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Falsche Angaben in der Zeitungsanzeige über Pkw – Wandelung möglich?

Oberlandesgericht Koblenz

Az.: 5 U 445/91

Urteil vom 21. November 1991

Vorinstanz: LG Bad Kreuznach Az.: 2 0 367/90 


Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat

für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 15.02.1991 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Anfang Juli 1990 bot der Beklagte in einer Zeitschrift ein Fahrzeug zum Verkauf an auszugsweise wie folgt:

„Achtung Traumauto! DB 380 SEL, Bj.83, TÜV 92, … (B1.5 GA) .

Die Klägerin kaufte dieses Fahrzeug gemäß der Urkunde vom 07.07.1990 (B1.4 GA) „wie gesehen“ zum Preis von DM 19.500,-. Sie erklärte sodann am 14.09.1990 die Wandelung, weil das Fahrzeug (unstreitig) aus der 14 cm kürzeren 380 SE-Baureihe stammt.

Der Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises und Feststellung, daß sich der Beklagte mit der Annahme des Fahrzeuges in Verzug befinde, hat das Landgericht entsprochen.

Mit der Berufung erstrebt der Beklagte weiterhin die Klageabweisung. Die Klägerin habe bei den Vertragsverhandlungen keinen besonderen Wert auf die SEL-Ausführung gelegt, eine Zusicherung dieses Inhaltes sei nicht gegeben worden.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl.25-29 GA), die in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze der Parteien, die Verfügung

vom 23.09.1991 (Bl.62, 62 a GA) sowie die Sitzungsniederschrift vom 17.10.1991 (Bl.71-73 GA).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet; sie führt zur (vollständigen) Abweisung der Klage.

Der geltend gemachte Wandelungsanspruch sowie das hierauf gestützte Zahlungsbegehren und der Feststellungsantrag sind aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet.

Der Klägerin steht kein Anspruch aus §§ 440, 320 ff. BGB zu. Der Beklagte hat nämlich seine Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag (§ 433 Abs.l Satz l BGB) -Übergabe und Übereignung des am 07.07.1990 gekauften Fahrzeuges- vollständig erfüllt.

Das Landgericht meint, der Beklagte habe die Übereignung eines Daimler-Benz, Modell 380 SEL geschuldet, mit der Übergabe des Fahrzeuges 380 SE einen anderen als nach dem Vertrag geschuldeten Kaufgegenstand geliefert. Diese Rechtsauffassung ist nicht zutreffend.

Zwar ist es beim Neuwagenkauf allgemein üblich, das Fahrzeug seinen Gattungsmerkmalen entsprechend zu beschreiben. Dazu zählen auch Baureihen-, Typen- und Modellbezeichnungen. § 243 BGB bestimmt, daß dann eine Kaufsache „mittlerer Art und Güte“ dieser Fahrzeug-Gattung zu liefern ist. Mit einer Anderslieferung kann der Kaufvertrag nicht erfüllt werden. Dementsprechend bezieht sich die vom Landgericht zitierte Fundstelle bei Reinking/Eggert (Der Autokauf, 4.Aufl. Rdnr.322) – wie sich aus der Inhaltsübersicht und der vorangehenden Randbemerkung Nr.321 ergibt- ausdrücklich auf die Fallgestaltung des Neuwagenkaufes.

Anders ist es hier gewesen. Der Beklagte hat nicht einen Neuwagen einer bestimmten Gattung (380 SEL), sondern das konkret in der Annonce und im Kaufvertrag beschriebene Fahrzeug angeboten. Nur dieses Fahrzeug stand zum Verkauf; die unrichtige Bezeichnung als „380 SEL“ ändert hieran nichts. Dieses von der Klägerin besichtigte Fahrzeug wurde gekauft, spätestens vor dessen Übergabe hatte sich die Übereignungspflicht des Beklagten auf dieses Fahrzeug konkretisiert. Somit allenfalls in Betracht kommende Gewährleistungsansprüche sind, wie noch darzulegen ist, ebenfalls nicht begründet.

Mit der Angabe in der Vertragsurkunde „DB 380 SEL“ hat der Beklagte keine Zusicherung für das Vorhandensein der technischen Eigenschaften übernommen, die das Fahrzeug von der SEL-Baureihe unterscheiden. Damit wurde lediglich das zu übereignende Fahrzeug eindeutig bezeichnet.

Zwischen den Parteien ist unstreitig/ daß das verkaufte SE-Fahrzeug in bestimmten technischen Details von einem solchen der SEL-Baureihe abweicht. Die SEL-Ausführung ist 14 cm länger und hat einen 14 cm breiteren Radstand. Geringfügig höher sind bei der SEL-Version auch Fahrzeuggewicht, zulässiges Gesamtgewicht und zulässige Achslast. Die Zuladungsmöglichkeit ist jedoch dieselbe. Gleich sind Hubraum, kw-Leistung, Höchstgeschwindigkeit und sonstiges Leistungsvermögen sowie die zu verwendende Kraftstoffart (Bl.62 a, 8 GA).

Beim Preisvergleich stellt sich heraus, daß die SEL-Ausführung mit DM 60.340,- um DM 2.827,- teurer ist als die SE-Version. Dieser Unterschied bei den Neuwagen setzt sich fort, verringert sich aber bei Gebrauchtwagen. Nach der Schwacke-Liste kostet die SEL-Limousine, Baujahr .1,983 mit DM 20.700,-nur noch DM 1.450,- mehr als die SE-Limousine (DM 19.250,-).

Dieser Preisvergleich zeigt zudem, daß der vereinbarte Kaufpreis von DM 19.500,- durchaus auch für ein Fahrzeug der SE-Ausstattung (Baujahr 1983) angemessen war. Angesichts dieser -relativ geringen- Unterschiede kann der Senat allein der Be-

Zeichnung im Kaufvertrag keine Zusicherung des Inhalts entnehmen, daß das verkaufte Fahrzeug gerade diese (wenigen und geringfügig anderen) SEL-typischen Merkmale (Länge, Radstand, Gewichte) ‚auf weise.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dient die Bezeichnung einer Ware in erster Linie der vertraglichen Festlegung der Kaufsache. Eine Zusicherung bestimmter Eigenschaften erfordert demgegenüber, daß der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein dieser Eigenschaften übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaften einzustehen (BGH NJW 83, 217, „BMW 1602“). Dabei kann der Käufer eine Marken- und Typenbezeichnung nach Treu und Glauben als Zusicherung dahin verstehen, das Fahrzeug weise die im Kraftfahrzeugbrief und im Kraftfahrzeugschein aufgeführten wesentlichen technischen Eigenschaften auf, dementsprechend sei er imstande, das Fahrzeug sogleich und ohne weiteres im Straßenverkehr zu benutzen (BGH NJW 85, 967, „BMW 520“).

Den vorgenannten höchstrichterlich entschiedenen Fällen war gemeinsam, daß der Zustand der Fahrzeuge nachträglich verändert worden war. Der Bundesgerichtshof stellte entscheidend auf die Fortdauer der allgemeinen Betriebserlaubnis ab. Ferner handelte es sich um Rechtsgeschäfte im gewerblichen Kraftfahrzeughandel.

hiervon Vorliegender Fall unterscheidet sich/maßgeblich dadurch, daß

Kraftfahrzeugbrief und -schein tatsächlich die SE-Merkmale ausweisen, deshalb über eine Fortdauer der allgemeinen Betriebserlaubnis kein Zweifel besteht. Darüber hinaus hat ein „privater Direktverkauf“ stattgefunden, für den der Bundesgerichtshof in Fortführung der oben dargestellten Rechtsprechung mit der Entscheidung vom 17.04.1991 (VIII ZR 114/90) weitergehende Einschränkungen formuliert hat („Porsche 928 S“). Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die Auffassung des Berufungsgerichts gebilligt, unter Privatleuten enthalte die Typenangabe „Porsche 928 S“ keine Zusicherung dahin, daß alle für die Typenbezeichnung charakterisierenden Merkmale (Achsschwinge) vorhanden seien. Die Typ- und Modellangabe sei vielmehr grundsätzlich nur als Warenkennzeichnung anzusehen. Dem Interesse des zumeist nicht sachkundigen Käufers stehe gleichgewichtig das Interesse des Verkäufers gegenüber, für nicht mehr als dasjenige einstehen zu müssen, was dieser nach seiner laienhaften Kenntnis zu beurteilen vermöge (S.8, 9 des Urteils).

In Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Senat der Auffassung, daß vorliegend eine Zusicherung der gerade im Vergleich zur SE-Ausführung unterschiedlichen Merkmale der SEL-Version nicht gegeben wurde. Schon der Inhalt der Kaufvertragsurkunde spricht dagegen. Der Vertrag besteht aus einem Satz (Bl.4 GA). Die Bezeichnung „DB 380 SEL“ erfolgt in einem Zuge mit der Angabe der Fahrgestellnummer und der des amtlichen Kennzeichens. Dies spricht dafür, daß es lediglich um eine genaue Konkretisierung des Kaufgegenstandes ging. Auch die Ausgestaltung der Zeitungsanzeige spricht für diese Auslegung. Lediglich in der ersten Zeile taucht neben den anderen Daten die Bezeichnung „380 SEL“ auf. Sodann wird das Fahrzeug auf vier Zeilen ausführlich beschrieben, insbesondere im Hinblick auf zahlreich vorhandene Sonderausstattung wie z.B. elektrische Fensterheber, Klimaanlage, Sportholzlenkrad, Stereoanlage, Wurzelholzverkleidung und anderes.

Demgegenüber sind die technischen und optischen Unterscheidungsmerkmale zwischen der SE- und der SEL-Ausstattung derart gering, daß diese der Klägerin beim Kauf nicht aufgefallen sind. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, ihr sei es auf die größere, bequemere und komfortablere Fahrzeugausführung angekommen (Bl.60 GA). Die Behauptung des Beklagten, dies habe sie beim Abschluß des Kaufvertrages „mit keinem Wort auch nur anklingen lassen“ hat sie aber nicht bestritten.

Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände kann der Senat weder der Vertragsurkunde noch den sonst zutage getretenen Umständen die Auslegung entnehmen, der Beklagte habe die Gewähr für das Vorhandensein der im Unterschied zur SE-Version typischen Eigenschaften der SEL-Limousine übernommen.

Letztlich ist der Wandelungsanspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Sachmangels begründet (§§ 459 Abs. l, 462 BGB) .

Zwar wäre ein solcher Anspruch grundsätzlich möglich, weil der Gewährleistungsausschluß im Kaufvertrag -„wie besichtigt“- nur solche Sachmängel ergreift, die für einen Laien anläßlich einer Besichtigung auch erkennbar sind. (Reinking / Eggert a.a.O., Rdnr.1580). Den Längenunterschied von 14 cm kann man ohne weiteres nicht erkennen.

Gemäß § 459 Abs. l BGB kommt eine Wandelung jedoch nur für solche Fehler in Betracht, die den Wert oder die Tauglichkeit der Kaufsache zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Eine unerhebliche Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit bleibt außer Betracht .

In erster Instanz hat die Klägerin lediglich auf die (geringfügig) abweichenden technischen Daten hingewiesen. Hier scheint dem Senat allein von Bedeutung, daß die SEL-Version 14 cm länger ist und einen 14 cm breiteren Radstand hat. Daß sich dieser Unterschied auf Leistungsvermögen und/oder Fahreigenschaften auswirke, hat die Klägerin nicht behauptet. In zweiter Instanz hat die Klägerin zusätzlich vorgetragen, sie habe ganz bewußt, die größere, bequemere und komfortablere Fahrzeug-Ausführung erwerben wollen. Angesichts der geringen Unterschiede zwischen den beiden Fahrzeugausstattungen ist dieser Sachvortrag der Klägerin nicht hinreichend substantiiert» Im einzelnen hätte dargelegt werden müssen, ob und ggfs. wie sich die 14 cm größere Fahrzeuglänge konkret auswirke (größerer Fahrgastraum, größerer Kofferraum, größere Frontpartie?).

Hinzukommt, wie oben dargelegt, daß die Klägerin beim Kauf nicht geäußert hat, daß es ihr darauf ankomme, die größere SEL-Version zu erwerben.

Der Senat kann auch nicht feststellen, daß die (geringen) Unterschiede zwischen SE- und SEL-Ausführung für den Kaufentschluß und die Festlegung des Kaufpreises für beide Vertragsparteien bestimmend gewesen seien. Wie bereits ausgeführt war nach der Schwacke-Liste der vereinbarte Kaufpreis auch für ein Fahrzeug der SE-Baureihe angemessen. Die Schwacke-Liste, die für den gewerblichen Verkauf maßgeblich ist, dient auch oft im privaten Direktverkauf als Anhalt für die Festlegung des Kaufpreises. Hinzu kommen dann aber noch wesentlich andere preisbestimmende Merkmale, wozu insbesondere eine etwaige Sonderausstattung, der Erhaltungs- und Pflegezustand sowie die TÜV-Abnahme zählen. Schon mit der Verkaufsanzeige hatte der Beklagte auf eine ganz umfangreiche Sonderausstattung des Fahrzeuges hingewiesen. Diese sowie den optischen Eindruck anläßlich der Besichtigung hält der Senat für ausschlaggebend bei der Preisbemessung, zumal -unstreitig- über die Unterschiede der SE- bzw. SEL-Ausstattung bei Kaufvertragsabschluß nicht gesprochen worden ist. Wenn es denn der Klägerin so entscheidend auf den Kauf einer SEL-Version angekommen wäre, hätte es nahegelegen, entweder die Daten im Kfz-Brief mit einer technischen Beschreibung der SEL-Version zu vergleichen oder das Fahrzeug beim Kauf nachzumessen oder auf eine ausdrücklichen Zusicherung im Kaufvertrag zu bestehen.

Nach alledem kann der Senat nicht feststellen, daß eine erhebliche Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit des gekauften Fahrzeuges im Vergleich zu einem Fahrzeug der SEL-Version vorliege. Die Klägerin hat keinen Wandelungsanspruch, dementsprechend ist auch das Feststellungsbegehren unbegründet. Auf die Berufung des Beklagten ist das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. l Satz l, 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

Streitwert und Beschwer der Klägerin: DM 20.000,-(DM 19.500,- Zahlungsbegehren, DM 500,- Feststellungsantrag).

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