Verschrottung des Fahrzeugs vor Klagerhebung
AG München – Az.: 173 C 1229/18 – Urteil vom 23.08.2019
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Gewährleistungansprüche der Klägerin gegenüber dem Beklagten aufgrund eines Kaufvertrages über einen Mercedes.
Am 18.01.2017 kaufte die Klägerin vom Beklagten einen PKW Benz A 160 zum Preis von insgesamt 1.400,00 Euro. Laut des Kaufvertrages hat der PKW einen Unfallschaden und das linke Türschloss ist defekt. Am 24.01.2017 zeigte sich ein erster Fehler am Kühler und die Ölanzeige ging nach ca. 10 km nicht mehr aus. Daraufhin nahm der Beklagte am 25.01.2017 den PKW wieder mit und reparierte ihn. Der Kühler wurde ersetzt und ein Ölwechsel durchgeführt. Nach zwei Wochen rief die Klägerin den Beklagten an, dass der PKW ruckeln würde. Daraufhin wurde der PKW in die Werkstatt Ta. gebracht. Dort wurde der Luftfilter und Luftmengenmesser gereinigt. Anschließend fuhr die Klägerin mit dem PKW noch über 1000 km. Am 08.03.2017 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte Rückabwicklung des Kaufvertrages. Auf dieses Rücktrittsschreiben bot der Beklagte mit Fax vom 14.03.2017 an, den Luftmengenmesser und Luftfilter auszutauschen, die Klägerin solle in der Werkstatt .. einen Termin ausmachen. Die Klägerin brachte das Fahrzeug am 20.03.2017 zum Prüfzentrum in die R..straße in München, wo einige Mängel festgestellt und behauptet wurde, dass das Fahrzeug nicht verkehrssicher sei. Mit Schreiben vom 21.03.2017 verlangte der Klägervertreter, dass der Beklagte die bestehenden Mängel beheben und das Fahrzeug in die Werkstatt verbringen müsse. Der Beklagte bot im Schreiben vom 22.03.2017 weiterhin eine Nachbesserung an, verweigerte allerdings die Abholung des PKW’s bei der Klägerin. Diese solle das Fahrzeug selber in die Werkstatt fahren. Zu einer Reparatur kam es letztlich nicht und der Ehemann der Klägerin ließ das Fahrzeug verschrotten, ehe am 18.01.2018 Klage erhoben wurde. Eine gutachterliche Überprüfung des Fahrzeuges war damit nicht mehr möglich.
Die Klägerin behauptet, dass sie nach dem 16.02.2017 dreimal wegen technischer Probleme den ADAC habe rufen müssen. Der Luftmengenmesser sei wegen zu hoher Kosten nicht ausgetauscht worden. Die Klägerin behauptet, dass das Fahrzeug nicht verkehrssicher sei und sie deshalb mit dem Fahrzeug nicht in die Werkstatt … habe fahren wollen.
Die Klägerin beantragt zuletzt zu erkennen:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW Mercedes Benz A 160, Fahrgestellnummer WDB1680331J545439, einen Betrag in Höhe von 1.400,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 22.03.2017 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 201,71 Euro nebst Zinsen in gleicher Höhe seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt: Klageabweisung.
Der Beklagte behauptet, dass im Februar 2017 sowohl Luftfilter als auch Luftmengenmesser erneuert worden seien. Er bestreitet, dass der PKW nicht verkehrssicher gewesen sei, dieser habe keine schwerwiegenden Mängel gehabt. Das Fahrzeug sei am 27.12.2016 bei der Hauptuntersuchung gewesen. Dort seien keine Mängel festgestellt worden. Die im Prüfzentrum festgestellten Rostbelastungen habe der TÜV nicht festgestellt und bemängelt. Bei der ersten Vorführung zur Hauptuntersuchung am 21.12.2016 sei festgestellt worden, dass die Achse links durchgerostet gewesen ist. Diese habe der Beklagte repariert und die Achse ausgetauscht. Bei der erneuten Hauptuntersuchung am 27.12.2016 wurde nicht bemängelt, dass das Bodenblech, Holme an den Schwellen, Kraftfahrzeugbehälter oder/und Tankfüllrohr angerostet seien. Der Beklagte bemängelt ferner, dass die Klägerin ihr keine Möglichkeit zur Nachbesserung eingeräumt habe. Die Mängel habe die Klägerin erst gerügt, nachdem sie vom Vertrag zurückgetreten sei.
Das Gericht hat ein Sachverständigengutachten erholt. Auf den Inhalt des Gutachtens (Bl. 41/60 der Akte) wird Bezug genommen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstigen Aktenteilen sowie auf die Sitzungsniederschriften.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig aber nicht begründet. Die Klägerin hat keine Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag gegenüber dem Beklagten.
Voraussetzung für einen Rücktritt vom Kaufvertrag ist gem. §§ 433, 437 Nr. 2 BGB das Vorliegen einer mangelhaften Sache im Zeitpunkt der Übergabe der Kaufsache. Bei Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs ist § 477 BGB zu beachten, wonach vermutet wird, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich der Mangel innerhalb von 6 Monaten seit Gefahrübergang zeigt.
Die Klägerin ist vorliegend dann berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten und Rückabwicklung zu verlangen, wenn der streitgegenständliche Mercedes am 18.01.2017 mangelhaft war und die Klägerin dem Beklagten erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat bzw. der Beklagte die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert hat.
Es kann nicht vorliegend nicht geklärt werden, ob der Mercedes bei der Übergabe wirklich mangelhaft war. Das Gericht hat zur Frage der Mangelhaftigkeit ein Sachverständigengutachten erholt, auf ausdrücklich Bezuge genommen wird. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass, abgesehen von den Anrostungen, die bei der Untersuchung am 20.03.2017 festgestellten Mängel nicht eindeutig belegt werden können, dass diese zum Zeitpunkt des Kaufvertrages und der Übergabe des Fahrzeuges an die Klägerin bereits vorhanden waren. Lediglich hinsichtlich des stark angerosteten bzw. durchgerosteten Bodenblechs, des stark angerosteten Tankfüllrohres und der stark angerosteten Achsträger und Drahtaufhängung der Hinterachse sei davon auszugehen, dass der Rost mit äußerster Wahrscheinlichkeit bereits zum Kaufzeitpunkt vorhanden gewesen ist.
Diesem Ergebnis steht jedoch die Hauptuntersuchung am 27.12.2016 entgegen, die keine Mängel festgestellt hat. Der Sachverständige H.. führte in seinem Gutachten aus, dass unter normalen Umständen ein Blech nicht innerhalb von zwei Monaten durchrosten kann. Das bedeutet aber auch, dass es nicht in einem Zeitraum von drei Wochen nach der Hauptuntersuchung durchrosten kann. Für das Gericht bedeutet dieser Widerspruch, dass entweder der TÜV die Hauptuntersuchung nicht ordentlich durchgeführt hat oder das Prüfzentrum die Durchrostung dramatischer angegeben hat als sie tatsächlich war. Da der Sachverständige H.. das Fahrzeug nicht selbst in Augenschein nehmen konnte, kann er auch nicht zur Stärke der Durchrostung Stellung nehmen. Gegen die These, dass der TÜV das Fahrzeug nicht gründlich untersucht hat, spricht, dass bei der ersten Untersuchung eine durchgerostete Achse bemängelt worden ist, weswegen der Beklagte das Fahrzeug am 27.12.2016 nach dem Austausch der Achse das Fahrzeug erneut beim TÜV vorgeführt hat und die nochmalige Überprüfung die Mängelfreiheit des Mercedes ergeben hat.
Die Klägerin hat das Fahrzeug verschrotten lassen, obwohl sie wusste, dass sie einen Rechtsstreit über die Mangelhaftigkeit des Fahrzeuges führt. Es fällt daher in ihren Verantwortungsbereich, dass dieser Widerspruch nicht zweifelsfrei geklärt werden kann. Die Zweifel gehen zu ihren Lasten. Zwar wird grundsätzlich gem. § 477 BGB zugunsten der Klägerin vermutet, dass die Durchrostung bereits bei Fahrzeugübergabe vorhanden war. Da das Gericht allerdings begründet Zweifel hat, dass wegen des TÜV-Berichts das Fahrzeug tatsächlich mangelhaft war, und die Klägerin die Beweisführung vereitelt hat, kann dies gem. § 242 BGB nicht zu Lasten des Beklagten gehen. Daher bleibt es ausnahmsweise dabei, dass die Klägerin nachweisen muss, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe mängelbehaftet war. Dieser Nachweis ist ihr aus Sicht des Gerichtes nicht gelungen.
Die Klage ist daher abzuweisen.
Der Klage hätte auch keinesfalls in vollem Umfang stattgegeben werden können, da eine Zug um Zug Verurteilung wegen der Verschrottung des PKW’s gar nicht möglich ist.
Zu Berücksichtigen wäre auch gewesen, dass die Klägerin mit dem Fahrzeug 1000 km gefahren ist. Insofern wäre ein Abzug für die Nutzung des PKW’s während der zwei Monate vorzunehmen. Dies ist jedoch letztendlich irrelevant, da die Klage bereits mangels Nachweises der geschilderten Mängel abzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.