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Schenkung in der Schwiegerfamilie: Wenn die Ehe scheitert, wer zahlt die Zeche?

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in einem bemerkenswerten Fall entschieden, der die finanziellen Verflechtungen innerhalb von Familien nach einer Scheidung betrifft. Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand die Frage, ob eine Schenkung von Schwiegereltern an ihren Schwiegersohn rückgängig gemacht werden kann, wenn die Ehe scheitert. Der Kläger wurde dazu verurteilt, an die Beklagte 44.096 € zu zahlen. Das Gericht musste die komplexe Thematik der Geschäftsgrundlage und der unentgeltlichen Zuwendungen in der Familie klären.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 U 55/22 >>>

Die Komplexität der unentgeltlichen Zuwendungen

Das Gericht stellte fest, dass Schenkungen von Schwiegereltern an Schwiegerkinder als „normale“ Schenkungen im Sinne des BGB zu betrachten sind. Diese unterliegen den gesetzlichen Regeln und können nicht einfach rückgängig gemacht werden. Die Beklagte argumentierte, dass die Schenkung unter der stillschweigenden Bedingung erfolgt sei, dass die Ehe Bestand haben würde. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass die lebenslange Ehedauer nicht als Geschäftsgrundlage für die Schenkung angesehen werden kann.

Geschäftsgrundlage und Erwartungen

Das Gericht ging auch auf den Begriff der Geschäftsgrundlage ein. Es wurde klargestellt, dass die Erwartung der Schwiegereltern, dass die Ehe Bestand haben würde, nicht automatisch als Geschäftsgrundlage für die Schenkung angesehen werden kann. Die Erwartung, dass die Schenkung dem eigenen Kind dauerhaft zugutekommen würde, ist nur dann berechtigt, wenn sie dazu bestimmt ist, das Vermögen des Empfängers dauerhaft zu erhöhen.

Besondere Umstände und Rückgewähranspruch

Das Gericht prüfte auch, ob besondere Umstände vorliegen, die eine Rückgewähr der Schenkung rechtfertigen würden. Es wurde festgestellt, dass keine solchen besonderen Umstände vorlagen. Das Gericht ging auch auf die Kriterien ein, die für dieBeurteilung des Rückgewähranspruchs relevant sind. Dazu gehören die Ehedauer, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Schwiegereltern und der früheren Ehegatten sowie der Umfang der durch die Schenkung bedingten Vermögensmehrung.

Ungeklärte Fragen und Rechtsprechung

Das Urteil zeigt, dass die Rechtsprechung in diesem Bereich nicht einheitlich ist. Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, unter welchen Voraussetzungen die Geschäftsgrundlage einer Schenkung der Fortbestand der Beziehung ist. Das Gericht wies darauf hin, dass die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die Geschäftsgrundlage einer Schenkung der Fortbestand der Beziehung ist, weiterhin ungeklärt ist.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg wirft ein Schlaglicht auf die komplexen finanziellen und rechtlichen Verflechtungen, die durch eine Scheidung aufgelöst werden müssen. Es zeigt, dass Schenkungen innerhalb der Familie nicht ohne Weiteres rückgängig gemacht werden können, selbst wenn die Ehe scheitert.

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Die Schenkung von Immobilien oder anderen Vermögenswerten durch Schwiegereltern an ihre Schwiegerkinder kann bei einer Scheidung zu komplizierten rechtlichen Fragen führen. Wer behält das Geschenk? Gibt es einen Anspruch auf Rückgabe oder Anpassung des Vertrags? Diese Fragen sind nicht nur emotional belastend, sondern auch juristisch anspruchsvoll. Als erfahrener Rechtsanwalt biete ich Ihnen eine fundierte Ersteinschätzung Ihrer individuellen Situation und begleite Sie durch den weiteren Beratungsprozess. Gemeinsam finden wir eine Lösung, die Ihren Interessen gerecht wird. Nehmen Sie jetzt Kontakt auf, um Klarheit in dieser heiklen Angelegenheit zu schaffen.

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Das vorliegende Urteil

OLG Brandenburg – Az.: 3 U 55/22 – Urteil vom 09.05.2023

1. Auf die Berufung der Beklagten und Widerklägerin wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 24.03.2022 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 44.096 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger 50 % und die Beklagte 50 %.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 40 % und die Beklagte 60 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

6. Wert des Berufungsverfahrens: 106.650 €

Gründe

I.

Der Kläger ist der ehemalige Schwiegersohn der Beklagten. Dieser war mit der Tochter der Beklagten seit 2003 verheiratet, im Jahr 2011 kam der gemeinsame Sohn zur Welt. Anfang des Jahres 2021 trennten sich die Eheleute voneinander, der Kläger zog im Juli 2021 aus der gemeinsamen Wohnung aus. Im Jahr 2022 wurden die Eheleute geschieden.

Beide Parteien erwarben mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 06.09.2011 von dem Ehepaar („Name 01“) das Hausgrundstück („Straße 01“) in („Ort 01“). Der Kaufpreis in Höhe von 95.000 € wurde von der Beklagten alleine gezahlt. Er wurde in Höhe von 93.000 € über ein Darlehen finanziert, das die Beklagte alleine aufgenommen hat. Sie zahlt bis heute die Darlehensraten alleine. Daneben trug sie auch die Vertragsnebenkosten in Höhe von insgesamt 15.340 €. Als Miteigentümer wurden die Parteien zu je 1/2 eingetragen. Die Beklagte und die Familie des Klägers bewohnten das Haus bis zum Auszug des Klägers im Juli 2021 gemeinsam, wobei die Beklagte zwei Zimmer im Erdgeschoss alleine und der Kläger und seine Familie das Obergeschoss alleine nutzten. Die weiteren Räume (Bad, Küche, Flur, Wintergarten, Terrasse) wurden gemeinsam genutzt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.08.2021 erklärte die Beklagte die Kündigung der Schenkung des hälftigen Hausgrundstückes und verlangte die Übertragung dieses Teiles. Der Kläger begehrte seinerseits die Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung von der Beklagten ab Oktober 2021.

Die Klage auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung hat der Kläger erstinstanzlich vor Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Die Beklagte hat widerklagend die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils am Hausgrundstück, Zug um Zug gegen Zahlung von 28.350 €, hilfsweise die Zahlung von 106.650 € geltend gemacht.

Sie hat vorgetragen, sie allein habe den Erwerb finanziert und Instandhaltungskosten in Höhe von ca. 22.400 €, insbesondere für die Badsanierung, die Mauerwerkstrockenlegung und den Einbau eines Kaminofens getragen. Sie habe das Objekt gekauft, um der aufgrund der Zerstörung ihres damaligen Hauses durch Hochwasser mittellosen Familie ihrer Tochter einen Neuanfang zu ermöglichen. Sie sei davon ausgegangen, dass ihre Tochter automatisch Miteigentümerin werde, da sie mit dem Kläger verheiratet gewesen sei. Ihre Zuwendung sei mit der Erwartung verbunden gewesen, dass die Ehe ihrer Tochter mit dem Kläger lebenslang Bestand haben werde.

Der Wert der Immobilie sei mit 270.000 € anzusetzen. Die Hälfte hiervon betrage 135.000 €. Hiervon abzusetzen sei der Betrag dafür, dass die Schenkung über einen Zeitraum von ca. 10 Jahren ihren Zweck erfüllt habe. Nach der Methode „Wever“ ergebe sich, dass die Schenkung zu einem Prozentsatz von 21 % ihren Zweck erfüllt habe. Daraus errechne sich die im Widerklageantrag errechnete Zug- um Zug-Leistung bzw. die hilfsweise geltend gemachte Summe.

Der Kläger hat eingewendet, dass es sich nicht um eine sogenannte „Schwiegerelternschenkung“ gehandelt habe. Die Parteien hätten vereinbart, dass der Kläger im Gegenzug zur Finanzierung sämtliche verbrauchsabhängigen und -unabhängigen Kosten der gesamten Familie allein trage. Er habe hierfür monatlich insgesamt 520,18 € gezahlt. Zudem habe er an die Beklagte bis zu deren Eintritt ins Rentenalter Ende 2018 monatlich 100 bis 200 € gezahlt, da diese während ihrer Berufstätigkeit eine Zweitwohnung habe halten müssen. Er habe bis zum Auszug eine Gegenleistung in Höhe von mindestens 24.350 € dafür erbracht, dass die Beklagte die Finanzierungsraten für die Immobilie in Höhe von ca. 600 € monatlich allein übernommen habe.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.03.2022 abgewiesen.

Zur Begründung hat es – unter Anwendung der Grundsätze aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18.06.2019, X ZR 107/16 – im Wesentlichen darauf abgestellt, dass – obwohl davon auszugehen sei, dass es sich bei dem dem Kläger übertragenen Miteigentumsanteil jedenfalls teilweise um eine Schenkung der Beklagten handele, eine Rückforderung nicht in Betracht komme. Zwar könne die Geschäftsgrundlage einer solchen Schenkung nachträglich entfallen, so dass sich ein Anspruch der Schenkerin auf Vertragsanpassung oder ein Recht auf Rücktritt und Herausgabe des geschenkten Gegenstandes ergeben könne. Es könne hier aber nicht festgestellt werden, dass die lebenslange Ehedauer die Geschäftsgrundlage der Schenkung darstelle. Dies entspreche angesichts der durchschnittlichen Ehedauer von 14,8 Jahren nicht der allgemeinen Lebenserfahrung. Auch aus den weiteren Umständen, etwa dass die Ehefrau des Klägers nicht berücksichtigt worden sei und die Beklagte das Haus auch für sich selbst erworben habe, ergebe sich gerade nicht, dass die Zuwendung an den Schwiegersohn nur für die Dauer der Ehe habe erfolgen sollen, vielmehr liege der Schluss nahe, den vom Kläger erworbenen Anteil aus dem Vermögen der Beklagten für die Zukunft auf Dauer zu entfernen. Darüber hinaus habe die Ehe nach dem Kauf noch für ca. 10 Jahre bestanden, so dass sich die Vorstellung einer noch länger bestehenden Ehe verwirklicht habe.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, es habe sich um eine Schenkung an den Kläger gehandelt, eine Gegenleistung sei nicht vereinbart worden, der Anteil des Klägers an den laufenden Kosten sei nicht als Gegenleistung zu qualifizieren und davon unabhängig. Die ergebe sich bereits daraus, dass sämtliche Zahlungen des Klägers mit dessen Auszug eingestellt worden seien.

Aus den Umständen des Hauskaufs ergebe sich, dass es ihr darum gegangen sei, die Familie ihrer Tochter zu unterstützen. Hierbei sei sie zu jedem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass die Ehe dauerhaft halten werde. Anzeichen für das Gegenteil habe es nicht gegeben. Sie sei davon ausgegangen, dass das Haus „in der Familie“ bleibe, unabhängig davon, wer als Eigentümer eingetragen sei.

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Es sei für sie nicht zumutbar, an der Schenkung festzuhalten. Der Schenkungszweck habe sich auch noch nicht erfüllt, selbst wenn seit der Schenkung 10 Jahre vergangen seien, bis es zur Trennung gekommen sei. Eine feste zeitliche Obergrenze gebe es nicht. Allenfalls könne eine gewisse „Abschreibung“ vorgenommen werden.

Die Beklagte beantragt,

1. den Kläger und Berufungsbeklagten unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen, seine ideelle Hälfte am Hausgrundstück („Straße 01“) in („Ort 01“), eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Zossen für („Ort 02“), Blatt …, Flurstück … der Flur … an sie zu übertragen, Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages von 28.350 €,

2. hilfsweise, den Kläger und Berufungsbeklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag von 106.650 € zu zahlen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er beruft sich weiterhin darauf, dass Ansprüche der Beklagten bereits deshalb scheiterten, weil keine unentgeltliche Zuwendung vorliege. Der Beklagte habe monatlich im Gegenzug ganz wesentliche Zahlungen in Höhe von 520,18 € übernommen, die fast den monatlichen Raten des von der Klägerin übernommenen Darlehens entsprochen hätten. Diese seien sowohl seiner damaligen Ehefrau als auch der Beklagten zugutegekommen.

Eine Schenkungsvereinbarung habe es nicht gegeben. Eine solche sei von der Beklagten auch nicht hinreichend vorgetragen worden. Es liege auch keine teilweise Schenkung vor, da die Finanzierungskosten der Beklagten nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den vom Kläger übernommenen monatlichen Kosten stünden. Zudem habe er von 2012 bis 2018 monatlich an die Beklagte jeweils 100 € zusätzlich als Unterstützung und Ausgleich gezahlt.

Da die Immobilie nach dem Kauf mehr als 10 Jahre gemeinsam genutzt worden sei, komme eine Anpassung, wie sich aus der Entscheidung des BGH vom 18.06.2019 (X ZR 107/16) ergebe, ohnehin nicht mehr in Betracht. Letztlich sei der Beklagten ein Festhalten am Vertrag auch zuzumuten, da sie weiterhin mit ihrer Tochter das Haus bewohne.

Der Grund dafür, dass er selbst als Miteigentümer eingetragen worden sei und nicht die Tochter der Beklagten liege darin, dass die Beklagte ihre zweite Tochter, zu der sie keinen Kontakt gehabt habe, habe benachteiligen wollen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 511 ff ZPO zulässige Berufung der Beklagten und Widerklägerin hat teilweise Erfolg.

Zwar kann die Beklagte vom Kläger nicht die Rückübertragung des Miteigentumsanteils auf sie verlangen, so dass ihr Hauptantrag unbegründet ist. Sie hat aber nach § 313 BGB einen Ausgleichsanspruch gegen den Kläger in der tenorierten Höhe, so dass sie mit ihrem Hilfsantrag teilweise durchdringt.

Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 313 BGB liegen vor.

1.Unentgeltliche Zuwendungen von Eltern bzw. Schwiegereltern sind rechtlich als „normale“ Schenkungen im Sinne der §§ 516 ff. BGB anzusehen, die den entsprechenden gesetzlichen Regeln unterfallen, da es anders als bei unbenannten Zuwendungen unter Ehegatten im Falle schwiegerelterlicher Zuwendungen nicht an einer mit der Zuwendung einhergehenden dauerhaften Vermögensminderung beim Zuwendenden fehlt (grundlegend hierzu BGH, Urteil vom 03.02.2010, XII ZR 189/06, NJW 2010, 2202, Rn 21 ff; BGH, Urteil vom 21.07.2020, XII ZR 180/09, NJW 2010, 2884,  Rn 11 ff, MüKoBGB/ Koch BGB, 9. Aufl. 2023, § 516 Rn. 79 m.w.N.).

2.

Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB sind die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut. Im Falle von Schenkungen der Schwiegereltern an beide Ehegatten kann unter diesen Umständen die Vorstellung der Eltern, die eheliche Lebensgemeinschaft des von ihnen beschenkten Schwiegerkindes mit ihrem Kind werde Bestand haben und demgemäß die Schenkung dem eigenen Kind dauerhaft zugute kommen, in diesem Sinne Geschäftsgrundlage der Schenkung werden. In diesem Fall bestimmt sich bei Scheitern der Ehe eine Rückabwicklung der Schenkung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (BGH, Urteil vom 03.02.2010, XII ZR 189/06, NJW 2010, 2202, Rn 25 ff; BGH, Urteil vom 21.07.2020, XII ZR 180/09, NJW 2010, 2884, Rn 13 ff).

Die mit einer Zuwendung verbundene Erwartung, die Schenkung werde dem eigenen Kind dauerhaft zugutekommen, ist nur berechtigt, wenn diese entweder gegenständlich oder jedenfalls mit ihrem Gegenwert dazu bestimmt ist, das (Aktiv)vermögen des Empfängers dauerhaft zu erhöhen. Nur dann können Schwiegereltern erwarten, dass ihr Kind von der Zuwendung dauerhaft profitiert. Wenden die Schwiegereltern dem Schwiegerkind dagegen Beträge zur Bestreitung laufender Kosten, insbesondere des täglichen Konsums zu, so bleibt dafür kein nutzbarer Vermögenswert (BGH, Beschluss vom 26.11.2014, XII ZB 666/13, Rn 31).

3.

Dies zugrunde gelegt, liegen die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch nach § 313 BGB vor.

Die Beklagte hat dem Kläger unentgeltlich den Miteigentumsanteil am Grundstück zugewendet.

a)

Zuwendungsgegenstand ist zum Einen der Miteigentumsanteil am Grundstück, selbst wenn dem Kläger dieser nicht unmittelbar von der Beklagten verschafft wurde, sondern er diesen aufgrund des notariellen Kaufvertrages vom 06.09.2011 von den Verkäufern übertragen bekommen hat.

aa)

Nach dem notariellen Kaufvertrag vom 06.09.2011 sind beide Parteien Käufer des Hausgrundstückes, d.h. beide waren als Gesamtschuldner gegenüber den Verkäufern zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet, ebenso zur Zahlung der Notarkosten, der Eintragungskosten und der Grunderwerbssteuer. Den Kaufpreis und die Nebenkosten hat allein, so war es zwischen den Parteien unstreitig vereinbart, die Beklagte gezahlt, der Darlehensvertrag mit der Bank, den sie alleine abgeschlossen hat, war bereits am 02.09.2011 geschlossen worden.

Durch die Zahlung des Kaufpreises hat sie den Kläger von seiner (gesamtschuldnerisch mit der Beklagten bestehenden) Verbindlichkeit gegenüber den Verkäufern befreit und durch die entsprechende Abrede, dass sie den Kaufpreis alleine zahlt, auf ihren Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB verzichtet. Formal betrachtet war Gegenstand der Zuwendung damit der – formlos mögliche – Erlass des Ausgleichsanspruches aus § 426 Abs. 1 BGB, der auch schenkweise erfolgen kann.

bb)

Dennoch ist hier davon ausgehen, dass Gegenstand der Schenkung der Miteigentumsanteil am Grundstück war.

Der geschenkte Gegenstand muss nicht zwingend wesensgleich mit den aus dem Vermögen des Schenkenden geflossenen Mitteln sein. Wenn der Schenker einen Geldbetrag zur Beschaffung eines bestimmten Grundstücks zur Verfügung stellt, können sowohl Besitz und Eigentum am Geld als auch das Grundstück Gegenstände der Zuwendung sein. Wichtig ist dies etwa für die Frage, was Gegenstand des Schenkungswiderrufs, was also das „Geschenkte“ ist oder was der Anfechtungsgegner im Falle der Insolvenzanfechtung an den Insolvenzverwalter gem. §§ 134, 142 InsO zurückzugewähren hat. Fordert man in solchen Fällen, dass der Gegenstand der Zuwendung im Vermögen des Schenkers gewesen sein muss, scheidet das erworbene Grundstück als Gegenstand der Schenkung aus. Allerdings enthält § 516 Abs. 1 BGB schon dem Wortlaut nach keine derartige Einschränkung zur Zulässigkeit solcher sog. mittelbarer Schenkungen. Die Norm verlangt nur, dass eine Zuwendung „aus dem Vermögen“ des Schenkers zu einer Bereicherung beim Beschenkten führt. Daraus folgt nicht, dass der zunächst überlassene Vermögensgegenstand und der endgültige Zuwendungsgegenstand identisch sein müssen. Das widerspräche auch den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs und den Geboten der Wirtschaftlichkeit. Daher genügt es in allen Fällen mittelbarer Schenkungen, wenn eine hinreichend enge Kausalbeziehung zwischen dem Zuwendungsgegenstand und dem Vermögensgegenstand besteht. Sie ist zu bejahen, wenn der Beschenkte den Zuwendungsgegenstand auf Kosten des Vermögens des Schenkers erhalten hat. Was Zuwendungsgegenstand sein soll, hängt vom Parteiwillen ab. Wurde das Geld zur freien Disposition überlassen, ist von einer Schenkung des Geldes selbst auszugehen, weil der Schenker in der Verfügung frei ist. Anders ist zu entscheiden, wenn der Beschenkte in der Verfügung über das Geld beschränkt ist, weil nur ein bestimmter Gegenstand angeschafft werden darf. In jedem Fall muss der Wille der Parteien anhand allgemeiner Auslegungsregeln ermittelt werden (Staudinger/Chiusi (2021) BGB § 516, Rn 13 m.w.N.; MünchKomm/Koch, BGB 9. Aufl. 2013, § 516 Rn 9; Soergel/Eckert § 516 Rn 12; BeckOK/Gehrlein § 516 Rn 4).

Hier hat die Beklagte dem Kläger kein Geld zur Verfügung gestellt, um diesem bei dem Erwerb eines frei auswählbaren Grundstücks zu unterstützen, sondern die Parteien haben gemeinsam ein – auch von der Beklagten mit ausgesuchtes – Grundstück erworben, das alleine von der Beklagten finanziert worden ist. Die Zuwendung war geknüpft an den Erwerb gerade dieses Grundstückes. Dass der Kläger den Miteigentumsanteil erhalten hat, ohne hierfür etwas bezahlen zu müssen, beruht allein auf der Abrede der Parteien, das Grundstück gemeinsam zu kaufen und jeweils zur Hälfte Miteigentümer zu werden. Gleichzeitig haben sie intern vereinbart, dass die Beklagte den Kaufpreis alleine trägt. Damit sind die Voraussetzungen für eine mittelbare Schenkung des Miteigentumsanteils gegeben (vgl. OLG Hamm; Urteil vom 04.07.2000, 34 U 61/00; BFH, Urteil vom 18.09.2007, IX R 38/06; BFH, Urteil vom 10.11.2004 – II R 44/02).

b)

Es liegt auch Unentgeltlichkeit vor. Für den Miteigentumsanteil hat der Kläger keine Gegenleistung erbracht.

Selbst wenn man berücksichtigt, dass er die laufenden verbrauchsabhängigen und -unabhängigen Kosten für das gesamte Objekt übernommen hat und zeitweilig jedenfalls 100 € monatlich an die Beklagte überwiesen hat – zugestanden sind von der Beklagten Zahlungen in Höhe von insgesamt 6.850 €, Bl. 39 – ist darin keine Gegenleistung für die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils zu sehen.

Entscheidend für die Frage, ob eine den unentgeltlichen Charakter der Zuwendung ausschließende Verknüpfung mit einer Gegenleistungspflicht besteht, ist, dass die beiden Leistungen nach dem Willen der Vertragsparteien in einem inneren rechtlichen Zusammenhang zueinander stehen. Das kann nicht festgestellt werden.

Die Beklagte hat dem Kläger den Miteigentumsanteil an dem Grundstück zukommen lassen, ohne dass sie dafür eine Gegenleistung erhalten hat. Sie hat den Kaufpreis bis auf einen Anteil von 2.000 € voll finanziert und hierfür ein Annuitätendarlehen mit einem Zinssatz von 3,889 % und einer monatlichen Ratenzahlung von 600 € (jährlich 7.200 €) aufgenommen, wie sich dem zur Akte gereichten Darlehensvertrag entnehmen lässt. Daraus ergibt sich überschlägig, dass sie während der 10-jährigen Zinsbindung jährlich ca. zwischen 3.552,21 € und 2.026,41 € an Zinsen für das Darlehen aufgewendet hat, insgesamt also ca. 28.287,21 € (vgl. Berechnung des Zins- und Tilgungsanteils unter Berücksichtigung der Kenndaten des Darlehensvertrages unter www.zinsen-berechnen.de).

Allenfalls diesen Zinszahlungen, die für die Begleichung der Darlehenskosten verwendet wurden und die – einer gezahlten Wohnungsmiete vergleichbar – zur Befriedigung des Wohnbedarfs der Beklagten und des Klägers und seiner Familie, mithin also zur Bestreitung des Lebensunterhalts dienten (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 26.11.2014, XII ZB 666/13, Rn 31), könnten die vom Kläger aufgebrachten Verbrauchskosten und die weiteren Zahlungen an die Beklagte, die er für den Zeitraum bis zu seinem Auszug mit insgesamt 24.350 beziffert, gegenübergestellt werden. Diese Kosten stellten seinen Anteil an der Befriedigung des Wohnbedarfs dar und dienten damit ebenfalls zur Bestreitung des Lebensunterhaltes. Eine Gegenleistung zu der – für den Kläger mit keinen weiteren Zahlungen oder Kosten verbundenen – Zuwendung des Grundstücksanteils, ist darin nicht zu sehen. Die Vermögensbildung erfolgte durch den Anteil an den monatlichen Raten, der zur Tilgung des Darlehens aufgebracht wurde. Eine Beteiligung des Klägers auch an diesem Anteil ist nicht ersichtlich.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte neben der Übernahme des kompletten Kaufpreises und der alleinigen Aufnahme und Bedienung des Darlehens auch erhebliche Investitionen in das Grundstück getätigt hat. Vor allem die Badsanierung ist gleichermaßen ihr und dem Kläger und seiner Familie zugute gekommen. Dass er davon nicht profitiert haben will, ist angesichts des Umstandes, dass es nur ein Badezimmer gibt, nicht nachvollziehbar. Hat aber die Beklagte neben der Übernahme des Kaufpreises auch Investitionen größeren Ausmaßes finanziert, der Kläger dagegen im Wesentlichen (nur) die Verbrauchskosten übernommen, lässt sich allein aus der Übernahme dieser Kosten kein innerer rechtlicher Zusammenhang mit der Zuwendung des hälftigen Miteigentumsanteils an den Kläger herstellen. Dagegen spricht letztlich auch, dass der Kläger sich zur Zahlung dieser Kosten selbst nur solange verpflichtet gesehen hat, wie er selbst im Haus gewohnt hat. Auch daraus ergibt sich, dass er selbst nicht von einer Verknüpfung zwischen der Übernahme der Verbrauchskosten und der Zuwendung des hälftigen Miteigentumsanteils ausgegangen ist. Ansonsten müsste er diese Kosten weiterhin übernehmen, bis das Darlehen zurückgezahlt ist. Von einer solchen Verpflichtung geht er selbst ersichtlich nicht aus.

c)

Darüber hinaus ist Zuwendungsgegenstand die Hälfte der Vertragsnebenkosten (Maklergebühren, Notar- und Grundbuchkosten, Grunderwerbssteuer) in Höhe von insgesamt unstreitig 15.240 € bzw. der Verzicht auf den Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB. Kläger und Beklagte waren gesamtschuldnerisch zur Tragung dieser Kosten verpflichtet. Auch diese Kosten hat die Beklagte alleine übernommen und vom Kläger keinen Ausgleich verlangt, so dass dem Kläger weitere 7.620 € unentgeltlich zugewendet wurden.

d)

Die Zuwendung beruhte auf der Erwartung der Beklagten, die eheliche Lebensgemeinschaft des von ihr beschenkten Klägers mit ihrer Tochter werde Bestand haben und demgemäß die Schenkung dem eigenen Kind dauerhaft zugute kommen.

aa)

Die Zuwendung erfolgte an den Kläger zu einem Zeitpunkt, als dieser und die Tochter der Beklagten ihre Unterkunft aufgrund eines Hochwassers gerade verloren hatten, sie selbst aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse nicht in der Lage waren, den Kauf einer Immobilie zu finanzieren und kurz zuvor der gemeinsame Sohn geboren worden war. Der Kläger und die Tochter der Beklagten waren zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Jahre verheiratet. Dass die Beklagte in dieser Situation das Haus gemeinsam mit dem Kläger gekauft hat und dieser Miteigentümer wurde, sie aber den Kaufpreis alleine übernommen hat, lässt sich nur damit plausibel erklären, dass sie damit die Ehe ihrer Tochter unterstützen und der Familie eine Unterkunft und Wohneigentum verschaffen wollte, ohne diese mit erheblichen Kosten zu belasten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sie dies unabhängig vom Fortbestand der Ehe des Klägers mit ihrer Tochter getan hat. Bei lebensnaher Betrachtungsweise ist davon auszugehen, dass die Beklagte die Übertragung des Miteigentums und die damit verbundene Schaffung von Wohnraum als eine Aufbauhilfe ansah, die gerade dazu bestimmt war, das dauerhafte Ehe- und Familienleben zu unterstützen (vgl. OLG Koblenz Urteil vom 31.03.2021, 13 UF 698/20, Rn 38). Dies hat die Beklagte in ihrer mündlichen Anhörung vor dem Senat auch so geschildert.

Soweit der Kläger meint, die Motivation der Beklagten für diese Vorgehensweise habe darin gelegen, ihre zweite Tochter zu benachteiligen und dieser Pflichtteilsansprüche zu entziehen, ist dies weder konkret dargelegt noch plausibel. Hätte die Beklagte das Haus nicht mit dem Kläger, sondern gemeinsam mit ihrer Tochter gekauft und wäre diese Miteigentümerin geworden, hätte sich an der Höhe des Pflichtteils der zweiten Tochter grundsätzlich nichts geändert.

bb)

Der Senat sieht – ebenso wie das OLG Koblenz (Urteil vom 31.03.2021, 13 UF 698/20, Rn 39) – auch in statistischen Erkenntnissen über die durchschnittliche Dauer von Ehen in der heutigen Zeit keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung. Jedenfalls für Schenkungen an den mit dem eigenen Kind verheirateten Partner teilt er insbesondere nicht die Auffassung des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 18.06.2019 (X ZR 107/16) betreffend eine nichteheliche Lebensgemeinschaft, auf die das Landgericht seine Entscheidung gestützt hat. Danach kommt ein Anspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, den auch der X. Senat nicht grundsätzlich in Frage stellt, grundsätzlich – abgesehen vom Vorliegen besonderer Umstände – nur (noch) dann in Frage, wenn die Beziehung (wie im zu entscheidenden Fall) nur von kurzer Dauer war. Als Begründung führt der X. Zivilsenat an, dass regelmäßig – abgesehen vom Vorliegen besonderer Umstände – die Geschäftsgrundlage nur der Fortbestand der Beziehung für „mehr als kurze Dauer“ sei, nicht aber die dauerhafte Beziehung und damit die dauerhafte gemeinsame Nutzung. Die Annahme, dass der Geschäftswille des Schenkers auf der Vorstellung von einer bestimmten, oder gar lebenslangen Dauer der Beziehung aufbaue, entspreche nicht der Lebenserfahrung. Jeder Schenker müsse – angesichts der durchschnittlichen Ehedauer von ca. 15 Jahren, damit rechnen, dass die Ehe seines Kindes oder die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht lebenslang bestehen werde (so auch OLG Oldenburg, 11 UF 100/20, Beschluss vom 14.10.2020; offen gelassen von OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.10.2021, 6 UF 67/20).

cc)

Der Senat folgt vielmehr der Ansicht des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, der eine feste zeitliche Grenze, bei deren Erreichung man davon ausgehen könnte, die vorgestellte Zeitdauer der Nutzung des Zugewendeten und damit der Zweck der Nutzung sei erreicht, mit der Folge, dass ein Ausgleichsanspruch ausscheide, ablehnt. Die Schwiegereltern verbinden mit der Zuwendung im Regelfall gerade nicht die Erwartung einer vieljährigen, sondern vielmehr die einer dauerhaften Ehe. Der Annahme, dass Schwiegereltern von vorneherein die Vorstellung hätten, dass ihr Kind lediglich für eine begrenzte Dauer von der Zuwendung profitieren, fehlt ohne Vorliegen entsprechender konkreter Anhaltspunkte die Grundlage (BGH, XII ZB 666/13, Beschluss vom 26.11.2014, Rn 28). Statistische Erkenntnisse lassen auf die konkrete Erwartungshaltung der Schwiegereltern keine Rückschlüsse zu. Gerade die Eingehung einer Ehe wird ungeachtet aller statischen Erkenntnisse regelmäßig von den Eheschließenden und deren Eltern mit der Erwartung verbunden, dass diese auf Lebenszeit halten werde, sofern nicht ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände Anlass zu Zweifeln an der Dauerhaftigkeit der Verbindung bestehen (OLG Koblenz a.a.O.; Herr, „Schwiegerelternschenkungen: die Halbwertszeit der Ausgleichsansprüche – zwischen Freispruch und lebenslänglich“, FF 2021, 276 ff; vgl. auch Wever: „Die Entwicklung der Rechtsprechung zur Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, FamRZ 2020, 885 ff; Wever in FamRZ 2019, 1599;  Staudinger/Chiusi, BGB (2021) § 516, Rn 145 ff).

e)

Die für den Kläger erkennbare Geschäftsgrundlage „Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft“ geriet mit dem Scheitern der Ehe Anfang 2021 in Wegfall, als sich der Kläger und die Tochter der Beklagten trennten.

Damit endete entgegen der Erwartung der Beklagten die mit dem Erwerb des Miteigentumsanteils durch den Kläger verbundene Begünstigung ihrer Tochter vorzeitig.

Zwar leben die Beklagte und ihre Tochter weiterhin in der Immobilie. Rückforderungsansprüche von Schwiegereltern können aber nicht allein deswegen verneint werden (BGH, Beschluss vom 26.11.2014, XII ZB 666/13, Rn 21). Der Tochter der Beklagten kommt dennoch der Vermögensvorteil in Gestalt des Miteigentums des Klägers an der Immobilie nur noch eingeschränkt zugute. Dies wird gerade hier dadurch besonders augenfällig, dass der Kläger nach der Scheidung von der Tochter der Beklagten mittlerweile von dieser die Räumung des Objektes verlangt und diese alternativ zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung aufgefordert hat. Auch ist die dauerhafte Nutzungsmöglichkeit dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger bereits angekündigt hat, dass ein Verkauf des Objektes zur Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft angestrebt werde.

4.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Anpassung des Schenkungsvertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB liegen vor.

a)

Gemäß § 313 Abs. 1 2. Hs BGB bedarf es für den Rückgewähranspruch an die Schenkenden der weiteren – normativen – Voraussetzung, dass dem Zuwendenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Diese Unzumutbarkeit ist neben der Frage des Fortbestandes der Ehe als Geschäftsgrundlage zusätzlich und gesondert festzustellen (BGH, Beschluss vom 26.11.2014, XII ZB 666/13, Rn 24) und gebietet insoweit eine umfassende Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände (vgl. hierzu ausführlich MüKoBGB/Schwab § 812 Rn. 516). Maßgebliche Kriterien hierfür sind die Ehedauer, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Schwiegereltern und der früheren Ehegatten, der Umfang der durch die Schenkung bedingten und beim Schwiegerkind noch vorhandenen Vermögensmehrung sowie die mit der Schenkung verbundene Erwartung des Zuwendenden hinsichtlich seiner Versorgung im Alter. In Betracht kommt auch eine nur anteilige Rückgewähr (Staudinger/Chiusi, BGB (2021), § 516, Rn 146).

b)

Gemessen an diesen Kriterien ist der Beklagten ein Festhalten an der Schenkung unzumutbar.

Bei der Abwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der hälftige Miteigentumsanteil als im Zeitpunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage fortbestehende Vermögensmehrung des Klägers zu verzeichnen ist. Ein Wertverlust ist nicht eingetreten. Dass der Grundstückswert vielmehr zwischenzeitlich sogar gestiegen ist, steht nicht in Frage, nur die Höhe des Wertzuwachses ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte ist dagegen weiterhin alleine mit den der Finanzierung des Objekts dienenden Darlehensverbindlichkeiten belastet und muss zudem – was der Kläger bereits angekündigt hat – befürchten, dass er die Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft betreibt und sie aus der Immobilie ausziehen muss, obwohl sie diese alleine finanziert hat und (auch) ihr dauerhaft als Wohnraum dienen sollte. Diese Diskrepanz macht das weitere Festhalten der Beklagten am unveränderten Vertrag unzumutbar. Die beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse stehen der Annahme einer Unzumutbarkeit nicht entgegen. Die Beklagte ist Rentnerin; dass sie über Vermögenswerte verfügt, gegenüber denen sich die Zuwendung an den Kläger als nicht erheblich darstellten, ist weder dargetan noch ersichtlich.

Auch der Umstand, dass die Ehe der Tochter der Beklagten und des Klägers noch 10 Jahre nach der Zuwendung andauerte, steht der Unzumutbarkeit nicht grundsätzlich entgegen. Dem ist bei der Bestimmung des Umfangs der Vertragsanpassung Rechnung zu tragen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 3.12.2014, XII ZB 181/13).

c)

Die nach § 313 BGB vorzunehmende Anpassung des Vertrages führt allerdings nicht dazu, dass der Kläger der Beklagten den Miteigentumsanteil Zug um Zug gegen eine Ausgleichszahlung zurückgewähren muss.

Bei Zuwendungen von Schwiegereltern kommt eine aufgrund der Störung der Geschäftsgrundlage vorzunehmende Vertragsanpassung nur in seltenen Fällen dazu, dass der zugewendete Gegenstand zurückzugewähren ist. In der Regel kann nur ein Ausgleich in Geld verlangt werden, dessen Höhe sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Soweit die Ehe Bestand gehabt hat, ist der Zweck der Zuwendung nämlich jedenfalls teilweise erreicht, so dass das Zugewendete nicht voll zurückgegeben werden muss. Ausnahmen sind denkbar, wenn nur die Rückgewähr geeignet erscheint, einen untragbaren, mit Treu und Glauben nicht vereinbaren Zustand zu vermeiden. Auch bei unteilbaren Gegenständen, wie etwa Hausgrundstücken kommt dies aber nur dann in Betracht, wenn zusätzliche Umstände hinzutreten, etwa bei der Gefährdung eines Wohnrechts und der Altersversorgung oder wenn die im Grundstücksübereignungsvertrag übernommene Pflegeverpflichtung wegen eines tiefen Zerwürfnisses nicht mehr erbracht werden kann (BGH, Beschluss vom 3.12.2014, XII ZB 181/13, Rn 25).

Solche besonderen Umstände liegen hier nicht vor. Weder ist ein Wohnrecht gefährdet, noch lässt sich feststellen, dass die Altersversorgung der Beklagten gefährdet ist, wenn ihr der Miteigentumsanteil nicht übertragen wird. Allein der Umstand, dass sie selbst das Haus dauerhaft – gemeinsam mit der Familie ihrer Tochter – bewohnen wollte, reicht ebenfalls nicht aus. Im Falle eines Verkaufs des Hauses und Auflösung der Miteigentümergemeinschaft müsste sie zwar ihre Wohnung verlassen. Sie würde aufgrund der Wertsteigerung bei einem Verkauf des Hauses – auch bei Ablösung des Darlehens – aber noch eine erhebliche Summe erhalten.

d)

Die Beklagte kann aber nach § 313 BGB einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, dessen Höhe sich ebenfalls nach den Umständen des Einzelfalls richtet (BGH, Beschluss vom 3.12.2014, XII ZB 181/13, Rn 25).

aa)

Ausgangspunkt für die Bemessung der Höhe des Ausgleichsanspruchs ist der Wert der Zuwendung im Zeitpunkt der Zuwendung. Etwaige Wertsteigerungen der Zuwendung – hier des Grundstücks – sind nicht zu berücksichtigen; diese kommen dem Zuwendungsempfänger zugute (BGH, Urteil vom 07.09.2005, XII ZR 316/02; Wever, „Die ehebezogenen Zuwendungen in der Vermögensauseinandersetzung“ FamRZ 2021, 329ff., 336; Wever/Röter in Bergschneider, Familienvermögensrecht, 5. Abschnitt, Ziffer 5.4.12. ff.; Henke/Keßler, NZFam 2014, 307; MüKo BGB/Koch, 9. Aufl. 2023, § 526, Rn 80).

Der Wert des Miteigentumsanteils betrug 47.500 €. Dies entspricht dem von den Parteien gezahlten Kaufpreis. Dass dieser nicht dem damaligen Verkehrswert entsprach, ist von keiner der Parteien vorgetragen worden. Die Beklagte hat selbst in ihrem Schreiben vom 28.06.2021 (Anlage 11, Blatt 92) den Grundstückswert zum Zeitpunkt des Kaufs mit 95.000 € beziffert.

Dazu kommt eine Zuwendung in Höhe von 7.620 € aufgrund der Übernahme der kompletten Vertragsnebenkosten durch die Beklagte.

bb)

Von dieser Zuwendung in Höhe von insgesamt 55.120 € ist ein Abschlag zu machen, da als Kriterium für die Bemessung der Höhe des Ausgleichs einzubeziehen ist, dass sich die Erwartung der Beklagten, dass ihre Tochter von der Zuwendung an den Kläger profitiert, sich jedenfalls für ca. 10 Jahre verwirklicht hat, da sie die zur Hälfte im Miteigentum des Klägers stehende Immobilie über diesen Zeitraum gemeinsam mit diesem genutzt hat. Dies führt, wie oben dargelegt, zwar nicht dazu, dass ein Ausgleich gar nicht mehr in Betracht kommt, ist allerdings durch einen angemessenen Abschlag zu berücksichtigen.

cc)

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat zwar in seinem Urteil vom 18.06.2019 (X ZR 107/16) eine quotenmäßige Berechnung eines Rückzahlungsbetrages abgelehnt, da dieser den Anforderungen des § 313 BGB nicht gerecht werde. Eine Entscheidung des XII. Zivilsenats zu dieser Frage steht noch aus, der XII. Zivilsenat hat bislang nur eine feste zeitliche Obergrenze abgelehnt (BGH, Beschluss vom 26.11.2014, XII ZB 666/13, Rn 28).

Der Senat hält es dennoch insoweit für angemessen, bei der Ermittlung des Ausgleichsbetrages die von Wever (FamRZ 2016, 857) entwickelte, als lineare Abschreibung bezeichnete Methode zur Hilfe zu nehmen und sich an dieser zu orientieren. Diese lässt es zu, die bereits verwirklichte Erwartung des Zuwendenden in angemessener Weise zu berücksichtigen und ist gleichzeitig für weitere Abwägungstatsachen jeglicher Art offen (Herr, Nebengüterrecht 2021, FF 2022, 184 ff;  OLG Brandenburg, Urteil vom 26.10.2016, 4 U 159/15, OLG Bremen, FamRZ 2106, 504). Es handelt sich damit gerade nicht um eine rein quotenmäßige Berechnung des Rückzahlungsanspruches. Der Abschlag für die Zweckerreichung betrifft nur einen der verschiedenen Aspekte, die für die Bemessung des Rückgewähranspruchs von Bedeutung sein können, er liefert nicht etwa stets das abschließende Ergebnis (Wever, „Die ehebezogenen Zuwendungen in der Vermögensauseinandersetzung“ FamRZ 2021, 329ff, 335).

Der Senat bemisst die teilweise Zweckerreichung infolge der Nutzung der durch die Schenkung erfolgten Vermögensmehrung durch das eigene Kind danach nach dem Verhältnis der Dauer von der Zuwendung bis zum Scheitern der Lebensgemeinschaft zur zu erwartenden Gesamtdauer der Lebensgemeinschaft im Zeitpunkt der Zuwendung, ausgehend von der Annahme, dass die Ehe lebenslang Bestand haben werde. Die Schenkung erfolgte im September 2011, als der Kläger 32 Jahre alt war. Die Lebenserwartung des Klägers betrug nach der Sterbetabelle 2011 noch 47 Jahre. Die Tochter der Beklagten bewohnte gemeinsam mit dem Kläger das Objekt von September 2011 bis Januar 2021, also ca. 9,35 Jahre. Es ist also eine Zweckerreichung von ca. 20 % eingetreten.

dd)

Der Senat hält es für angemessen, den Rückforderungsanspruch um diesen prozentualen Abschlag zu kürzen. Dies ergibt eine Summe von 44.096 €.

Eine weitere Kürzung ist nicht angebracht. Keine der Parteien hat Einkommens- oder Vermögensverhältnisse vorgetragen, aus denen sich eine so erhebliche Diskrepanz ergäbe, dass eine Kürzung oder Erhöhung dieses Betrages angezeigt wäre. Auch dass der Kläger die Beiträge zu den Verbrauchskosten des Hauses geleistet hat, ist für die Höhe des Ausgleichsanspruches nicht wesentlich. Kosten für das Wohnen der Familie wären ohnehin entstanden.

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

6.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung zugelassen, da der X. und der XII. Senat des Bundesgerichtshofs, wie dargestellt, die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Geschäftsgrundlage einer Schenkung von Schwiegereltern an das Schwiegerkind der Fortbestand der Beziehung für „mehr als kurze Dauer“ oder die dauerhafte Beziehung und damit die dauerhafte gemeinsame Nutzung darstellt, nicht einheitlich beurteilen und sich auch nach der Entscheidung des X. Zivilsenat in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte hierzu weiterhin unterschiedliche Entscheidungen finden. Zudem ist ungeklärt, ob der XII. Senat des Bundesgerichtshofs das gewählte Berechnungsmodell akzeptiert. Eine Entscheidung hierzu steht aus. Dabei misst der Senat dem Umstand, dass der Entscheidung des X. Zivilsenats eine nichteheliche Lebensgemeinschaft zugrunde lag, keine entscheidende Bedeutung zu.

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