reservierungsgebühr in Höhe von 10.000 EUR aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Fall BGB (condictio ob rem).

Die condictio ob rem beruht auf dem Grundgedanken, dass die Beteiligten den künftigen Eintritt eines von der bloßen Erfüllung einer Verbindlichkeit abweichenden besonderen Erfolges rechtlicher oder tatsächlicher Natur als Zweck der Zuwendung und damit als Behaltensgrund vereinbaren können (Palandt-Sprau, BGB, Aufl 80, § 812, Rn 29). Sie kann anwendbar sein, wenn auf eine künftige, dann nicht entstehende Verpflichtung geleistet wird. Das gilt auch, wenn beide Seiten wissen, dass ein Austauschvertrag (vorläufig) unwirksam ist, die eine Seite aber ihre Leistung in Erwartung der künftigen Wirksamkeit (und damit der Gegenleistung) erbringt, zum Beispiel beim formunwirksamen Grundstückskaufvertrag in Erwartung der Heilung (Palandt-Sprau, aaO, Rn 33 mwN).

Die Beklagten haben durch die Leistung des Klägers die Reservierungsgebühr in Höhe von 10.000 EUR ohne Rechtsgrund erlangt.

Die von den Parteien unterzeichnete Reservierungsvereinbarung ist gemäß §§ 125 Satz 1, 311b Abs. 1 Satz 1 BGB wegen Formnichtigkeit unwirksam, da keine notarielle Beurkundung erfolgte.

Gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen, der notariellen Beurkundung. Grundsätzlich bedarf die Verpflichtung zur Nichtveräußerung oder des Nichterwerbs keiner Form. Allerdings ist sie beurkundungsbedürftig, wenn sie gleichsam nur die Kehrseite der positiven Verpflichtung darstellt, das Grundstück an den Vertragspartner zu verkaufen (Ludwig in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, Aufl 9, § 311b BGB Rn 90). Die Beurkundungspflicht erstreckt sich auf die Gesamtheit der Verträge und Vereinbarungen, sofern eine rechtliche Einheit vorliegt (Jauernig/Mansel, BGB, Aufl 17, § 125 Rn 7f).

Dabei ist der Parteiwille maßgeblich, dass die Verträge nicht für sich alleine gelten, sondern miteinander „stehen und fallen“ sollen (Palandt-Grüneberg, aaO, § 311b, Rn 2). Ein Kaufvertrag über eine Immobilie und eine in diesem Zusammenhang geschlossene Reservierungsvereinbarung bilden eine solche rechtliche Einheit, da diese Vereinbarung zum Zwecke eines späteren Kaufvertrags geschlossen wird (AG München, Urt. v. 1. Juli 2016 – 191 C 28518/15). Der Kläger und die Beklagten hatten bei Abschluss der Reservierungsvereinbarung die Absicht, einen späteren Kaufvertrag zu schließen.

Soweit die Beklagten meinen, eine rechtliche Einheit fehle, da die Verpflichtung aus der Reservierungsvereinbarung auch und gerade dann gelte, wenn der Kaufvertrag nicht zustande komme, wählen sie den falschen Ansatz. Es geht nicht darum, ob aus beiden Geschäften gleichlaufende Leistungsverpflichtungen entstehen, sondern darum, ob die Geschäfte miteinander verknüpft sind. Dies sind sie vorliegend gerade deswegen, weil das Nichtzustandekommen des Kaufvertrags nach dem Willen der Parteien dazu führen sollte, dass die Beklagten die Leistung des Klägers aus der Reservierungsvereinbarung behalten dürfen.

Ein Formbedürfnis liegt vor, wenn Vereinbarungen getroffen werden, die für den Fall der Nichtveräußerung oder des Nichterwerbs ins Gewicht fallende Nachteile vorsehen und so einen Druck oder Zwang begründen, wobei ein mittelbarer Zwang genügt.

Eine Reservierungsgebühr löst einen solchen Zwang aus, wenn diese 10% einer üblichen Maklerprovision überschreitet oder ein unangemessener Druck vorliegt, der absolut bei 5.000 EUR oder relativ bei 0,3% des Kaufpreises liegt (Ludwig in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, § 311b BGB Rn. 112; AG Dortmund, Urt. v. 21.8.2018 – 426 C 3166/18). Der Formzwang gilt somit auch für einen Vertrag, mit dem über die Vereinbarung eines empfindlichen Nachteils ein mittelbarer Zwang ausgeübt werden soll, Immobilien zu erwerben oder zu veräußern.

Die vom Kläger geleistete Reservierungsgebühr von 10.000 EUR übersteigt sogar 20% der üblichen Maklerprovision, die 4,02% des Kaufpreises beträgt (K 10, Bl 22), vorliegend also 48.240 EUR.

Entgegen der Ansicht der Beklagten gilt der Maßstab von 10 % der Maklerprovision nicht nur für Maklerfälle, sondern auch für alle anderen. Es handelt sich um einen allgemeingültigen Bemessungsmaßstab für unangemessenen Druck.

Soweit der Beklagte zu 1 meint, ein unangemessener Druck sei auf den Kläger nicht ausgeübt worden, denn dieser habe es in der Hand gehabt, die Reservierungssumme später sogar als Anzahlung auf den Kaufpreis rückvergütet zu erhalten, widerlegt er sich selbst. Gerade in der Aussicht, die gezahlte Summe – je nach eigenem Verhalten – rückvergütet zu erhalten oder nutzlos aufgewandt zu haben, liegt der Druck.

Die Reservierungsvereinbarung hätte mithin notariell beurkundet werden müssen, da gesetzliche Formvorschriften und deren Rechtsfolgen für die Parteien nicht disponibel sind und die Rechtssicherheit nicht ausgehöhlt werden darf. Wenn Vorverträge über die Veräußerung oder den Erwerb von Grundstücken formfrei möglich wären, dann würde die Formvorschrift des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB praktisch wirkungslos sein (BGH NJW 1969, 1169; Altmeppen NJW 2006, 3761; Grziwotz in: Erman, BGB, Aufl 16, § 311b BGB, Rn 63 f).

Der Formmangel ist auch nicht nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt, da es wegen des gescheiterten Verkaufs zu keiner Auflassung und Eintragung ins Grundbuch kam.

Die Kondiktion des Kläger ist ebenso wenig nach § 815 BGB ausgeschlossen. Keine der beiden Varianten dieser Vorschrift sind erfüllt:

Der bezweckte Erfolg (Abschluss eines notariellen Kaufvertrags) war weder tatsächlich noch rechtlich unmöglich.

Ebenso wenig hat der Kläger den Eintritt des bezweckten Erfolgs treuwidrig verhindert.

Die Geltendmachung von Formmängeln eines Rechtsgeschäfts im Nachgang soll nicht zum „Rettungsanker“ werden, jedoch hatte der Gesetzgeber im Hinblick auf die Form des Rechtsgeschäfts die Disposition den Parteien entzogen, sodass besonders strenge Anforderungen an den Grundsatz von Treu und Glauben gestellt werden. Die Rechtsprechung hat daher nur wenige Ausnahmen vom Grundsatz der Formstrenge anerkannt, in denen die Berufung auf einen Formmangel treuwidrig ist. In Fällen, in denen die Existenzvernichtung eines Beteiligten droht oder eine besonders schwere Treuepflichtverletzung gegeben ist, soll es einer Partei versagt sein, sich auf die Nichtigkeitsfolge zu berufen (Palandt-Sprau, aaO, § 125, Rn 22).

Gesetzlich angeordnete Rechtsfolgen dürfen nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände über § 815 BGB umgangen werden. So greift die Norm nicht ein, wenn derjenige, der auf einen formunwirksamen Vertrag geleistet hat, sich trotz Erfüllungsbereitschaft des Empfängers weigert, den Vertrag in rechtsgültiger Form abzuschließen, sofern er dazu einen hinreichenden Grund hat (Palandt-Sprau, aaO, § 815, Rn 3).

Zwar überwies der Kläger die Reservierungsgebühr erst nach Kenntnis des Fehlens der Baugenehmigung, und das Scheitern des Erfolgseintritts ist objektiv in seiner Sphäre begründet sowie ihm zurechenbar, jedoch müsste die Folge der Nichtigkeit für die Beklagten schlechthin untragbar sein und zu unerträglichen Ergebnissen führen. Auch wenn von Seiten des Klägers ein widersprüchliches Verhalten vorliegt, kann dieser sich dennoch auf den Formmangel berufen, wenn er nicht gegen besondere Treuepflichten verstößt. Zu den Kriterien einer besonders schweren Treuepflichtverletzung gehören im Einzelfall die Überlegenheit einer Partei, eine einseitige Vorteilsziehung, der längere Zeitablauf und sachfremde Motivation.

Der Verstoß der Parteien gegen den Formzwang aus § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB überwiegt gegenüber dem widersprüchlichen Verhalten des Klägers. Darüber hinaus kannte der Beklagte zu 1) als Rechtsanwalt die Formvorschriften bei einem Grundstückskauf, sodass keine besondere Schutzwürdigkeit gegeben ist.

Ein besonders schwerer Verstoß des Klägers gegen die Treuepflicht ist nicht zu erkennen, sodass die Einhaltung der Formvorschrift aus § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB vorrangig ist. Er hat nicht aus sachfremden Motiven vom Kaufvertrag Abstand genommen, sondern deswegen, weil eine Baugenehmigung nicht vorlag und auch nicht beschafft werden konnte. Es mag sein, dass es viele Kaufinteressenten gibt, die sich am Fehlen der Baugenehmigung nicht stören, gleichwohl ist das Bestehen eines Kaufinteressenten auf Vorlage einer solchen keinesfalls sachfremd, und sei es auch nur, um überprüfen zu können, ob das Haus so gebaut worden ist wie genehmigt.

Ferner ist die Rückzahlung der Reservierungsgebühr durch die Beklagten nicht untragbar. Soweit der Beklagte zu 1 auf die angeblich nutzlos gewordenen Aufwendungen für zehn Besichtigungstermine abstellt, ist nicht ersichtlich, inwiefern dies einen Schaden im Rechtssinne begründet. Es liegt in der Natur der Sache, dass nur einer von vielen Interessenten zum Zuge kommen kann, sodass alle Besichtigungstermine bis auf einen – in einem eng verstandenen Sinn – nutzlos sind. Allerdings weiß man vorher nie, welche Termine das sind. Die Gesamtheit der Besichtigungstermine ist hingegen nicht nutzlos.

II.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der Notarkosten in Höhe von 4953,27 EUR aus § 280 Abs. 1 iVm §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB.

Der Kläger hat sich hinsichtlich der Notarkosten widersprüchlich verhalten.

Die Parteien haben im Rahmen der Vertragsfreiheit bis zum Vertragsschluss das Recht, von dem in Aussicht gestellten Vertragsschluss Abstand zu nehmen. Der Aufwand, der in Erwartung des Vertragsschlusses gemacht wird, erfolgt daher grundsätzlich auf eigene Gefahr (BGH NJW-RR 1989, 627). Nur wenn der Vertragsschluss zwischen den Parteien als sicher anzunehmen ist und in dem hierdurch begründeten Vertrauen Aufwendungen zur Durchführung des Vertrages vor dessen Abschluss gemacht werden, können diese vom Verhandlungspartner unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen zu erstatten sein, wenn er den Vertragsschluss später ohne triftigen Grund ablehnt.

Unter Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer zu verstehen. Die vom Kläger gemachten Notarkosten sind auf eigene Gefahr und im Verhältnis zwischen dem Kläger als Kaufinteressent und dem Notar auch bereits aufgrund des ersten Kaufvertragsentwurfs entstanden. Die Beklagten hatten einen triftigen Grund, vom Vertragsschluss Abstand zu nehmen, da der Kläger immer weiter eigenständige Änderungen vornahm, Klauseln einfügen ließ und Termine verschob. Ferner wichen die vom Kläger durchgeführten Änderungen und Ergänzungen vom ursprünglich vereinbarten Kaufvertrag erheblich ab. Die Beauftragung des Notars erfolgte bereits in Kenntnis der nicht auffindbaren Baugenehmigung.

III.

Die Hilfsaufrechnung der Beklagten zu 2 bleibt ohne Erfolg. Aus der Vereinbarung, die mit Mail des Klägers vom 5. Dezember 2018 an sie übersandt wurde, kann sie keine Rechte herleiten. Insoweit gelten die Ausführungen hinsichtlich der Unwirksamkeit der Reservierungsvereinbarung entsprechend. Die Vereinbarung, dass der Kläger bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrags der Beklagten zu 2 die Kosten der Anmietung der neuen Wohnung erstatten müsse, hat den Druck auf den Kläger zum Abschluss des Kaufvertrags noch erhöht. Auch diese Vereinbarung läuft daher dem Schutzzweck des Formzwangs zuwider.

IV.

Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2. S. 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Streitwert:

a) für den Beklagten zu 1: 14.953,37 EUR

b) für den Kläger und die Beklagte zu 2: 27.153,37 EUR (darin 12.200 EUR für die Hilfsaufrechnung)

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